TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/18 G311 2211709-1

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Veröffentlicht am 18.09.2020
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Entscheidungsdatum

18.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §66 Abs1
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §70 Abs3
Richtlinie 2004/38/EG Unionsbürger-RL Art28 Abs2

Spruch

G311 2211709-1/10E

Schriftliche Ausfertigung des am 12.08.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses:

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva WENDLER als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Deutschland, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.11.2018, Zahl XXXX , betreffend Aufenthaltsverbot, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 12.08.2020, zu Recht erkannt:

A)       Der Beschwerde wird insofern stattgegeben, als die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf 6 (sechs) Jahre herabgesetzt wird und gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde mit der Maßgabe abgewiesen, dass hinsichtlich der Erlassung des Aufenthaltsverbotes § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG iVm Art. 28 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG anzuwenden ist.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Kärnten, vom 06.11.2018, wurde gegen den sich im Stande der Strafhaft befindenden Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 2 FPG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen (Spruchpunkt I.) und dem Beschwerdeführer gemäß § 70 Abs. 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat nicht erteilt (Spruchpunkt II.) sowie der Beschwerde gegen dieses Aufenthaltssverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Begründend wurde im Wesentlichen auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels verwiesen. Trotz des langjährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und des Umstandes, dass er hier auch maßgebliche familiäre und private Bindungen habe, stelle sein weiterer Aufenthalt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit dar, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berühre. Deswegen sei auch die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers geboten, sodass kein Durchsetzungsaufschub erteilt und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt worden sei.

Der Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 13.11.2018 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 04.12.2018, beim Bundesamt am selben Tag einlangend, das Rechtsmittel der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Es wurde beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchführen und den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben; allenfalls die Dauer des Aufenthaltsverbotes auf eine angemessene Dauer herabsetzen. Darüber hinaus werde angeregt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend wurde im Wesentlichen auf die familiären bzw. privaten Bindungen des Beschwerdeführers zu seiner in Österreich lebenden, langjährigen Lebensgefährtin, dem gemeinsamen Sohn sowie den durchgehenden Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit dem Jahr 2006 hingewiesen. In Deutschland lebe lediglich die bereits betagte Mutter des Beschwerdeführers, die ihn nicht unterstützen könnte. Der Beschwerdeführer gehe in der Haft einer Arbeit nach und werde regelmäßig von seiner Lebensgefährtin besucht. Aufgrund der Tatumstände könne keinesfalls von einer 10 Jahre andauerenden Gefährlichkeitsprognose des Beschwerdeführers ausgegangen werden und sei es der Lebensgefährtin und dem Sohn unzumutbar, den Beschwerdeführer nach Deutschland zu begleiten. Ihr gesamtes soziales Netz befinde sich in Österreich.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Bundesamt vorgelegt und langten dort am 27.12.2018 ein.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 12.08.2020 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer und seine Rechtsvertretung teilnahmen. Die belangte Behörde blieb der Verhandlung unentschuldigt fern. Nach Durchführung der mündlichen Verhandlung wurde das gegenständliche Erkenntnis samt den wesentlichen Entscheidungsgründen gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG verkündet und die Rechtsmittelbelehrung erteilt.

Am 17.08.2020 langte der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausfertigung des mündlich verkündeten Erkenntnisses vom 12.08.2020 fristgerecht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Deutschland (vgl. Fremdenregisterauszug vom 27.12.2018; Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 20.06.2020).

Der Beschwerdeführer verfügt seit 14.09.2006 über einen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet. Im Zeitraum 15.10.2017 bis 21.06.2018 bzw. seit 21.06.2018 bis zum Entscheidungszeitpunkt ist der Beschwerdeführer mit Nebenwohnsitzen in Justizanstalten gemeldet (vgl. Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 20.06.2020).

Der Beschwerdeführer verfügt über keine Anmeldebescheinigung (vgl. Fremdenregisterauszug vom 27.12.2018), es liegen im Zeitraum von 10.10.2006 bis 06.11.2018 (der Beschwerdeführer befand sich bereits seit Oktober 2017 in Haft) aber nachfolgende Sozialversicherungszeiten vor (vgl. aktenkundiger Sozialversicherungsdatenauszug vom 06.11.2018, AS 83 ff):

-        10.10.2006-31.01.2007 Arbeiter

-        06.04.2007-16.01.2008 geringfügig beschäftigter Angestellter

-        01.08.2007-04.08.2007 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        01.08.2007-31.08.2007 mehrfach geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        01.10.2008-25.01.2010 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        01.03.2009-31.12.2009 mehrfach geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        01.03.2009-31.12.2009 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        20.03.2009-30.09.2009 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        01.10.2009-22.05.2011 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        10.06.2011-12.07.2011 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        13.07.2011-30.06.2012 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        01.08.2012-04.08.2012 Arbeiter

