Entscheidungsdatum
17.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
G306 2228391-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA.: Niederlande, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.12.2019, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) wurde mit Urteil des LG XXXX , Zl.: XXXX , vom XXXX .2019, wegen der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges gemäß §§ 146, 147 Abs. 2, 148 2. Fall StGB und der betrügerischen Krida gemäß § 156 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und einer unbedingten Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu je EUR 4,- ( EUR 1.440,-) verurteilt.
2. Anlässlich dieser Verurteilung des BF wurde diesem mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) vom 07.10.2019, unter Verweis auf die Beabsichtigung gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, Parteiengehör eingeräumt und den BF zur Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert.
3. Mit am 22.10.2019 per Post beim BFA eingebrachtem Schriftsatz gab der BF eine Stellungnahme ab.
4. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des BFA, dem BF zugestellt am 14.01.2020, wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein auf 3 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), und dem BF gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt (Spruchpunkt II.).
5. Mit per Telefax am 05.02.2020 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz, erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV), Beschwerde gegen den im Spruch genannten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG).
Darin wurde neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, jeweils in eventu die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides, die Behebung des Aufenthaltsverbotes sowie die Reduzierung der Befristung desselben beantragt
6. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden vom BFA, dem BVwG vorgelegt und langten am 07.02.2020 ein.
7. Am 15.07.2020 brachte das BFA per E-Mail einen Abschluss-Bericht der LPD XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2020, in Vorlage, wonach der BF der beharrlichen Verfolgung in Bezug auf seine Ehefrau verdächtigt werde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
Der BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger der Niederlande. Die Muttersprache des BF ist niederländisch, jedoch ist er der deutschen Sprache ebenfalls hinreichend mächtig.
Der BF hält sich seit 10.07.2017 im Bundesgebiet auf und verfügt seither auch über eine durchgehende Wohnsitzmeldung in Österreich. Am 26.09.2018 wurde dem BF eine Anmeldebescheinigung „Selbstständiger“ ausgestellt.
Der BF ist mit der deutschen Staatsbürgerin XXXX , geb. XXXX , verheiratet, lebt jedoch von dieser getrennt.
Der BF war am 03.05.2019 und 06.05.2019 geringfügig und von 09.05.2019 bis 20.10.2019, 17.12.2019 bis 25.12.2019, 20.01.2020 bis 02.02.2020 und 03.02.2020 bis 15.03.2020 als Arbeiter im Bundesgebiet erwerbstätig. Zudem weist der BF eine Versicherungsmeldung von 01.08.2018 bis 30.04.2019 als selbstständig Erwerbstätiger auf. Seit 01.08.2020 bezieht der BF jedoch Leistungen aus der Mindestsicherung.
Im Herkunftsstaat halten sich die zwei erwachsenen Kinder des BF auf und ist der BF im Besitz einer Liegenschaft in Österreich und haften den BF EUR 250.000,- an Schulden an.
Der BF weist folgende Verurteilungen in Österreich auf:
? LG XXXX , Zl.: XXXX , vom XXXX .2019, RK XXXX .2019, wegen der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges gemäß §§ 146, 147 Abs. 2, 148 2. Fall StGB und der betrügerischen Krida gemäß § 156 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 12 Monaten und einer Geldstrafe von 360 Tagsätzen zu je EUR 4,- ( EUR 1.440,-) verurteilt.
Der BF wurde für schuldig befunden, er habe in XXXX in XXXX und anderen Orten
I. Zwischen Jänner 2018 und XXXX .2018 in mehreren Angriffen mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die fortlaufende Begehung von Betrügereien, in einem jeweils EUR 5.000,- übersteigenden Betrag, eine fortlaufende, nicht nur geringfügige Einnahme zu verschaffen, andere Personen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich ein zahlungsfähiger und -williger Kunde zu sein, zur Einbringung von Dienst- und Werkleistungen im Wert von gesamt EUR 161.584,38, sohin zu Handlungen, konkret zur Herstellung von Gewerken und Erbringung von Dienstleistungen, verleitet, welche diese im vorgenannten, EUR 50.000,- übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten;
II. Im August 2018 als Schuldner mehrerer Gläubiger einen Bestandteil seines Vermögens veräußert, indem er seine Ehegattin hinsichtlich des auf einer Liegenschaft errichteten Wohnhauses ein unwiderrufliches, unentgeltliches, lebenslanges, betriebskostenfreies, gleichteilig mit dem grundbücherlichen Eigentümer auszuübendes Wohnungsgebrauchsrecht im Wert von zumindest EUR 40.000,- einräumte, und dadurch die Befriedigung seiner aus den zu Punkt I. geschilderten Straftaten hervorgegangenen Gläubiger sowie einer Bank zumindest schmälerte.
