Entscheidungsdatum
26.08.2020Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W196 2106726-2/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. SAHLING als Einzelrichterin in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch den mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle West, vom 06.08.2020, Zahl XXXX , erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 und § 22 Abs. 10 AsylG 2005 in Verbindung mit § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
1. Erstes Verfahren (in Rechtskraft erwachsen):
1.1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 09.03.2014 einen Asylantrag.
Am 11.03.2014 wurde er einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zu seiner Person angab, er stamme aus Dagestan und sei moslemischen Glaubens. Dagestan habe er von Machatschkala aus am 18.02.2014 verlassen und sei mit seinem russischen Inlandsreisepass schlepperunterstützt über ihm unbekannte Länder nach Österreich gebracht worden.
Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der Beschwerdeführer an, dass er gemeinsam mit einem anderen Mann in Khasavjurt (auch und in der Folge: Chasawjurt) ein Lebensmittelgeschäft betrieben habe. Im Dezember 2013 seien vier bewaffnete Personen gekommen und hätten von ihm 15.000.000 russische Rubel gefordert. Es seien Wahabiten gewesen, weil einer der Männer einen langen Bart gehabt habe. Da der Beschwerdeführer nicht so viel Geld gehabt habe, hätten sie ihn zu einem ihm unbekannten Ort mitgenommen und geschlagen. Als er gesagt habe, dass er das Geld besorgen werde, hätten sie ihn wieder freigelassen. Am 01. oder am 02.01.2014 seien sie wieder gekommen. Der Beschwerdeführer habe noch immer das Geld nicht gehabt und ihnen gesagt, er werde es ihnen geben, sobald er es habe. Dann seien sie gegangen. Am 05.01.2014 hätten diese Männer in seinem Geschäft den Geschäftspartner des Beschwerdeführers umgebracht. Mitte Februar 2014 sei er zur Polizei gegangen und habe ihm diese lediglich gesagt, er solle ihnen das geforderte Geld zahlen, dann würden sie das Problem lösen. Daraufhin habe der Beschwerdeführer das Land verlassen. Bei einer Rückkehr habe er Angst, dass er umgebracht werde. Staatliche Sanktionen habe er hingegen nicht zu befürchten.
1.2. Am 18.12.2014 wurde der Beschwerdeführer einer Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unterzogen, in welcher er zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, die gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten. Eingangs der Einvernahme legte der Beschwerdeführer drei Schriftstücke in russischer Sprache vor und gab hierzu an, dass es sich um folgende Unterlagen handle:
? Bestätigung der Stadtpoliklinik Machatschkala Nr. 4 vom 18.12.2013, an die er sich mit folgenden Beschwerden gewandt habe: Kopfschmerzen, Schmerzen im Brustkorb sowie an Armen und Beinen, „blaue Flecken“ am Kopf, am Rumpf vorne und hinten sowie an Armen und Beinen; angeführt sei in dem Schreiben, dass laut Schilderungen des Verletzten dieser in der Nacht vom 17.12. auf den 18.12.2013 von unbekannten Personen überfallen und geschlagen worden sei;
? zweite Bestätigung der Stadtpoliklinik Machatschkala Nr. 4 mit dem gleichen Inhalt und
? Ladung zum Verhör „in die Untersuchungsabteilung zur Durchführung von Untersuchungshandlungen mit Ihrer Teilnahme“ für den 15.02.2014; diese Ladung habe der Beschwerdeführer erhalten, nachdem er sich an die Polizei gewandt habe.
Der Beschwerdeführer sei verheiratet und habe eine Tochter, die mittlerweile ebenfalls schon verheiratet sei. Seit er klein gewesen sei, habe er in Dagestan, in Machatschkala gelebt. Sein Haus habe er vor der Ausreise verkauft. Mit seiner Gattin habe er seit der Ausreise keinen Kontakt mehr. Zu seiner Tochter habe er zwar Kontakt; diese wisse aber auch nichts Genaues. Das letzte, das er gehört habe, sei, dass seine Gattin nach Moskau gezogen sein soll. Seine Tochter lebe mit ihrem Mann außerhalb von Machatschkala. Seinen Lebensunterhalt habe der Beschwerdeführer durch sein eigenes Geschäft verdient und seine wirtschaftliche Lage sei gut gewesen.