-        02.08.2012-05.08.2012 Arbeiter

-        03.08.2012-04.08.2012 Arbeiter

-        10.08.2012-13.04.2013 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        01.12.2012-13.04.2013 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        30.04.2013-25.10.2015 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        30.07.2013-04.08.2013 Arbeiter

-        11.04.2014-18.04.2014 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        16.05.2014-01.08.2014 geringfügig beschäftigter Arbeiter

-        17.01.2016-28.01.2016 Arbeitslosengeldbezug

-        29.01.2016-31.12.2017 selbstständig erwerbstätig

Mit Abwesenheitsurteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX 2010, XXXX , rechtskräftig am XXXX 2010, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 SMG zu einer Geldstrafe in Höhe von 80 Tagessätzen à EUR 10,00 (somit gesamt EUR 800,00) bzw. im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 40 Tagen verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Zeitraum von XXXX 09.2008 bis XXXX 09.2008 von einer unbekannten Person zwei Gramm Kokain erwarb und dieses besaß, bis er es an eine weitere Person weitergab. In den Entscheidungsgründen wurde ausgeführt, dass das Verfahren ursprünglich mit Beschluss vom XXXX 11.2009 gemäß §§ 35, 37 SMG vorläufig eingestellt und dem Beschwerdeführer gesundheitsbezogene Maßnahmen aufgetragen worden seien. Da der Beschwerdeführer die Weisungen nicht erfüllt habe, sei das Verfahren fortgesetzt worden. Bereits zuvor sei ein Verfahren vor dem Landesgericht XXXX zur Zahl XXXX diversionell erledigt worden. Bei der Strafbemessung sei als mildernd die geständige Verantwortung, als erschwerend nichts zu werten gewesen (vgl. aktenkundiges Urteil vom XXXX 2010).

Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom XXXX 2011, XXXX , rechtskräftig am XXXX 2011, wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen à EUR 11,00 (somit gesamt EUR 1.320,00) bzw. im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Tagen verurteilt. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer zur Zahlung eines Schadenersatzbetrages in Höhe von EUR 500,00 an das Opfer verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer am XXXX 2010 eine Person durch Versetzen eines Schlages ins Gesicht sowie eines Fußtrittes gegen den Brustbereich verletzte, sodass die Person einen Druckschmerz im Bereich des rechten Unterkiefers sowie eine Rötung und Druckschmerz im Bereich der 6. bis 8. Rippe erlitt. Bei der Strafbemessung wurde nichts als mildernd, jedoch erschwerend die als einschlägig zu wertende Verurteilung wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG gewertet (vgl. aktenkundiges Urteil vom XXXX 2011). Der gegen diese Verurteilung erhobenen Berufung wurde vom Landesgericht XXXX als Berufungsgericht mit Urteil vom XXXX 2011, XXXX , keine Folge gegeben (vgl. aktenkundiges Urteil des Landesgerichtes vom XXXX 2011).

Der Beschwerdeführer wurde am 13.10.2017 festgenommen (vgl. Vollzugsinformation vom 17.10.2017, AS 3).

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2018, XXXX , rechtskräftig am XXXX 2018, wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28 Abs. 1 zweiter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG als Bestimmungstäter gemäß § 12 zweiter Fall StGB sowie des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs. 1 fünfter Fall, Abs. 4 Z 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer in einer die Grenzmenge um das 25-fache übersteigenden Menge, und zwar vom XXXX 2016 bis XXXX 2017, als Bestimmungstäter zumindest 3.400 Gramm Kokain und 1.000 Gramm Speed von Slowenien nach Österreich eingeführt hat, indem er seinen Mitangeklagten durch Bestellungen zur Lieferung des Suchtgiftes nach Österreich veranlasst hat. Er hat weiters in der Zeit von XXXX 2016 bis XXXX 2017 verschiedenen Personen rund 2.844 Gramm Kokain und am 13.10.2017 einem verdeckten Ermittler 400 Gramm Kokain und 1.000 Gramm Speed überlassen. Er handelte dabei mit einem auf kontinuierliche Tatbegehung und den daran anknüpfenden Additionseffekt gerichteten Vorsatz. In den Entscheidungsgründen führte das Landesgericht Klagenfurt im Wesentlichen aus, der ledige Beschwerdeführer sei deutscher Staatsangehöriger und für ein vier Monate altes Kind sorgepflichtig. Er habe kein Vermögen und vor seiner Verhaftung ein monatliches Nettoeinkommen von EUR 1.300,00 als selbstständiger Gastronom erwirtschaftet. Weiters bestünden finanzielle Verpflichtungen in Höhe von EUR 5.000,00, die derzeit exekutiert würden. Der Beschwerdeführer weise in Österreich zwei einschlägige Vorstrafen auf. Der deutsche ECRIS-Auszug weise zusätzlich weitere elf Verurteilungen auf, wovon einige das Fahrens ohne Fahrerlaubnis, drei wegen Nötigung/en und eine wegen Betruges ergangen seien. Die letzte Verurteilung des Beschwerdeführers sei in Deutschland am XXXX 2007 wegen Nötigung, Druck, beharrlicher Nachstellung, Belästigung und moralischen oder psychischen Angriffen zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à EUR 40,00 erfolgt. Im Rahmen der Strafbemessung wertete das Landesgericht als mildernd die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, die eigene Sucht des Beschwerdeführers sowie das umfassende und reumütige Geständnis, welches zur Überführung eines weiteren Mittäters beigetragen habe, als erschwerend hingegen zwei einschlägige Vorstrafen, das Inverkehrsetzen von zwei Suchtmitteln sowie das mehrfache Überschreiten der Übermenge beim Kokain. Eine auch nur teilbedingte Sanktion hätte weder beim Beschwerdeführer noch seinem Mittäter gewährt werden können (vgl. Urteil des Landesgerichtes vom XXXX 2018, AS 19 ff).

