Entscheidungsdatum
24.08.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W146 2216946-2/11E
W146 2216944-2/11E
W146 2216948-2/11E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, GZ. 1187400907-180353960, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, GZ. 1187400210-180353978, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 idgF der Status der Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Stefan HUBER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019, GZ. 1187399501-180354028, zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben und XXXX gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 34 AsylG 2005 idgF der Status des Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 leg. cit. wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführer stellten am 11.04.2018 die den gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Anträge auf internationalen Schutz.
Anlässlich der Erstbefragung gab der Erstbeschwerdeführer an, dass er vom Islam zum Christentum konvertiert sei. Da seine Hauskirche entdeckt und Mitglieder derselben verhaftet worden seien, sei er mit Frau und Kind geflohen.
Die Zweitbeschwerdeführerin gab an, da ihr Mann zum Christentum konvertiert sei, hätten sie flüchten müssen.
Am 16.01.2019 wurde der Erstbeschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen. Dabei gab er im Wesentlichen an, dass er zum Christentum konvertiert sei und an Messen in einer Heimkirche teilgenommen habe. Schließlich sei er vom Priester Dariush getauft worden. Die Heimkirche sei verraten, der Priester verhaftet und das Video seiner Taufe mitgenommen worden. Deswegen sei er geflohen.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.02.2019 wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihnen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurden gegen sie Rückkehrentscheidungen gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass ihre Abschiebungen gemäß § 46 FPG in den Iran zulässig sind (Spruchpunkt V.). Das BFA sprach aus, dass gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen betrage (Spruchpunkt VI.).
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass nicht festzustellen sei, ob der Erstbeschwerdeführer tatsächlich zum Christentum konvertiert und nun aufgrund einer inneren Überzeugung Christ sei.
Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass der Erstbeschwerdeführer noch nicht getauft sei. Den Ausreisegrund habe der Erstbeschwerdeführer nur wenig überzeugend geltend gemacht.
Zur Zweitbeschwerdeführerin wurde ausgeführt, dass es nicht feststellbar sei, ob sie tatsächlich Konversionspläne hege und nun aufgrund innerer Überzeugung Christin sei.
Gegen diese Bescheide wurden von den Beschwerdeführern fristgerecht Beschwerden erhoben und u.a. ausgeführt, dass die belangte Behörde nicht erörtert habe, inwiefern sich der christliche Glaube im Leben der Familie bereits verfestigt habe. Die Beschwerdeführer würden gemeinsam regelmäßig die Kirche besuchen. Derzeit würden der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin den Taufvorbereitungskurs besuchen.
Mit Schriftsatz der Rechtsvertretung der Beschwerdeführer vom 07.07.2020 wurden dem Bundesverwaltungsgericht Konvolute an Dokumenten vorgelegt, darunter die Taufscheine von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin, Bestätigungen über Katechumenat und Taufen der beiden des Pfarrers der Pfarre XXXX , ein Empfehlungsschreiben eines Mitglieds des Pfarrgemeinderates, zwei weitere Empfehlungsschreiben, Tauffotos von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin, A2 Zertifikate von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin, Teilnahmebestätigungen Werte- und Orientierungskurs von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin, Bestätigungen der ehrenamtlichen Tätigkeit bei „Essen auf Rädern“ von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin, Bestätigung Eltern-Kind-Zentrum XXXX , Bestätigung Projekt XXXX , Tauf-Fotobücher von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige des Iran und führen die im Spruch angeführten Namen sowie die ebenso dort angeführten Geburtsdaten. Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin sind miteinander verheiratet und ist der Drittbeschwerdeführer ihr gemeinsamer minderjähriger Sohn.
Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin waren ursprünglich muslimischen Glaubens. Der Erstbeschwerdeführer nahm bereits im Iran an Treffen einer Hauskirche teil. Die Beschwerdeführer reisten im April 2018 in Österreich ein und nahm der Erstbeschwerdeführer sogleich danach Kontakt mit der römisch-katholischen Pfarre XXXX auf und besuchte die Gottesdienste. Ab Mai 2018 besuchte er regelmäßig die wöchentlichen Treffen der Katechumenats-Gruppe. Diese Taufvorbereitung fand in der Einrichtung für Menschen mit Behinderung in den Räumlichkeiten des Caritasdorfes XXXX statt. Im Juli 2018 gab der Erstbeschwerdeführer seinen Austritt aus dem Islam bekannt. Am 07.07.2019 empfing der Erstbeschwerdeführer die Initiations-Sakramente Taufe, Firmung und Eucharistie durch den Ortspfarrer der Kirche XXXX .
