Entscheidungsdatum
10.09.2020Norm
BFA-VG §18 Abs3Spruch
G311 2219233-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Ungarn, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.04.2019, Zahl: XXXX , betreffend die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 15.04.2019 wurde über die sich im Stande der Strafhaft befindende Beschwerdeführerin ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs. 1 und Abs. 2 FPG in der Dauer von zehn Jahren erlassen (Spruchpunkt I.), der Beschwerdeführerin gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub nicht erteilt (Spruchpunkt II.), sowie einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).
Mit Schriftsatz der bevollmächtigten Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin vom 21.05.2019 wurde von der Beschwerdeführerin ausschließlich und ausdrücklich gegen Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes vom 15.04.2019, damit gegen die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs. 3 FPG, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Spruchpunkt II. beheben und der Beschwerdeführerin gemäß § 70 Abs. 3 FPG einen angemessenen Durchsetzungsaufschub gewähren; in eventu einen Durchsetzungsaufschub gemäß § 71 FPG unter Erlassung gewisser Auflagen gewähren.
Die Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und langten am 23.05.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Republik Ungarn (vgl Kopie ungarischer Reisepass, AS 110; Kopie ungarischer Personalausweis, AS 139 f; Auszug aus dem Fremdenregister bzw. Zentralen Melderegister vom 26.06.2020).
Die Beschwerdeführerin wurde im Bundesgebiet erstmals am 06.04.2006 wegen des Verdachts des versuchten Diebstahls angezeigt (vgl Verständigung von einer Amtshandlung gegen einen Fremden vom 11.04.2006, AS 1 ff). Weitere Anzeigen erfolgte am 06.05.2006 wegen Ladendiebstahls, am 21.12.2006 wegen Entwendung, am 22.01.2007 wegen Entwendung, am 18.01.2008 wegen Diebstahls, am 27.06.2008 wegen Diebstahls (vgl Verständigungen von einer Amtshandlung gegen einen Fremden vom 19.02.2006, AS 4 ff; vom 04.02.2007, AS 8 ff; vom 22.01.2007, AS 14 ff; vom 24.01.2008, AS 16 ff; vom 30.01.2008, AS 20 ff).
Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX .2007, XXXX , rechtskräftig am XXXX .2007 wegen teils versuchten Diebstahls gemäß §§ 15, 127 StGB zu einer bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren nachgesehenen Freiheitsstrafe von drei Wochen verurteilt. Die Verurteilung ist inzwischen getilgt und scheint im Strafregister nicht mehr auf (vgl Strafkarte vom 22.03.2007, AS 12; Strafregisterauszug vom 26.06.2020).
Am 22.08.2008 wurde die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet festgenommen, weil sie im Zuge eines Streits mit einem abgebrochenen Stanley-Messer im Zuge einer Auseinandersetzung nach Alkoholkonsum einem serbischen Staatsangehörigen im Bericht des Oberkörpers und der Hüfte mit Schnittwunden verletzt hatte (vgl Abschlussbericht der Polizei vom 22.08.2008, AS 24 ff).
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX .2008, XXXX , rechtskräftig am XXXX .2008 wurde die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens der versuchten absichtlich schweren Körperverletzung nach §§ 15, 87 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon zehn Monate bedingt auf eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen, und unter Verlängerung der Probezeit der Vorverurteilung auf fünf Jahre, verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am XXXX .2008 einem Mann mit einem Stanley-Messer mit abgebrochener Kline im oberen Brust-, Rücken-, Nieren- und Hüftbereich mehrere Schnittverletzungen durch gezielte Stichführung zufügte, wodurch dieser zahlreiche Stichverletzungen am Oberkörper, Rücken, Hüfte und Kratzspuren sowie eine tiefe Schnittwunde im Bereich des rechten Beckenkammes bis zum Knochen, in der Länge von circa acht Zentimetern erlitt, absichtlich schwer zu verletzten versucht. Dabei stand die Beschwerdeführerin unter erheblichem Alkoholeinfluss. Die Verurteilung ist bereits getilgt und scheint im Strafregister nicht mehr auf (vgl aktenkundiges Urteil vom XXXX .2008, AS 34 ff; Strafregisterauszug vom 26.06.2020).