Aufgrund der zitierten Urteile des Bezirksgerichtes XXXX und des Landesgerichtes XXXX wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer die in den genannten Urteilen festgestellten strafbaren Handlungen begangen und je das umschriebene Verhalten gesetzt hat.

Zum Entscheidungszeitpunkt befindet sich der Beschwerdeführer nach wie vor in Strafhaft, wo er arbeitet und sich inzwischen im gelockerten Vollzug befindet. Er hat monatlich mehrmals mehrtätige Ausgänge und soll voraussichtlich am 13.02.2021 bedingt entlassen werden. Während der Haft verdient der Beschwerdeführer rund EUR 600,00 monatlich, wovon er die Hälfte spart und die andere Hälfte der Lebensgefährtin als Unterhaltszahlung für den gemeinsamen Sohn bezahlt. Für die Zeit nach der Haftentlassung konnte er eine Einstellungszusage vorlegen (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 12.08.2020, S 3 f; vorgelegte Bestätigung).

Der Beschwerdeführer ist ledig und in Deutschland geboren und aufgewachsen. Er hat dort einen Haupt- und Realsschulabschluss gemacht und verfügt über eine Berufsausbildung zum Autoschlosser und Hotelfachmann. Vor seiner Ausreise nach Österreich ging er in Deutschland einer selbstständigen Tätigkeit nach. Er lebte mit seiner polnischen Lebensgefährtin, die in Österreich über ein Daueraufenthaltsrecht verfügt, seit 2007 im gemeinsamen Haushalt und hat mit ihr einen gemeinsamen, im Oktober 2017 in Österreich geborenen Sohn. Die Mutter des Beschwerdeführers ist zum Entscheidungszeitpunkt bereits 76 Jahre alt und lebt noch in Deutschland (vgl. Stellungnahme vom 05.07.2018, AS 49 ff; Verhandlungsprotokoll vom 12.08.2020, S 3).

Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig (vgl. Verhandlungsprotokoll vom 12.08.2020, S 3).

2. Beweiswürdigung:

Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl sowie des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zur Person und zum Vorbringen der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache Feststellungen zur Identität und zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers getroffen wurden, beruhen diese auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht entgegengetreten wurde, sowie den Angaben in der Beschwerde.

Die genannten strafgerichtlichen Urteile sind aktenkundig und werden der gegenständlichen Entscheidung im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Fremdenregister, das Strafregister und das Zentrale Melderegister. Ein Sozialversicherungsdatenauszug vom November 2018 ist aktenkundig.

Die übrigen Feststellungen ergeben sich aus den im Verwaltungs- bzw. Gerichtsakt einliegenden Beweismitteln und insbesondere den im gesamten Verfahren vom Beschwerdeführer gemachten eigenen Angaben, welche jeweils in Klammer zitiert und vom Beschwerdeführer zu keiner Zeit bestritten wurden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Der mit „Unionsrechtliches Aufenthaltsrecht von EWR-Bürgern für mehr als drei Monate“ betitelte § 51 NAG lautet:

„§ 51. (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie
1.         in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind;
2.         für sich und ihre Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen, so dass sie während ihres Aufenthalts weder Sozialhilfeleistungen noch die Ausgleichszulage in Anspruch nehmen müssen, oder
3.         als Hauptzweck ihres Aufenthalts eine Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung bei einer öffentlichen Schule oder einer rechtlich anerkannten Privatschule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen.