Konkret zu seinen Fluchtgründen befragt gab der Beschwerdeführer an, dass ihn am 17.12.2013 neben seinem Haus ein Mann angesprochen und gewollt habe, dass er in sein Auto steige, da er etwas mit ihm zu besprechen habe. Im Auto seien noch drei weitere Personen gewesen und eine davon habe einen „Wahabiten-bart“ getragen. Sie hätten gewusst, dass der Beschwerdeführer ein Geschäft habe und hätten von ihm und von seinem Partner 15.000.000 Rubel (das seien damals ca. 300.000 Euro gewesen) verlangt. Als der Beschwerdeführer dies abgelehnt habe, hätten sie ihn an ein Strandufer gebracht und dort geschlagen. Daraufhin habe ihnen der Beschwerdeführer das Geld angeboten und gesagt, er müsse noch mit seinem Partner reden, da er so viel Geld nicht in bar, sondern in Waren investiert habe. Sein Partner heiße XXXX ; den Familiennamen wisse er nicht. Sein Partner sei jedoch nicht einverstanden gewesen und habe dies der Beschwerdeführer diesen Männern, die am 02.01.2014 wieder zu ihm nach Hause gekommen seien, erklärt. Am 05.01.2014 hätten sie das Geschäft in die Luft gesprengt, wobei der Geschäftspartner des Beschwerdeführers ums Leben gekommen sei. Die Polizei habe ihm gesagt, wenn er ihnen diese Summe geben würde, würden sie das Problem lösen. Der Beschwerdeführer habe gesagt, er werde darüber nachdenken, habe sein Haus verkauft und sei ausgereist. Er habe gemeinsam mit seiner Frau flüchten wollen. Seine Frau habe sich jedoch verspätet und daher sei er ohne sie gefahren. Seitdem habe er nichts mehr von ihr gehört.
Bei der Explosion habe er sich in Machatschkala aufgehalten; das Geschäft sei in Chasawjurt gewesen. Sonst hätten sie keine Probleme gehabt; es hätten nur „diese Männer“ sein können, die das Geschäft in die Luft gesprengt haben. Die Männer habe der Beschwerdeführer zuvor nicht gekannt. Den Vorfall habe er erst Mitte Februar angezeigt, weil die Polizei nicht so arbeite wie hier. Nach der Explosion sei der Beschwerdeführer nicht mehr zu Hause gewesen und es habe auch keinen Kontakt mehr mit diesen Männern gegeben. Ob es weitere Ladungen gegeben habe, wisse der Beschwerdeführer nicht, da er das Haus verkauft habe. Die vorgelegte Ladung sei bei seinem Bruder und bei seinem Cousin abgegeben worden, die im gleichen Hof gelebt hätten. Sein Bruder habe ihn dann angerufen, sie hätten sich im Park getroffen und da habe er ihm die Ladung übergeben. Mit seinem Bruder und seinem Cousin stehe der Beschwerdeführer noch in Kontakt und hätten ihm diese von keinen weiteren Vorkommnissen berichtet. Weitere Details über die Explosion könne er nicht nennen; Kunden hätten ihn angerufen und gesagt, dass das Geschäft gesprengt worden und XXXX ums Leben gekommen sei. Soweit er wisse, sei nur XXXX im Geschäft gewesen. Der Name des Geschäfts sei „ XXXX “ in der XXXX Strasse gewesen. Früher habe der Beschwerdeführer in Chasawjurt am Markt Schuhe verkauft und habe so seinen späteren Partner kennen gelernt. Dann hätten sie bald darauf zusammengearbeitet. Das sei vor ca. zwei Jahren gewesen. Sein verstorbener Geschäftspartner sei aus Chasawjurt gewesen, sei Aware und mit einer Frau nach moslemischen Recht verheiratet. Mehr wisse der Beschwerdeführer nicht. Zu dem Vorfall am Strand könne er nur sagen, sie seien ca. 40 Minuten bis eine Stunde mit dem Auto gefahren. Er sei gegen 22 oder 23 Uhr mitgenommen und am selben Tag nach Hause gebracht worden. Seine Frau sei dann mit ihm ins Krankenhaus gefahren, wo er ambulant behandelt worden sei. Ob nach der Explosion Untersuchungen veranlasst worden seien, wisse er nicht. Aus welchen Gründen die Polizei nicht an ihn als Geschäftspartner nach der Explosion herangetreten sei, wisse er nicht. Das Geschäft sei auf seinen Partner registriert gewesen. Die Unterlagen über den Verkauf des Hauses seien beim Notar. Dieser heiße Gula; an den Familiennamen und an die Adresse könne sich der Beschwerdeführer nicht erinnern. Aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe der Beschwerdeführer keine Probleme gehabt.
