Entscheidungsdatum
29.09.2020Norm
AlVG §1 Abs1 litaSpruch
W209 2204349-1/16E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , XXXX , XXXX , vertreten durch die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Prinz-Eugen-Straße 20-22, 1040 Wien, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) vom 25.07.2018, GZ: VA-VR 11384679/18-Mag.CS, betreffend Nichteinbeziehung des Beschwerdeführers in die Voll(Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 2 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und in die Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) aufgrund seiner Tätigkeit für die XXXX GmbH in der Zeit vom 17.10.2016 bis 30.11.2016 nach am 17.09.2020 durchgeführter mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit bekämpftem Bescheid vom 25.07.2018 stellte die belangte Behörde (im Folgenden: ÖGK) fest, dass XXXX , VSNR XXXX , (im Folgenden: Beschwerdeführer) vom 17.10.2016 bis 30.11.2016 nicht der Voll(Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG iVm § 4 Abs. 2 ASVG und (nicht) der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG auf Grund einer Beschäftigung zur Dienstgeberin XXXX GmbH (im Folgenden: S. GmbH) unterliege. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im verfahrensgegenständlichen Zeitraum von der S. GmbH als Dienstnehmer zur Sozialversicherung nach dem ASVG gemeldet worden. Als Geschäftsführer und Alleingesellschafter der S. GmbH sei im Firmenbuch der 1984 geborene und vom 04.10.2016 bis 02.12.2016 in Österreich gemeldete XXXX (im Folgenden: N.K.) eingetragen. Das Finanzamt 8/16/17 habe mit Bescheid vom 12.12.2016 rechtskräftig festgestellt, dass die S. GmbH ab 12.10.2016 gemäß § 8 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz (SBBG) als Scheinunternehmen gelte. Die S. GmbH habe eine Massenanmeldung von 90 Dienstnehmern zur Sozialversicherung vorgenommen. An der angegebenen Geschäftsadresse sei sie nicht bekannt gewesen. Sie habe keine Infrastruktur. Zu ihrem Geschäftsführer N.K. habe kein Kontakt aufgenommen werden können. Am 22.02.2017 sei über ihr Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet worden. Von der ÖGK seien sämtliche ab 12.10.2016 gemeldeten Dienstverhältnisse, darunter das des Beschwerdeführers, „amtswegig storniert“ worden. Am 17.01.2017 habe der Beschwerdeführer bei der ÖGK vorgesprochen und angegeben, er habe im Oktober 2016 bei der XXXX GmbH (im Folgenden: RR-P GmbH) gearbeitet. Während dieser Arbeit sei er am 14.10.2016 von N.K. als Fassader aufgenommen worden und habe gemeinsam mit zwei ihm seit vielen Jahren bekannten Arbeitskollegen vom 17.10.2016 bis 30.11.2016 für die S. GmbH vollzeitig Styropor-Fassaden hergestellt. Die Arbeitsanweisungen habe er von XXXX (im Folgenden: A.R.) und Herrn XXXX (im Folgenden: K), beide von der Firma XXXX GmbH (im Folgende: P&M GmbH), erhalten. Das Entgelt sei auf sein Bankkonto überwiesen worden. Der Beschwerdeführer habe vom 04.12.2016 bis 10.03.2017 € 4.382,71 an Krankengeld bezogen. Dieses sei mit Bescheid der ÖGK vom 07.11.2017 rückgefordert worden. Der Beschwerdeführer habe dagegen Klage erhoben. Das Verfahren vor dem ASG Wien ruhe bis zur rechtskräftigen Beendigung des Feststellungsverfahrens über die Pflichtversicherung. Am 08.05.2018 sei der Beschwerdeführer von der ÖGK neuerlich befragt worden. Dabei habe er angegeben, er habe N.K. nur ein Mal gesehen. Er sei über 50 Jahre alt gewesen und habe nur ungarisch gesprochen. Ein gewisser XXXX und ein weiterer, dem Beschwerdeführer unbekannter Mann hätten übersetzt. Er habe dem unbekannten Mann Kopien seines Reisepasses, des Visums, der e-card, der Bankomatkarte und des Meldezettels übergeben. A.R. von der P&M GmbH habe ihm gesagt, dass er ab 17.10.2016 für die S. GmbH arbeite. Dem Beschwerdeführer sei nicht aufgefallen, dass die Kontonummer (eines internen Verrechnungskontos bei der BAWAG PSK, welches aufscheine, wenn Kunden Bareinzahlungen per Postamt tätigten), von der ihm der Lohn von der S. GmbH überwiesen worden sei, dieselbe gewesen sei wie die, von der ihm der Lohn der RR-P GmbH überwiesen worden sei. Eine Arbeits- und Entgeltsbestätigung habe er telefonisch lt. Visitenkarte von einem