(2) Die Erwerbstätigeneigenschaft als Arbeitnehmer oder Selbständiger gemäß Abs. 1 Z 1 bleibt dem EWR-Bürger, der diese Erwerbstätigkeit nicht mehr ausübt, erhalten, wenn er
1.         wegen einer Krankheit oder eines Unfalls vorübergehend arbeitsunfähig ist;
2.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach mehr als einjähriger Beschäftigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt;
3.         sich als Arbeitnehmer bei ordnungsgemäß bestätigter unfreiwilliger Arbeitslosigkeit nach Ablauf seines auf weniger als ein Jahr befristeten Arbeitsvertrages oder bei im Laufe der ersten zwölf Monate eintretender unfreiwilliger Arbeitslosigkeit der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Verfügung stellt, wobei in diesem Fall die Erwerbstätigeneigenschaft während mindestens sechs Monaten erhalten bleibt, oder
4.         eine Berufsausbildung beginnt, wobei die Aufrechterhaltung der Erwerbstätigeneigenschaft voraussetzt, dass zwischen dieser Ausbildung und der früheren beruflichen Tätigkeit ein Zusammenhang besteht, es sei denn, der Betroffene hat zuvor seinen Arbeitsplatz unfreiwillig verloren.

(3) Der EWR-Bürger hat diese Umstände, wie auch den Wegfall der in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen der Behörde unverzüglich, bekannt zu geben. Der Bundesminister für Inneres ist ermächtigt, die näheren Bestimmungen zur Bestätigung gemäß Abs. 2 Z 2 und 3 mit Verordnung festzulegen.“

Der mit „Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern“ betitelte § 53a NAG lautet:

„§ 53a. (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1.       Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2.       Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3.       durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs. 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1.       zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2.       sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3.       drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs. 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs. 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs. 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1.       sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2.       der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3.       der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.“

Der mit „Allgemeine Regel für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen“ betitelte Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(1) Jeder Unionsbürger, der sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, hat das Recht, sich dort auf Dauer aufzuhalten. Dieses Recht ist nicht an die Voraussetzungen des Kapitels III geknüpft.

(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die sich rechtmäßig fünf Jahre lang ununterbrochen mit dem Unionsbürger im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten haben.

(3) Die Kontinuität des Aufenthalts wird weder durch vorübergehende Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr, noch durch längere Abwesenheiten wegen der Erfüllung militärischer Pflichten, noch durch eine einzige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Niederkunft, schwere Krankheit, Studium oder Berufsausbildung oder berufliche Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat oder einen Drittstaat berührt.

(4) Wenn das Recht auf Daueraufenthalt erworben wurde, führt nur die Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, zu seinem Verlust.“

Artikel 27 („Allgemeine Grundsätze“) der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels dürfen die Mitgliedstaaten die Freizügigkeit und das Aufenthaltsrecht eines Unionsbürgers oder seiner Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit beschränken. Diese Gründe dürfen nicht zu wirtschaftlichen Zwecken geltend gemacht werden.

(2) Bei Maßnahmen aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren und darf ausschließlich das persönliche Verhalten des Betroffenen ausschlaggebend sein. Strafrechtliche Verurteilungen allein können ohne Weiteres diese Maßnahmen nicht begründen. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig.

(3) Um festzustellen, ob der Betroffene eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, kann der Aufnahmemitgliedstaat bei der Ausstellung der Anmeldebescheinigung oder - wenn es kein Anmeldesystem gibt - spätestens drei Monate nach dem Zeitpunkt der Einreise des Betroffenen in das Hoheitsgebiet oder nach dem Zeitpunkt, zu dem der Betroffene seine Anwesenheit im Hoheitsgebiet gemäß Artikel 5 Absatz 5 gemeldet hat, oder bei Ausstellung der Aufenthaltskarte den Herkunftsmitgliedstaat und erforderlichenfalls andere Mitgliedstaaten um Auskünfte über das Vorleben des Betroffenen in strafrechtlicher Hinsicht ersuchen, wenn er dies für unerlässlich hält. Diese Anfragen dürfen nicht systematisch erfolgen. Der ersuchte Mitgliedstaat muss seine Antwort binnen zwei Monaten erteilen.

(4) Der Mitgliedstaat, der den Reisepass oder Personalausweis ausgestellt hat, lässt den Inhaber des Dokuments, der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit aus einem anderen Mitgliedstaat ausgewiesen wurde, ohne jegliche Formalitäten wieder einreisen, selbst wenn der Personalausweis oder Reisepass ungültig geworden ist oder die Staatsangehörigkeit des Inhabers bestritten wird.“

Artikel 28 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG („Freizügigkeitsrichtlinie“ oder „Unionsbürgerrichtlinie“) lautet:

„(2) Der Aufnahmemitgliedstaat darf gegen Unionsbürger oder ihre Familienangehörigen, ungeachtet ihrer Staatsangehörigkeit, die das Recht auf Daueraufenthalt in seinem Hoheitsgebiet genießen, eine Ausweisung nur aus schwerwiegenden Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügen.“

§ 66 Abs. 1 FPG lautet:

"§ 66. (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs. 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt."