Zu den Länderfeststellungen des Bundesamtes zu seinem Heimatland gab der Beschwerdeführer an, er verzichte darauf. Er habe dort gelebt und wisse es besser. Auf die Frage, was er glaube, bei einer Rückkehr von staatlicher Seite befürchten zu müssen, gab der Beschwerdeführer an: „Ich würde es befürchten, wieso weiß ich nicht.“ Warum er das glaube, wisse er nicht.
In Österreich und im Gebiet der Europäischen Union habe er keine Verwandten. Er gehe einmal pro Woche in einen Deutschkurs. Er müsse nicht unbedingt in Österreich bleiben; er sei zufällig in Österreich. Er wolle nur nicht nach Hause zurück.
1.3. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13.04.2015 wurde der Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. dieses Bescheides wurde der Antrag des Beschwerdeführers bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ferner wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig ist. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.).
In seiner Begründung stellte das Bundesamt im Wesentlichen fest, dass der Beschwerdeführer Staatsangehöriger der Russischen Föderation, Angehöriger der dagestanischen Volksgruppe und islamischer Glaubenszugehörigkeit sei. Er leide an keiner schwerwiegenden lebensbedrohlichen Krankheit und sei somit arbeitsfähig. Er sei verheiratet und lebe in Österreich alleine. Seine Frau und seine erwachsene Tochter seien in Russland verblieben. Asylrelevante Gründe habe der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen können. Nicht festgestellt werden könne, dass ihm in der Russischen Föderation mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit asylrelevante Verfolgung drohe. Eine gegen ihn gerichtete Bedrohungssituation liege nicht vor. Die Rückkehrentscheidung bzw. die Abschiebung in die Russische Föderation sei zulässig. Es könne nicht festgestellt werden, dass ihm in der Russischen Föderation die Existenzgrundlage gänzlich entzogen wäre. In der Russischen Föderation würden noch ein Bruder und ein Cousin leben. In Österreich sei er alleine aufhältig.
Das Bundesamt traf auf den Seiten 10 bis 23 des angefochtenen Bescheides Länderfeststellungen zur Lage in Dagestan sowie auch explizit Feststellungen zu Russland.
In seiner Beweiswürdigung führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers und zu seinem Gesundheitszustand aus seinen nicht angezweifelten niederschriftlichen Einvernahmen ergeben würden. Zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftslandes wurde im Wesentlichen mit näherer Begründung und unter Anführung von Beispielen ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers unglaubwürdig erscheine, da er keine Details habe angeben können. Die Echtheit der vorgelegten Ladung werde angezweifelt, da diese nicht gut lesbar sei und kein Ausstellungsdatum aufweise. Er habe weder nähere Angaben zur Person seines Partners noch zu der Explosion machen können. Allerdings sei nicht glaubhaft, dass sich der Beschwerdeführer – auch wenn er bei der Explosion nicht vor Ort gewesen sei – sich danach nicht weiters dafür interessiert habe. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass „diese Leute“ das Geschäft in die Luft sprengen würden, da dem Beschwerdeführer dadurch die Möglichkeit genommen worden sei, das geforderte Geld zu erwirtschaften. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Polizei nicht von sich aus mit dem Beschwerdeführer in Kontakt getreten sei. Dass der Beschwerdeführer mehr als einen Monat gewartet habe, bis er zur Polizei gegangen sei, sei nicht lebensnah. Er habe auch den Hausverkauf nicht nachweisen können und habe auch nur den Vornamen des Notars nennen können. Eine weitere Möglichkeit wäre gewesen, mit seiner Frau gemeinsam nach Moskau zu ziehen, da jeder russische Staatsangehörige das Recht habe, sich überall in Russland anmelden zu können. Aufgrund der Länderinformation ergebe sich, dass in der Russischen Föderation die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln gewährleistet sei. Die Feststellungen zum Herkunftsland würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers in Österreich und im Herkunftsstaat hätten sich aufgrund der niederschriftlichen Einvernahmen ergeben.
