TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/27 W271 2225636-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2020
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Entscheidungsdatum

27.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
ECG §7 Abs2
TKG 2003 §107 Abs2
TKG 2003 §107 Abs3
TKG 2003 §109 Abs3 Z20
TKG 2003 §113 Abs5a
TKG 2003 §92 Abs3
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §5
VStG 1950 §64
VStG 1950 §9 Abs1
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §52 Abs1
VwGVG §52 Abs2
VwGVG §52 Abs6

Spruch

W271 2225636-1/18E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Anna WALBERT-SATEK über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch RA Dr. Reinhard ARMSTER, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom XXXX , GZ. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 52 Abs. 1, 2 und 6 VwGVG hat XXXX einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens iHv EUR 30,00 binnen 14 Tagen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zu leisten.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. VERFAHRENSGANG

I.1. Mit Schreiben vom XXXX und XXXX forderte das Fernmeldebüro für Wien, Niederösterreich und Burgenland (im Folgenden: „belangte Behörde“) XXXX (im Folgenden: „Beschwerdeführer“) zur Rechtfertigung auf. Dem Beschwerdeführer wurde zur Last gelegt, er habe am XXXX , um XXXX Uhr, ausgehend von seiner E-Mail-Adresse XXXX , elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung für zwei von ihm gehaltene Vorträge an XXXX (im Folgenden: „Anzeigenleger“), E-Mail-Adresse: XXXX , gesendet, ohne dass dieser dem Beschwerdeführer vorher eine Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt habe. Deswegen bestehe der Verdacht, dass der Beschwerdeführer §§ 107 Abs. 2 iVm 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 verletzt habe.

I.2. Telefonisch gab der Beschwerdeführer gegenüber der belangten Behörde an, in seinen E-Mails einen Hinweis auf das TKG aufgenommen zu haben; die Abmeldemöglichkeit sei als Milderungsgrund zu bewerten. Er sei XXXX Jahre alt und könne nicht sagen, woher er die E-Mail-Adresse habe. Das sei unmöglich und praxisfern. Es entspreche auch nicht der Praxis, bei der Erhebung einer E-Mail-Adresse einen anderen zu fragen, ob man Einladungen zu einem Vortrag senden dürfe.

I.3. Am XXXX erstattete der Beschwerdeführer zum Vorwurf der belangten Behörde auch eine schriftliche Stellungnahme. Er führte darin insbesondere aus, im guten Glauben, damit der Rechtslage zu entsprechen, seinen „Newslettern“ immer einen Hinweis zur Abbestellung beigefügt zu haben; nun müsse er erfahren, dass er dennoch eine Verwaltungsübertretung begangen habe. Sein Verschulden sei gering. Seine Vorträge seien auch nicht mit kommerziellen Interessen verbunden.

I.4. Am XXXX nahm der Beschwerdeführer die Möglichkeit zur mündlichen Rechtfertigung wahr. Im Rahmen seiner Vernehmung vor der belangten Behörde gab er an, nicht nachvollziehen zu können, woher er die E-Mail-Adresse des Anzeigenlegers habe. Er habe jedoch beim Versand der verfahrensgegenständlichen E-Mail geglaubt, diesen von einer privaten Veranstaltung gekannt zu haben. Der Beschwerdeführer habe angenommen, dass die Anführung der entsprechenden Gesetze ausreichend für die Zulässigkeit der Zusendung seines „Newsletters“ sei; dies habe er aus den Medien erfahren und sich darauf verlassen. Er bekomme selbst täglich viele Zusendungen ohne seine Einwilligung, sodass er annehme, dass dies rechtens sei. Abschließend plädierte der Beschwerdeführer dafür, seine Unbescholtenheit zu berücksichtigen und nur eine Ermahnung ausgesprochen zu erhalten.

I.5. Hierauf erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer das angefochtene Straferkenntnis vom XXXX , GZ. XXXX , mit folgendem Inhalt:
„Sie haben am XXXX , XXXX Uhr ausgehend von Ihrer E-Mailadresse XXXX eine E-Mail, somit elektronische Post, zu Zwecken der Direktwerbung für zwei von Ihnen gehaltene Vorträge ( XXXX ) an XXXX , E-Mailadresse XXXX gesendet, ohne dass dieser Ihnen vorher einer Einwilligung zur Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt hat.

Sie haben dadurch folgende zu den Tatzeitpunkten geltende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 107 Abs 2 Z TKG 2003, BGBl I 70/2003 idF BGBl I 78/2018

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

gemäß

XXXX

XXXX

§ 109 Abs 3 Z 20 TKG 2003 idF BGBl I 78/2018

Allfällige weitere Aussprüche (z.B. über die Anrechnung der Vorhaft, über den Verfall oder über privatrechtliche Ansprüche):

XXXX

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, mindestens jedoch 10 Euro (ein Tag Freiheitsstrafe gleich 100 Euro);

XXXX Euro.“

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

I.6. Gegen diese Entscheidung erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom XXXX Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Er beantragte die Aufhebung des Straferkenntnisses sowie die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.