Die Zweitbeschwerdeführerin hatte im Iran keinen Kontakt zum Christentum. Sie musste aufgrund der Teilnahme ihres Ehegatten an Treffen in einer Hauskirche mit ihm fliehen. Im Mai 2018 knüpfte sie erste Kontakte zu Gläubigen der Pfarre XXXX . Am 05.12.2018 wurde sie in das Katechumenat aufgenommen. Diese Taufvorbereitung fand in der Einrichtung für Menschen mit Behinderung in den Räumlichkeiten des Caritasdorfes XXXX statt. Am 05.01.2020 empfing die Zweitbeschwerdeführerin die Initiations-Sakramente Taufe, Firmung und Eucharistie durch den Ortspfarrer der Kirche XXXX .
Bis heute besuchen die Beschwerdeführer regelmäßig die Treffen der Katechumenats-Gruppe, die Gottesdienste und die kirchlichen Feste. Es besteht der Wunsch den Drittbeschwerdeführer taufen zu lassen.
Repräsentanten und Mitglieder der Glaubensgemeinschaft bezeugen die aufrichtige Hinwendung von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin zum Christentum und ihre Integration in der Glaubensgemeinschaft.
Es kann vor dem Hintergrund der nachangeführten Länderfeststellungen nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin im Falle der Rückkehr in den Iran wegen des Glaubenswechsels mit Verfolgungshandlungen seitens iranischer Behörden in Form von Schikanen, Verhaftungen und Strafverfolgung bis hin zur Todesstrafe zu rechnen haben.
Zur Konversion im Iran enthält der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl folgende Ausführungen:
"Apostasie (d.h. Abtrünnigkeit vom Islam) ist im Iran verboten und mit langen Haftstrafen (bis hin zur Todesstrafe) bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund von "moharebeh" ("Waffenaufnahme gegen Gott"), "mofsid-fil-arz/fisad-al-arz" ("Verdorbenheit auf Erden"), oder "Handlungen gegen die nationale Sicherheit". In der Praxis sind Verurteilungen wegen Apostasie selten, bei keiner der 2015 bzw. für das erste Halbjahr 2016 dokumentierten Hinrichtungen gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war.
(…)
Im Iran Konvertierte nehmen von öffentlichen Bezeugungen ihrer Konversion naturgemäß Abstand, behalten ihren muslimischen Namen und treten in Schulen, Universitäten und am Arbeitsplatz als Muslime auf. Wer zum Islam zurückkehrt, tut dies ohne besondere religiöse Zeremonie, um Aufsehen zu vermeiden. Es genügt, wenn die betreffende Person glaubhaft versichert, weiterhin oder wieder dem islamischen Glauben zu folgen. Es gibt hier für den Rückkehrer bestimmte religiöse Formeln, die dem Beitritt zum Islam ähneln bzw. nahezu identisch sind. Kirchenvertreter sind angehalten, die Behörden zu informieren, bevor sie neue Mitglieder in ihre Glaubensgemeinschaft aufnehmen. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter im Iran wegen Apostasie verfolgt wird. Einige Geistliche, die in der Vergangenheit im Iran verfolgt oder ermordet wurden, waren im Ausland zum Christentum konvertiert.
(…)
Konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, werden für die Behörden nicht von Interesse sein. Wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein.
(…)
Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, kann nicht zweifelsfrei gesagt werden. Während Amnesty International und eine anonyme Quelle vor Ort aussagen, dass eine Taufe keine Bedeutung habe, ist sich ein Ausländer mit Kontakt zu Christen im Iran unsicher, ob eine Taufe Auswirkungen hat; Middle East Concern, eine Organisation, die sich um die Bedürfnisse von Christen im Mittleren Osten und Nordafrika kümmert, ist der Meinung, dass eine dokumentierte Taufe die Behörden alarmieren und problematisch sein könnte.
2. Beweiswürdigung
Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführer ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellungen zur Lage im Iran wurden bereits vom BFA im angefochtenen Bescheid getroffen.