In rechtlicher Hinsicht verwies das Bundesamt zu Spruchpunkt I des angefochtenen Bescheides darauf, dass der Beschwerdeführer eine aktuell drohende Gefahr einer Verfolgung aus politischen, religiösen, rassischen, ethnischen oder sozialen Gründen nicht habe glaubhaft machen können. Im vorliegenden Fall habe daher keine Bedrohungssituation pro futuro festgestellt werden können. Zu Spruchpunkt II. folgerte das Bundesamt, dass keine Umstände bekannt seien, dass in der Heimat des Beschwerdeführers eine solche extreme Gefährdungslage bestehe, dass gleichsam jeder, der in die Russische Föderation zurückkehre, einer Gefährdung im Sinne des § 8 AsylG ausgesetzt sei. Der Beschwerdeführer leide an keiner Erkrankung, die einer Rückführung in den Herkunftsstaat entgegenstehen würde. Es sei festzuhalten, dass von einer allgemein lebensbedrohenden Notlage in seinem Herkunftsstaat, die die Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK indizieren würde, nicht gesprochen werden könne. Das Bundesamt vertrete die Auffassung, dass sich für den Beschwerdeführer gegenwärtig kein Abschiebungshindernis in die Russische Föderation ergebe. In rechtlicher Hinsicht wurde zu Spruchpunkt III. ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG nicht gegeben seien. Da keine Hinweise auf familiäre Anknüpfungspunkte bestünden, könne das Vorliegen eines schützenswerten Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK nicht festgestellt werden. Nach Interessensabwägung wurde mit näherer Begründung ausgeführt, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG nicht in Betracht komme. Da dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt werde, sei diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden. Da keine Gründe gemäß § 50 Abs. 1 bis Abs. 3 FPG ersichtlich seien, sei auszusprechen, dass die Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei. Ab Rechtskraft dieser Rückkehrentscheidung sei der Beschwerdeführer binnen 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise verpflichtet.
1.4. Mit Verfahrensanordnung des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer am 15.04.2015 amtswegig ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.
1.5. Gegen den oben angeführten Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 24.04.2015 fristgerecht Beschwerde aufgrund unrichtiger rechtlicher Beurteilung und infolge mangelhaftem Ermittlungsverfahren. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in der Einvernahme alle Fragen detailliert und umfassend beantwortet habe. Es seien auch keine gravierenden Ungereimtheiten oder Widersprüche aufgetreten. Daher werde die Notwendigkeit einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht betont. In der Folge zitierte die Beschwerde das Themendossier zur Sicherheitslage in Dagestan 2011 bis 2014 und führt hierzu aus, dass es im Laufe der letzten zwei Jahre viele bewaffnete Auseinandersetzungen, Vorfälle mit unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen, Tötungen von AmtsträgerInnen und Angriffe auf Geschäfte gegeben habe. Insbesondere werde über ein verstärktes Auftreten von radikalen Islamismus berichtet. Diese Organisationen würden oftmals als „Staatsgewalt“ innerhalb des Staates auftreten. Betreffend die vom Beschwerdeführer geschilderte Explosion werde der Beschwerde ein Zeitungsausschnitt beigelegt. Die Sicherheitsbehörden seien korrupt und würden erst tätig werden, wenn man eine beachtliche Summe bezahlt habe. Ferner würden auch innerhalb der Bevölkerung Vorfälle mit Islamisten aus Angst vor Vergeltung nicht gemeldet werden. Da die Sicherheitsbehörden nicht willens und in der Lage seien, ihre Schutzfunktion bei Vorfällen mit Islamisten auszuüben, sei eine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gegeben. In der Folge wurde aus dem Jahresbericht von Amnesty International aus dem Jahr 2011 zur Lage im Nordkaukasus zitiert und vorgebracht, dass es für den Beschwerdeführer gefährlich wäre, in den Russische Föderation zurückzukehren.
1.6. Mit Erkenntnis des BvWG vom 12.09.2017, Zl. W235 2106726-1/23E, wurde die Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und 57 AsylG , § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Spruchteil des Spruchpunktes III. wie folgt lautet: „Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt."
Begründend wurde ausgeführt, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen mangels Glaubwürdigkeit nicht zugrunde gelegt werde und habe eine Verfolgung des Beschwerdeführers in asylrelevanter oder sonstiger Form in der Russischen Föderation nicht festgestellt werden können. Im Entscheidungszeitpunkt habe keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden können.
2. Gegenständliches -zweites Verfahren:
2.1. Am 05.03.2020 brachte der Beschwerdeführer einen weiteren Antrag auf internationalen Schutz ein.
Der Beschwerdeführer wurde am Tag der Antragstellung einer Erstbefragung unterzogen, wobei er seinen neuerlichen Antrag darauf stützte, dass er seine im Jahr 2014 angegebenen Fluchtgründe aufrechterhalten würde. Er hätte keine neuen Fluchtgründe.