Der Beschwerdeführer begründete sein Rechtsmittel im Wesentlichen damit, dass die von ihm am XXXX versendete E-Mail keine Direktwerbung bezweckt habe und damit der objektive Tatbestand des § 107 Abs. 2 TKG 2003 nicht erfüllt gewesen sei. Selbst wenn die rein wissenschaftliche Information unrichtig als Direktwerbung qualifiziert werden würde, seien die kumulativen Voraussetzungen des § 107 Abs. 3 TKG 2003 gegeben und sei damit eine vorherige Einwilligung des Anzeigenlegers gar nicht notwendig gewesen. Zudem verstoße die Bestrafung gegen Art. 17 StGG, der jeden die Freiheit der Wissenschaft und ihrer Lehre beschränkenden Verwaltungsakt als verfassungswidrig qualifiziere.

I.7. Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde am XXXX vor. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom XXXX wurde die Rechtssache am XXXX der Gerichtsabteilung W271 zugewiesen.

I.8. Nachdem der Beschwerdeführer mitteilte, wegen seines XXXX und seiner XXXX zur COVID-19-Risikogruppe zu zählen und deshalb auf sein Recht auf Verhandlung zu verzichten und nicht über die nötigen technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zu verfügen, forderte das BVwG diesen mit Parteiengehör vom XXXX zur schriftlichen Beantwortung mehrerer Fragen auf.

I.9. Der Beschwerdeführer äußerte sich mit Schriftsatz vom XXXX zu diesem Fragenkatalog.

Das Bundesverwaltungsgericht brachte der belangten Behörde die Äußerung des Beschwerdeführers mit Schreiben vom XXXX zur Kenntnis.

I.10. Am XXXX fand in der Angelegenheit eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Anwesenheit eines Vertreters der belangten Behörde und des Anzeigenlegers statt.

Das Bundesverwaltungsgericht leitete am XXXX dem Beschwerdeführer das Verhandlungsprotokoll mit der Möglichkeit zur Stellungnahme weiter.

I.11. Der Beschwerdeführer übermittelte am XXXX ein Antwortschreiben, in dem er zusammengefasst vortrug, bloß zu seiner Verteidigung Mustereinladungen für seine Pyramidenvorträge an die belangte Behörde gesendet zu haben. Überdies reiche es für das Tatbild nicht aus, dass der Anzeigenleger nicht persönlich dem Versand von Informationen zustimmt habe – es genüge die Bekanntgabe seiner E-Mail-Adresse durch irgendjemanden, der sein Interesse vermutet habe; eine nochmalige Nachprüfung, ob dies stimme, würde die Sorgfaltspflicht überspannen.

II. DAS BUNDESVERWALTUNGSGERICHT HAT ERWOGEN:

II.1. FESTSTELLUNGEN

II.1.1. Der Beschwerdeführer ist Pensionist und bezieht ein Einkommen von XXXX pro Monat. Er ist geschieden und hat keine Sorgepflichten. Er hält gelegentlich unentgeltliche Vorträge zu Bauten wie XXXX ab. Er übermittelte am XXXX um XXXX Uhr von einem ihm zuzurechnenden E-Mail-Account ( XXXX ) ein E-Mail an die E-Mail-Adresse XXXX . Inhalt des E-Mails war u.a. eine Einladung zu zwei Vorträgen des Beschwerdeführers am XXXX ( XXXX Uhr; XXXX XXXX ) und am XXXX ( XXXX Uhr; XXXX ) mit dem Titel „ XXXX “.

II.1.2. Die E-Mail-Adresse XXXX ist dem Anzeigenleger zuzurechnen. Dieser erteilte dem Beschwerdeführer vorab keine Einwilligung zum Erhalt von Werbe-E-Mails und konkret keine Einwilligung zum Erhalt des verfahrensgegenständlichen E-Mails. Der Anzeigenleger meldete der belangten Behörde die Zusendung am XXXX .

II.1.3. Zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anzeigenleger bestand zum Zeitpunkt des Versandes der inkriminierten E-Mail keine aufrechte Kundenbeziehung. Der Beschwerdeführer kann nicht nachvollziehen, woher er die E-Mail-Adresse des Anzeigenlegers hat; er kennt diesen auch nicht. Der Beschwerdeführer prüft nicht nach, ob ihm mitgeteilte E-Mail-Adressen Personen gehören, die tatsächlich E-Mails von ihm erhalten wollen.

II.1.4. Das beschwerdegegenständliche E-Mail enthielt folgenden Passus, mit dessen Einfügung der Beschwerdeführer glaubte, den rechtlichen Vorgaben zur Versendung von Werbemails Genüge zu tun: „Gemäß TKG 2003 § 107 Absatz 4 und 5 und E-Commerce Gesetz (ECG) § 7 Abs. 2 muss ich Euch fragen, ob Ihr weitere Newsletter zum Thema XXXX bekommen möcht.“ Der Beschwerdeführer bezog seine Informationen aus den Medien und holte keine weiteren Erkundungen zu den Gesetzesbestimmungen ein.

