Entscheidungsdatum
17.09.2020Norm
BFA-VG §22a Abs4Spruch
G313 2220951-2/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Birgit WALDNER-BEDITS in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren zur Überprüfung der Anhaltung in Schubhaft des XXXX , geb. XXXX , StA: Afghanistan zu Recht erkannt:
A)
Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen weiterhin vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Vorarlberg, (im Folgenden: BFA), vom 04.06.2020 wurde über den BF gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG iVm. § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
2. Mit Schreiben des BFA vom 14.09.2020 erfolgte die Aktenvorlage an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) durch das BFA, eingelangt am 15.09.2020 womit gem. § 22a Abs. 4 BFA-VG die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht galt. In diesem Schreiben wurde die Notwendigkeit der weiteren Aufrechterhaltung der Schubhaft des BF angeführt, bestehe doch aufgrund des Verhaltens des BF vor der Schubhaft eine erhebliche Fluchtgefahr und somit nach wie vor ein Sicherungsbedarf.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zum bisherigen Verhalten des BF:
Die Staatsangehörigkeit des BF steht mit Afghansitan fest. Der BF verfügt über kein gültiges Reisedokument und kann daher das Bundesgebiet nicht aus eigenem Entschluss legal verlassen. Der BF besitzt jedenfalls nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit Fremder im Sinne des § 2 Abs. 4 Z 1 FPG.
Der BF reiste zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt schlepperunterstützt illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.
Fest steht, dass der BF am 12.10.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG gestellt hat.
Der o.a Antrag wurde rechtskräftig am 22.05.2019 mit Erkenntnis des BVwG abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Zweimalig wurde ein Laissez –Pass für den BF ausgestellt.
Die Effektuierung des BF war nicht möglich da der BF an der bekannten Meldeadresse nicht mehr aufhältig war, der Festnahme am 13.10.2019 hat sich der BF daher entzogen.
Der BF wurde amtlich am 24.10.2019 von seiner Meldeadresse in XXXX abmeldet.
Im Rahmen einer Hausdurchsuchung am 04.06.2020 wurde der BF dort illegal aufhältig im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle angetroffen. In der Befragung gab der BF auf die Fragen wo er sich im Bundesgebiet aufhalte, da er keine aufrechte Meldeadresse habe, gab er an, „bei verschiedenen Caritas Einrichtungen und Freunden, die Namen sage ich aber nicht“. Nach Afghanistan gehe er nicht zurück, weil seine Familie im Iran sei.
Am 04.06.2020 wurde die gegenständliche Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Der zugrundeliegende Schubhaft Bescheid wurde nicht angefochten.
Im Stande der Schubhaft stellte der BF neuerlich am 19.06.2020 einen Asylantrag der rechtskräftig zurückgewiesen wurde.
Mit Erkenntnis des BVwG vom 17.07.2020 wurde der faktische Abschiebeschutz rechtskräftig aufgehoben.
Gegen den BF besteht eine aufrechte und durchsetzbar Rückkehrentscheidung.
Sowohl bei der ersten Schubhaftprüfung am 02.07.2020 als auch bei der zweiten periodischen Schubhaftprüfung am 30.07.2020, der dritten Schubhaftüberprüfung am 27.08.2020 wurde seitens der Behörde festgestellt, dass die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung in Schubhaft weiter vorliegt.
Die Abschiebung des BF ist für 06.10.2020 geplant, ein Flugticket liegt laut BFA bereits vor. Sollte der Flug aufgrund derzeit nicht vohersehbarer COVID 19 Ereignissen abgesagt werden, ist die Abschiebung für 10.11.2020 oder 15.12.2020 möglich.
1.2. Zur individuellen Situation des BF in Österreich:
Der BF verfügt in Österreich über keine familiären, beruflichen oder sonstigen sozialen Bindungen.
Eine eigene gesicherte Unterkunft kann er nicht vorweisen, er war bis zu seiner Verhaftung nicht mehr aufrecht gemeldet, war im Bundesgebiet untergetaucht, weigerte sich bis zuletzt seinen derzeitigen Aufenthalt im Bundesgebiet anzugeben und hat die gegen ihn erlassene Rückkehrentscheidung ignoriert und ist nicht in seinen Herkunftsstaat zurückgekehrt. Er verfügt über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes. Er besitzt auch keine Barmittel für die Dauer des weiteren Verfahrens. Er ist auch nicht sozial- und krankenversichert.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestritten gebliebenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt, wobei der Sachverhalt durch das BFA ausreichend und unumstritten feststeht:
Es liegt kein gültiges Reise- oder Identitätsdokument des BF vor.
Der BF ist im Bundesgebiet untergetaucht und hat sich so bereits vorheriger Abschiebeversuchen im Oktober 2019 entzogen. Erst im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle konnte der BF, illegal im Bundesgebiet aufhältig, aufgefunden werden.
