Entscheidungsdatum
30.09.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
G305 2205157-1/10E
Schriftliche Ausfertigung des am 04.09.2020 mündlich verkündeten Erkenntnisses
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA.: Irak, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, Alser Straße 20, 1090 Wien gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX .07.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 04.09.2020 zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3 und § 57 AsylG iVm. § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 Abs. 1 bis 3 FPG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom XXXX .07.2018 hat das BFA, RD XXXX , Zl: XXXX den Antrag des XXXX , StA.: Irak, auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, bzw. auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auf den Irak abgewiesen, einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 2 Z 2 erlassen, sowie festgestellt, dass die Abschiebung in den Irak zulässig ist.
2. Innert offener Frist erhob der BF am 27.08.2018 Beschwerde gegen diesen Bescheid, die er mit den Anträgen verband, ihm den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, in eventu ihm den Status eines subsidär Schutzberechtigten zuzuerkennen, in eventu die Rückkehrentscheidung für dauernd unzulässig zu erklären und einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen zu erteilen, in eventu den Bescheid zur Gänze zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückzuverweisen und eine mündliche Verhandlung vor dem BVwG anzuberaumen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Identitätsfeststellung
Der BF führt die im Spruch angegebene Identität XXXX , geboren am XXXX , in XXXX im Irak. Er ist irakischer Staatsangehöriger, ledig und grundsätzlich arbeitsfähig und gesund. Er gehört der Ethnie der Mehrheitsbevölkerung der irakischen Araber an. Er ist Moslem schiitischer Glaubensrichtung. Seine Muttersprache ist Arabisch.
1.2. Zur Ausreise, Reise, Einreise der beschwerdeführenden Partei in Österreich und der darauffolgenden Asylantragstellung:
Der BF lebte bis zu seiner Ausreise aus dem Irak am XXXX .09.2015 in XXXX . An diesem Tag verließ er XXXX mit dem Flugzeug in Richtung Istanbul, wo er sich in der Folge ungefähr acht Tage lang aufhielt. Sodann setzte er seine Reise nach Izmir fort, das er schlepperunterstützt mit dem Schlauchboot auf die griechische Insel Mytilini verließ. Von Mytilini aus gelangte er mit dem Schiff nach Athen, von hier aus mit dem Bus nach Mazedonien und über die Balkanroute nach Österreich, wo er ohne Mitnahme eines Reisedokuments - sohin illegal - die Grenze des Bundesgebiets überquerte.
Am 30.09.2015 stellte er im Bundesgebiet einen Asylantrag.
1.3. Zur individuellen Situation des Beschwerdeführers im Heimatstaat:
Der BF besuchte im Herkunftsstaat sechs Jahre lang die Grundschule und arbeitete in der Folge als Elektronikfachmann. Auch arbeitete er als Verkäufer in einem Textilgeschäft und als Näher. Nach dem August 2015 arbeitete er nicht mehr. Zuletzt war er als Techniker im Bereich Sicherheitseinrichtungen mittels Kamera und Überwachung tätig.
Er lebte in seiner Heimatstadt XXXX gemeinsam mit seiner Mutter, den Schwestern, einem Bruder und einem Sohn der geschiedenen Schwester in einem Haushalt. Die Eltern sind geschieden und hat die Mutter in der Folge noch einmal geheiratet. Bis zur Trennung lebte sie mit diesem Mann, nach erfolgter Trennung wurde der BF zum Familienoberhaupt.
1.4. Zu den Fluchtgründen der beschwerdeführenden Partei:
Der BF will nach einem Drohanruf und weil gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden sein soll, aus dem Irak geflohen sein. Weitere Fluchtgründe nannte er nicht.
Er konnte weder den behaupteten Drohanruf noch einen gegen seine Person erlassenen Haftbefehl glaubhaft machen.