II.1.5. Der Beschwerdeführer teilte infolge der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem BVwG mit, wegen XXXX und XXXX zur „Corona-Covid-19 Risikogruppe“ zu gehören und zur Vermeidung einer Gesundheitsgefährdung auf sein Recht auf Verhandlung zu verzichten. Eine Teilnahme an einer Videokonferenz war ihm aufgrund fehlender Einrichtungen technisch nicht möglich, was er dem BVwG in einem gesonderten Schreiben mitteilte. Allfällige Fragen wollte er schriftlich beantworten. Das BVwG räumte dem Beschwerdeführer zunächst die Möglichkeit ein, schriftlich auf Fragen zu antworten, wie sie sonst in einer mündlichen Verhandlung gestellt werden. Die schriftlichen Antworten des Beschwerdeführers wurden in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG – in Abwesenheit des Beschwerdeführers – erörtert. Die Verhandlungsschrift wurde dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme übermittelt.

II.2. BEWEISWÜRDIGUNG

Ad II.1.1. Im Verwaltungsakt befindet sich ein E-Mail, das am XXXX von XXXX an XXXX gesendet wurde. Dieses informiert über die Vortragstätigkeit des Beschwerdeführers und enthält zu zwei Vorträgen genauere Angaben (Inhaltsangabe sowie Termin und Ort zur Teilnahme).

Ad II.1.2. und II.1.3. Der Anzeigenleger brachte durch seine Anzeige bei der belangten Behörde zum Ausdruck, dass er eine Einwilligung zum Erhalt der Werbemail nicht erteilt hatte. Die Zusendung des verfahrensgegenständlichen E-Mails sowie die fehlende konkrete Einwilligung des Anzeigenlegers wurden vom Beschwerdeführer nicht bestritten. Nach Ansicht des Beschwerdeführers bedürfe es der Zustimmung des Anzeigenlegers auch nicht; es reiche, wenn irgendjemand die E-Mail-Adresse bekannt gebe (Stellungnahme des Beschwerdeführers vom XXXX ).

Der Beschwerdeführer führte sowohl in einem Telefonat mit der belangten Behörde am XXXX , als auch während seiner persönlichen Einvernahme vor der belangten Behörde an, nicht mehr nachvollziehen zu können, woher er die elektronischen Kontaktdaten des Anzeigenlegers habe. Er sei aber davon ausgegangen, dass der Anzeigenleger mit der Zusendung von „Newslettern“ einverstanden gewesen sei, weil er zunächst geglaubt habe, diesen von einer privaten Veranstaltung zu kennen. In seiner Beschwerde und in der Stellungnahme vom XXXX präzisierte der Beschwerdeführer sein Vorbringen dahingehend, dass er eigentlich nur deshalb über die persönlichen Informationen des Anzeigenlegers verfügen habe können, weil der Anzeigenleger diese dem Beschwerdeführer einmal im Zuge seiner Vortragstätigkeit mitgeteilt haben müsse. Der „Newsletter“ werde nämlich nur an Interessenten geschickt, die ihre E-Mail-Adresse bei den privaten Vorträgen des Beschwerdeführers in eine Liste eingetragen hätten. Er teilte auch mit, dass eine Nachprüfung, ob ein Interesse an der Zusendung bestehe, nicht erfolge (Stellungnahme des Beschwerdeführers vom XXXX ).

Es konnte nicht im Sinne des Beschwerdeführers festgestellt werden, dass der Anzeigenleger in der Vergangenheit dem Beschwerdeführer tatsächlich seine E-Mail-Adresse mitteilte oder zum Zeitpunkt des Versandes der inkriminierten E-Mail bereits eine Kundenbeziehung zwischen ihnen bestand: Die zwei E-Mails des Anzeigenlegers an den Beschwerdeführer vom XXXX („Niemals […] mit Ihnen zu tun gehabt. Woher haben Sie meine Mail-Adresse?“; „Da ich mich nicht zu einem Newsletter angemeldet habe und noch nie Kontakt zu Ihnen hatte […] Ich frage nun ein zweites Mal: Wie sind Sie an meine private Mailadresse gekommen, die nirgendwo eingetragen sein sollte, da ich für Werbung andere Mailadressen angebe?“) sowie dessen glaubwürdigen Aussagen vor dem Bundesverwaltungsgericht („RI: Kennen Sie XXXX ? Z: Nein, ich habe ihn dann auch gefragt, wo er meine E-Mail-Adresse herhat.“) zeigen, dass der Anzeigenleger mit dem Beschwerdeführer bisher nichts zu tun hatte. Auch der Beschwerdeführer gestand in seiner Stellungnahme vom XXXX zu, den Anzeigenleger nicht zu kennen. Darüber hinaus konnte der Beschwerdeführer keine Beweismittel dafür vorlegen und auch nicht glaubwürdig darlegen, dass der Anzeigenleger schon einmal bei einem seiner Vorträge anwesend war oder eine vorherige Einwilligung zur Übermittlung von Werbe-E-Mails erteilt hat. Somit war festzustellen, dass zwischen Anzeigenleger und Beschwerdeführer keine Kundenbeziehung bestand und der Anzeigenleger dem Beschwerdeführer auch keine vorhergehende Einwilligung zur Übermittlung von Werbe-E-Mails erteilt hat.