Am 06.08.2020 fand vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die niederschriftliche Einvernahme statt, im Rahmen derer der Beschwerdeführer dazu aufgefordert seinen neu gestellten Asylantrag zu begründen, vorbrachte, dass er nicht nach Russland zurückkönne, weil in seinem Heimatland weiterhin für ihn Lebensgefahr bestünde.
Nach seiner ersten Entscheidung habe sein Anwalt auf ihn vergessen und keine Beschwerde eingereicht. In seinem Herkunftsland würde er wie ein Tier abgeschlachtet, sollte er zurückkehren. Zu den vorgelegten Länderfeststellungen legte der Beschwerdeführer einen Bericht über die Explosion neben dem Geschäft vor, wobei allerdings in dem Bericht keine Namen genannt wurden.
2.2. Mit mündlich verkündeten Bescheid vom 06.08.2020 wurde dem Beschwerdeführer der nach § 12 AsylG 2005 zukommende faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 2 AsylG aufgehoben. Es erfolgte eine Beurkundung gem. § 62 Abs. 2 AVG.
Nach Wiedergabe des Verfahrensganges führte die belangte Behörde zum Vorbringen des Beschwerdeführers aus, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft des Vorverfahrens nicht geändert habe. Der Beschwerdeführer halte seine Angaben seit seinem Erstantrag aufrecht und habe er im gegenständlichen Verfahren keine neuen glaubhaften und entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht, die nicht von der bestehenden Rechtskraft der Vorverfahren schon umfasst wären.
Der Beschwerdeführer habe weder neue Beweismittel im gegenständlichen Verfahren vorgelegt noch habe seitens der Behörde ein neuer entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können. Die Begründung des neuerlichen Asylantrages sei nicht hinreichend einen neuen, gegenüber dem früheren Asylantrag, wesentlich geänderten entscheidungsrelevanten Sachverhalt entstehen zu lassen. Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in sein Herkunftsland eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für den Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Es wurden Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seinen Angaben im Rahmen der beiden Asylverfahren, zur Gefährdungssituation bei der Abschiebung, zu seinem Privat und Familienleben sowie zur Lage im Herkunftsstaat getätigt. Ausführungen wurden ebenso getroffen, warum die belangte Behörde davon ausgehe, dass der nunmehrige Antrag auf internationalen Schutz voraussichtlich wegen entschiedener Sache zurückzuweisen sein werde.
2.3. Die Verwaltungsakten langten am 13.08.2020 bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichts ein.
Im Übrigen wird das bereits im Verfahrensgang Ausgeführte der Entscheidung zugrunde gelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation und führt die im Spruch angegebenen Daten. Die Identität steht fest. Er gehört der dagestanischen Volksgruppe an. Der Beschwerdeführer ist geschieden und Vater einer volljährigen, bereits verheirateten Tochter. In bzw. nahe Machatschkala leben noch der Vater, ein Bruder und die Tochter des Beschwerdeführers, zu denen er über Telefon und WhatsApp Kontakt hält. Seine Mutter ist verstorben, als der Beschwerdeführer noch in der Grundschule war. Weiters lebt noch ein Bruder des Beschwerdeführers in Stawropol und seine Schwester in Wolgodonsk. Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auf dem Gebiet der Russischen Föderation noch Halbgeschwister aus der zweiten Ehe seines Vaters und ebenso noch zahlreiche Cousins. Er hat keine Sorgepflichten.
Der Beschwerdeführer ist gesund und leidet an keinen lebensbedrohlichen Erkrankungen (im Endstadium), bezüglich derer es keine Behandlungsmöglichkeiten in der Russischen Föderation gibt. Hinweise auf entscheidungsrelevante gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers liegen nicht vor.
Private oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet derzeit nicht.
Der Beschwerdeführer ist seit 09.03.2014, in Österreich aufhältig. Der Beschwerdeführer stellte nach illegaler Einreise am 09.03.2014 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. Der erste Asylantrag wurde als unbegründet abgewiesen.
In diesem Verfahren brachte der Beschwerdeführer zusammengefasst war, dass er seine Heimat verlassen habe, weil ich im Dezember 2013 vier bewaffnete Personen in sein Geschäft, das er mit einem anderen Mann in Chasawjurt geführt habe, gekommen seien und von ihm 15 000 000 russische Rubel gefordert hätten. Diese Männer seien Wahabiten gewesen, da sie einen langen Bart gehabt hätten. Der Beschwerdeführer habe allerdings nicht so viel Geld gehabt und die Männer auf einen späteren Zeitpunkt vertröstet. Am 05. 01.2014 hätten diese Männer dann in seinem Geschäft seinen Geschäftspartner umgebracht. Mitte Februar 2014 sei er zur Polizei gegangen und diese hätten ihm gesagt, nur, wenn er das geforderte Geld zahlen würde, könnten sie für ihn das Problem lösen. Daraufhin habe er das Land verlassen. Staatliche Sanktionen habe er nicht zu befürchten.