unbekannten Mann gefordert und diese – wie schon die An- und Abmeldung und den Lohnzettel – per Post ohne Absender erhalten. Die Kündigung des Beschwerdeführers und seiner zwei Arbeitskollegen sei zum 30.11.2016 telefonisch von einem unbekannten Mann ausgesprochen worden. Als Grund sei schlechtes Wetter angegeben worden. Nach seinem Krankenstand habe er vom 15.03.2017 bis 17.11.2017 bei der XXXX GmbH (im Folgenden K. GmbH) gearbeitet. Vom 22.11.2017 bis 20.12.2017 habe er wieder bei der P&M GmbH und ab 26.03.2018 wieder bei der K. GmbH gearbeitet. Die P&M GmbH habe auf Nachfrage angegeben, dass die XXXX GmbH (im Folgenden: L&G GmbH) ihr Auftraggeber gewesen sei. Mit den Subunternehmen RR-P GmbH und S. GmbH habe die P&M GmbH kein Vertragsverhältnis gehabt. Die S. GmbH habe keinen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr geführt. Sie habe in Österreich eine Scheinadresse angegeben. Es habe sich kein Hinweis auf einen tatsächlichen Geschäftsbetrieb in Österreich ergeben. Der Beschwerdeführer habe den Geschäftsführer der S. GmbH als einen Mann von über 50 Jahren beschrieben, während dieser 1984 geboren sei. Sollte der Beschwerdeführer in der verfahrensgegenständlichen Zeit tätig gewesen sein, so habe dies nicht auf Rechnung und Gefahr der S. GmbH der Fall sein können. Auch N.K. sei als Dienstgeber auszuschließen, weil er auf Grund des Alters nicht mit der Beschreibung des Dienstgebers durch den Beschwerdeführer übereinstimme.
2. In seiner dagegen binnen offener Rechtmittelfrist erhobenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer vor, dass er am 14.10.2016 vom Geschäftsführer der S. GmbH eingestellt worden und in der Folge vom 17.10.2016 bis 30.11.2016 bei der S. GmbH als Fassader beschäftigt gewesen sei. Zum Beweis beantragte der Beschwerdeführer die Einvernahme von zwei Arbeitskollegen, die ebenfalls auf den Baustellen gearbeitet hätten, sowie des Bauleiters der P&M GmbH, die seine Angaben bestätigen könnten. Schließlich begehrte er die Feststellung der Pflichtversicherung im angegebenen Zeitraum auf Grund seiner Beschäftigung bei der S. GmbH.
3. Am 28.08.2018 einlangend legte die ÖGK die Beschwerde unter Anschluss der Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zu Entscheidung vor.
4. Mit Schriftsatz vom 04.09.2018 gab der Beschwerdeführer bekannt, die Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien mit seiner rechtsfreundlichen Vertretung vor dem Bundesverwaltungsgericht betraut zu haben.
5. Mit Beschluss vom 06.05.2019 behob das Bundesverwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG und verwies die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die ÖGK zurück. Begründend führte es aus, dass mit Bescheid des Finanzamtes 8/16/17 vom 12.12.2016 rechtskräftig festgestellt worden sei, dass die S. GmbH ab dem 12.10.2016 als Scheinunternehmen gemäß § 8 SBBG gelte. Gemäß § 35a Abs. 1 ASVG idF BGBl. I Nr. 113/2015 seien die Krankenversicherungsträger an die rechtskräftige Feststellung des Vorliegens eines Scheinunternehmens durch die Abgabenbehörden des Bundes nach § 8 SBBG gebunden. Gemäß § 43 Abs. 4 ASVG seien die Versicherten verpflichtet, zur Auskunftserteilung über die Beschäftigung bei einem rechtskräftig als Scheinunternehmen nach § 35a ASVG festgestellten Unternehmen binnen sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung persönlich beim Krankenversicherungsträger zu erscheinen. Gemäß § 35a Abs. 3 ASVG habe der Krankenversicherungsträger den Dienstgeber von Personen zu ermitteln, die der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen beim Krankenversicherungsträger nach § 43 Abs. 4 ASVG rechtzeitig nachgekommen sind und glaubhaft gemacht haben, für bestimmte Zeiträume tatsächlich Arbeitsleistungen im Bereich eines Scheinunternehmens verrichtet zu haben. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (692 BlgNR 25. GP, 8f.) würden dazu ausführen, dass die Krankenversicherungsträger zu ermitteln hätten, ob Personen, die von einem Scheinunternehmen angemeldet worden seien, tatsächlich einschlägige Arbeitsleistungen erbracht hätten. Würden die angemeldeten Personen glaubhaft machen, im Konnex mit dem Scheinunternehmen Arbeitsleistungen erbracht zu haben, so habe der Krankenversicherungsträger den tatsächlichen Dienstgeber zu ermitteln. Führe dies zu keinem Erfolg, dann gelte auf Grund einer gesetzlichen Vermutung jenes Unternehmen als Dienstgeber, von dem das Scheinunternehmen Aufträge erhalten habe, zu deren Erfüllung die Arbeitsleistungen gedient hätten. Diese Vermutung gelte nur dann, wenn das auftraggebende Unternehmen gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass es sich beim auftragnehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen gehandelt habe. Gelinge dem Unternehmen der Gegenbeweis, dass es keine Arbeitsleistungen durch die betreffenden Personen erhalten habe, so ende deren Pflichtversicherung ex tunc (§ 11 Abs. 7 Z 2 ASVG). Nach § 35a ASVG habe der Versicherungsträger somit dann, wenn Versicherte ihrer Verpflichtung nach § 43 Abs. 4 ASVG nachgekommen seien und glaubhaft gemacht hätten, für bestimmte Zeiträume tatsächlich Arbeitsleistungen „im Bereich eines Scheinunternehmens“ verrichtet zu haben, den Dienstgeber dieser Personen zu ermitteln. Häufig werde mit dem Scheinunternehmen allerdings gerade der Zweck verfolgt, den wahren Dienstgeber zu verschleiern. In solchen Konstellationen sei – nach den Grundsätzen des § 539a ASVG – der eigentliche Dienstgeber zu ermitteln. Ist der nach allgemeinen Grundsätzen ermittelte Dienstgeber ein Scheinunternehmen, ohne dass die Haftung eines fiktiven Dienstgebers nach § 35a Abs. 3 Satz 2 ASVG in Betracht kommt, ändere dies grundsätzlich nichts an der Pflichtversicherung des Dienstnehmers, der tatsächlich Arbeitsleistungen erbringe bzw. erbracht habe, es sei denn, die Pflichtversicherung sei gemäß § 11 Abs. 7 ASVG deswegen erloschen, weil er seiner Mitwirkungsverpflichtung nicht nachgekommen sei. Dementsprechend hätte die ÖGK zunächst Feststellungen darüber treffen müssen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Arbeitsleistungen im Bereich des Scheinunternehmens geleistet habe. Den Verwaltungsakten sei zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer von der ÖGK zu seinen für das Scheinunternehmen erbrachten Arbeitsleistungen befragt worden sei. Trotz umfangreichen Vorbringens unter Nennung zahlreicher Zeugen sowie auf den Baustellen tätiger Unternehmer habe die ÖGK offen gelassen, ob der Beschwerdeführer tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht habe. Hätte die weitere Prüfung ergeben, dass der Beschwerdeführer auf den genannten Baustellen tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht habe, wäre von der ÖGK der tatsächliche Dienstgeber zu ermitteln gewesen. Schließlich wäre für den Fall, dass der tatsächliche Dienstgeber nicht hätte ermittelt werden können, auch das auftraggebende Unternehmen zu ermitteln und als fiktiver Dienstgeber heranzuziehen gewesen, wenn dieses von der Scheinunternehmerschaft der S. GmbH gewusst habe oder davon hätte wissen müssen. Wenn der eigentliche Dienstgeber nicht hätte ermittelt werden können und die Haftung eines fiktiven Dienstgebers nach § 35a Abs. 3 zweiter Satz ASVG nicht in Betracht gekommen wäre, hätte die Gebietskrankenkasse dies feststellen müssen. In Verkennung der Rechtslage habe die ÖGK vermeint, mangels Dienstgeber iSd § 35 ASVG sei die Pflichtversicherung zu verneinen (wie dies vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 113/2015 der Fall gewesen sei). Dies widerspreche jedoch – sofern der Beschwerdeführer tatsächlich Arbeitsleistungen im Bereich eines Scheinunternehmens erbracht und iSd § 43 Abs. 4 ASVG mitgewirkt habe – der geltenden Rechtslage, da die Pflichtversicherung in diesem Fall nicht gemäß § 11 Abs. 7 ASVG erloschen sei. Die beschriebenen groben Ermittlungslücken würden das Bundesverwaltungsgericht berechtigen, von einer Entscheidung in der Sache abzusehen und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die ÖGK zurückzuverweisen. Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den mit der Novelle BGBl. I Nr. 113/2105 neu eingeführten Regelungen betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung von Personen, die im Konnex mit rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen Arbeitsleistungen erbringen oder erbracht hätten, fehle.