Zum Einwand, dass womöglich ein Dritter die E-Mail-Adresse des Anzeigenlegers weitergegeben habe, wird auf die rechtliche Beurteilung (Pkt. II.3.2.) verwiesen.

Ad II.1.4. Der wiedergegebene Auszug zur Abmeldemöglichkeit vom „Newsletter“ des Beschwerdeführers entstammt dem vorgelegten E-Mail vom XXXX . Dass der Beschwerdeführer auf die Medienberichterstattung zu den Rechtsvorschriften vertraute und keine eigenen Nachforschungen anstellte, gründet wiederum auf seinen Ausführungen in der Stellungnahme vom XXXX sowie seiner vor der belangten Behörde zu Protokoll gegebenen Rechtfertigung.

Ad II.1.5. Der Hergang der Sachverhaltsermittlungen unter Beteiligung des Beschwerdeführers ergibt sich aus dem Schriftverkehr zwischen diesem und dem BVwG.

II.3. RECHTLICHE BEURTEILUNG

ZU A)

II.3.1. RECHTSGRUNDLAGEN

II.3.1.1. DIE IM VORLIEGENDEN FALL RELEVANTEN BESTIMMUNGEN DES BUNDESGESETZES, MIT DEM EIN TELEKOMMUNIKATIONSGESETZ ERLASSEN WIRD (TELEKOMMUNIKATIONSGESETZ 2003 – TKG 2003), STF: BGBL. I NR. 70/2003 IN DER ZUM TATZEITPUNKT MASSGEBLICHEN FASSUNG (VGL. § 1 ABS. 2 VSTG), LAUTEN AUSZUGSWEISE:

§ 107 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 78/2018:
„Unerbetene Nachrichten

§ 107. [...]

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post – einschließlich SMS – ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt.

(3) Eine vorherige Einwilligung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

[…]“

§ 109 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 78/2018:

„Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. […]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

[…]

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet;

[…]“

II.3.1.2. DIE IM VORLIEGENDEN FALL RELEVANTEN BESTIMMUNGEN DES VERWALTUNGSSTRAFGESETZES 1991 (VSTG), STF: BGBL. NR. 52/1991 IDF NR. 58/2018, LAUTEN AUSZUGSWEISE:

§ 16 VStG:

„Ersatzfreiheitsstrafe

§ 16. (1) Wird eine Geldstrafe verhängt, so ist zugleich für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

(2) Die Ersatzfreiheitsstrafe darf das Höchstmaß der für die Verwaltungsübertretung angedrohten Freiheitsstrafe und, wenn keine Freiheitsstrafe angedroht und nicht anderes bestimmt ist, zwei Wochen nicht übersteigen. Eine Ersatzfreiheitsstrafe von mehr als sechs Wochen ist nicht zulässig. Sie ist ohne Bedachtnahme auf § 12 nach den Regeln der Strafbemessung festzusetzen.“

§ 19 VStG:

„Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.“

§ 33a VStG:

„Beratung

§ 33a. (1) Stellt die Behörde eine Übertretung fest und sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering, so hat ihn die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, mit dem Ziel einer möglichst wirksamen Beendigung des strafbaren Verhaltens oder der strafbaren Tätigkeiten zu beraten und ihn schriftlich unter Angabe der festgestellten Sachverhalte aufzufordern, innerhalb einer angemessenen Frist den den Verwaltungsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechenden Zustand herzustellen.

(2) Wird der schriftlichen Aufforderung innerhalb der von der Behörde festgelegten oder erstreckten Frist entsprochen, dann ist die weitere Verfolgung einer Person wegen jener Übertretungen, betreffend welche der den Rechtsvorschriften und behördlichen Verfügungen entsprechende Zustand hergestellt worden ist, unzulässig.

(3) Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes ist jedenfalls nicht gering, wenn die Übertretung nachteilige Auswirkungen auf Personen oder Sachgüter bewirkt hat oder das Auftreten solcher Auswirkungen bei auch nur kurzem Andauern des strafbaren Verhaltens oder der strafbaren Tätigkeiten zu erwarten ist.

(4) Die Intensität der Beeinträchtigung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes gilt als gering, wenn geringfügige Abweichungen von technischen Maßen festgestellt wurden und keine der im Abs. 3 genannten Umstände vorliegen.