Mit Erkenntnis des BvWG vom 12.09.2017, Zl. W235 2106726-1/23E, wurde die dagegen erhobene Beschwerde gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und 57 AsylG , § 9 BFA-VG, §§ 46, 52 und 55 FPG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der erste Spruchteil des Spruchpunktes III. wie folgt lautet: „Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz gemäß § 57 AsylG wird nicht erteilt."
Der Beschwerdeführer hat das Bundesgebiet trotz aufrechter und rechtskräftiger Rückkehrentscheidung nicht verlassen.
Der dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Antrag brachte der Beschwerdeführer am 05.03.2020 ein.
Der Beschwerdeführer gab keine neuen Fluchtgründe an bzw. sagte, dass die Fluchtgründe aus seinem ersten Verfahren nach wie vor aufrecht seien und er sich vor einer Rückkehr in seine Heimat fürchte. In Bezug auf sein Privat oder Familienleben ergaben sich keine entscheidungsrelevanten Änderungen.
Mit mündlich verkündetem Bescheid des BFA vom 06.08.2020 wurde der faktische Abschiebeschutz des Beschwerdeführers gemäß § 12a Abs 2 AsylG 2005 aufgehoben.
Es kann nicht festgestellt werden, dass sich eine maßgebliche Änderung des Sachverhaltes seit rechtskräftiger Erledigung des vorhergehenden Antrages ergeben hätte, insbesondere auch nicht im Hinblick auf die Lage im Herkunftsstaat.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention drohen würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes bestünde.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, seiner Identität, seiner Staats- und Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Herkunft, den Aufenthaltsort seiner Angehörigen beruhen auf seinen plausiblen, im Wesentlichen gleichbleibenden Angaben im Laufe des bereits abgeschlossenen Asylverfahrens. Auch im gegenständlichen Verfahren hat er diese Angaben bestätigt bzw. keine gegenteiligen Aussagen getroffen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand ergeben sich aus einer Zusammenschau der Angaben des Beschwerdeführers. Sein Fluchtvorbringen hinsichtlich einer Verfolgung in der Russischen Föderation sowie die Lage im Herkunftsstaat wurde eingehend im mit dem Erkenntnis des BVwG vom 12.09.2017 rechtskräftig entschiedenen Verfahren über den ersten Antrag auf internationalen Schutz erörtert und abgewogen und konnte der Beschwerdeführer auch im Zuge seines weiteren Antrags auf internationalen Schutz keinen neuen Sachverhalt, der einen glaubhaften Kern aufgewiesen hätte, darlegen.
Auch die von Amts wegen berücksichtigte Ländersituation brachte keinen entscheidungsrelevanten neuen Sachverhalt hervor.
Eine für den Beschwerdeführer relevante Änderung an der Situation in seinem Herkunftsstaat kann anhand der Feststellungen im mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2020, denen der Beschwerdeführer im Verfahren nicht entgegengetreten ist, nicht erkannt werden. Umstände, die in der Person des Beschwerdeführers liegen, insbesondere sein Gesundheitszustand und die privaten und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers in Österreich, sind seit der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 12.09.2017, im Wesentlichen unverändert.
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt, der einen glaubhaften Kern aufweist, dargetan hat, ergibt sich bei einem Abgleich seiner in den Vorverfahren getätigten Angaben zu seinen Fluchtgründen und jenen zum gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz, weshalb der gegenständliche Folgeantrag auch zurückzuweisen sein wird. Der Beschwerdeführer brachte wiederum vor, dass er nach wie vor dieselben Fluchtgründe wie bei seinem ersten Verfahren habe. Es habe sich nichts geändert.
Was das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers betrifft, so hat sich seit dem Erkenntnis des BVwG vom 12.09.2017 keine Änderung ergeben.
Die Feststellungen zum Leben des Beschwerdeführers in Österreich sowie zu seiner aktuellen privaten und familiären Situation gründen auf dessen Vorbringen im vorhergehenden Asylverfahren. Die Sachverhaltsfeststellungen zum Verfahrensablauf ergeben sich aus der Aktenlage. Da auch sonst keine wesentlichen neu hinzugetretenen Umstände vorgebracht wurde, kann auch im Hinblick auf Art. 8 EMRK keine Situationsänderung seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung erkannt werden.