Er hatte keine Probleme mit der Polizei, den Gerichten oder den Verwaltungsbehörden des Herkunftsstaates. Er war auch nie Mitglied einer politischen Partei oder einer anderen politisch aktiven Bewegung oder bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates. Zu keinem Zeitpunkt wurde er von staatlichen Organen oder von einer bewaffneten Gruppierung wegen seiner Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung der Schiiten oder aus politischen Gründen, etwa wegen einer Zugehörigkeit zu einer politischen Partei des Herkunftsstaates verfolgt oder bedroht.
Er war im Herkunftsstaat zu keiner Zeit einer asylrelevanten Bedrohungs- oder Verfolgungssituation ausgesetzt.
1.5. Zu etwaigen Integrationsschritten im Bundesgebiet:
Der BF hat an einem Deutschkurs A1, einem Deutschkurs A2 teilgenommen und entsprechende Sprachzertifikate erworben. Des weiteren hat er an einem Werte- und Orientierungskurs des ÖIF am 14.08.2017 teilgenommen.
Er ist strafrechtlich unbescholten, weist eine Hauptwohnsitzmeldung im Bundesgebiet auf und lebt von Leistungen aus der Grundversorgung.
1.6. Zur Lage im Irak wird festgestellt:
Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines „Kalifats“ in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte, parallel zu diesen Geschehnissen, durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.
Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.
Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden, verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.
Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.
Der Beschwerdeführer war weder durch die im Herkunftsstaat tätigen Milizen noch durch die Polizei des Herkunftsstaates einer asylrelevanten Bedrohung oder gar Verfolgung ausgesetzt.
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges- amt- bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff am 28.07.2020
- - ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (11.12.2019): ecoi.net-Themendossier zum Irak: Schiitische Milizen, https://www.ecoi.net/en/document/2021156.html, Zugriff am 28.07.2020
- BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Von schiitischen Milizen dominierte Gebiete (Ergänzung zum Länderinformationsblatt), 04.01.2018 https://www.ecoi.net/en/file/local/1422124/5618_1516263925_irak-sm-von-schiitischen-milizen-dominierte-gebiete-2018-01-04-ke.doc Zugriff am 28.07.2020
- - GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff am 28.07.2020
- - FPRI - Foreign Policy Research Institute (19.8.2019): The Future of the Iraqi Popular Mobilization Forces, https://www.fpri.org/article/2019/08/the-future-of-the-iraqi-popular-mobilization-forces/, Zugriff am 28.07.2020
- - Süß, Clara-Auguste (21.8.2017): Al-Hashd ash-Sha’bi: Die irakischen „Volksmobilisierungseinheiten“ (PMU/PMF), in BFA Staatendokumentation: Fact Finding Mission Report Syrien mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1410004/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 28.07.2020
- UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017 https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf Zugriff am 28.07.2020
- UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf Zugriff am 28.07.2020
- - Wilson Center (27.4.2018): Part 2: Pro-Iran Militias in Iraq, https://www.wilsoncenter.org/article/part-2-pro-iran-militias-iraq, Zugriff am 28.07.2020
1.6.1. Berufsgruppen:
Aus den Länderinformationen zum Herkunftsstaat der bfP geht hervor, dass Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats besonders gefährdet seien (AA 12.01.2019).
Inhaber von Geschäften, in denen Alkohol verkauft wird - fast ausschließlich Angehörige von Minderheiten, vor allem Jesiden und Christen (AA 12.1.2019; vgl. USDOS 21.6.2019), Zivilisten, die für internationale Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen oder ausländische Unternehmen arbeiten sowie medizinisches Personal werden ebenfalls immer wieder Ziel von Entführungen oder Anschlägen (AA 12.1.2019).
Der BF arbeitete als Techniker in der Provinz XXXX . Des Weiteren arbeitete er in einem Geschäft als Elektronikfachmann und als Verkäufer in einem Textilgeschäft und als Näher. Dass er darüber hinaus einen Beruf ausgeübt hätte, wurde weder behauptet noch glaubhaft gemacht. Er gehörte keiner Berufsgruppe an, die nach den Länderinformationsberichten zum Irak als gefährdet anzusehen wäre.