Ein Flug-Abschiebung nach Afghanistan ist für den 06.10.2020 gebucht.
Die weiteren Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften Akteinhalt.
Auf Grund des bisherigen Gesamtverhaltens hat sich der BF insgesamt als nicht vertrauenswürdig erwiesen:
Der BF hat sich nach seiner in Österreich erfolgten abweisenden Asylantragstellung und gegen ihn erlassenen Rückkehrentscheidung dem Abschiebeverfahren im Oktober 2019 dadurch entzogen dass er an seiner Wohnadresse nicht mehr aufhältig war und erst im Rahmen einer Hausdurchsuchung zufällig durch eine fremdenpolizeiliche Kontrolle aufgefunden wurde. Eine neue Wohnadresse bekanntzugeben hat der BF verweigert. („Immer bei der Caritas oder bei Freunden, Namen sage ich nicht“.) Der BF ist ohne ordentlichen Wohnsitz, Beschäftigungs- und einkommenslos, verfügt weder über Barmittel noch über soziale Anknüpfungspunkte.
Die Fluchtgefahr liegt weiterhin vor, zudem die Abschiebung nach Afghanistan unmittelbar am 06.10.2020 bevorsteht und er auch in der Befragung vor dem BFA angab nicht freiwillig nach Afghanistan zurückkehren zu wollen. Zur Verzögerung der Abschiebung stellte der BF am 19.06.2020 neuerlich einen Asylantrag der rechtskräftig zurückgewiesen wurde. Der faktische Abschiebeschutz ist ebenso rechtskräftig aufgehoben.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit:
Der mit „Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft“ betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, lautet:
„§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn
1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,
2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder
3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.
(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.
(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.
(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.
(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.
(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig.“
Das BVwG ist nach § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.
3.2. Spruchteil A): Feststellung über die gerechtfertigte Fortsetzung der Schubhaft:
3.2.1. Der mit „Schubhaft“ betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG),
BGBl. I Nr. 100/2005, lautet:
„§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.
(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn
1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder
2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.
(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,
1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;
2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;
3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;
4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;
5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;
6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern
a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,
b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder
c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;
7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;
8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;
9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.
(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.
(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.“
Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ABl. L 180 vom 29.06.2013
S. 31 (im Folgenden: Dublin-VO), lauten:
„Artikel 2
Definitionen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung
a) […]
b) ‚Antrag auf internationalen Schutz‘ einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des Artikels 2 Buchstabe h der Richtlinie 2011/95/EU;
c) ‚Antragsteller‘ einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, über den noch nicht endgültig entschieden wurde;
d) – m) […]
n) ‚Fluchtgefahr‘ das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zu der Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte.
Artikel 28
Haft
(1) Die Mitgliedstaaten nehmen eine Person nicht allein deshalb in Haft, weil sie dem durch diese Verordnung festgelegten Verfahren unterliegt.
(2) Zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren, dürfen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dieser Verordnung, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen und nur im Falle dass Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen.
(3) Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird.
Wird eine Person nach diesem Artikel in Haft genommen, so darf die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Verfahren gemäß dieser Verordnung durchführt, ersucht in derartigen Fällen um eine dringende Antwort. Diese Antwort erfolgt spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs. Wird innerhalb der Frist von zwei Wochen keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen, dass dem Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die Person aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft zu treffen.
Befindet sich eine Person nach diesem Artikel in Haft, so erfolgt die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat, sobald diese praktisch durchführbar ist und spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person durch einen anderen Mitgliedstaat oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung gemäß Artikel 27 Absatz 3 keine aufschiebende Wirkung mehr hat.
Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen im Sinne des Unterabsatz 3 statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten. Die Artikel 21, 23, 24 und 29 gelten weiterhin entsprechend.
(4) Hinsichtlich der Haftbedingungen und der Garantien für in Haft befindliche Personen gelten zwecks Absicherung der Verfahren für die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat, die Artikel 9, 10 und 11 der Richtlinie 2013/33/EU.
Artikel 42
Berechnung der Fristen
Die in dieser Verordnung vorgesehenen Fristen werden wie folgt berechnet:
a) Ist für den Anfang einer nach Tagen, Wochen oder Monaten bemessenen Frist der Zeitpunkt maßgebend, zu dem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, so wird bei der Berechnung dieser Frist der Tag, auf den das Ereignis oder die Handlung fällt, nicht mitgerechnet.
b) Eine nach Wochen oder Monaten bemessene Frist endet mit Ablauf des Tages, der in der letzten Woche oder im letzten Monat dieselbe Bezeichnung oder dieselbe Zahl wie der Tag trägt, an dem das Ereignis eingetreten oder die Handlung vorgenommen worden ist, von denen an die Frist zu berechnen ist. Fehlt bei einer nach Monaten bemessenen Frist im letzten Monat der für ihren Ablauf maßgebende Tag, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monats.