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion (BPD) XXXX vom 02.01.2009, Zahl: XXXX , rechtskräftig am 23.01.2008, wurde über die Beschwerdeführerin ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot mit Gültigkeit von 02.01.2009 bis 02.01.2019 erlassen (vgl aktenkundiger Bescheid vom 02.01.2009, AS 44 ff; Fremdeninformation vom 27.01.2009, AS 57).
Am 02.03.2009 wurde die Beschwerdeführerin neuerlich im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle wegen des bestehenden Aufenthaltsverbotes im Bundesgebiet festgenommen und angezeigt (vgl Anzeige vom 02.03.2009, AS 63 ff). Mit Straferkenntnis der BPD vom 03.03.2009 wurde die Beschwerdeführerin wegen unrechtmäßigem Aufenthalt im Bundesgebiet zu einer Geldstrafe in Höhe von EUR 50,00 bzw. einer Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag sowie zum Kostenersatz verurteilt (vgl Straferkenntnis vom 03.03.2009, AS 87 ff).
Mit Bescheid der BPD vom 03.03.2009, Zahl: XXXX , wurde über die Beschwerdeführerin die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt (vgl Bescheid vom 03.03.2009, AS 95 ff). Am 02.04.2009 wurde sie auf dem Landweg aus dem Bundesgebiet nach Ungarn abgeschoben (vgl Abschiebebericht vom 02.04.2009, AS 118).
Die Beschwerdeführerin reiste in der Folge jedoch zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt wieder in das Bundesgebiet ein, wo sie am 30.08.2009 wegen Körperverletzung und Diebstahl angezeigt wurde. Eine weitere Anzeige wegen Körperverletzung erfolgte am 09.09.2009 (vgl Verständigung von einer Amtshandlung gegen einen Fremden vom 10.08.2009, AS 130 ff; vom 09.09.2009, AS 133 ff). Eine strafgerichtliche Verurteilung erfolgte jedoch nicht.
Von 06.03.2015 bis 05.07.2017 war die Beschwerdeführerin mit einem Hauptwohnsitz bei „ XXXX “ gemeldet (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 26.06.2020).
Von 02.06.2015 bis 02.07.2015 ging sie einer sozialversicherten Erwerbstätigkeit als Arbeiterin nach. Zwischen 22.06.2017 und 25.06.2018 ging sie regelmäßig geringfügigen Beschäftigungen im Ausmaß jeweils weniger Tage (jeweils kürzer als ein Monat) bei der Suchthilfe nach (vgl Sozialversicherungsdatenauszug vom 26.06.2020).
Am XXXX .2018 wurde die Beschwerdeführer neuerlich festgenommen. Wegen des Verdachts des versuchten Mordes wurde über sie mit Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX vom XXXX .2018, XXXX , die Untersuchungshaft verhängt (vgl Verständigung der Behörde von der Verhängung der Untersuchungshaft vom XXXX .2018, AS 146).
Von 08.05.2018 bis 05.09.2019 war sie ebenfalls mit einem Hauptwohnsitz im Bundesgebiet gemeldet, wobei sie sich seit 07.07.2018 in der Justizanstalt XXXX , ab 08.07.2018 in Untersuchungshaft, befand und dort bis 02.04.2019 mit einem Nebenwohnsitz gemeldet war. Seit 05.09.2019 ist die Beschwerdeführerin mit einem Hauptwohnsitz in der Justizanstalt XXXX gemeldet (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 26.06.2020).
