TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/21 W178 2234718-1

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Entscheidungsdatum

21.09.2020

Norm

ASVG §18a
ASVG §669
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W178 2234718-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr.in Maria PARZER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , SVNR XXXX , gegen den Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt vom 23.07.2020, Zl. XXXX , betreffend Selbstversicherung nach § 18a ASVG zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 und 2 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom 23.07.2020 sprach die Pensionsversicherungsanstalt (im Folgenden: PVA) aus, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für die Pflege ihres Sohnes ab 01.02.2010 stattgegeben wird.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde und führte begründend an, dass sie die rückwirkende Zuerkennung der Selbstversicherung ab der Geburt ihres Sohnes am XXXX beantragt habe. Die Mitarbeiter der PVA seien jahrelang nicht auf ihre Fragen eingegangen, hätten ihr immer wieder die Auskunft erteilt, dass ihr die Selbstversicherung nicht zustehe und hätten sie telefonisch abgewimmelt. Auch nach ihren persönlichen Vorsprachen in den Jahren 2003, 2009 und 2015 sei sie ohne Antrag wieder weggeschickt worden. Nur aufgrund ihrer jahrelangen aufwendigen Bemühungen und Recherchen sei es ihr im Jahr 2019 erstmals gelungen Auskunft seitens des Bundesministeriums zu erhalten, dass ihr die Selbstversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes/nahen Angehörigen doch zustehe. So sei es ihr möglich gewesen, mit dem Ombudsmann der PVA OÖ in Kontakt zu treten und ihr Anliegen am 04.02.2020 schriftlich darzulegen. Im März habe sie den richtigen Antrag erhalten und diesen samt den geforderten Unterlagen am 28.04.2020 bei der PVA eingebracht. Durch die jahrelangen Falschauskünfte seien ihr wertvolle Jahre in der Selbstversicherung verloren gegangen, da ihr im angefochtenen Bescheid die Selbstversicherung erst ab 01.02.2010 zuerkannt worden sei. Die PVA habe damit durch Falschauskünfte einer alleinerziehenden Mutter eines schwerst beeinträchtigen Kindes diese ihr von Anfang an zustehende Leistung vereitelt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin stellte am 04.02.2020 erstmalig einen Antrag auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege ihres Sohnes XXXX , geboren am XXXX , gemäß § 18a ASVG.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verfahrensakt der PVA und wurde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

3.1. Rechtsgrundlagen

Gemäß § 18a Abs. 1 ASVG können sich Personen, die ein behindertes Kind, für das erhöhte Familienbeihilfe im Sinne des § 8 Abs. 4 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376, gewährt wird, unter überwiegender Beanspruchung ihrer Arbeitskraft in häuslicher Umgebung pflegen, solange sie während dieses Zeitraumes ihren Wohnsitz im Inland haben, längstens jedoch bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres des Kindes, in der Pensionsversicherung selbstversichern.

Gemäß § 18a Abs. 5 ASVG beginnt die Selbstversicherung mit dem Zeitpunkt, den der (die) Versicherte wählt, frühestens mit dem Monatsersten, ab dem die erhöhte Familienbeihilfe (Abs. 1) gewährt wird, spätestens jedoch mit dem Monatsersten, der auf die Antragstellung folgt.

Gemäß § 669 Abs. 3 ASVG kann die Selbstversicherung in der Pensionsversicherung nach § 18a auf Antrag von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden, und zwar für alle oder einzelne Monate, längstens jedoch für 120 Monate, in denen die genannten Voraussetzungen vorlagen.

3.2. Zur gegenständlichen Beschwerde

Eingangs ist festzuhalten, dass der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für den Zeitraum ab 01.02.2010 bereits durch die PVA anerkannt wurde. Es ist daher im vorliegenden Verfahren nur noch strittig, ob der Anspruch nach § 18a ASVG darüber hinaus auch für den Zeitraum vor dem 01.02.2010 besteht.

Betreffend die rückwirkende Anerkennung von Zeiten der Pflege ist in der Übergangsvorschrift des § 669 Abs. 3 ASVG geregelt, dass die Selbstversicherung nach § 18a ASVG von Personen, die irgendwann in der Zeit seit dem 1. Jänner 1988 die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Voraussetzungen für diese Selbstversicherung erfüllt haben, nachträglich beansprucht werden kann. Dass die Beschwerdeführerin, die Voraussetzungen für die Selbstversicherung in diesem Rahmenzeitraum erfüllt, steht unstrittig fest, da die PVA im angefochtenen Bescheid bereits ab dem 01.02.2010 eine Selbstversicherung anerkannt hat. Darüber hinaus besteht jedoch kein Anspruch der Beschwerdeführerin, da aus § 669 Abs. 3 ASVG auch hervorgeht, dass die Selbstversicherung nicht für die gesamte Rahmenzeit, sondern nur für längstens 120 Monate rückwirkend anerkannt werden kann. Auch betreffend die zeitliche Lage dieser 120 Monate ist keine Rechtswidrigkeit des Bescheides zu erkennen, da die PVA vom Zeitpunkt der Antragstellung zurückgerechnet hat und damit vorrangig die zeitlich näherliegenden Monate Berücksichtigung gefunden haben (vgl. VwGH 06.07.2016, Ro 2015/08/0012).

Das Beschwerdevorbringen, wonach der Beschwerdeführerin über Jahre hinweg falsche Auskünfte durch die PVA erteilt worden seien, geht schon insofern ins Leere, als die Gesetze keinen Anspruch vorsehen, so behandelt zu werden, als wäre eine (richtige) Auskunft erteilt worden ("Herstellungsanspruch"), vgl. VwGH 04.11.2015, Ro 2015/08/0022 mwN.

Der Gesetzgeber hat ab 01.01.2015 die Inanspruchnahme der Selbstversicherung in der Pensionsversicherung für Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes – auch rückwirkend – erleichtert, es ist nicht mehr die gänzliche Beanspruchung der Arbeitskraft gefordert, sondern es reicht die überwiegende.

3.3. Zum Absehen von der mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin nicht beantragt. Da sich der entscheidungserhebliche Sachverhalt zudem bereits aus der Aktenlage ergibt, ist nach Ansicht des Gerichts keine mündliche Erörterung der Angelegenheit erforderlich. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte das Gericht daher von der Verhandlung absehen, weil der maßgebliche Sachverhalt feststand. Dem steht auch Art 6 Abs. 1 EMRK nicht entgegen, vgl. dazu auch das zuletzt das Erkenntnis des VwGH vom 21.02.2019, Ra 2019/08/0027.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich zudem auf eine klare Rechtslage stützen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Schlagworte

Pensionsversicherung rückwirkende Feststellung Selbstversicherung Zeitraumbezogenheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W178.2234718.1.00

Im RIS seit

19.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

19.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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