(5) Abs. 1 und 2 sind jedenfalls nicht anzuwenden auf

1. Übertretungen von Verwaltungsvorschriften, die zur Strafbarkeit vorsätzliches Verhalten erfordern;

2. Übertretungen, die innerhalb der letzten drei Jahre vor Feststellung der Übertretung bereits Gegenstand einer Beratung und schriftlichen Aufforderung durch die Behörde waren oder zu denen einschlägige noch nicht getilgte Verwaltungsstrafen bei der Behörde aufscheinen;

3. Übertretungen, die Anlass zu in den Verwaltungsvorschriften vorgesehenen einstweiligen Zwangs- und Sicherungsmaßnahmen geben;

4. Übertretungen, für welche die Verwaltungsvorschriften die Maßnahme der Entziehung von Berechtigungen vorsehen.“

§ 45 VStG:

„§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

[…]

4. die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;

[…]

Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten.

[…]“

II.3.1.3. DIE IM VORLIEGENDEN FALL RELEVANTE BESTIMMUNG DES „BUNDESGESETZES BETREFFEND BEGLEITMASSNAHMEN ZU COVID-19 IM VERWALTUNGSVERFAHREN, IM VERFAHREN DER VERWALTUNGSGERICHTE SOWIE IM VERFAHREN DES VERWALTUNGSGERICHTSHOFES UND DES VERFASSUNGSGERICHTSHOFES (VERWALTUNGSRECHTLICHES COVID-19-BEGLEITGESETZ – COVID-19-VWBG)“, LAUTET AUSZUGSWEISE:

§ 3 COVID-19-VwBG:

„§ 3. […]

(3) Den Parteien und sonst Beteiligten, den erforderlichen Zeugen und Sachverständigen, den Dolmetschern und den sonst der Amtshandlung beizuziehenden Personen ist Gelegenheit zu geben, unter Verwendung der technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung an der betreffenden Amtshandlung teilzunehmen. Die Behörde hat die Parteien und sonst Beteiligten aufzufordern, bekanntzugeben, ob ihnen solche technischen Einrichtungen zur Wort- und Bildübertragung zur Verfügung stehen; ist dies nicht der Fall, so kann die Amtshandlung auch in ihrer Abwesenheit durchgeführt werden. Die Behörde hat diesfalls den Parteien und sonst Beteiligten, die aus diesem Grund an der Amtshandlung nicht teilnehmen können, in sonst geeigneter Weise Gelegenheit zu geben, ihre Rechte auszuüben bzw. bei der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken.

[…]“

ZU SPRUCHPUNKT I.

Einleitend ist festzuhalten, dass dem Beschwerdeführer entsprechend § 3 Abs. 3 COVID-19-VwBG die Gelegenheit gegeben wurde, seine Rechte auszuüben und an der Feststellung des Sachverhalts mitzuwirken.

II.3.2. OBJEKTIVER TATBESTAND

Nach § 107 Abs. 2 TKG 2003 ist die Zusendung elektronischer Post ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt.

Der Beschwerdeführer bestreitet auf objektiver Tatbestandsebene, dass die Zusendung der E-Mail vom XXXX zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt sei. Seiner Ansicht nach schließe die Abhaltung von Vorträgen bloß zur Befriedigung des Informationsinteresses der Interessenten, d.h. ohne einen finanziellen Vorteil für ihn, Werbung aus.

Wie der Oberste Gerichtshof und der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen haben, ist der Begriff der „Direktwerbung“ weit auszulegen und fällt darunter auch „jede Maßnahme, die dazu dient, auf ein eigenes Bedürfnis und die Möglichkeit seiner Befriedigung hinzuweisen, wobei auch schon die Anregung zur Inanspruchnahme bestimmter Leistungen diesem Begriff unterstellt werden kann [...] Dabei hindert die Gestaltung als Newsletter oder Informationsmail die Qualifikation als Werbung nicht“ (OGH 30.09.2009, 7 Ob 168/09w; VwGH 19.12.2013, 2011/03/0198).

Im vorliegenden E-Mail machte der Beschwerdeführer auf mehrere seiner Vorträge zum Thema „ XXXX “ aufmerksam, wobei er für zwei Ansprachen auch Termine und Veranstaltungsorte für eine Teilnahme bekannt gab. Das E-Mail weckte unzweifelhaft ein Bedürfnis (Erhalt von Informationen zur Thematik) und enthielt Argumente (Kurzbeschreibung der Vorträge), die den Empfänger dazu bringen sollten, eine vom Beschwerdeführer angebotene Leistung in Anspruch zu nehmen; in der Einladung lag auch ein Hinweis auf die Möglichkeit, wie das aufgezeigte Bedürfnis befriedigt werden könnte (Besuch der Veranstaltungen). Im Sinne der oben zitierten Judikatur handelte es sich daher beim gegenständlichen E-Mail – ungeachtet seiner Gestaltung als „Newsletter“ – um Direktwerbung für die angesprochenen Vorträge.