6. Aufgrund der dagegen von der ÖGK erhobenen ordentlichen (Amts-)Revision wurde der o.a. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.11.2019, Ro 2019/08/0016, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben. Begründend führt der Verwaltungsgerichtshof aus, dass Sache des vorliegenden Verfahrens die Feststellung der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers nach dem ASVG und dem AlVG auf Grund einer behaupteten Beschäftigung bei der Dienstgeberin S. GmbH vom 17.10.2016 bis 30.11.2016 sei. Der Bescheid des Finanzamts 8/16/17 vom 12.12.2016, wonach die S. GmbH als Scheinunternehmen gemäß § 8 SBBG gelte, sei am 27.12.2016 in Rechtskraft erwachsen. Die Feststellung der Pflichtversicherung werde von der erst nach dem gegenständlichen Zeitraum erfolgten Feststellung der S. GmbH als Scheinunternehmen nicht berührt. Weder könne die gegenständliche Pflichtversicherung nach § 11 Abs. 7 ASVG erlöschen, noch könne für den gegenständlichen Zeitraum ein Auftraggeber fiktiver Dienstgeber iSd § 35a Abs. 3 zweiter Satz ASVG sein. Die ÖGK habe die Dienstgebereigenschaft der S. GmbH verneint, weil sie keinen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr geführt habe und der Beschwerdeführer nicht von dem Geschäftsführer der S. GmbH in Dienst genommen worden sei. Inwieweit diese Auffassung mit § 35 Abs. 1 ASVG (im Hinblick auf das dort neben „für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird“ beispielhaft angeführte „für dessen Rechnung die Tätigkeit geführt wird“) im Einklang stehe sowie sich – in Anbetracht dessen, dass kein anderer Dienstgeber ermittelt worden sei – mit § 539a ASVG vereinbaren lasse, werde das Bundesverwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren zu beurteilen haben. Sollte es zu dem Ergebnis kommen, dass die S. GmbH als Dienstgeberin in Frage komme, werde es die weiteren Voraussetzungen der behaupteten Pflichtversicherung, insbesondere die tatsächliche Ausübung einer Tätigkeit durch den Beschwerdeführer zu prüfen haben. Die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes, die ÖGK hätte – trotz zutreffender Verneinung der Dienstgebereigenschaft der S. GmbH – weitere Feststellungen über den wahren Dienstgeber, über den fiktiven Dienstgeber und über die Tätigkeit des Beschwerdeführers treffen müssen, treffe nicht zu. Das Bundesverwaltungsgericht hätte auf der Basis der ausreichenden Ermittlungsergebnisse nach allfälligen eigenen ergänzenden Ermittlungen in der Sache entscheiden müssen.
7. Am 17.09.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung durch, an welcher der Beschwerdeführer, seine Rechtsvertretung sowie eine Vertreterin der belangten Kasse teilnahmen. Im Rahmen der Verhandlung wurden der Beschwerdeführer sowie die von ihm namhaft gemachten Zeugen zu seiner Tätigkeit für die S. GmbH befragt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zugrunde gelegt:
Der Beschwerdeführer arbeitete von 17.10.2016 bis 30.11.2016 (vollzeitig) auf Baustellen in XXXX , XXXX , und in XXXX , XXXX , als Fassader und war in dieser Zeit bei der S. GmbH zur Sozialversicherung gemeldet.
Mit Bescheid vom 12.12.2016 stellte das Finanzamt 8/16/17 fest, dass die S. GmbH ab 12.10.2016 als Scheinunternehmen gemäß § 8 SBBG gilt.
Davor war der Beschwerdeführer auf der Baustelle in XXXX für die RR-P GmbH tätig, die später ebenfalls als Scheinunternehmen qualifiziert wurde.
Nachdem dem Beschwerdeführer von der RR-P GmbH mitgeteilt worden war, dass es keine Arbeit mehr gebe, wurde er noch auf der Baustelle von einer dem Beschwerdeführer unbekannten Person, die sich als Geschäftsführer der S. GmbH ausgab, für die S. GmbH aufgenommen.
Generalunternehmer auf der Baustelle in XXXX war die Firma L&G. Diese beauftragte die Firma P&M GmbH mit der Durchführung von Fassadenarbeiten. Die Firma P&M GmbH gab einen Teil des Auftrags an die Firma XXXX (im Folgenden: S. Handels GmbH) weiter, die den Auftrag wiederum an die S. GmbH weitergab.