Quellen:
- - AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff am 28.07.2020
- - USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: https://www.ecoi.net/de/dokument/2011175.html, Zugriff am 28.07.2020
1.6.2. Medizinische Versorgung:
Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können - für den Zugang zum Gesundheitswesen wird lediglich ein irakischer Ausweis benötigt - haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 1.4.2019). Staatliche, wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore. Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD (Anm.: ca. 12-16 EUR). Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 12.2019).
Insgesamt bleibt die medizinische Versorgungssituation angespannt (AA 12.1.2019). Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung (GIZ 12.2019). In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser mit eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführung oder Repression das Land verlassen. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 12.1.2019). Spezialisierte Behandlungszentren für Personen mit psychosoziale Störungen existieren zwar, sind jedoch nicht ausreichend (UNAMI 12.2016). Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).
Dass der BF an irgendwelchen Gesundheitsbeeinträchtigungen leiden würde, wurde zu keinem Zeitpunkt behauptet oder dargetan. Angesichts der von ihm ausgeübten Berufe ist vielmehr davon auszugehen, dass er grundsätzlich arbeitsfähig und gesund ist. Eine nähere Auseinandersetzung mit den Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsstaat und der medizinischen Versorgung, kann daher dahingestellt bleiben.
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff am 28.07.2020
- GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2019): Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff am 30.06.2020
- IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698617/18363939/Irak_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101157&vernum=-2, Zugriff am 28.07.2020
- UNAMI - United Nations Assistance Mission to Iraq (12.2016): Report on the Rights of Persons with Disabilities in Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNAMI_OHCHR__Report_on_the_Rights_of_PWD_FINAL_2Jan2017.pdf, Zugriff am 28.07.2020
- WHO - World Health Organization (o.D.): Iraq: Primary Health Care, http://www.emro.who.int/irq/programmes/primary-health-care.html, Zugriff am 28.07.2020
1.6.3. Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation von Oktober 2014 und Oktober 2019, welche nach einer Aktualisierung vom 16.06.2020 noch immer als aktuell anzusehen sind, haben ergeben, dass sunnitisch und schiitisch konnotierte Namen zu Diskriminierung und Schikanen führen können. Speziell Namen wie Bakr und Omar lassen eine Identifizierung als Sunnit zu und verstärken die Verfolgungsgefahr. Aus diesem Grund wächst der Markt für gefälschte ID-Karten und es existieren Websites, auf denen Tipps gegeben werden, wie man sich verhalten soll um seine Identität zu verschleiern [Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Verfolgung aufgrund eines „sunnitischen/schiitischen Namens vom 06.10.2016; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Einreise, Rückkehrlage und Zugang zu Sozialleistungen vom 14.10.2014 S. 10 und update vom 16.06.2020].
1.7. Aus den Angaben des BF lassen sich keine Anhaltspunkte dahingehend entnehmen, dass er mit den Behörden, der Polizei oder den Gerichten des Herkunftsstaates - etwa wegen seines Religionsbekenntnisses, seiner ethnischen Zugehörigkeit zur Mehrheitsbevölkerung der Araber oder aus politischen Gründen - Probleme gehabt hätte.
Es gibt auch keinerlei Hinweise in die Richtung, dass er oder die Angehörigen seiner Kernfamilie jemals politisch aktiv gewesen wären oder die Genannten einer politisch aktiven Bewegung oder einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates als Mitglieder angehört hätten.
Er hatte mit den Angehörigen derselben Glaubensrichtung bzw. mit den Angehörigen einer anderen im Herkunftsstaat beheimateten Glaubensrichtung keine Probleme.
Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wird der Beschwerdeführer keiner - aus in seiner Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort - realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sein.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Zum Verfahrensgang:
Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und die in der Folge getroffenen (sachverhaltsbezogenen) Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, sowie aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des BF anlässlich seiner Befragung durch die Organe der belangten Behörde.