An dieser Beurteilung ändert auch der Umstand nichts, dass der Beschwerdeführer seine Vorträge kostenlos abhält, weil Entgeltlichkeit oder eine sonstige Gegenleistung nicht tatbestandsmäßig sind. Der in § 107 TKG 2003 in toto zugrundeliegende allgemeine Terminus „Werbung“ stellt nämlich nicht auf kommerzielle Werbung ab; auch Werbung von und für ideelle Organisationen ist umfasst (Riesz in Riesz/Schilchegger, TKG, § 107 TKG 2003, Rz 21).

In § 107 Abs. 2 TKG 2003 ist das sogenannte opt-in-Prinzip verankert, d.h. ohne Zustimmung des Empfängers sind Werbemaßnahmen unzulässig (Riesz in Riesz/Schilchegger, TKG, § 107 TKG 2003, Rz 38). Zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anzeigenleger bestand kein Einvernehmen, mit dem konkreten Werbe-E-Mail kontaktiert werden zu wollen. Im Gegenteil lag eine Einwilligung des Anzeigenlegers hierzu nicht vor. Der im verfahrensgegenständlichen E-Mail beigefügte Passus zur Abmeldemöglichkeit vom „Newsletter“ des Beschwerdeführers befreite diesen nicht von der Einholung einer Einwilligung des Anzeigenlegers. Die Auffassung des Beschwerdeführers, dass nur derjenige, der eine Zusendung beanstande, die Möglichkeit habe, sich weiterer Zusendungen zu entziehen, verwirklicht das – im TKG 2003 nicht vorgesehene – opt-out-Prinzip.

Der Beschwerdeführer handelte damit iSd § 107 Abs. 2 TKG 2003 tatbestandsmäßig.

Um in den Anwendungsbereich des § 107 Abs. 3 TKG 2003 zu gelangen, wonach bei kumulativer Erfüllung aller Voraussetzungen (Z 1 bis Z 4 leg. cit.) auf eine vorherige Einwilligung verzichten werden kann (weil schon bei der Erstkontaktaufnahme eine Zustimmung erteilt wurde), muss der Absender zunächst die elektronischen Kontaktinformationen „im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Produktes oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten“ haben (Z 1). Auf Basis der Feststellungen kann jedoch nicht von einer bestehenden Kundenbeziehung im Sinne dieser Bestimmung zwischen dem Beschwerdeführer und dem Anzeigenleger ausgegangen werden.

Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, dass die Bekanntgabe der E-Mail-Adresse des Anzeigenlegers in der Interessentenliste – wenn schon nicht durch den Anzeigenleger selbst – durch irgendjemanden, der sein Interesse vermutet habe, erfolgt sein könnte. Dabei sei eine nochmalige Nachprüfung durch den Beschwerdeführer, ob dies stimme, nicht notwendig. Dieser Ansicht ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer die Kontaktdaten, die er zu nutzen gedenkt, nur vom Kunden selbst und nicht von einem Dritten erhalten durfte. Dies indiziert einerseits die Diktion des Art. 13 Abs. 2 EK-Datenschutz-RL („[...] wenn sie von ihren Kunden […] deren elektronische Kontaktinformationen für elektronische Post erhalten hat“), andererseits resultiert dieser Schluss auch aus systematischen Erwägungen zum Zweck des § 107 TKG 2003, der im Schutz der Privatsphäre der Betroffenen liegt. Andernfalls würde § 107 Abs. 3 TKG 2003 ein stark vergrößerter Anwendungsbereich zukommen und würde dies auch die Gefahr von Missbrauch mit Daten Dritter begünstigen. Das widerspricht klar den unionsrechtlichen Zielvorgaben (Riesz in Riesz/Schilchegger, TKG, § 107 TKG 2003, Rz 107).

Es erübrigt sich damit eine Prüfung der anderen Voraussetzungen des § 107 Abs. 3 TKG 2003 (Z 2 bis Z 4), die kumulativ vorliegen müssen.

Die belangte Behörde ging daher zu Recht davon aus, dass im vorliegenden Fall das objektive Tatbild des § 107 Abs. 2 iVm § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 erfüllt war.

II.3.3. SUBJEKTIVER TATBESTAND

Bei der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung des § 107 TKG 2003 handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, weil zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, das aber von ihm widerlegt werden kann (VwGH 13.12.1990, 90/09/0141; 12.03.1990, 90/09/0066). Bei einem Ungehorsamsdelikt iSd § 5 Abs. 1 VStG liegt es daher am Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (VwGH 24.05.2012, 2010/03/0056). Zu einer solchen Glaubhaftmachung ist es erforderlich, dass der Beschuldigte initiativ von sich aus in substantiierter Form alles darlegt, was für seine Entlastung spricht (VwGH 19.01.1994, 93/03/0220; 14.10.1976, 1497/75; 20.05.1968, 0187/67). Dazu gehört u.a. die Darlegung, dass er Maßnahmen getroffen und insbesondere ein Kontrollsystem eingeführt hat, die im Ergebnis mit gutem Grund erwarten lassen, dass die Einhaltung der maßgeblichen Vorschriften gewährleistet ist (VwGH 20.02.2017, Ra 2017/02/0022).