Die Arbeitsanweisungen erhielten der Beschwerdeführer und seine beiden auf der Baustelle ebenso tätigen Arbeitskollegen XXXX (im Folgenden: Z.L.) und XXXX (im Folgenden: S.M.) vom Bauleiter der Firma P&M GmbH A.R.. Auch die Arbeitskleidung wurde teilweise von der P&M GmbH zur Verfügung gestellt. Auf den Baustellen gab es lediglich ein Schild der Firma P&M GmbH. Der im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführer und Alleingesellschafter N.K. war nicht Machthaber der S. GmbH.
Den Lohn erhielt der Beschwerdeführer über ein Verrechnungskonto bei der BAWAG PSK auf sein Konto überwiesen.
Die Kündigung erfolgte telefonisch von einer dem Beschwerdeführer unbekannten Person.
Nach Beendigung der Beschäftigung bei der S. GmbH wurde dem Beschwerdeführer von einem anonymen Absender eine Arbeitsbescheinigung sowie eine Einstellzusage der S. GmbH übermittelt.
Auf die gleiche Weise wurde ihm zuvor die An- und Abmeldung sowie die Lohnzettel übermittelt.
An der Geschäftsadresse der S. GmbH wurde kein Geschäftsbetrieb vorgefunden. Die S. GmbH verfügte auch über sonst keine Betriebsmittel und trat auch auf den Baustellen, auf denen der Beschwerdeführer tätig wurde, nicht sichtbar in Erscheinung. Auch mit dem Geschäftsführer der S. GmbH konnte kein Kontakt hergestellt werden.
Am 12.10.2016 nahm die S. GmbH erstmals seit 2004 wieder Anmeldungen vor, dies sogleich im Ausmaß von 90 Personen, darunter der Beschwerdeführer.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer auf den oben angeführten Baustellen gearbeitet hat, gründet auf den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers, die von seinen Arbeitskollegen Z.L. und S.M. sowie vom Bauleiter der Firma P&M GmbH (A.R.) in der am 17.09.2020 durchgeführten mündlichen Verhandlung bestätigt wurden.
Der Feststellungsbescheid des Finanzamtes 8/16/17 vom 12.12.2016 ist den Verwaltungsakten dokumentiert.
Die Umstände der Aufnahme und Beendigung der Beschäftigung des Beschwerdeführers bei der S. GmbH entsprechen den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung, die mit seinen Angaben in der Niederschrift vom 17.01.2017 und vom 08.05.2017 übereinstimmen.
Dass die Arbeitsanweisungen vom Bauleiter der Firma P&M GmbH kamen, gab der Beschwerdeführer ebenfalls bereits in der Niederschrift vom 17.01.2017 und vom 08.05.2017 an und wurde dies auch von seinen in der mündlichen Verhandlung befragten Arbeitskollegen Z.L. und S.M. bestätigt.
Die Angaben des A.R., wonach er Anweisungen an den Bauleiter der S. Handels GmbH gerichtet habe, und dieser die Anweisungen dann an den BF und seine Arbeitskollegen weitergegeben habe, waren in Anbetracht der übereinstimmenden Angaben des BF sowie seiner (getrennt dazu befragten) Arbeitskollegen nicht überzeugend, zumal er sichtlich darum bemüht war, keine Anhaltspunkte für eine allfällige Dienstgebereigenschaft der P&M GmbH zu liefern.
Die teilweise Zurverfügungstellung der Arbeitskleidung durch die P&M GmbH ergeht ebenfalls aus den übereinstimmenden Angaben des Beschwerdeführers und seiner Arbeitskollegen Z. L. und S. M. in der mündlichen Verhandlung.
Die Überweisung des Lohns auf das Konto des Beschwerdeführers über ein Verrechnungskonto bei der BAWAG PSK ist durch entsprechende Kontoauszüge belegt.
Die Auftragskette in Bezug auf die auf der Baustelle in XXXX zu verrichtenden Fassadenarbeiten ergibt sich teilweise aus den bereits in den Verwaltungsakten enthaltenen Vertragskopien. Das Vertragsverhältnis zwischen der S. GmbH und der S. Handels GmbH ergibt sich aus den von A. R. in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen.
Die Feststellungen zum mangelnden Geschäftsbetrieb sowie zu den mangelnden Betriebsmitteln der S. GmbH, zum erfolglosen Versuch, mit dem Geschäftsführer der S. GmbH Kontakt aufzunehmen, sowie zur vorgenommenen Massenanmeldung gründen auf den diesbezüglichen Feststellungen des Finanzamtes 8/16/17, die auf entsprechenden Ermittlungen der Finanzpolizei gründeten und verfahrensgegenständlich nicht strittig waren.