Mildernd wurde dabei die teilweise Schadensgutmachung, erschwerend jedoch eine einschlägige Vorstrafe in Deutschland, die doppelte Qualifikation beim Betrug sowie das Zusammentreffen von zwei Verbrechen gewertet.
? LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2020, RK XXXX .2020, wegen des Vergehens der falschen Beweisaussage gemäß § 288 Abs. 1 und Abs. 4 StGB, zu einer bedingten Zusatzfreiheitsstrafe von 2 Monaten unter Bezugnahme auf das Urteil des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2019.
Der BF wurde für schuldig befunden, er habe am XXXX .2019 in XXXX als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren nach der Strafprozessordnung falsch ausgesagt, indem er vor Beamten einer Polizeiinspektion anlässlich seiner Zeugeneinvernahme sinngemäß behauptete, dass jemand auf der Rechnung der Fa. F. über EUR 134.878,55 den Vermerk „21.12.2018 RECHNUNG GEPRÜFT UND IN ORDNUNG“ zeitlich nach seiner Unterschrift, mit der er nur den Empfang der Rechnung bestätigt habe, angebracht hat, weshalb die Rechnung überhöht ist.
Mildernd wurde dabei die teilweise Schadensgutmachung, erschwerend jedoch eine einschlägige Vorstrafe in Deutschland, die doppelte Qualifikation beim Betrug sowie das Zusammentreffen von zwei Verbrechen und einem Vergehen gewertet.
Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat.
Zudem weist der BF zwei einschlägige Vorstrafen des AG XXXX in Deutschland jeweils wegen Betruges vom XXXX .2016 und XXXX .2016 zu jeweils einer Geldstrafe auf.
Ferner wurde der BF im Jahr 2019 insgesamt 4-mal wegen Verstößen gegen das KFG sowie der StVO mit Geldstrafen im Gesamtausmaß von EUR 320,- in Bundesgebiet belegt und weist er eine Bestrafung (Geldstrafe gepaart mit einem 6-monatigen Fahrverbot) der Rechtbank XXXX in den Niederlanden vom XXXX .2004 wegen des Fahrens unter Einfluss von Alkohol oder Betäubungsmitteln in den Niederlanden vom XXXX .2004 auf.
Der BF hat am XXXX .2020 im Wissen um die Unrichtigkeit seiner Angaben, seine Ehefrau bei der Polizei als abgängig gemeldet und vorgebracht einen Unfall derselben zu befürchten. Die Ehefrau des BF hat sich von diesem zuvor getrennt und ist aus dem gemeinsamen Haushalt ausgezogen. Der BF wollte durch die besagte Anzeige einzig den aktuellen Aufenthaltsort seiner Frau – entgegen deren Willen – in Erfahrung bringen.
Der BF wird der beharrlichen Verfolgung seiner Ehefrau verdächtigt. Eine entsprechende Verurteilung ist bisher nicht erfolgt.
Der BF ist gesund und arbeitsfähig.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.
2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
2.2.1. Insoweit Feststellungen zur Identität (Name und Geburtsdatum), Staatsangehörigkeit, Familienstand samt Angaben zur Ehefrau, zum Aufenthalt in Österreich, zum Aufenthalt der erwachsenen Kinder, zu den Deutschsprachkenntnissen, zur Muttersprache, sowie zum Gesundheitszustand des BF getroffen wurden, beruhen diese auf den Feststellungen im angefochtenen Bescheid, jenen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde.