Der Beschwerdeführer brachte nichts vor, was die Vermutung eines Verschuldens entkräften konnte. Er legte insbesondere nicht dar, dass er die – nach eigenen Angaben – vielen E-Mail-Adressen aus dem beruflichen und privaten Umfeld, die er die letzten Jahre erhielt, danach getrennt aufbewahrte oder kennzeichnete, ob eine Einwilligung zur Zusendung von Werbemails erteilt wurde oder nicht. Der Beschwerdeführer gab im konkreten Fall sogar an, nicht nachvollziehen zu können, ob der Anzeigenleger sein Einverständnis zur Zusendung von Werbe-E-Mails erteilt hat (Stellungnahme des Beschwerdeführers vom XXXX ). Mit der Nutzung einer unstrukturierten Sammlung von Kontaktinformationen wies der Beschwerdeführer nicht nach, dass er im Tatzeitpunkt sämtliche notwendigen Maßnahmen getroffen hat, die aus gutem Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift des § 107 TKG 2003 hätten erwarten lassen.

Überdies zeugt auch die Tatsache, dass der Beschwerdeführer von Dritten weitergegebene Kontaktdaten nutzt, ohne im konkreten Fall zu überprüfen, ob eine entsprechende Einwilligung des E-Mail-Inhabers vorliegt (Stellungnahme des Beschwerdeführers vom XXXX ), nicht vom Vorliegen eines funktionieren Maßnahmen- bzw. Kontrollsystems.

Den Beschwerdeführer trifft sohin ein Verschulden in Form des fahrlässigen Verhaltens.

Irrelevant ist in diesem Kontext, dass der Beschwerdeführer „gutgläubig“ davon ausgegangen sein will, eine Anführung der Bestimmungen des TKG 2003 sei für eine rechtskonforme Aussendung ausreichend. § 5 Abs. 2 VStG normiert, dass „Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, […] nur dann [entschuldigt], wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte“. Der Verwaltungsgerichtshof äußerte sich in seinem Erkenntnis vom 07.05.2020, Ra 2018/04/0146, zum entschuldbaren Rechtsirrtum nach § 5 Abs. 2 VStG zuletzt wie folgt:

„Um sich darauf berufen zu können, bedarf es […] einer Objektivierung der eingenommenen Rechtsauffassung durch geeignete Erkundigungen […]. Solche Erkundigungen haben an der geeigneten Stelle zu erfolgen, worunter im Zweifelsfall die zur Entscheidung der Rechtsfrage zuständige Behörde zu verstehen ist. Die Argumentation mit einer auch plausiblen Rechtsauffassung kann ein Verschulden am objektiv unterlaufenen Rechtsirrtum nicht ausschließen, vielmehr trägt das Risiko des Rechtsirrtums der, der es verabsäumt, sich an geeigneter Stelle zu erkundigen […].“

Der Beschwerdeführer hätte sich daher mit den einschlägigen Rechtsvorschriften des TKG 2003 näher vertraut machen müssen (etwa durch Nachfrage bei der zuständigen Verwaltungsbehörde) und sich nicht einfach – wie er selbst zugestand – auf die Medienberichterstattung verlassen dürfen, wonach die Zurverfügungstellung einer Abmeldemöglichkeit in der Werbemail ausreiche, um den rechtlichen Vorgaben zu entsprechen. Eine unverschuldete Unkenntnis der zuwider gehandelten Verwaltungsvorschrift konnte der Beschwerdeführer daher mit seinem allgemein gehaltenen Vorbringen nicht darlegen.

Guter Glaube stellt im Übrigen keinen Schuldausschließungsgrund dar, wenn es Sache der Partei ist, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der Behörde nachzufragen (VwGH 26.06.2019, Ro 2018/03/0047). Auch der Einwand des Beschwerdeführers, er erhalte täglich selbst zahlreiche Werbemails, ist fruchtlos, denn das Fehlverhalten anderer entschuldigt nicht für ein eigenes.

Der subjektive Tatbestand ist damit ebenfalls erfüllt.

II.3.4. STRAFBEMESSUNG

Die Einstellung des Verfahrens bzw. der Ausspruch einer bloßen Ermahnung setzen voraus, dass die in § 45 Abs. 1 Z 4 VStG genannten Umstände – geringe Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, geringe Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat sowie geringes Verschulden – kumulativ vorliegen (VwGH 24.01.2017, Ra 2015/02/0145; zur Ermahnung vgl. auch VwGH 10.01.2017, Ra 2016/02/0269).