2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:
Soweit in der gegenständlichen Rechtssache zur Identität, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers Feststellungen getroffen wurden, beruhen diese im Wesentlichen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, die vom BF vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde, andererseits vor den Organen der belangten Behörde getätigt wurden, sowie auf den im Akt befindlichen Kopien der vorgelegten persönlichen Dokumente und Urkunden.
Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Die zu seiner Ausreise aus dem Irak, zur weiteren Reiseroute und zur Einreise ins Bundesgebiet getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen der Sicherheitsbehörde, die im Wesentlichen unstrittig geblieben sind und der gegenständlichen Entscheidung daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten.
2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:
Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht einerseits auf seinen Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde, sowie auf den vor den Organen der belangten Behörde gemachten Angaben.
Vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde hatte der BF angegeben, dass er im Irak als Videoüberwachungsspezialist in einer Security Firma gearbeitet hätte. Am XXXX .08.2015 seien Leute vom Landeshauptmann der Provinz gekommen und hätten CDs und Akten im Tresor vom Gebäude weggenommen. Daraufhin habe er seinen Chef angerufen, um ihn um Hilfe zu bitten. Dieser habe aber kein Interesse daran gehabt. In der Folge hätten sie von ihm verlangt, ihnen den Schlüssel für den Tresor auszuhändigen. Er habe angegeben, dass er keinen Schlüssel habe, woraufhin sie ihn mit dem Umbringen bedroht hätten. Dann hätten sie seinen Vorgesetzten angerufen und aus Angst, dass etwas passieren könnte, habe er ihnen die Schlüssel gegeben. Dann hätten sie weiters gesagt, wenn sie nicht aufhören würden, zu sprechen, sie sie umbrächten. Danach hätten sie weitere Daten und Festplatten an sich genommen. Am nächsten Tag sei er von ein paar Leuten vom Rathaus festgenommen, sowie gefesselt und geknebelt worden. Er könne sich nur noch daran erinnern, dass er sich beim Landeshauptmann wiedergefunden habe. Der Landeshauptmann habe gesagt, dass er vor Gericht nicht die Wahrheit sagen dürfe. Falls ja, werde er umgebracht.
Die sehr detailreichen, in der Erstbefragungsniederschrift vom 12.10.2015 enthaltenen Angaben zu den Fluchtgründen, hielt der BF vor dem BFA anlässlich seiner am 24.07.2018 stattgehabten Einvernahme so nicht aufrecht und verstrickte sich mit seinen Angaben, die er vor der belangten Behörde machte, in eklatante Widersprüche mit den Angaben in der Erstbefragung. So hatte er vor dem BFA angegeben, dass er, als er am XXXX .08.2015 Besuch von XXXX und zwei Leibwächtern sowie einem Fahrer und einem Büroleiter bekam, den Chef angerufen haben will. Dem folgend, ist davon auszugehen, dass der Chef bei diesem ersten Besuch gar nicht anwesend war. Dagegen hatte der BF bei seiner Erstbefragung ausgesagt, dass nicht er, sondern die Besucher, den Chef angerufen hätten und dieser ihnen die Schlüssel zum Tresor ausgehändigt haben soll. Vor dem BFA gab er wiederum an, dass er über Verlangen der Besucher, nachdem er seinen Chef nicht erreichte, aus eigenem, Festplatten herausgegeben und dem Chef nachdem die Besucher wieder ins Auto gestiegen und weggefahren waren, erzählt haben will, dass er den Besuchern die gewünschten Festplatten herausgegeben hatte. Bei der Erstbefragung gab er an, dass er am nächsten Tag von ein paar Leuten aus dem Rathaus festgenommen, sowie gefesselt und geknebelt worden sei und dass er sich nur mehr daran erinnern könne, dass er sich beim Landeshauptmann wiedergefunden hätte. Bei Wahrunterstellung dieser Angaben, muss der auf ihn ausgeübte Zwang derart massiv gewesen sein, dass sich Erinnerungslücken einstellten. Dagegen gab er vor dem BFA an, dass er am nächsten Tag zu seinem Arbeitsplatz, dem Rathaus mitgenommen worden sei. Davon, dass er gefesselt und geknebelt worden sei und Erinnerungslücken gehabt hätte, sprach er hier nicht mehr. Worum es am XXXX .08.2015 konkret ging, kam weder bei der Erstbefragung noch bei seiner niederschriftlichen Einvernahme durch die belangte Behörde hervor. Bemerkenswert ist, dass der Chef des BF nach den Angaben vor dem BFA auch beim Landeshauptmann gewesen sein soll, während dies nach den Angaben bei der Erstbefragung nicht der Fall gewesen sei. Während er bei der Erstbefragung nichts von einem Drohanruf am XXXX .08.2015 berichtete, behauptete er bei seiner Einvernahme vor dem BFA, noch am selben Abend einen Drohanruf erhalten zu haben. Diese Widersprüche ziehen die Angaben des BF, die er vor den Organen der Sicherheitsbehörde und dem BFA gemacht hatte, insgesamt in massive Zweifel und vermitteln einen unglaubwürdigen persönlichen Gesamteindruck des Beschwerdeführers.
