TE Bvwg Beschluss 2020/9/30 W269 2235265-1

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Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Norm

AlVG §22
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §34 Abs3

Spruch

W269 2235265-1/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Dr. Elisabeth MAYER-VIDOVIC als Einzelrichterin im Verfahren über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice vom 30.06.2020 betreffend die Abweisung des Antrages auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld den Beschluss:

A)       Das Verfahren wird gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die Revision gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2019, GZ: W263 2210108-1/5E, ausgesetzt.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stand zuletzt von 15.12.2015 bis 31.03.2020 in einem vollversicherungspflichtigen Dienstverhältnis. Dieses endete durch einvernehmliche Lösung. Von 01.04.2020 bis 30.04.2020 war der Beschwerdeführer beim gleichen Dienstgeber geringfügig beschäftigt.

2. Am 29.06.2020 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Diesem Antrag wurde mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Arbeitsmarktservice (im Folgenden als AMS oder belangte Behörde bezeichnet) vom 30.06.2020 keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, dass laut Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt „die Korridorpension ab 01.02.2019 erfüllt“ sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass während einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit oder des Bezuges eines Erwerbseinkommens, welches das nach § 5 Abs. 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt, die Voraussetzungen für eine Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 APG nicht vorlägen. Der Beschwerdeführer verwies diesbezüglich auf das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2019, W263 2210108-1. Da das Dienstverhältnis des Beschwerdeführers am 01.04.2020 geendet habe, lägen die Voraussetzungen gemäß § 4 Abs. 2 APG erstmals nach Beendigung des Dienstverhältnisses und demnach nicht schon am 01.02.2019 vor.

4. Die Beschwerde wurde unter Anschluss der Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht am 22.09.2020 vorgelegt. Im beigefügten Schreiben des AMS wird ausgeführt, dass das AMS bis dato noch keine Antwort der Pensionsversicherungsanstalt auf das Ersuchen, den Stichtag für den frühestmöglichen Antritt der Korridorpension mitzuteilen, erhalten habe. Liege der Stichtag vor dem 29.06.2019, dann sei der Bescheid nach Ansicht des AMS korrekt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Zu A) Aussetzung des Verfahrens:

1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

Gemäß § 9 Abs. 1 BVwGG leitet und führt der Vorsitzende eines Senates das Verfahren bis zur Verhandlung. Die dabei erforderlichen Beschlüsse bedürfen keines Senatsbeschlusses.

Hinsichtlich der Beschlüsse (§ 31 VwGVG) ist zwischen verfahrensleitenden und nicht-verfahrensleitenden Beschlüssen zu differenzieren. Verfahrensleitende Beschlüsse kann der Vorsitzende alleine fassen, sofern sie nicht auch verfahrensbeendend sind. Darüber hinaus kann der Vorsitzende auch nicht-verfahrensleitende Beschlüsse, die nicht-verfahrensbeendende Beschlüsse sind, alleine fassen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren 2013, § 9 BVwGG, Anm. 3).

Der Verwaltungsgerichtshof sah keinen sachlichen Grund dafür, eine gemäß § 17 VwGVG iVm § 38 AVG ergangene Aussetzungsentscheidung als (bloß) verfahrensleitende Entscheidung zu beurteilen, die nicht abgesondert bekämpfbar wäre (vgl. VwGH 24.03.2015, Ro 2014/05/0089). Da der Beschluss über die Aussetzung des Verfahrens aber nicht verfahrensbeendend ist, sondern das Verfahren nur unterbricht, und eine Entscheidung iSd § 56 Abs. 2 AlVG über die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid des AMS gerade nicht vorliegt, besteht diesbezüglich die Zuständigkeit der Senatsvorsitzenden als Einzelrichterin.

2. Derzeit ist beim Verwaltungsgerichtshof ein Revisionsverfahren betreffend das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.04.2019, W263 2210108-1/5E (korrespondierende GZ des AMS: XXXX ), anhängig, das die Lösung der grundsätzlichen Rechtsfrage, ab wann die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug der Korridorpension gemäß § 4 Abs. 2 Allgemeines Pensionsgesetz (APG) vorliegen und der Beschwerdeführer gemäß § 22 Abs. 1 AlVG keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld (mehr) hat, zum Gegenstand hat.

Während das AMS im dortigen – ebenso wie im gegenständlichen – Verfahren die Rechtsansicht vertritt, die Anspruchsvoraussetzungen würden (schon) vorliegen, sobald die versicherte Person das 62. Lebensjahr vollendet hat und 480 für die Leistung zu berücksichtigende Versicherungsmonate nach dem APG oder einem anderen Bundesgesetz erworben hat, auch wenn die versicherte Person (noch) in aufrechter unselbständiger Beschäftigung steht, vertreten die Beschwerdeführer im dortigen und gegenständlichen Verfahren jeweils die Rechtsansicht, die Anspruchsvoraussetzungen würden erst dann vorliegen, wenn die versicherte Person ihre unselbständige Erwerbstätigkeit (mit Einkommen, welches über der Geringfügigkeitsgrenze liegt) beendet hat und die versicherte Person – im Sinne des Wortlautes des § 4 Abs. 2 Z 2 APG – weder einer Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung aufgrund einer Erwerbstätigkeit unterliegt noch ein Erwerbseinkommen bezieht, welches das nach § 5 Abs. 2 ASVG jeweils in Betracht kommende Monatseinkommen übersteigt.

Eine Entscheidung in diesem Revisionsverfahren durch den Verwaltungsgerichtshof ist noch nicht ergangen. Die zu erwartende Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist relevant für die gegenständliche Rechtssache, da sie die idente Rechtsfrage betrifft. Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt. Gegenwärtig langen beim Bundesverwaltungsgericht wiederholt Beschwerdeverfahren ein, welche die gleiche zu lösende Rechtsfrage zum Gegenstand haben.

3. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGVG kann das Verwaltungsgericht ein Verfahren über eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG mit Beschluss aussetzen, wenn

1. vom Verwaltungsgericht in einer erheblichen Anzahl von anhängigen oder in naher Zukunft zu erwartenden Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen ist und gleichzeitig beim Verwaltungsgerichtshof ein Verfahren über eine Revision gegen ein Erkenntnis oder einen Beschluss eines Verwaltungsgerichtes anhängig ist, in welchem dieselbe Rechtsfrage zu lösen ist, und

2. eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Lösung dieser Rechtsfrage fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gleichzeitig hat das Verwaltungsgericht dem Verwaltungsgerichtshof das Aussetzen des Verfahrens unter Bezeichnung des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Verfahrens mitzuteilen. Eine solche Mitteilung hat zu entfallen, wenn das Verwaltungsgericht in der Mitteilung ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu bezeichnen hätte, das es in einer früheren Mitteilung schon einmal bezeichnet hat. Mit der Zustellung des Erkenntnisses oder Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes an das Verwaltungsgericht gemäß § 44 Abs. 2 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, ist das Verfahren fortzusetzen. Das Verwaltungsgericht hat den Parteien die Fortsetzung des Verfahrens mitzuteilen.

Da – wie oben dargestellt – die Voraussetzungen des § 34 Abs. 3 VwGVG gegeben sind, wird das Verfahren bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in der im Spruch bezeichneten Rechtssache ausgesetzt.

Der Verwaltungsgerichtshof wird von der Aussetzung unter einem verständigt.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Anspruchsvoraussetzungen Aussetzung Korridorpension Rechtsfrage

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W269.2235265.1.00

Im RIS seit

18.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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