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Geschworenengericht vom XXXX .2019, XXXX , rechtskräftig am XXXX .2019, wurde die Beschwerdeführerin wegen des Verbrechens der absichtlich schweren Körperverletzung nach § 87 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt und sie weiters gemäß § 21 Abs. 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen. Der Verurteilung lag zugrunde, dass die Beschwerdeführerin am XXXX .2018 in XXXX ihrem damaligen Lebensgefährten eine schwere Körperverletzung, nämlich eine Stichwunde in Höhe der Achselhöhle, rund fünf Zentimeter rechts der Körpermittellinie mit einem rund sechs Zentimeter langen, leicht nach außen geneigten Stichkanal, einer Blutung in die rechte Brusthöhle, einer Luftbrustfüllung und einer Gewebsschädigung der rechten Lunge, absichtlich zugefügt, indem sie ihm mit einem Keramikmesser mi 12 Zentimeter langer, spitz zulaufender, stabiler Klinge einen kräftigen Stich in dessen rechte vordere Brustwand versetzte. Bei der Strafzumessung wurde als mildernd das reumütige Geständnis, als erschwerend die einschlägige Vorstrafe berücksichtigt. Zur Gefährlichkeitsprognose wurde ausgeführt, dass der Sachverständige für Neurologie und Psychiatrie zu dem Schluss gekommen sei, dass es im Rahmen der schwerwiegenden Suchterkrankung mit Missbrauch mehrerer Substanzen, der dadurch bedingten erheblich abgebauten Persönlichkeit mit kognitiven Beeinträchtigungen bei der Beschwerdeführerin zum Auftreten eines Zustandsbildes gekommen sei, das letztlich für die Ausführung der Tat ursächlich gewesen sei. Der Zustand sei durch die Erkrankung hervorgerufen, sodass aus medizinischer Sicht eine seelisch-geistige Abnormität höheren Grades vorliege. Deswegen sei eine engmaschig strukturierte und langfristige fachärztliche psychiatrische und auch psychotherapeutische Behandlung erforderlich, wie es nur im Rahmen einer Maßnahme nach § 21 Abs. 2 StGB erreichbar sei. Andernfalls seien auch in Zukunft Taten, wie die vorgeworfene, und jedenfalls Taten mit schweren Folgen mit hoher Wahrscheinlichkeit zu befürchten. Die Beschwerdeführerin sei daher in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen gewesen (vgl aktenkundiges Urteil, AS 154 ff; Strafregisterauszug vom 26.06.2020).
Aufgrund der zitierten strafgerichtlichen Urteile wird festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die in den genannten Urteilen festgestellte strafbare Handlung begangen und sie das umschriebene Verhalten gesetzt hat.
Unter Anrechnung der Zeiten der Untersuchungshaft ist das errechnete Strafende der Beschwerdeführerin der XXXX .2022 (vgl Verständigung der Fremdenbehörde vom Strafantritt eines Fremden, AS 166).
Die Beschwerdeführerin hielt sich zuletzt zumindest ab März 2015 ununterbrochen im Bundesgebiet auf, obwohl gegen sie ein rechtskräftiges, bis 02.01.2019 gültiges, Aufenthaltsverbot bestand. Dass sich die Beschwerdeführerin seit 2006 durchgehend in Österreich aufgehalten hätte, konnte hingegen nicht festgestellt werden. Sie ging hier kurzzeitig, überwiegend geringfügigen Erwerbstätigkeiten nach. Eine sonstige maßgebliche Integration oder familiäre Bindungen in Österreich konnten nicht festgestellt werden. Sie ist laut Aktenlage ledig und hat keine Kinder. Mit ihrem ehemaligen Lebensgefährten, der auch Opfer der letzten Straftat war, steht die Beschwerdeführerin ihren Angaben nach wieder in telefonischem und brieflichem Kontakt (vgl Beschwerdevorbringen, AS 210; Auszug aus dem Zentralen Melderegister und den Sozialversicherungsdaten jeweils vom 26.06.2020).