Die durchgehende Wohnsitzmeldung des BF im Bundesgebiet ergibt sich aus einer Abfrage des Zentralen Melderegisters. Die Trennung der Ehefrau des BF vom BF ergibt sich zudem aus einem Abschlussbericht der LPD XXXX , GZ.: XXXX , vom XXXX .2020, worin festgehalten wurde, dass die Ehefrau des BF ihre Trennung vom BF gegenüber Polizisten bekanntgegeben hat. Dem besagten Bericht kann auch entnommen werden, dass der BF der beharrlichen Verfolgung seiner Frau verdächtigt wird und einzig zum Zwecke des Erfahrens des aktuellen Aufenthaltes seiner Ehefrau wider besseren Wissens eine Abgängigkeitsanzeige bei der Polizei erstattet hat. Dies wurde vom BF letztlich auch vor den einschreitenden Beamten eingestanden (siehe OZ 4)
Die Ausstellung einer Anmeldebescheinigung an den BF ist im Zentralen Fremdenregister dokumentiert und erschließt sich die Erwerbsfähigkeit des BF aus seinem festgestellten Gesundheitszustand.
Die Erwerbstätigkeiten des BF sowie der aktuelle Bezug von Leistungen aus der Mindestsicherung, beruhen auf einem Sozialversicherungsauszug.
Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF in Österreich samt den näheren Ausführungen und der Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat, beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich sowie jeweils einer Ausfertigung der oben zitierten Urteile. Die Eigentümerschaft an einer Liegenschaft in Österreich sowie die Anhaftung von Schulden in der Höhe EUR 250.000,- beruhen ebenfalls auf den Ausführungen im oben zitierten Strafurteil des LG XXXX vom XXXX .2019.
Die Vorverurteilungen in Deutschland sowie die Belangung in den Niederlanden beruhen wiederum auf einer Abfrage des Europäischen Strafregister-Informationssystem ECRIS und ergeben sich die verwaltungsstrafrechtlichen Belangungen des BF im Jahr 2019 in Österreich auf einer diesbezüglichen Bestätigung der Bezirkshauptmannschaft XXXX , GZ.: XXXX , vom XXXX .2019.
2.2.2. Wie das dem BF schriftlich eingeräumte Parteiengehör zeigt, wurde diesem hinreichend die Möglichkeit geboten sich zur Sache zu äußern und Beweismittel in Vorlage zu bringen.
Insofern der BF das Ermittlungsverfahren der belangten Behörde moniert, genügt es dazu nicht, einzig die Mangelhaftigkeit desselben zu behaupten. Vielmehr hätte der BF jene Sachverhalte, die vermeintlich von der belangten Behörde nicht ermittelt worden wären, vorzubringen und allenfalls durch Beweise zu belegen gehabt. Der BF hat jedoch in der gegenständlichen Beschwerde keinen neuen relevanten, von der belangten Behörde nicht ermittelten, Sachverhalt vorgebracht. Dem BF gelang sohin auch keine substantiierte Entgegnung und vermochten letztlich keine konkreten Ermittlungsmängel aufzeigen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Abweisung der Beschwerde:
3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jener der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und gemäß Abs. 4 Z 8 leg cit als EWR-Bürger, jener Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.
Der BF als Staatsangehöriger von Niederlande ist sohin EWR-Bürger iSd. § 2 Abs. 4 Z 8 FPG.
3.1.2. Der mit „Aufenthaltsverbot“ betitelte § 67 FPG lautet:
„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)“
Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:
„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)
(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.
(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“
Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:
„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.
(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von
1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;
2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder
3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.
(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie
1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;
2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder
3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;
Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.
(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.
(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn
1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;
2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder
3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“
3.1.3. Die Beschwerde gegen den Bescheid des BFA war ausfolgenden Gründen abzuweisen:
3.1.3.1. Da vom BF, der aufgrund seiner niederländischen Staatsangehörigkeit in den persönlichen Anwendungsbereich von § 67 FPG fällt, weder die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mehr als 5 noch seit mehr als 10 Jahren erfüllt ist, kommt für diesen der Prüfungsmaßstab des § 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG für Unionsbürger zu Anwendung.
Gegen den BF als grundsätzlich unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots sohin nur zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet tastsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet wäre. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.
„Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (vgl. - noch zu § 86 FPG in der Fassung vor dem FrÄG 2011, der Vorgängerbestimmung des § 67 FPG - etwa die hg. Erkenntnisse vom 26. September 2007, Zl. 2007/21/0197, und vom 21. Februar 2013, Zl. 2012/23/0042, mwN).“ (VwGH 25.04.2014, Ro 2014/21/0039)
Zudem gilt es festzuhalten, dass die fremdenpolizeilichen Beurteilungen eigenständig und unabhängig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen sind (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096) und es bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes/Einreiseverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung geht. (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119).