Als Makulatur erweist sich die Behauptung vor dem BFA, dass er noch während seiner Anwesenheit im Irak einen Haftbefehl erhalten haben will. Von diesem Haftbefehl, der wohl einen massiven Eingriff darstellen würde, berichtete der BF in der Erstbefragung nichts. Dem erkennenden Gericht ist bewusst, dass den Angaben zu den Fluchtgründen in der Erstbefragung nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nur ein geringes Gewicht zukommt. Wenn aber derart viele Widersprüche und Ungereimtheiten, wie oben dargestellt, zwischen den Angaben vor der belangten Behörde und den Angaben vor der Sicherheitsbehörde bestehen, erscheinen diese insgesamt unglaubwürdig.
Insgesamt gelang es dem Beschwerdeführer nicht, die von ihm behaupteten Fluchtgründe dem Verwaltungsgericht glaubhaft zu machen. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers erscheint dem erkennenden Gericht als tatsachenwidriges Gedankenkonstrukt.
Die getroffenen Konstatierungen waren im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen.
2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat
Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat des BF in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.
2.5. Zur Integration des BF in Österreich
Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten Integrationsschritten (Deutschkursbesuche) ergaben sich aus den diesbezüglichen glaubhaften Nachweisen im Akt. Der Bezug aus Leistungen der Grundversorgung ergibt sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des BF vor dem BFA und einem GVS-Auszug, der Hauptwohnsitz im Bundesgebiet und die bisherige Unbescholtenheit aus den jeweiligen Auszügen aus dem Melderegister und dem Strafregister.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
3.1.1. Die gegen den zu Zl. XXXX am XXXX .07.2018 erlassenen Bescheid der belangten Behörde erhobene Beschwerde ist rechtzeitig und legte die belangte Behörde die Beschwerdesachen dem Bundesverwaltungsgericht vor.
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.
3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:
3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.
Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).
Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der sich eignet, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; vom 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH vom 05.11.1992, Zl. 92/01/0792 und vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).
Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH vom 01.06.1994, Zl. 94/18/0263 und vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).
Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).
Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor einer konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH vom 08.09.1999, Zlen. 98/01/0503 und 98/01/0648).
Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/20/0399 und vom 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).
3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet:
Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.
Eine gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr aus solchen Gründen wurde vom Beschwerdeführer weder im Verfahren vor der belangten Behörde, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht.