Dass der im Firmenbuch eingetragene Geschäftsführer N.K. nicht Machthaber der S. GmbH war, ist daraus zu schließen, dass den unbestritten gebliebenen Ermittlungen der ÖGK zufolge die Person, die auf der Baustelle in XXXX als Geschäftsführer der S. GmbH auftrat, nicht N.K. war und mit N.K. kein Kontakt aufgenommen werden konnte.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Im vorliegenden Fall liegt eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet (Feststellung der Versicherungspflicht). Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichters zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Fallgegenständlich gelangen folgende maßgebenden Bestimmungen zur Anwendung:
§§ 8 und 9 des Bundesgesetzes zur Verbesserung der Sozialbetrugsbekämpfung (Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz - SBBG) in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2015 (auszugsweise):
„3. Abschnitt
Maßnahmen gegen Scheinunternehmen
Verfahren zur Feststellung des Scheinunternehmens
§ 8. (1) Scheinunternehmen ist ein Unternehmen, das vorrangig darauf ausgerichtet ist,
1. Lohnabgaben, Beiträge zur Sozialversicherung, Zuschläge nach dem BUAG oder Entgeltansprüche von Arbeitnehmer/inne/n zu verkürzen, oder
2. Personen zur Sozialversicherung anzumelden, um Versicherungs-, Sozial- oder sonstige Transferleistungen zu beziehen, obwohl diese keine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen.
(2) Ein Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens ist gegeben, wenn die Anhaltspunkte bei einer Gesamtbetrachtung ihrem Gewicht, ihrer Bedeutung und ihrem wahren wirtschaftlichen Gehalt nach berechtigte Zweifel begründen, ob
1. die Anmeldung zur Sozialversicherung oder die Meldung bei der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse vom Vorsatz getragen ist, die in Folge der Anmeldung oder Meldung auflaufenden Lohn- und Sozialabgaben oder Zuschläge nach dem BUAG zur Gänze zu entrichten, oder
2. die Anmeldung zur Sozialversicherung vom Vorsatz getragen ist, dass die angemeldeten Personen eine unselbstständige Erwerbstätigkeit aufnehmen.
Die Abgabenbehörden des Bundes haben die Ermittlungen hinsichtlich des Verdachtes auf Vorliegen eines Scheinunternehmens im Sinne dieser Bestimmung durchzuführen.
(3) Anhaltspunkte für einen Verdacht auf Vorliegen eines Scheinunternehmens sind insbesondere:
1. Auffälligkeiten im Rahmen einer Risiko- und Auffälligkeitsanalyse nach § 42b ASVG oder vergleichbaren Instrumenten,
2. Unauffindbarkeit von für das Unternehmen tätigen Personen, die dem angegebenen Geschäftszweig entsprechen, an der der Abgabenbehörde oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebenen Adresse oder der im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift,
3. Unmöglichkeit des Herstellens eines persönlichen Kontakts zu dem/der Rechtsträger/in oder dessen/deren organschaftlichen Vertreters/Vertreterin über die im Firmenbuch eingetragenen Geschäftsanschrift oder die der Abgabenbehörde oder dem Träger der Krankenversicherung nach dem ASVG zuletzt bekannt gegebene Adresse,
4. Verwendung falscher oder verfälschter Urkunden oder Beweismittel durch die dem Unternehmen zuzurechnenden Personen,
5. Nichtvorhandensein von dem angegebenen Geschäftszweig angemessenen Betriebsmitteln oder Betriebsvermögen,
6. Vorliegen nicht bloß geringer Rückstände an Sozialversicherungsbeiträgen im Zeitpunkt einer Anmeldung des/der Dienstnehmers/Dienstnehmerin zur Sozialversicherung.
(...)
(8) Wird kein Widerspruch erhoben, hat die Abgabenbehörde mit Bescheid festzustellen, dass das Unternehmen, hinsichtlich dessen ein Verdacht nach Abs. 2 vorliegt, als Scheinunternehmen gilt. (...)
(9) Wird Widerspruch erhoben, hat die Abgabenbehörde nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens mit Bescheid festzustellen, ob das Unternehmen, hinsichtlich dessen ein Verdacht nach Abs. 2 vorliegt, als Scheinunternehmen gilt. (...).
(10) Das Bundesministerium für Finanzen hat eine Liste der rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen im Internet zu veröffentlichen (Identität, Firmenbuchnummer und Geschäftsanschrift des Scheinunternehmens).