Eine Einstellung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG – wie auch der Ausspruch einer Ermahnung – scheitert hier daran, dass die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsguts in Ansehung des Strafrahmens (bis zu EUR 37.000) und der Eigenart des geschützten Rechtsguts (Privatsphäre) nicht als bloß gering zu betrachten ist. Auch die Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsguts der Privatsphäre war nicht bloß gering: Der Anzeigenleger fühlte sich durch die Zusendung der E-Mail offensichtlich belästigt und dieser entschloss sich zu einer Anzeige. Zudem hat der Beschwerdeführer das Bestehen eines Kontrollsystems nicht behauptet und auch sonst nichts vorgebracht, was sein Verschulden als so gering erscheinen lässt, dass davon gesprochen werden könnte, dass das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben wäre.

Angesichts der identen Voraussetzungen für eine vorgeschaltete Beratung nach § 33a VStG kommt auch eine solche nicht in Betracht. Andere Einstellungsgründe lagen nicht vor.

§ 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 bestimmt, dass, wer entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 TKG 2003 elektronische Post zusendet, eine Verwaltungsübertretung begeht und mit einer Geldstrafe bis zu EUR 37.000,00 zu bestrafen ist.

Die Strafbemessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens ist eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber im § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist (VwGH 05.09.2013, 2013/09/0106):

Wie bereits dargelegt, sind weder das Ausmaß des Verschuldens des Beschwerdeführers (fahrlässiges Verhalten), noch die Bedeutung des verwaltungsstrafrechtlich geschützten Rechtsguts oder die Intensität der Beeinträchtigung als nur gering anzusehen.

Erschwerungsgründe kamen im Verfahren nicht hervor. Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit, das Geständnis und der Umstand, dass dem Anzeigenleger eine Abmeldemöglichkeit eingeräumt wurde, fand bei der Bemessung der Strafe im Verfahren vor der belangten Behörde schon ausreichende Berücksichtigung. Weitere Milderungsgründe wurden nicht vorgebracht und war deren Vorliegen für das BVwG auch nicht erkennbar.

Darüber hinaus berücksichtigte schon die belangte Behörde zutreffend die Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse; der Beschwerdeführer trat den Erwägungen der belangten Behörde in seiner Beschwerde und in der Stellungnahme vom XXXX nicht entgegen.

Bereits die belangte Behörde hat auf das Ausmaß des Verschuldens des Beschwerdeführers ausreichend Bedacht genommen; mit der verhängten Strafe wird der Strafrahmen zu nicht einmal 1% ausgeschöpft.

Das BVwG teilt daher die Erwägungen der belangten Behörde zur Strafbemessung.

Die verhängte Geldstrafe ist auch aus den Gründen der General- und Spezialprävention und unter Berücksichtigung eines bis zu EUR 37.000,00 reichenden Strafrahmens im vorliegenden Fall tat- und schuldangemessen.

II.3.5. ERGEBNIS

Die Beschwerde war aus den dargestellten Gründen als unbegründet abzuweisen.

Hinzuweisen ist abschließend darauf, dass durch Art. 17 StGG das Recht ungehinderter wissenschaftlicher Forschung und das Recht der freien wissenschaftlichen Lehre geschützt ist (VfSlg 1969). Eine Tätigkeit, die weder eine wissenschaftliche noch eine Unterrichtstätigkeit ist, fällt nicht unter Art. 17 StGG (VfSlg 4290). Die gegenständliche Entscheidung, die das unerwünschte Versenden eines Werbe-E-Mails sanktioniert, bewirkt ersichtlich keine Verletzung dieses oder eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts. Das hierzu erstattete Vorbringen des Beschwerdeführers geht somit ins Leere.

ZU SPRUCHPUNKT II.

II.3.6. KOSTEN DES STRAFVERFAHRENS

Die Entscheidung über den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens erfolgte gemäß § 52 Abs. 1, 2 und Abs. 6 VwGVG (20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch EUR 10,00).

ZU B)

II.3.7. UNZULÄSSIGKEIT DER REVISION

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die vorliegende Entscheidung kann sich auf die in A) zitierte höchstgerichtliche Judikatur stützen und waren die anzuwendenden Bestimmungen so klar und unmissverständlich, dass kein Zweifel über deren Auslegung vorliegen kann (VwGH 11.01.2016, Ra 2015/11/0125).

Schlagworte

Belästigung Direktwerbung E - Mail Einwilligung des Empfängers Fahrlässigkeit Geldstrafe Glaubhaftmachung Kontrolle Kontrollsystem Kostenbeitrag mündliche Verhandlung Nachweismangel Strafbemessung Ungehorsamsdelikt Verschulden Verwaltungsstrafe Verwaltungsstrafverfahren Verwaltungsübertretung vorherige Einwilligung Werbemail Werbung Zurechenbarkeit Zustimmungserfordernis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W271.2225636.1.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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