c) Eine Frist umfasst die Samstage, die Sonntage und alle gesetzlichen Feiertage in jedem der betroffenen Mitgliedstaaten.“
In Art. 28 Dublin-VO ist die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung nach der Dublin-VO geregelt. Allfällige entgegenstehende Bestimmungen des nationalen Fremdenrechts sind, sofern keine verordnungskonforme Interpretation möglich ist, demgegenüber unanwendbar. Solange die Bestimmungen der Dublin-VO gegenüber einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen zur Anwendung gelangen, darf Administrativhaft zur Sicherung deren Vollzugs nur nach Art. 28 Dublin-VO verhängt werden und nicht etwa nach anderen Bestimmungen des nationalen Rechts, da sonst der Schutzzweck der gegenständlichen Regelung vereitelt wäre (Filzwieser/Sprung, Die Dublin III-Verordnung, 223).
Gemäß Art. 28 Abs. 2 und 3 Dublin-VO dürfen die Mitgliedstaaten zwecks Sicherstellung von Überstellungsverfahren nach einer Einzelfallprüfung die entsprechende Person in Haft nehmen, wenn eine erhebliche Fluchtgefahr besteht, die Haft verhältnismäßig ist und sich weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen. Die Haft hat so kurz wie möglich zu sein und nicht länger zu sein, als bei angemessener Handlungsweise notwendig ist, um die erforderlichen Verwaltungsverfahren mit der gebotenen Sorgfalt durchzuführen, bis die Überstellung gemäß dieser Verordnung durchgeführt wird. Die Frist für die Stellung eines Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs darf, wenn der Asylwerber in Haft ist, einen Monat ab der Stellung des Antrags nicht überschreiten. Der Mitgliedstaat, der das Dublin-Verfahren führt, ersucht in diesen Fällen um eine dringende Antwort, die spätestens zwei Wochen nach Eingang des Gesuchs erfolgen muss.
Die Überstellung aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt, sobald diese praktisch durchführbar ist, spätestens innerhalb von sechs Wochen nach der stillschweigenden oder ausdrücklichen Annahme des Gesuchs auf Aufnahme oder Wiederaufnahme oder von dem Zeitpunkt an, ab dem der Rechtsbehelf oder die Überprüfung keine aufschiebende Wirkung mehr hat. Hält der ersuchende Mitgliedstaat die Fristen nicht ein oder findet die Überstellung nicht innerhalb des Zeitraums von sechs Wochen statt, wird die Person nicht länger in Haft gehalten.
Als „Fluchtgefahr“ nach Art. 2 lit. n Dublin-VO gilt das Vorliegen von Gründen im Einzelfall, die auf objektiven – vom nationalen Gesetzgeber – gesetzlich festgelegten Kriterien beruhen und zur Annahme Anlass geben, dass sich ein Antragsteller, ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser, gegen den ein Überstellungsverfahren läuft, diesem Verfahren möglicherweise durch Flucht entziehen könnte. Die in diesem Sinne gesetzlich festgelegten Kriterien des Vorliegens von Fluchtgefahr finden sich in § 76 Abs. 3 FPG.
Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des
Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist oder wenn die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-VO vorliegen (§ 76 Abs. 2 FPG). Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden
(§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).
Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).
Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der – aktuelle – Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).
Die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft kann nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die im jeweiligen Asylverfahrensstadium ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. VwGH 05.07.2011,
Zl. 2008/21/0080 mwN). Dabei bedarf es in dem frühen Verfahrensstadium (etwa vor Einleitung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme) besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Rückkehrentscheidung oder Anordnung zur Außerlandesbringung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. VwGH 23.09.2010, Zl. 2007/21/0432 mwN).
3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:
Die belangte Behörde hat den vorliegenden Schubhaftbescheid auf § 76 Abs. 2 Z2 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG gestützt, und zum Zweck der Sicherung der Abschiebung angeordnet.
Der BF reiste zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt schlepperunterstützt in das illegal in das österreichische Bundesgebiet ein.
Fest steht, dass der BF am 12.10.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z. 13 AsylG gestellt hat.
Der oa Antrag wurde rechtskräftig am 22.5.2019 mit Erkenntnis des BVwG abgewiesen und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen.
Am 4.6.2020 wurde gegen den BF die Schubhaft verhängt, dagegen brachte der BF keine Beschwerde ein.am 19.06.2020 stellte der BF im stande der Schubhaft einen neuerlichen Asylantrag der rk zurückgewiesen wurde.
Der faktische Abschiebeschutz wurde am 9.7.2020 rechtskräftig aufgehoben.
Der BF ist jedenfalls der Rückkehrentscheidung nicht nachgekommen und ist nicht nach Afghanistan ausgereist.