§ 67 Abs. 1 FPG lautet:

„§ 67. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA-VG lautet:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2.         das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3.         die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4.         der Grad der Integration,
5.         die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6.         die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Fallbezogen ergibt sich daraus:

Der Beschwerdeführer ist deutscher Staatsangehöriger und somit EWR-Bürger bzw. Unionsbürger. Er hält sich seit 2006 durchgehend in Österreich auf.

Es ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer die Voraussetzungen eines zehnjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet iSd § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG iVm Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie erfüllt:

In einem Verfahren betreffend Aufenthaltsverbot ist bei der Frage nach dem auf einen Fremden anzuwendenden Gefährdungsmaßstab das zu Art. 28 Abs. 3 lit. a der RL 2004/38/EG (Freizügigkeitsrichtlinie) ergangene Urteil des EuGH vom 16.01.2014, Rs C-400/12, zu berücksichtigen, weil § 67 Abs. 1 FPG insgesamt der Umsetzung von Art. 27 und 28 dieser RL - § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG im Speziellen der Umsetzung ihres Art. 28 Abs. 3 lit. a - dient. Der zum erhöhten Gefährdungsmaßstab nach Art. 28 Abs. 3 lit. a der genannten RL bzw. dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG führende zehnjährige Aufenthalt im Bundesgebiet muss demnach grundsätzlich ununterbrochen sein. Es können einzelne Abwesenheiten des Fremden unter Berücksichtigung von Gesamtdauer, Häufigkeit und der Gründe, die ihn dazu veranlasst haben, Österreich zu verlassen, auf eine Verlagerung seiner persönlichen, familiären oder beruflichen Interessen schließen lassen. Auch der Zeitraum der Verbüßung einer Freiheitsstrafe durch den Betroffenen ist grundsätzlich geeignet, die Kontinuität des Aufenthaltes iSd Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie zu unterbrechen und sich damit auf die Gewährung des dort vorgesehenen verstärkten Schutzes auch in dem Fall auszuwirken, dass sich der Fremde vor dem Freiheitsentzug mehrere Jahre lang (kontinuierlich) im Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat. Dies ist - bei einer umfassenden Beurteilung - im Rahmen der Prüfung zu berücksichtigen, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind (VwGH 24.03.2015, Ro 2014/21/0079, mwN).

Der EuGH führt dazu im angesprochenen Erkenntnis vom 16.01.2014, Rs C-400/12 in den Rz 36 und 37 Folgendes aus:

„36 Dabei können Zeiträume der Verbüßung einer Freiheitsstrafe, da sie grundsätzlich die Kontinuität des Aufenthalts im Sinne von Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 unterbrechen, zusammen mit weiteren Anhaltspunkten, die die Gesamtheit der im Einzelfall relevanten Umstände darstellen, von den für die Anwendung von Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie zuständigen nationalen Behörden bei der gebotenen umfassenden Beurteilung berücksichtigt werden, die für die Feststellung, ob die zuvor mit dem Aufnahmemitgliedstaat geknüpften Integrationsverbindungen abgerissen sind, und damit für die Feststellung, ob der verstärkte Schutz gemäß dieser Bestimmung gewährt wird, vorzunehmen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Tsakouridis, Rn. 34).

37 Schließlich ist zu den Auswirkungen des Umstands, dass die betroffene Person sich in den letzten zehn Jahren vor ihrer Freiheitsstrafe in dem Aufnahmemitgliedstaat aufgehalten hat, darauf hinzuweisen, dass, auch wenn – wie in den Rn. 24 und 25 des vorliegenden Urteils ausgeführt – der für die Gewährung des verstärkten Schutzes vor Ausweisung gemäß Art. 28 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 2004/38 erforderliche Aufenthalt von zehn Jahren vom Zeitpunkt der Verfügung der Ausweisung dieser Person an zurückzurechnen ist, die Tatsache, dass die Berechnung nach dieser Bestimmung sich von derjenigen unterscheidet, die für die Zwecke der Gewährung des Daueraufenthaltsrechts vorgenommen wird, bedeutet, dass ein solcher Umstand bei der in der vorstehenden Randnummer erwähnten umfassenden Beurteilung berücksichtigt werden kann.“

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 13.10.2017 durchgehend in Haft. Zum Zeitpunkt der Erlassung der Ausweisungsentscheidung am 13.11.2018 hat sich der Beschwerdeführer bereits 13 Monate in Haft aufgehalten. Der Tatzeitraum bezog sich zumindest auf einen Zeitraum von XXXX 2016 bis XXXX 2017. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts sind durch den Haftaufenthalt und die vorhergehenden Verurteilungen die nicht unerheblichen Integrationsverbindungen zum Bundesgebiet, die sich durch seine Aufenthaltsdauer ab 2006, seine Beschäftigungszeiten und seine privaten bzw. familiären Bindungen zur Lebensgefährtin und dem im Oktober 2017 geborenen Sohn ergeben, abgerissen.