Bei der Beschwerdeführerin liegen eine schwere Alkoholerkrankung sowie Schizophrenie vor (vgl Laufzettel vom 02.03.2009, AS 116; aktenkundiges Urteil, AS 154 ff). Sie leidet an keiner lebensbedrohlichen Erkrankung, die in Ungarn nicht behandelbar wäre.
Sie verfügte in Österreich bis dato über keine Anmeldebescheinigung und hat eine solche bis dato auch nicht beantragt (vgl Fremdenregisterauszug vom 26.06.2020).
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Das Bundesverwaltungsgericht holte einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister, dem Fremdenregister, dem Schengener Informationssystem, den Sozialversicherungsdaten sowie des Strafregisters der Beschwerdeführerin ein.
Die beiden strafgerichtlichen Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX aus dem Jahr 2008 bzw. 2019 sind aktenkundig. Die Verurteilung durch das Bezirksgericht ergibt sich aus der aktenkundigen Strafkarte sowie dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX aus 2008.
Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln, welche jeweils in Klammer zitiert und von der Beschwerdeführerin zu keiner Zeit substanziiert bestritten wurden und welche der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A.):
Die Beschwerdeführerin hat ausdrücklich keine Beschwerde gegen das gegen sie in Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides des Bundesamtes erlassene Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren sowie gegen Spruchpunkt III. erhoben. Spruchpunkt I. und III. des angefochtenen Bescheides erwuchsen somit in Rechtskraft.
Ausdrücklich erhob die Beschwerdeführerin jedoch Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung eines Durchsetzungsaufschubes:
Der mit „Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet:
„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“
Zur Nichterteilung des Durchsetzungsaufschubes hat die belangte Behörde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin im Bundesgebiet weder über familiäre noch berufliche Bindungen verfügt und ihr persönliches Verhalten massiv die Grundinteressen der Gesellschaft verletzen würden.
Darüber hinaus ist gegenständlich zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin eine vierjährige, unbedingte, Haftstrafe in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher verbüßt. Unter Berücksichtigung der nicht maßgeblich vorhandenen privaten Bindungen im Bundesgebiet und der Haftdauer ist es der Beschwerdeführerin ohne weiteres zumutbar, eine Abholung allfällig sich noch im Bundesgebiet befindender private Gegenstände bzw. Behördenwege von Ungarn aus zu organisieren.
In Anbetracht der seit langer Zeit bestehenden schweren psychiatrischen Erkrankungen sowie der Alkoholsucht bzw. des Substanzmissbrauches und der dadurch von der Beschwerdeführerin ausgehenden Gefahr kann der Beschwerdeführerin kein Durchsetzungsaufschub gewährt werden, zumal sie bereits einschlägig vorbestraft ist, wenngleich die beiden ersten Verurteilungen schon getilgt sind.
Die Beschwerdeführerin würde in Österreich nach Verbüßung ihrer vierjährigen Haftstrafe in die Obdachlosigkeit entlassen werden. In Anbetracht dessen, dass sie sich jahrelang – trotz eines bereits bestehenden Aufenthaltsverbotes – rechtswidrig im Bundesgebiet aufgehalten und ihren Aufenthalt meist nicht gemeldet hat, ist gegenständlich zu befürchten, dass die Beschwerdeführerin nach Entlassung aus der Strafhaft in Österreich untertauchen und sich einer Ausreise/Abschiebung neuerlich entziehen würde.
Im Ergebnis wurde der Durchsetzungsaufschub zu Recht nicht zuerkannt.
Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Die Beschwerdeführerin hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht beantragt. Ihr Vorbringen wurde der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt. Der Sachverhalt ist im Gegenstand aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben konnte.
Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Erlassung von Aufenthaltsverbotes und zur Interessensabwägung gemäß § 9 BFA-VG ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot Interessenabwägung öffentliche Interessen strafrechtliche VerurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2219233.1.00Im RIS seit
18.11.2020Zuletzt aktualisiert am
18.11.2020