Die asylrelevanten persönlichen Feststellungen waren aufgrund der folgenden Erwägungen zu treffen: Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lässt sich alleine mit der Unglaubwürdigkeit des Vorbringens zum Ausreisegrund nicht schlüssig begründen, dass alle im Zusammenhang mit dem neu erworbenen Glauben stehenden weiteren Aktivitäten eines Asylwerbers nur zum Schein mit dem (ausschließlichen) Ziel der Asylerlangung entfaltet worden seien (vgl VwGH, 02.09.2015, Ra 2015/19/0091). Die Feststellungen, dass sich der Erstbeschwerdeführer bereits im Iran mit dem christlichen Glauben auseinandergesetzt hat und dies nach seiner Einreise in Österreich fortsetzte, dass Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin regelmäßig an Gottesdiensten ihrer Gemeinde teilnehmen, Beziehungen zu Pfarrgemeindemitgliedern geknüpft haben, nach den Taufvorbereitungskursen getauft wurden und sie intensiv am religiösen Leben ihrer örtlichen Pfarrgemeinde teilnehmen, ergeben sich aus den von ihnen vorgelegten Taufscheinen, den mit Lichtbildern dokumentierten Glaubensaktivitäten, sowie aus den schriftlichen Bezeugungen des Pfarrers der Pfarre XXXX , sowie weiterer Mitglieder der Pfarrgemeinde, welcher die Beschwerdeführer angehören. Es besteht für das Bundesverwaltungsgericht keine Veranlassung am Zeugnis jener Repräsentanten der Glaubensgemeinschaft der Beschwerdeführer zu zweifeln, zumal diese kein Interesse daran haben, den Ruf ihrer Glaubensgemeinschaft für Personen zu schädigen, von deren ernsthaften Hinwendung zu ihrer Glaubensgemeinschaft sie nicht überzeugt wären. Während des laufenden Beschwerdeverfahrens trat eindeutig zu Tage, dass sich Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin tatsächlich und nachhaltig aus innerer Überzeugung vom Islam abgewandt haben und zum Christentum konvertiert sind. Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin konnten sohin jedenfalls im Beschwerdeverfahren eine ernsthafte Konversion zum Christentum glaubhaft machen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl. VwGH vom 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).
Mit der Frage der asylrechtlichen Relevanz einer Konversion zum Christentum in Bezug auf den Iran hat sich der Verwaltungsgerichtshof wiederholt befasst. Entscheidend ist demnach, ob der Fremde bei weiterer Ausführung seines (behaupteten) inneren Entschlusses, nach dem christlichen Glauben zu leben, im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müsste, aus diesem Grund mit die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktionen belegt zu werden. Ob die Konversion bereits - durch die Taufe - erfolgte oder bloß beabsichtigt ist, ist nicht entscheidend (VwGH 23.06.2015, Ra 2014/01/0210).
Nach islamischem Verständnis im Iran bedeutet der Abfall vom Islam einen hochverratsähnlichen politischen Angriff auf das Staats- und Gesellschaftssystem und sind Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin daher bei einer Rückkehr in den Iran dort Verfolgungshandlungen bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt.
Daher ist für sie von Verfolgung in asylrelevanter Intensität im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, und zwar aus religiösen und politischen Gründen, auszugehen.
Es ist daher objektiv nachvollziehbar, dass Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin aus Furcht vor ungerechtfertigten Eingriffen von erheblicher Intensität aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes ihres Herkunftsstaates zu bedienen.
Im vorliegenden Fall sind somit unter Berücksichtigung der zuvor zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten gegeben.
Zum Drittbeschwerdeführer:
Gemäß § 34 Abs. 2 AsylG 2005 ist auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
Gemäß § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 ist im Sinne dieses Bundesgesetzes Familienangehöriger: wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Asylwerbers oder eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise bestanden hat, sowie der gesetzliche Vertreter der Person, der internationaler Schutz zuerkannt worden ist, wenn diese minderjährig und nicht verheiratet ist, sofern dieses rechtserhebliche Verhältnis bereits vor der Einreise bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise bestanden hat.
Der Drittbeschwerdeführer ist der minderjährige Sohn von Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin, sodass sie die Begriffsbestimmungen von Familienangehörigen erfüllen.
Da Erstbeschwerdeführer und Zweitbeschwerdeführerin - wie oben dargelegt - der Status von Asylberechtigten zu gewähren war, war dieser Status gemäß § 34 AsylG 2005 auch dem Drittbeschwerdeführer zuzuerkennen.
Gemäß § 3 Abs 5 AsylG 2005 waren die Entscheidungen über die Zuerkennung des Status von Asylberechtigten mit der Feststellung zu verbinden, dass den Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Zu Spruchpunkt B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidungen nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängen, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weichen die gegenständliche Entscheidungen von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
asylrechtlich relevante Verfolgung befristete Aufenthaltsberechtigung Konversion Nachfluchtgründe Religion staatliche Verfolgung wohlbegründete FurchtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W146.2216946.2.00Im RIS seit
20.11.2020Zuletzt aktualisiert am
20.11.2020