Sohin konnte aber in einer Prognoseentscheidung nur von einer voraussichtlichen Antragszurückweisung ausgegangen werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG, BGBl. I Nr. 10/2013 in der geltenden Fassung, entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchteil A):
Die maßgeblichen Bestimmungen (in der Sache) lauten:
§ 12 a Abs. 2 AsylG normiert, dass wenn ein Fremder einen Folgeantrag stellt und kein Fall des Absatz 1 vorliegt, das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben kann, wenn
1. gegen ihn eine aufrechte Rückkehrentscheidung oder Ausweisung besteht,
2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes eingetreten ist, und
3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 22 (10) Asylg 2005 idgF:
Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungs-Akten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der, im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes, zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451 ausgeführt hat, genießt ein Fremder, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, gemäß § 12 AsylG 2005 grundsätzlich bis zur Erlassung einer durchsetzbaren Entscheidung, bis zur Gegenstandslosigkeit des Verfahrens oder nach einer Einstellung bis zu dem Zeitpunkt, an dem eine Fortsetzung des Verfahrens gemäß § 24 Abs. 2 AsylG 2005 nicht mehr zulässig ist, faktischen Abschiebeschutz; das bedeutet, dass er weder zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf. Durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl. I Nr. 122/2009, wurden für Folgeanträge auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005 Sonderregelungen geschaffen, die in bestimmten Fällen Ausnahmen vom faktischen Abschiebeschutz vorsehen. Sie haben - nach den Gesetzesmaterialien (RV 330 BlgNR 24. GP 11) -"unter Wahrung der notwendigen rechtsstaatlichen Garantien ... das Ziel, jene Fälle, in denen ein berechtigtes Interesse an einem neuerlichen Asylverfahren besteht, möglichst früh von klar missbräuchlichen Antragstellungen zu unterscheiden und diese in weiterer Folge als Mittel zur Hintanhaltung fremdenpolizeilicher Maßnahmen unbrauchbar zu machen." Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern.
Zu prüfen ist sohin, ob die Voraussetzungen für die Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall vorliegen, zumal auch kein Fall des § 12 a Abs. 1 AsylG vorliegt, bzw. vorgebracht wurde.
Bei dem neuerlichen Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 05.02.2020 handelt es sich um einen Folgeantrag iSd § 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005.
Der Beschwerdeführer stellte am 09.03.2014 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz und brachte im gegenständlichen Fall am 05.03.2020 seinen zweiten Antrag auf internationalen Schutz ein.
Diesem Antrag geht das Vorverfahren, wie oben angeführt voraus, welches, mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 12.09.2017 abgeschlossen wurde, und in Rechtskraft erwachsen ist.
§12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 verlangt eine Prognoseentscheidung über eine voraussichtliche Antragszurückweisung (vgl Muzak, Die Einschränkungen des faktischen Abschiebeschutzes im Asylverfahren, migralex 2010, 2 [4]); die Sachentscheidung über den Folgeantrag selbst ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens (vgl RV 330 BlgNR 24. GP). Darüber hinaus sieht §12a Abs. 2 Z 3 leg.cit. vor, dass vor Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes und damit vor der möglichen Effektuierung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme erneut eine Refoulement-Prüfung nach Art2 und 3 EMRK sowie eine Interessenabwägung iSv Art8 EMRK vorzunehmen sind (vgl. VfGH 10.10.2018, Zl. G186/2018 ua).
Im Sinne des § 68 Abs. 1 AVG kann nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Hierbei ist auch die rechtskräftige Gewährung von subsidiärem Schutz und damit die Bejahung der Voraussetzungen zur Zuerkennung dieses Schutzstatus im Verfahren betreffend den Status eines Asylberechtigten zu beachten (vgl. VwGH 28.02.2017, Zl. Ra 2016/01/0206, Rz 13). Bei der Prüfung der Identität der Sache ist von dem rechtskräftigen Vorbescheid auszugehen, ohne die sachliche Richtigkeit desselben - nochmals - zu überprüfen (vgl. VwGH 28.04.2017, Zl. Ra 2017/03/0027, Rz 11). Eine neue Sachentscheidung ist, wie sich aus § 69 Abs. 1 Z 2 AVG ergibt, auch im Fall desselben Begehrens aufgrund von Tatsachen und Beweismitteln, die schon vor Abschluss des vorangegangenen Verfahrens bestanden haben, ausgeschlossen (vgl. VwGH; 28.02.2017, Zl. Ra 2016/01/0206, Rz 14; VwGH 08.09.2015, Zl. Ra 2017/03/0027). Darüber hinaus muss die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen "glaubhaften Kern" aufweisen, dem Asylrelevanz zukommt und an den die positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. VwGH 25.04.2017, Zl. Ra 2016/01/0307, Rz 22). Die Prüfung der Zulässigkeit eines Folgeantrags auf Grund geänderten Sachverhalts hat - von allgemein bekannten Tatsachen abgesehen - im Beschwerdeverfahren nur anhand der Gründe, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens vorgebracht wurden, zu erfolgen. Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht somit nicht umfasst und daher unbeachtlich (vgl. VwGH 22.11.2017, Zl. Ra 2017/19/0198, Rz 17).