(...)“
„Haftung für Entgelt
§ 9. Ab der rechtskräftigen Feststellung des Scheinunternehmens haftet der/die Auftrag gebende Unternehmer/in, wenn er/sie zum Zeitpunkt der Auftragserteilung wusste oder wissen musste, dass es sich beim Auftrag nehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen nach § 8 handelt, zusätzlich zum Scheinunternehmen als Bürg/e/in und Zahler/in nach § 1357 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB), JGS Nr. 946/1811, für Ansprüche auf das gesetzliche, durch Verordnung festgelegte oder kollektivvertragliche Entgelt für Arbeitsleistungen im Rahmen der Beauftragung der beim Scheinunternehmen beschäftigten Arbeitnehmer/innen.“
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer pflichtversichert.
Als Dienstgeber gilt gemäß § 35 Abs. 1 ASVG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.
Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird.
Gemäß § 10 Abs. 1 ASVG beginnt die Pflichtversicherung der Dienstnehmer unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung mit dem Tag des Beginnes der Beschäftigung.
§ 11 Abs. 7 ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2015, lautet:
„(7) Die Pflichtversicherung der im § 10 Abs. 1 bezeichneten Personen erlischt auch mit der rechtskräftigen Feststellung eines Scheinunternehmens,
1. wenn sie der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen beim Versicherungsträger nach § 43 Abs. 4 nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen;
2. wenn sie nicht glaubhaft machen können, dass sie tatsächlich Arbeitsleistungen verrichtet haben.“
Gemäß § 43 Abs. 4 ASVG sind die Versicherten verpflichtet, zur Auskunftserteilung über die Beschäftigung bei einem rechtskräftig als Scheinunternehmen nach § 35a festgestellten Unternehmen binnen sechs Wochen nach schriftlicher Aufforderung persönlich beim Krankenversicherungsträger zu erscheinen (vgl. auch § 33 Abs. 1c ASVG).
§ 35a ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 113/2015, lautet samt Überschrift:
„Scheinunternehmen
§ 35a. (1) Die Krankenversicherungsträger sind an die rechtskräftige Feststellung des Vorliegens eines Scheinunternehmens durch die Abgabenbehörden des Bundes nach § 8 des Sozialbetrugsbekämpfungsgesetzes (SBBG), BGBl. I Nr. 113/2015, gebunden.
(2) Die Abgabenbehörden des Bundes haben ihre Mitteilungen an Unternehmen über das vermutete Vorliegen eines Scheinunternehmens den Krankenversicherungsträgern zu übermitteln. Das Gleiche gilt für die Widerlegung dieser Vermutung sowie für Bescheide, mit denen bei Widerspruch das Vorliegen eines Scheinunternehmens festgestellt wird.
(3) Haben Personen, die der Aufforderung zum persönlichen Erscheinen beim Krankenversicherungsträger nach § 43 Abs. 4 rechtzeitig nachgekommen sind, glaubhaft gemacht, (für bestimmte Zeiträume) tatsächlich Arbeitsleistungen im Bereich eines Scheinunternehmens verrichtet zu haben, so hat der Krankenversicherungsträger den Dienstgeber dieser Personen zu ermitteln. Ist dies nicht möglich, so gilt - ab der rechtskräftigen Feststellung des Scheinunternehmens - als Dienstgeber das Auftrag gebende Unternehmen, wenn es wusste oder wissen musste, dass es sich beim Auftrag nehmenden Unternehmen um ein Scheinunternehmen nach § 8 SBBG handelt, und nicht beweist, von diesen Personen keine Arbeitsleistungen erhalten zu haben oder zu erhalten. § 49 ist in solchen Fällen sinngemäß anzuwenden.“
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Das Finanzamt 8/16/17 hat mit Bescheid vom 12.12.2016 festgestellt, dass die S. GmbH als Scheinunternehmen gemäß § 8 SBBG gilt. Sache des vorliegenden Verfahrens ist die Feststellung der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers nach dem ASVG und dem AlVG auf Grund einer behaupteten Beschäftigung bei der Dienstgeberin S. GmbH vom 17.10.2016 bis 30.11.2016. Der Bescheid des Finanzamts 8/16/17 vom 12.12.2016 ist am 27.12.2016 in Rechtskraft erwachsen. Die Feststellung der Pflichtversicherung wird daher von der erst nach dem gegenständlichen Zeitraum erfolgten Feststellung der S. GmbH als Scheinunternehmen nicht berührt (vgl. VwGH 20.11.2019, Ro 2019/08/0016).
