TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/30 W189 1248900-4

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Veröffentlicht am 30.08.2020
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Entscheidungsdatum

30.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §93 Abs1 Z1
FPG §94 Abs5
VwGVG §13 Abs2

Spruch

W189 1248900-4/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. RIEPL über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 03.06.2020, Zl. 731754805-191005576, zu Recht:

A) Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, gehört der tschetschenischen Volksgruppe an, reiste im Juni 2003 im Alter von knapp drei Jahren in Begleitung seiner Eltern und Geschwister illegal ins Bundesgebiet ein und wurde für ihn am 12.06.2003 ein Antrag auf Erstreckung des seinem Vater auf Grund eines Asylantrages gewährten Asyls gestellt.

Mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 13.04.2004, Zl. 248.893/0-XI/38/04, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 11 Abs. 1 AsylG 1997 durch Erstreckung – bezogen auf das Verfahren seines Vaters – Asyl gewährt und gemäß § 12 leg.cit. festgestellt, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme.

Dem Beschwerdeführer (in der Folge: BF) wurde am 18.08.2017 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge: BFA) ein Konventionsreisepass mit der Nummer K 1295121 ausgestellt.

Infolge mehrfacher Straffälligkeit des damals noch minderjährigen Beschwerdeführers leitete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ein Verfahren zur Aberkennung des Status des Asylberechtigten ein.

Mit Bescheid des BFA vom 22.11.2019, Zl. 731754805-180493346, wurde dem Beschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Entscheidung vom 13.04.2004, Zl. 248.900/0-XI/38/04, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idgF aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer in Spruchpunkt IV. gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG idgF erlassen, in Spruchpunkt V. gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei und in Spruchpunkt VI. ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage; dem Beschwerdeführer werde aufgrund der Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit keine Zeit zum Verbleib im Bundesgebiet nach Entlassung aus der Freiheitsstrafe zugesprochen. Zudem wurde in Spruchpunkt VII. gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen.

Gegen diese Entscheidung erhob der BF fristgerecht Beschwerde.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020, Zl. W103 1248900-3/6E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dagegen Revision eingebracht.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19.06.2020, Zl. E 1863/2020-4, ausgesprochen, dass dem seitens des rechtsfreundlichen Vertreters eingebrachten Antrag, gegenständlicher Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, keine Folge gegeben wird.

Mit gegenständlichen Bescheid vom 03.06.2020 wurde dem BF mit Spruchpunkt I. der Konventionsreisepass gemäß § 94 Abs. 5 iVm. § 93 Abs. 1 Z1 FPG entzogen und dem BF aufgetragen, das Dokument unverzüglich dem Bundesamt vorzulegen. In Spruchpunkt II. wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs 2 VwGVG ausgeschlossen.

Gegen diesen Bescheid erhob der rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht, welches mit Erkenntnis vom 27.07.2020, 1248900-4/2Z, die erstinstanzliche Entscheidung zu Spruchpunkt II. betreffend dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des angefochtenen Bescheides bestätigte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird zum maßgeblichen Sachverhalt erhoben. Er ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akt und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchpunkt A):

Gemäß § 88 Abs. 2a FPG (in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013) sind Fremdenpässe Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

Gemäß § 93 Abs. 1 Z 1 FPG idgF ist ein Fremdenpass zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, welche die Versagung der Ausstellung des Fremdenpasses rechtfertigen würden.

Gemäß § 93 Abs. 2 FPG idgF sind vollstreckbar entzogene Fremdenpässe dem Bundesamt unverzüglich vorzulegen.

Gemäß § 94 Abs. 5 FPG idgF gelten die §§ 88 Abs. 4 sowie 89 bis 93 sinngemäß mit der Maßgabe, dass anstelle eines Fremdenpasses der Konventionsreisepass tritt.

Der Status des Asylberechtigten ist eine Voraussetzung für die Ausstellung eines Konventionsreisepasses. Wird nachträglich bekannt, dass diese Voraussetzung fehlt, so stellt dies eine die Passentziehung rechtfertigende Tatsache iSd § 93 Abs. 1 Z. 1 FPG dar. Das nachträglich bekanntgewordene Fehlen oder der Verlust des Status eines Asylberechtigten könnte daher die Entziehung eines Konventionsreisepasses rechtfertigen (vgl. VwGH 07.11.2012, Zl. 2012/18/0046).

Der Status des Asylberechtigten wurde dem Beschwerdeführer in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Russische Föderation mit Bescheid vom 13.04.2004 zuerkannt.

Das Bundesamt erkannte mit Bescheid vom 22.11.2019 von Amts wegen gemäß § 7 AsylG den dem Beschwerdeführer zuerkannten Status des Asylberechtigten ab und brachte der Beschwerdeführer dagegen Beschwerde ein. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020, Zl. W103 1248900-3/6E, wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und dagegen Revision eingebracht.

Dazu bleibt festzuhalten, dass die an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde nichts an der Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.03.2020 ändert. Die Rechtskraft der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bedeutet in formeller Hinsicht deren Unanfechtbarkeit einerseits und in materieller Hinsicht die Bindung an die einmal erlassene, formell rechtskräftige Entscheidung andererseits. Die Verbindlichkeit einer Entscheidung tritt mit ihrer Unanfechtbarkeit ein und endet erst mit ihrer Beseitigung (durch den Verfassungsgerichtshof oder den Verwaltungsgerichtshof). Die vom Beschwerdeführer erhobene Beschwerde, in der die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 10.03.2020 durch den Verfassungsgerichtshof geprüft wird, zeitigt daher keine Auswirkungen auf den Ausgang des anhängigen Verwaltungs- bzw. Beschwerdeverfahrens betreffend die Entziehung des Reisepasses iSd § 93 Abs. 1 Z 1 FPG.

Der Vollständigkeit wird noch darauf hingewiesen, dass es dem Beschwerdeführer gemäß § 94a FPG freisteht, die Ausstellung einer Identitätskarte beim Bundesamt zu beantragen.

Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Von der mündlichen Verhandlung kann im gegenständlichen Beschwerdefall gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, weil der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden konnte, in der Beschwerde keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen wurden und gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen war (vgl. das Erk. des VwGH vom 31.07.2007, Zl 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Entscheidung in der Sache Konventionsreisepass Rechtskraft VfGH Voraussetzungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W189.1248900.4.01

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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