Der Beschwerdeführer verfügt über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Sein nunmehriger Antrag auf internationalen Schutz ist, wie schon ausführlich ausgeführt, voraussichtlich zurückzuweisen, da er keinen neuen Sachverhalt vorgebracht hatte, der einen glaubhaften Kern aufwies. Vielmehr bezog sich der Beschwerdeführer auf sein bereits in den rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorgebrachten.
Hinzu kommt, dass gegen den Beschwerdeführer eine aufrechte Rückkehrentscheidung besteht. Auch hat sich die allgemeine Lage in seinem Herkunftsland nicht entscheidungswesentlich geändert.
Im vorliegenden Fall ist auch sonst davon auszugehen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des gesunden und arbeitsfähigen BF, keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 und 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilpersonen auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt. Unter realer Gefahr ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr ("a sufficiently real risk") möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl. etwa VwGH vom 19.02.2004, 99/20/0573). Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre und es müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen, dass der Betroffene ein solches Schicksal erleiden könnte, reichen nicht aus. Auch die Situation im Herkunftsland hat sich seit der Rechtskraft des Bescheides des Bundesamtes für Asyl- und Fremdenwesen vom 15.05.2019 - in der ohnehin kurzen Zeitspanne -nicht entscheidungswesentlich geändert.
In seinem Vorverfahren am 12.09.2017, wurde festgestellt, dass ihm bei einer Rückkehr oder Abschiebung in sein Herkunftsland keine Verletzung seiner Integrität droht. Da sich die allgemeine Lage wie auch seine persönlichen Verhältnisse und sein Gesundheitszustand seit der letzten Entscheidung des Bundesamtes nicht entscheidungswesentlich geändert haben, kann davon ausgegangen werden, dass eine Abschiebung in den Herkunftsstaat für ihn zu keiner Bedrohung der angeführten Menschenrechte führen wird.
Selbiges gilt für seine persönlichen Verhältnisse. Auch bezüglich dieser ist keine Veränderung im Hinblick auf die vorherige Entscheidung eingetreten. Die Feststellung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung oder Ausweisung, die in Rechtskraft erwuchs, ist somit nach wie vor nicht anzuzweifeln. Es kann auch in der vorliegenden Konstellation nicht festgestellt werden, dass dem subjektiven Interesse des Beschwerdeführers - nach Ablauf von etwa 3 Jahren seit rechtskräftiger Entscheidung - Vorzug gegenüber dem maßgeblichen öffentlichen Interesse an der öffentlichen Sicherheit, zu geben sein wird.
Da sich nun keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes ergibt, ist das BFA zu Recht mit einer Prognose davon ausgegangen, dass der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist. Aus dem Verfahrensgang zeichnete sich auch deutlich ab, dass der Antragsteller, die Durchsetzung der vorangegangenen und mit aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen rechtskräftige Vorentscheidung zu hindern versucht.
Aufgrund der Feststellungen zur Lage in seinem Herkunftsland in Verbindung mit seinem Vorbringen kann somit davon ausgegangen werden, dass ihm keine Verletzung wie in § 12a Abs. 2 Z 3 beschrieben, droht.
Es liegen somit alle Voraussetzungen für eine Aufhebung des Abschiebeschutzes vor, sodass spruchgemäß die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu bestätigen war.
Gemäß § 22 Abs. 1 zweiter Satz BFA-VG war ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des VwGH ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind vom AW nicht vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem BVwG hervorgekommen.
Sofern die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist sie jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich weitestgehend gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
faktischer Abschiebeschutz - Aufhebung rechtmäßig Folgeantrag Glaubhaftmachung Religion Voraussetzungen Wegfall der GründeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W196.2106726.2.00Im RIS seit
18.11.2020Zuletzt aktualisiert am
18.11.2020