Der verstärkte Schutz des § 67 Abs. 1 fünfter Satz FPG iVm Art. 28 Abs. 3 lit. a der Freizügigkeitsrichtlinie kommt ihm daher nicht zu.

Es ist daher zu prüfen, ob der Beschwerdeführer ein unionsrechtliches Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG erworben hat.

Der Beschwerdeführer verfügt zwar über keine Anmeldebescheinigung (der aber auch nur deklarative Wirkung zukommt), ging aber zwischen 10.10.2006 bis 25.10.2015 – abgesehen von kurzen Unterbrechungen – in Österreich versicherungspflichtigen Erwerbstätigten nach. In diesem Zeitraum lagen daher die Voraussetzungen für ein unionsrechtliches Aufenthaltsrechts gemäß § 51 Abs. 1 Z 1 NAG bzw. gemäß § 51 Abs. 2 Z 1 und 2 NAG durchgehend vor, sodass der Beschwerdeführer sich mithin mehr als fünf Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielt und damit ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG erworben hat.

Es ist nicht ersichtlich, dass sich beim Beschwerdeführer eine Abwesenheit vom Aufnahmemitgliedstaat, die zwei aufeinander folgende Jahre überschreitet, vorliegt. Somit kommt dem Beschwerdeführer gemäß Art. 16 Abs. 4 der Freizügigkeitsrichtlinie nach wie vor ein Daueraufenthaltsrecht im Bundesgebiet gemäß § 53a NAG zu.

§ 67 Abs. 1 FrPolG 2005 idF FrÄG 2011 enthält zwar nur zwei Stufen für die Gefährdungsprognose, nämlich einerseits (nach dem ersten und zweiten Satz) die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, wobei eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche, ein Grundinteresse der Gesellschaft berührende Gefahr auf Grund eines persönlichen Verhaltens vorliegen muss, und andererseits (nach dem fünften Satz) die nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit der Republik Österreich im Fall von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen mit mindestens zehnjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet (bzw. im Fall von Minderjährigen). Es muss aber angenommen werden, das hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern (arg. a minori ad maius) auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie und § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG idF FrÄG 2011 vorgesehene Maßstab – der im abgestuften System der Gefährdungsprognosen zwischen jenen nach dem ersten und dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG 2005 idF FrÄG 2011 angesiedelt ist – heranzuziehen ist. Dies gebietet im Anwendungsbereich der Unionsbürgerrichtlinie eine unionsrechtskonforme Interpretation, weil das Aufenthaltsverbot eine Ausweisungsentscheidung im Sinn der Richtlinie beinhaltet. Zum gleichen Ergebnis führt eine verfassungskonforme Interpretation, weil die Anwendung eines weniger strengen Maßstabes für Aufenthaltsverbote als bloße Ausweisungen sachlich nicht zu rechtfertigen wäre. Für Unionsbürger und ihre Familienangehörigen, die das Recht auf Daueraufenthalt genießen, bestimmt Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie, dass eine Ausweisung nur aus „schwerwiegenden“ Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit verfügt werden darf, wobei zwar auch hier gemäß Art. 27 Abs. 2 der Richtlinie auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt, insgesamt aber ein größeres Ausmaß an Gefährdung verlangt wird. Diese Vorgaben der Unionsbürgerrichtlinie wurden im FPG insofern umgesetzt, als nach dessen § 66 Abs. 1 idF FrÄG 2011 die Ausweisung von EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen, die bereits das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nur dann zulässig ist, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt (VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181).

Das gegenständliche Aufenthaltsverbot ist daher am Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satz FPG iVm. § 67 Abs. 1 FPG und Art. 28 Abs. 2 Unionsbürgerrichtlinie zu prüfen (VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0370; 13.12.2012, 2012/21/0181).

Bei der Erstellung von Gefährdungsprognosen ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs. 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dessen Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafrechtliche Verurteilungen allein nicht ohne Weiteres die erforderliche Gefährdungsprognose begründen können (VwGH 27.04.2020, Ra 2019/21/0367 mwN).