Der BF stützte seine Beweggründe für die Ausreise aus dem Herkunftsstaat in der Erstbefragung auf eine angebliche Drohung. In seiner Einvernahme vor dem BFA gab er weiter an, dass er wegen eines Drohanrufs und eines gegen seine Person erlassenen Haftbefehls aus dem Irak geflohen sei. Allein darin ist ein gesteigertes Vorbringen zu erkennen, dass die Glaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens insgesamt in Zweifel zieht. Zudem verstrickte er sich mit seinem jeweiligen Vorbringen, das er vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde bzw. den Organen der belangten Behörde erstattete, in Widersprüche, die ebenfalls sein Fluchtvorbringen in Zweifel ziehen. Weder aus der Erstbefragung noch aus der stattgehabten Einvernahme vor dem BFA lässt sich klar entnehmen, warum er wegen Festplatten, die mitgenommen worden sein sollen, zu spätnächtlicher Stunde einen Besuch erhalten haben soll und womit ausgerechnet er damit zu tun hatte, hatte er doch darauf verwiesen, dass das die Sache seines Vorgesetzten XXXX gewesen sei. Der Vergleich der Fluchtgeschichten erweist sich insgesamt als widersprüchlich und als tatsachenwidriges Gedankenkonstrukt. Faktum ist, dass der BF wegen seiner Zugehörigkeit zur Ethnie der Araber und wegen seiner Zugehörigkeit der Mehrheitsreligion der Schiiten keine Verfolgung erlitt. Er war auch erklärtermaßen parteilos, gehörte sohin weder einer politischen Partei, noch einer politischen Bewegung oder einer bewaffneten Gruppierung des Irak an. Eine Verfolgung aus politischen Motiven oder aus sonstigen Beweggründen wurde von ihm weder behauptet, noch dargetan.
Ob der bereits im Rahmen der Beweiswürdigung erfolgten Ausführungen, den Angaben des BF und der in der Folge unmöglichen Subsumption unter die Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention und des § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ergibt sich, dass anlassbezogen eine gegenwärtige, asylrelevante Verfolgung nicht vorliegt. Aus diesen Gründen erübrigt sich daher auch das Prüfen einer Fluchtalternative.
3.2.3. Aus den angeführten Gründen war daher der gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gerichtete Teil der Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
3.3. Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:
3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.
Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn der beschwerdeführenden Partei eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.
Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.
Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH vom 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; vom 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; vom 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; vom 26.06.1997, ZI. 95/18/1291 und vom 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).
Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH vom 14.10.1998, Zl. 98/01/0122 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).
Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (z.B. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; vom 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438 und vom 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).
Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bürgerkriegspartei anzugehören -, der konkreten Gefahr einer Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt wäre, so kann dies der Abschiebung eines Fremden in diesen Staat entgegenstehen. Die Ansicht, eine Benachteiligung, die alle Bewohner des Staates in gleicher Weise zu erdulden hätten, könne nicht als Bedrohung im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 gewertet werden, trifft nicht zu (VwGH vom 25.11.1999, Zl. 99/20/0465; vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0203 und vom 17.09.2008, Zl. 2008/23/0588). Selbst wenn infolge von Bürgerkriegsverhältnissen letztlich offenbliebe, ob überhaupt noch eine Staatsgewalt bestünde, bliebe als Gegenstand der Entscheidung nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 die Frage, ob stichhaltige Gründe für eine Gefährdung des Fremden in diesem Sinne vorliegen (vgl. VwGH vom 08.06.2000, Zl. 99/20/0203).
Die bloße Möglichkeit einer dem Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung in jenem Staat, in den ein Fremder abgeschoben wird, genügt nicht, um seine Abschiebung in diesen Staat unter dem Gesichtspunkt des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig erscheinen zu lassen; vielmehr müssen konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade der Betroffene einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde (vgl. VwGH vom 27.02.2001, Zl. 98/21/0427; vom 20.06.2002, Zl. 2002/18/0028; siehe dazu vor allem auch EGMR vom 20.07.2010, N. gg. Schweden, Zl. 23505/09, Rz 52ff; vom 13.10.2011, Husseini gg. Schweden, Zl. 10611/09, Rz 81ff).