Der BF entzog sich dem Verfahren und konnte der Festnahmeauftrag vom 13.10.2019 nicht durchgeführt werden, da der BF an seiner Wohnadresse nicht mehr aufhältig war und folglich amtlich am 24.10.2019 abgemeldet wurde. Im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Kontrolle wurde der BF zufällig aufgegriffen, Angaben zu seiner Wohnadresse verweigerte er.
Der BF verfügt über kein gültiges Reisedokument.
Der BF verfügt in Österreich über keine familiären oder sonstigen berücksichtigungswürdigen privaten Bindungen, über keine eigene gesicherte Unterkunft und über keine ausreichenden Existenzmittel zur Sicherung seines Lebensunterhaltes.
Es ist daher der belangten Behörde unter Berücksichtigung des bisherigen Verhaltens des BF beizustimmen, wenn sie bei ihrer Entscheidung zur Anordnung der Schubhaft und dem dafür erforderlichen Sicherungsbedarf davon ausging, dass sich der BF durch Flucht bzw. Untertauchen der beabsichtigten Abschiebung entziehen könnte.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid im Ergebnis zu Recht dargelegt, dass im vorliegenden Fall der erforderliche Sicherungszweck nicht durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG erreicht werden kann. Weder verfügt der BF über ausreichende finanzielle Mittel für die Hinterlegung einer angemessenen Sicherheit, noch war davon auszugehen, dass er sich in irgendeiner Weise den Behörden für die beabsichtigte Abschiebung jedenfalls aus freien Stücken zur Verfügung halten würde. Dies ist aufgrund seines Verhaltens angesichts der erhöhten Fluchtgefahr nach seinem untertauchen und der weiteren –weigerung seinenAufenthaltsort bekanntzugeben und der unmittelbar für 06.10.2020 bevorstehenden Abschiebung und seiner Weigerung freiwillig nach Afghanistan auszureisen, wie er in der mündlichen Befragung vor dem BFA am 04.06.2020 angab nunmehr noch mehr der Fall.
Dass besondere in der Person des BF gelegene Umstände vorliegen, die der Schubhaft entgegenstehen würden, ist bei den durchgeführten Schubhaftprüfungen nicht hervorgekommen.
Aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF und der gesamten vorliegenden Umstände – keine Unterkunft, keine familiären, sozialen oder beruflichen Bindungen und keine ausreichenden Existenzmittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes war von einer bestehenden Fluchtgefahr auszugehen und einem bestehenden Sicherungsbedarf auszugehen.
Mit der Möglichkeit einer Abschiebung des BF ist auch tatsächlich zu rechnen:
Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist – wenn sich das erst später herausstellt – umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).
Dass es mit Sicherheit zur Durchführung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme kommt, wird für die Schubhaft nicht gefordert (VwGH 07.02.2008, 2006/21/0389).
Mit der tatsächlichen Durchführung der Abschiebung und der bereits für 06.10.2020 durchgeführten Flugbuchung ist sohin weiterhin mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit zu rechnen.
Auf Grund des in Folge des Vorverhaltens des BF weiterhin bestehenden Sicherungsbedarfs, und die geplante Abschiebung für 06.10.2020 noch erhöht wurde, ist sohin die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig.
Da aufgrund des bisherigen Verhaltens des BF, der sich seiner gegen ihn verhängten Rückkehrentscheidung entzogen hat und, keinen ordentlichen Wohnsitz und keine Barmittel zur Verfügung hat, daher keine Umstände für die Verhängung eines gelinderen Mittels iSv § 77 FPG sprechen, war zum Zeitpunkt der Entscheidung jedenfalls von der Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft des BF auszugehen.
Eine Gesamtabwägung aller angeführten Umstände ergibt daher, dass das öffentliche Interesse an der Sicherung der Abschiebung das Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit überwiegt und ein konkretes Sicherungsbedürfnis besteht.
Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.
Die fortgesetzte Anhaltung in Schubhaft ist daher gerechtfertigt.
Es war daher gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG festzustellen, und dass zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist.
3.6. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine weitere mündliche Verhandlung unterbleiben.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Für die in der Beschwerde behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens ergeben sich aus der Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr wurde den Grundsätzen der Amtswegigkeit, der freien Beweiswürdigung, der Erforschung der materiellen Wahrheit und des Parteiengehörs entsprochen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt. Es wurde kein weiterer Klärungsbedarf erkannt, und besteht wie vorher angeführt im gegenständlichen Fall erhebliche Fluchtgefahr und somit Sicherungsbedarf.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014,
Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012,
Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstanziiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
3.7. Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Fluchtgefahr Interessenabwägung öffentliche Interessen Schubhaft Schubhaftbeschwerde Sicherungsbedarf Verhältnismäßigkeit VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G313.2220951.2.00Im RIS seit
19.11.2020Zuletzt aktualisiert am
19.11.2020