Nun ist das persönliche Verhalten des Betroffenen zu beurteilen und insbesondere auf die durch die konkreten Straftaten bewirkten Eingriffe in die öffentliche Ordnung, die genauen Tatumstände und Begleitumstände der Taten und auch sonstige Besonderheiten Bedacht zu nehmen. Es ist in weiterer Folge abzuwägen, ob das Allgemeininteresse an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wiegt als andere relativierende Momente, wie etwa auch das Familien- und Privatleben des Betroffenen.

Bei der vom Beschwerdeführer zu erstellenden Gefährdungsprognose stehen die strafgerichtlichen Verurteilungen im Mittelpunkt.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX 2018, rechtskräftig am XXXX 2018, zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt, weil er als Bestimmungstäter im Zeitraum von etwas über einem Jahr ( XXXX 2016 bis XXXX 2017) insgesamt zumindest 3.400 Gramm Kokain und 1.000 Gramm Speed von Slowenien nach Österreich einführen ließ, indem er seinen Mitangeklagten durch Bestellungen dazu veranlasste. Weiters überließ der Beschwerdeführer als unmittelbarer Täter im selben Zeitraum namentlich nicht bekannten Personen insgesamt rund 2844 Gramm Kokain sowie einem verdeckten Ermittler weitere 400 Gramm Kokain und 1.000 Gramm Speed, wobei er mit einem auf kontinuierliche Tatbegehung und daran geknüpften Additionseffekt gerichteten Vorsatz handelte.

Im Zuge der Strafbemessung wertete das Landesgericht als mildernd die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes, die eigene Sucht des Beschwerdeführers sowie das umfassende und reumütige Geständnis, welches zur Überführung eines weiteren Mittäters beigetragen habe, als erschwerend hingegen zwei einschlägige Vorstrafen, das Inverkehrsetzen von zwei Suchtmitteln sowie das mehrfache Überschreiten der Übermenge beim Kokain. Eine auch nur teilbedingte Sanktion hätte weder beim Beschwerdeführer noch seinem Mittäter gewährt werden können.

Darüber hinaus weist der Beschwerdeführer in Österreich zwei Vorstrafen auf, wobei eine auch Suchtmitteldelikte betrifft.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in Bezug auf Suchtgiftdelinquenz bereits wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist (VwGH 20.08.2013, 2013/22/0082). Auch ist das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Suchtgiftkriminalität (vor allem unter dem Gesichtspunkt der Verhinderung strafbarer Handlungen und des Schutzes der Gesundheit anderer) - selbst wenn nur eine diesbezügliche Verurteilung vorliegt - besonders hoch zu bewerten (vgl. dazu VwGH 24.04.2007, 2006/21/0113).

Im konkreten Fall ist zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer Suchtgift in einem das 25-fache der Grenzmenge übersteigenden Ausmaß nach Österreich eingeführt hat und in dieser Menge Suchtgift an andere weitergegeben hat. Weiters ist festzuhalten, dass der Tatzeitraum sich über ein Jahr erstreckte. Das beschriebene und gravierende Fehlverhalten des Beschwerdeführers in Form des Handels mit Kokain und Speed wurde schließlich erst durch seine Verhaftung beendet.

Aufgrund der Häufigkeit der Schmuggelfahrten und der in Rede stehenden Mengen von Suchtgift ist zu ersehen, dass der Beschwerdeführer mit erheblicher krimineller Energie ausgestattet ist und er in einem gut organisierten Schmuggel- und Verkaufsnetzwerk seine Straftaten begangen hat, weshalb auch davon auszugehen war, dass der erhöhte Gefährdungsmaßstab des § 66 Abs. 1 letzter Satzteil FPG iVm § 28 Abs. 2 Unionsbürgerrichtlinie erfüllt ist und eine relevante Minderung oder ein Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung erst nach einem längeren Zeitraum des Wohlverhaltens nach Vollzug der Freiheitsstrafe angenommen werden kann (vgl. VwGH vom 15.09.2016, Ra 2016/21/0262).

Zu beurteilen bleibt schließlich noch die Frage der Gegenwärtigkeit der Gefahr iSd § 67 FPG, welche kumulativ mit der Erheblichkeit und der Tatsächlichkeit vorliegen muss. Der Gesinnungswandel eines Straftäters ist grundsätzlich daran zu prüfen, ob und wie lange er sich in Freiheit wohlverhalten hat (VwGH 04.06.2009, 2006/18/0102; 24.02.2011, 2009/21/0387).

Der Wohlverhaltenszeitraum des Fremden in Freiheit ist üblicherweise umso länger anzusetzen, je nachdrücklicher sich die Gefährlichkeit des Fremden manifestiert hat (VwGH 28.01.2016, Ra 2016/21/0013).