Bei außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegenden Gegebenheiten im Herkunftsstaat kann nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) die Außerlandesschaffung eines Fremden nur dann eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellen, wenn im konkreten Fall außergewöhnliche Umstände („exceptional circumstances“) vorliegen (EGMR vom 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich, Zl. 30240/96; vom 06.02.2001, Bensaid, Zl. 44599/98; vgl. auch VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443). Unter „außergewöhnlichen Umständen“ können auch lebensbedrohende Ereignisse (z.B. das Fehlen einer unbedingt erforderlichen medizinischen Behandlung bei unmittelbar lebensbedrohlicher Erkrankung) ein Abschiebungshindernis im Sinne des Art. 3 EMRK iVm. § 8 Abs. 1 AsylG 2005 bilden, die von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertreten sind (EGMR vom 02.05.1997, D. gg. Vereinigtes Königreich; vgl. VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; vom 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453; vom 09.07.2002, Zl. 2001/01/0164; und vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059). Nach Ansicht des VwGH ist am Maßstab der Entscheidungen des EGMR zu Art. 3 EMRK für die Beantwortung der Frage, ob die Abschiebung eines Fremden eine Verletzung des Art. 3 EMRK darstellt, unter anderem zu klären, welche Auswirkungen physischer und psychischer Art auf den Gesundheitszustand des Fremden als reale Gefahr („real risk“) - die bloße Möglichkeit genügt nicht - damit verbunden wären (VwGH vom 23.09.2004, Zl. 2001/21/0137).
3.3.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG nicht gegeben sind.
Dass der Beschwerdeführer im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat Folter, einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung oder Strafe ausgesetzt sein könnte, konnte im Rahmen des vor dem BVwG durchgeführten Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.
Beim Beschwerdeführer handelt es sich um einen gesunden erwachsenen Mann, der über eine Schulausbildung verfügt und arbeitsfähig sowie arbeitswillig ist; dies ergibt sich schon aus seinem Alter und der Tatsache, dass er bis knapp vor seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat berufstätig war. Der BF hat im Herkunftsstaat als Elektronikfachmann gearbeitet. Auch hat er als Verkäufer in einem Textilgeschäft und als Näher gearbeitet. Das spricht für ein vielseitiges Arbeitsinteresse des BF und eine damit verbundene Fähigkeit, sich den Lebensunterhalt im Herkunftsstaat wieder mit Erwerbsarbeit zu verdienen.
Ob dieser Informationen und mangels anderslautender Erkenntnisse ist von einer grundsätzlichen Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers auszugehen. Ein Vorbringen, das diese Annahme in Zweifel ziehen könnte, wurde nicht erstattet. Anlassbezogen sind auch keine Umstände hervorgekommen, dass ihm im Herkunftsstaat die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden könnte, zumal er dort bereits in seinem erlernten Beruf tätig war. Es ist daher davon auszugehen, dass er im Herkunftsstaat, dessen Sprache er mächtig ist und dessen Gepflogenheiten er kennt, grundsätzlich in der Lage sein wird, ein ausreichendes Einkommen für sich selbst zu erwirtschaften, zumal er ledig und ohne Sorgepflichten ist.
Es kann auch nicht erkannt werden, dass ihm bei seiner Rückkehr in den Irak die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Art. 3 EMRK überschritten wäre (vgl. hierzu grundlegend VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059); so hat er selbst kein Vorbringen dahingehend erstattet, dass ihm bei einer Rückführung in den Herkunftsstaat jegliche Existenzgrundlage fehlen würde und er in Ansehung existenzieller Grundbedürfnisse (wie etwa Versorgung mit Lebensmitteln oder einer Unterkunft) einer lebensbedrohenden Situation ausgesetzt wäre. Daraus lassen sich auch keine Anhaltspunkte in Hinblick auf ein etwaiges Fehlen einer Existenzgrundlage erblicken.
Diese Ansicht wird zusätzlich dadurch gestärkt, dass sich Mitglieder der Kernfamilie des BF im Irak aufhalten und diese dort unbehelligt leben. Dass diese Mitglieder seiner Kernfamilie in einer Notlage wären, wurde nicht behauptet; es ist daher nicht einsichtig, weshalb er unter diesen Ägiden bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat in eine Situation geraten sollte, die dem völligen Entzug der Existenzgrundlage bzw. einer lebensbedrohlichen Situation gleichkäme.