Aufenthaltsverbote nach § 67 FPG knüpfen tatbestandsmäßig nicht an einen (aktuellen) Inlandsaufenthalt an und sind somit auch dann möglich, wenn sich der betreffende Fremde (schon) im Ausland befindet. (vgl. VwGH 25.01.2018, Ra 2017/21/0237)
3.1.3.2. Der BF wurde unbestritten zuletzt wegen der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betruges und betrügerischen Krida, sowie des Vergehens der falschen Beweisaussage zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 14 Monaten sowie einer unbedingten Geldstrafe von EUR 1.440,- verurteilt.
Dabei fällt insbesondere die Gewerbsmäßigkeit sowie die Schadenshöhe ins Auge. Zudem weist der BF zwei einschlägige Vorverurteilungen in Deutschland wegen Betruges auf, was erkennen lässt, dass der BF zu kriminellen Verhaltensmustern neigt. Dies wird zudem dadurch unterstrichen, dass der BF allein im Jahr 2019 4-mal wegen Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen belangt wurde, und zuletzt am XXXX .2020 durch eine falsche Anzeige Polizeibeamte zur Bekanntgabe des Aufenthaltsortes seiner sich vom BF getrennten Ehefrau zu verleiten.
Das Verhalten des BF lässt ein Fehlen einer Verbundenheit zu rechtsstaatlich geschützten Werten sowie Interessen und Rechten anderer erkennen. Ferner, wenn der BF auch in seiner Beschwerde wiederholt betont sich reuig zu zeigen, vermochte er Reue nicht glaubhaft zu vermitteln. Vielmehr lässt der Rechtfertigungsversuch des BF, einzig wegen Umbauarbeiten an seinem Haus in Österreich und sich dadurch anhäufender Schulden straffällig geworden zu sein, eine fehlende Einsicht erkennen. Der BF scheint zu verkennen, dass er bereits zwei Vorverurteilungen in Deutschland wegen Betruges aufweist und zudem weder Schulden noch notwendige Umbauarbeiten an seinem Haus das strafbare Verhalten zu rechtfertigen vermögen, was letztlich vor dem Hintergrund der wiederholten einschlägigen Verurteilungen des BF, eine reflektierende Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten seitens des BF nicht erkennen lässt. So hat der BF letzten Endes durch die Vornahme einer falschen Anzeige zum Zwecke der Ausforschung des Aufenthaltsortes nicht nur entgegen der freien Entscheidung seiner Ehefrau, ihren Aufenthaltsort vor dem BF geheim zu halten zuwidergehandelt, sondern zudem sicherheitsbehördliche Einrichtungen bzw. deren Organe zu diesem Zweck, nämlich dem Ausfindig machen der Ehefrau des BF, zu missbrauchen versucht.
Der seit der letzten Straftat des BF vergangene vorfallfreie Zeitraum erweist sich – insbesondere vor dem Hintergrund der wiederholten Verurteilung und dem rechtsmissbräuchlichen Verhalten des BF – als zu kurz, um allein daraus auf ein zukünftiges Wohlverhalten desselben schließen zu lassen.
Der VwGH hat wiederholt ausgeführt, dass der Verhinderung von Eigentums- und Gewaltdelikten (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474; 22.02.2017, Ra 2017/19/0043) eine große Bedeutung aufgrund deren schwerwiegenden Beeinträchtigung öffentlicher Interessen, zukomme.
Das vom BF gezeigte Verhalten lässt sohin eine maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen, insbesondere der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erkennen und kann dem BF zudem keine positive Zukunftsprognose erstellt werden. Vielmehr, unter Verweis auf den Rechtfertigungsversuch des BF, nämlich unter anderem aufgrund von Schulden straffällig geworden zu sein, kann eingedenk der, aufgrund des Bezuges von Sozialleistungen und Anhaftung von Schulden in der Höhe von EUR 250.000,-, finanziell angespannten Lage des BF, ein Rückfall desselben nicht ausgeschlossen werden.
Ferner konnte auch im Hinblick auf § 9 BFA-VG, eingedenk des vom BF gezeigten Verhalten, nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.
Es konnten in Bezug auf den BF zwar familiäre Bezugspunkte in Österreich festgestellt werden. Jedoch hat sich die Ehefrau des BF vom BF getrennt und halten sich die Söhne des BF zudem im Herkunftsstaat des BF auf. Ferner weist der BF jeweils nur kurze Erwerbszeiten in Österreich auf und bezieht er aktuell Sozialleistungen. Auch kann der BF nicht auf einen langen Aufenthaltszeitraum im Bundesgebiet zurückblicken und ist letztlich dessen Verhalten seinen Integrationsbemühungen gegenüberzustellen.