Die belangte Kasse hat die Dienstgebereigenschaft der S. GmbH, verneint, weil sie keinen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr geführt habe, und weil der Beschwerdeführer nicht vom Geschäftsführer der S. GmbH in Dienst genommen worden sei. Wie der Verwaltungsgerichtshof im oben zitierten Erkenntnis vom 20.11.2019 ausgeführt hat, ist im Folgenden zu beurteilen, inwieweit diese Auffassung mit § 35 Abs. 1 ASVG (im Hinblick auf das dort neben „für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird“ beispielhaft angeführte „für dessen Rechnung die Tätigkeit geführt wird“) im Einklang steht sowie sich – in Anbetracht dessen, dass kein anderer Dienstgeber ermittelt wurde – mit § 539a ASVG vereinbaren lässt.
Dazu ist zunächst festzuhalten, dass aus der gesetzlichen Definition eines „Scheinunternehmens“ (gemäß § 8 SBBG) – so der Verwaltungsgerichtshof im o.a. Erkenntnis weiter – für jene Scheinunternehmer, in deren Bereich Dienstnehmer tatsächlich eine unselbstständige Erwerbstätigkeit ausüben, folgt, dass sie grundsätzlich iSd § 35 Abs. 1 ASVG Dienstgeber sein können, die einen Dienstnehmer iSd § 4 Abs. 2 ASVG beschäftigen, sodass dieser gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG pflichtversichert ist.
Den Feststellungen zufolge übte der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Tätigkeiten im Bereich der S. GmbH aus. Insofern käme daher die S. GmbH grundsätzlich auch dann als Dienstgeber in Betracht, wenn sie bereits im verfahrensgegenständlichen Zeitraum als Scheinunternehmen fungiert hätte (worauf freilich die – in der Bescheidbegründung getroffene und somit fallgegenständlich nicht bindende – Feststellung des Finanzamtes 8/16/17, dass die S. GmbH jedenfalls ab 12.10.2016 als Scheinunternehmen gilt, hindeutet).
Wie jedoch den Feststellungen weiters zu entnehmen ist, wurde der Beschwerdeführer von Personen in Dienst gestellt und gekündigt, die nicht der S. GmbH zugerechnet werden konnten. Die Entlohnung erfolgte über ein Verrechnungskoto, das keiner bestimmten Person und keinem bestimmten Unternehmen zuordenbar war. Auch die An- und Abmeldung, die Lohnzettel, eine Arbeitsbescheinigung sowie eine Einstellzusage der S. GmbH wurden dem Beschwerdeführer erst nach einem Telefonat mit einer ihm unbekannten Person per Post von einem anonymen Absender übermittelt. Die Arbeitsanweisung erhielt der Beschwerdeführer von Personen anderer Unternehmen. An der Geschäftsadresse der S. GmbH wurde kein Geschäftsbetrieb vorgefunden und mit dem Geschäftsführer der S. GmbH konnte kein Kontakt hergestellt werden. Die S. GmbH verfügte über keinerlei Betriebsmittel und trat auch auf den Baustellen, auf denen der Beschwerdeführer tätig wurde, nicht sichtbar in Erscheinung.
In Anbetracht dessen sowie des Umstandes, dass die S. GmbH am 12.10.2016 erstmals seit 2004 Anmeldungen – und dies sogleich im Ausmaß von 90 Personen vornahm, ist somit in wirtschaftlicher Betrachtungsweise iSd § 539a ASVG davon auszugehen, dass die S. GmbH lediglich als „Anmelde- und Verrechnungsvehikel“ zur Verschleierung des wahren Dienstgebers fungierte, was deren Dienstgebereigenschaft jedenfalls ausschließt.
Damit erweist sich die Feststellung der belangten Kasse, dass der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum hinsichtlich seiner Tätigkeit für die S. GmbH nicht der Voll(Kranken-, Unfall-, Pensions-)versicherungspflicht nach dem ASVG und (nicht) der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterliegt, als zutreffend, weswegen die Beschwerde als unbegründet abzuweisen war.
Wer anstelle der S. GmbH Dienstgeber des Beschwerdeführers war, konnte dahingestellt bleiben, da das Vorliegen eines die Pflichtversicherung auslösenden Beschäftigungsverhältnisses immer nur in Bezug auf den Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zu prüfen ist, somit Sache dieses Beschwerdeverfahrens lediglich die Prüfung der – von der belangten Kasse verneinten – Dienstgebereigenschaft der S. GmbH war und folglich die Feststellung, wer tatsächlich Dienstgeber des Beschwerdeführers war, die Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens überschreiten würde (vgl. VwGH 16.11.2005, 2005/08/0096).
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Dienstgebereigenschaft Pflichtversicherung Rechnung und Gefahr ScheinanmeldungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W209.2204349.1.00Im RIS seit
19.11.2020Zuletzt aktualisiert am
19.11.2020