Eine die physische Existenz nur unzureichend sichernde Versorgungssituation im Herkunftsstaat, die im Einzelfall eine Verletzung der durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte darstellen würde (vgl. VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443; vom 13.11.2001, Zl. 2000/01/0453 und vom 18.07.2003, Zl. 2003/01/0059), liegt schon deswegen nicht vor.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Beschwerdeführer den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen und Erwägungen zur Zumutbarkeit und Möglichkeit der Rückkehr in den Irak nicht substantiiert entgegengetreten ist und in weiterer Folge auch nicht dargelegt hat, wie sich eine Rückkehr in den Herkunftsstaat konkret auf seine individuelle Situation auswirken würde, insbesondere inwieweit er durch die Rückkehr konkret einem realen Risiko einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wären.
3.3.3. Der Beschwerdeführer hat eine konkrete - asylrelevante - individuelle Verfolgung nicht dargetan bzw. glaubhaft gemacht, er hat auch nicht dargetan bzw. glaubhaft gemacht, dass gegen ihn ein Haftbefehl erlassen worden wäre. Auch kam nicht hervor, dass er bei seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat explizit eine willkürliche Bestrafung oder unmenschliche Behandlung zu erwarten hätte. Daraus ergibt sich, dass er durch eine Rückführung in den Herkunftsstaat nicht in Rechten nach Art. 2 und 3 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention - EMRK), BGBl. Nr. 210/1958 idgF., oder ihren relevanten Zusatzprotokollen Nr. 6 über die Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. Nr. 138/1985 idgF., und Nr. 13 über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe, BGBl. III Nr. 22/2005 idgF, verletzt werden würde. Weder droht ihm im Herkunftsstaat durch direkte Einwirkung, noch wegen einer allfällig substanziell schlechten oder nicht vorhandenen Infrastruktur ein reales Risiko einer Verletzung der oben genannten von der EMRK gewährleisteten Rechte. Dasselbe gilt für die reale Gefahr, der Todesstrafe unterworfen zu werden. Auch sind Anhaltspunkte dahingehend, dass eine Rückführung in den Herkunftsstaat für den Beschwerdeführer als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, nicht hervorgekommen. Auch kam nicht hervor, dass ihm bei einer Rückkehr Folter und unmenschliche Behandlung im Sinne der Art. 2 und 3 EMRK drohen würde, zumal er eine solche Gefährdung in Bezug auf seine im Irak lebende Familie nie vorbrachte und diese ohne Furcht vor solchen Maßnahmen im Heimatstaat lebt. Bis zu seiner Ausreise aus dem Herkunftsstaat lebte er im Haus seiner Mutter, gemeinsam mit dieser, einer Schwester und einem Bruder und mehreren Halbgeschwistern. Diese Familienangehörigen befinden sich nach wie vor im Herkunftsstaat des BF, sie führen ein unbehelligtes Leben. Es ist daher bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat nicht davon auszugehen, dass der BF in eine existenzbedrohende Situation geraten könnte.
Daher ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide gemäß § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.
3.4. Zu Spruchpunkt III.-VI. des angefochtenen Bescheides:
3.4.1. Gesetzliche Grundlagen:
Die hier anzuwendende Bestimmung des § 10 AsylG hat folgenden Wortlaut:
„§ 10. (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,
4. einem Fremden der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder
5. einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
(2) Wird einem Fremden, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG fällt, von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt, ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden.
(3) Wird der Antrag eines Drittstaatsangehörigen auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 abgewiesen, so ist diese Entscheidung mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden. Wird ein solcher Antrag zurückgewiesen, gilt dies nur insoweit, als dass kein Fall des § 58 Abs. 9 Z 1 bis 3 vorliegt.“
Der mit „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ betitelte § 57 AsylG 2005 lautet wie folgt:
„§ 57. (1) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen ist von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:
1. wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Abs. 1a FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,