Der Beschwerdeführer wurde rechtskräftig am XXXX 2018 verurteilt. Zum Entscheidungszeitpunkt ist der Beschwerdeführer im gelockerten Vollzug und Freigänger. Bei Freigängen besucht er seine Familie. Er arbeitet in der Haft, konnte für den Zeitraum nach der Haftentlassung eine Einstellungszusage vorlegen und hat sich in der Haft bisher wohlverhalten. Dennoch ist der seit dem Tatzeitraum verstrichene Zeitraum zu kurz, um vom Wegfall oder einer erheblichen Minderung der Gefährdung auszugehen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer in Österreich und auch schon in Deutschland mehrere strafrechtliche Verurteilungen aufweist.

Insgesamt stellt das Verhalten des Beschwerdeführers seine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit iSd § 66 Abs. 1 FPG iVm Art. 28 Abs. 2 der Unionsbürgerrichtlinie dar.

Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht rechtfertigen.

Die Lebensgefährtin und das dreijährige Kind des Beschwerdeführers leben in Österreich. Er hat somit ein familiäres und großes privates Interesse in das Bundesgebiet ein- und durchreisen zu können bzw. hier zu verblieben. Mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ist damit ein nicht unerheblicher Eingriff in die familiären und auch in die privaten Interessen des Beschwerdeführers verbunden. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass auch die bevorstehende Geburt des Kindes des Beschwerdeführers ihn nicht von der Begehung weiterer Straftaten abhalten konnte.

Die aus seinem Aufenthalt ableitbare Integration des Fremden ist in ihrem Gewicht dadurch gemindert, dass die dafür maßgebliche soziale Komponente durch das ihm zur Last liegende Fehlverhalten wesentlich reduziert ist (vgl. etwa VwGH 28.09.2004, 2001/18/0221).

Angesichts des besagten, wiederholten und in seiner Gesamtheit gravierenden Fehlverhaltens des Beschwerdeführers ist jedoch davon auszugehen, dass das gegen den Beschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit, Verhinderung von weiteren strafbaren Handlungen durch den Beschwerdeführer, Schutz der Rechte Dritter) dringend geboten.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen familiären und privaten Interessen des Beschwerdeführers und seiner Familie. Unter diesen Umständen ist die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.

Es bedarf im Hinblick auf die Vielzahl von Angriffen sowie die Menge des eingeführten bzw. überlassenen Suchtgiftes eines gewissen Zeitraumes der Beobachtung des Wohlverhaltens des Beschwerdeführers, um sicherzustellen, dass er nicht neuerlich das von ihm gezeigte Verhalten im Bundesgebiet setzen wird und damit weiters gewährleistet ist, dass er keine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Österreich mehr hervorrufen wird.

Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes von zehn Jahren erscheint in Anbetracht der bisherigen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich, den sich daraus ergebenden Beziehungen zum Bundesgebiet und den wenig vorhandenen Bindungen zum Herkunftsstaat jedoch nicht geboten, weshalb das gegenständliche Aufenthaltsverbot mit sechs Jahren befristet wurde.

Zur Zuerkennung des Durchsetzungsaufschubes:

Gemäß § 70 Abs. 3 FPG ist EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Im Vergleich zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides liegen zum Entscheidungszeitpunkt auch hinsichtlich der Entscheidung über einen Durchsetzungsaufschub geänderte Verhältnisse vor, die nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch entsprechend zu berücksichtigen sind.

Aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer als Freigänger unter engmaschiger behördlicher Aufsicht steht und in absehbarer Zeit aus der Haft bedingt entlassen werden soll, war ihm zum Entscheidungszeitpunkt ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen.

Auch wenn hinsichtlich des Beschwerdeführers derzeit noch keine positive Zukunftsprognose getroffen werden konnte, war unter den gegebenen Umständen im konkreten Fall ein Durchsetzungsaufschub zu erteilen.

Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung:

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

Das Aufenthaltsverbot wurde bis dato trotz Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nicht vollzogen und der Beschwerdeführer während des anhängigen Beschwerdeverfahrens bisher nicht abgeschoben. Mit dem gegenständlichen Erkenntnis ist eine Sachentscheidung ergangen und das Beschwerdeverfahren – abgesehen von einem allfälligen außerordentlichen Rechtsmittel – rechtskräftig abgeschlossen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, umfangreichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch ist diese Rechtsprechung als uneinheitlich zu bewerten. Vielmehr hat sich das Bundesverwaltungsgericht bei der Beurteilung des gegenständlichen Falles an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aber auch des Europäischen Gerichtshofes orientiert und diese – soweit erforderlich – auch in der Entscheidungsbegründung zitiert. Sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der gegenständlich zu lösenden Rechtsfragen liegen nicht vor.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen Privat- und Familienleben Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2211709.1.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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