Angesichts des besagten und – insbesondere – in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des BF ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines gegen den BF gerichteten Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung im Hinblick auf Verhinderung strafbarer Handlungen im Bereich der Eigentums- und Gewaltdelikte geboten.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen des BF. Das vom BF gesetzte Verhalten ist als geeignet die öffentlichen Interessen tatsächlich, gegenwärtig und erheblich zu gefährden anzusehen, sodass die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß §§. 67 Abs. 1 zweiter Satz FPG gegenständlich vorliegen, und unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten ist.
3.1.3.3. Auch was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem Bundesamt zur Verfügung stehenden Rahmens. So sieht § 67 Abs. 2 FPG im vorliegenden Fall, insbesondere aufgrund der Verurteilung des BF zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten gepaart mit einer unbedingten Geldstrafe – unter Beachtung der Einreiseverbotstatbestände des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG (vgl. VwGH 06.09.2012, 2012/18/0032) – die Erlassung eines bis zu 10 Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes als zulässig an.
Wirft man einen Blick auf die Verfehlungen des BF und deren Unwerten, insbesondere im Hinblick auf die vom BF gezeigte Rückfallgefährlichkeit, aber auch auf den vom BF damit aufgezeigten Unwillen sich an gültige Normen zu halten, so kann der Einschätzung des Bundesamtes nicht entgegengetreten werden, wenn dieses, in Ermangelung des Erkennens einer Reue und Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme seitens des BF, die Verhängung eines auf 3 Jahre befristeten Aufenthaltsverbotes für zulässig erachtet.
3.1.4. Der mit „Ausreisepflicht und Durchsetzungsaufschub“ betitelte § 70 FPG lautet wie folgt:
„§ 70. (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.
(Anm.: Abs. 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)
(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.
(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn
1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;
2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder
3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.“
Dem BF wurde seitens der belangten Behörde gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat erteilt, sodass die Beschwerde in diesem Umfang mangels Beschwer des BF ebenfalls abzuweisen war.
3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint, konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG eine mündliche Verhandlung unterbleiben.
Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in Bezug auf § 41 Abs. 7 AsylG 2005 in der Fassung bis 31.12.2013 unter Berücksichtigung des Art. 47 iVm. Art. 52 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (im Folgenden: GRC) ausgesprochen, dass das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung in Fällen, in denen der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde erklärt erscheint oder sich aus den Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen tatsachenwidrig ist, im Einklang mit Art. 47 Abs. 2 GRC steht, wenn zuvor bereits ein Verwaltungsverfahren stattgefunden hat, in dessen Rahmen Parteiengehör gewährt wurde. Hat die beschwerdeführende Partei hingegen bestimmte Umstände oder Fragen bereits vor der belangten Behörde releviert oder sind solche erst nachträglich bekannt geworden, ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung erforderlich, wenn die von der beschwerdeführenden Partei bereits im Verwaltungsverfahren oder in der Beschwerde aufgeworfenen Fragen – allenfalls mit ergänzenden Erhebungen – nicht aus den Verwaltungsakten beantwortet werden können, und insbesondere, wenn der Sachverhalt zu ergänzen oder die Beweiswürdigung mangelhaft ist (VfGH 14.03.2012, U 466/11-18, U 1836/11-13).
Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017 und 0018-9, für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung „wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint“ unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des VfGH vom 12.03.2012, Zl. U 466/11 ua., festgehalten, dass der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen muss. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Schließlich ist auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall ist dem angefochtenen Bescheid ein umfassendes Ermittlungsverfahren durch die belangte Behörde vorangegangen. Der Sachverhalt wurde nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens unter schlüssiger Beweiswürdigung der belangten Behörde festgestellt und es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüber hinaus gehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Es konnte daher die gegenständliche Entscheidung auf Grund der Aktenlage getroffen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.
Schlagworte
Aufenthaltsverbot EWR-Bürger Interessenabwägung öffentliche Interessen strafrechtliche VerurteilungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G306.2228391.1.00Im RIS seit
18.11.2020Zuletzt aktualisiert am
18.11.2020