Entscheidungsdatum
01.10.2020Norm
BBG §40Spruch
G303 2224497-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER als Vorsitzende sowie die Richterin Dr. Eva WENDLER und die fachkundige Laienrichterin Petra ILLICHMANN als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , gegen den vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, mit Schreiben vom 04.09.2019 ausgestellten Behindertenpass mit Bescheidcharakter, OB: XXXX , wegen dem ausgewiesenen Grad der Behinderung von 50 (fünfzig) von Hundert, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) brachte am 29.04.2019 beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle Kärnten, (im Folgenden: belangte Behörde), einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ein. Dem Antrag waren medizinische Beweismittel angeschlossen.
2. Im Rahmen des seitens der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens wurden ein fachärztliches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Psychiatrie, vom 12.08.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag; und ein allgemeinmedizinisches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 14.08.2019, welches aufgrund der Aktenlage erstellt wurde, eingeholt.
3. In einer medizinischen Gesamtbeurteilung vom 16.08.2019 wurde von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin, unter Berücksichtigung des oben angeführten fachärztlichen Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie, sowie des allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens, folgendes festgestellt:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Affektive Störungen; depressive Störung, Teilremission
oberer Richtsatz, St.p. Psychiatr. Reha, Teilremission, mäßige soziale Beeinträchtigung, geändertes Freizeitverhalten
03.06.01
40
2
Wirbelsäule, Lumboischialgie links mit mäßiger Bewegungseinschränkung bei Nervenwurzelentzündung L4 links und Bandscheibenvorwölbung L4/L5
Unterer Rahmensatzwert, Schmerzmittelbedarf rückläufig, mäßige Funktionseinschränkung, Bandscheibenvorwölbung. Die akute Wurzelreizung (diagnostiziert 09/17) sollte nicht über 6 Monate andauern.
02.01.02
30
3
Sprunggelenk – Untere Extremitäten
Sprunggelenk-Funktionseinschränkung bis Versteifung einseitig
Posttraumatische Bewegungseinschränkung rechtes Sprunggelenk.
Mittlerer Rahmensatzwert, deutliche Bewegungseinschränkung mit leicht beeinträchtigtem Gangbild
02.05.32
30
4
Kniegelenk – Untere Extremitäten, Kniegelenk – Funktionseinschränkung geringen Grades beidseitig
Kniegelenksabnützung beidseits mit noch guter Gelenksfunktion.
Unterer Rahmensatz wert, rechts besteht eine posttraumatische beginnende Gelenksabnützung, links besteht bei Z.n. Trauma im Frühjahr eine Knochenfissur, die Knorpelschäden mittelgradig. Die Funktion der Kniegelenke ist noch nicht wesentlich eingeschränkt.
02.05.19
20
5
Diabetes mellitus, Nicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus
Unterer Rahmensatz bei Kostbeschränkung ohne Medikation
09.02.01
10
6
Hypertonie, Leichte Hypertonie
vorgegebener Rahmensatz entsprechend der durchgeführten Therapie
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
50 v.H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass die im psychiatrischen Fachgutachten beurteilte depressive Störung aktuell führend sei. Die Gesundheitsschädigungen aus dem orthopädischen Fachgebiet würden in Kombination eine zusätzlich relevante, weitere gesundheitliche Beeinträchtigung darstellen und gemeinsam um eine Stufe steigern. Der Diabetes und der Bluthochdruck seien geringgradig ausgeprägt, ohne Wechselwirkung zur führenden Gesundheitsschädigung und würden nicht weiter steigern.
4. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 03.09.2019 wurde dem BF das Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens mitgeteilt. Danach betrage der Grad der Behinderung 50%. Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung „der Inhaber/die Inhaberin des Passes ist TrägerIn von Osteosynthesematerial“ würden vorliegen. Der Behindertenpass werde unbefristet ausgestellt.
5. Mit weiterem Schreiben der belangten Behörde vom 04.09.2019 wurde dem BF der Behindertenpass im Scheckkartenformat übermittelt.
6. Gegen diesen Behindertenpass mit Bescheidcharakter vom 04.09.2019 erhob der BF mit undatiertem Schreiben, bei der belangten Behörde eingelangt am 30.09.2019, unter Vorlage von weiteren medizinischen Beweismitteln fristgerecht Beschwerde. Begründend gab der BF lediglich an, dass er auf Grund seines allgemeinen Gesundheitszustandes mit der Einstufung nicht einverstanden sei.
7. Die gegenständliche Beschwerde und die bezughabenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde vorgelegt und langten diese am 17.10.2019 ein.
8. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde seitens des erkennenden Gerichts ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt.
8.1. Im medizinischen Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Traumatologie, vom 29.05.2020, werden, basierend auf der persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag, folgende Gesundheitsschädigungen angeführt:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Pos. Nr.
GdB %
1
Affektive Störungen, depressive Störung, Teilremission
Oberer Rahmenwert bei Zustand nach psychiatrischer Rehabilitation, soziale Beeinträchtigung, geändertes Freizeitverhalten
03.06.01
40
2
Wirbelsäule, Lumboischialgie links mit mäßiger Bewegungseinschränkung bei Nervenwurzelentzündung L4 links und Bandscheibenvorwölbung L4/5
Unterer Rahmenwert bei mäßiger Funktionseinschränkung
02.01.02
30
3
Posttraumatische Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenkes
Zwei Stufen über dem unteren Rahmenwert bei deutlicher Bewegungseinschränkung und leicht beeinträchtigtem Gangbild
02.05.32
30
4
Kniegelenksabnützung beidseits mit noch guter Gelenksfunktion
Unterer Rahmenwert bei geringer Einschränkung der Gelenksfunktion beidseits
02.05.19
20
5
Diabetes mellitus
Unterer Rahmenwert bei Kostbeschränkung ohne Medikation
09.02.01
10
6
Arterielle Hypertonie
Vorgegebener Rahmenwert entsprechend der vorhandenen Medikation
05.01.01
10
Gesamtgrad der Behinderung
50 v.H.
Als Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass die Gesundheitsschädigung (GS) 1 führe, weil sie die Schwerwiegendste sei. Die orthopädischen Gesundheitsschädigungen würden in Kombination eine relevante Beeinträchtigung darstellen und daher zusammen um eine Stufe steigern. Der Diabetes und Bluthochdruck seien zu gering ausgeprägt, um weiter zu steigern.
Die Einschätzung aus dem zusammenfassenden Gesamtgutachten, welches seitens der belangten Behörde einholt wurde, entspreche den Leiden des BF und sei konform mit der Einschätzungsverordnung. Insbesondere bezüglich der psychiatrischen Gesundheitsschädigung (Position 1) liege ein rezentes Facharztgutachten mit einer Einschätzung von 40 % vor, bis auf die Rehabilitation seien keine stationären Aufenthalte wegen psychiatrischen Beschwerden dokumentiert, somit sei keine Anhebung der Einschätzungshöhe gerechtfertigt. Die einzelnen Positionen und der Gesamtgrad der Behinderung würden unverändert bleiben.
9. Das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens wurde den Verfahrensparteien im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG seitens des erkennenden Gerichtes mit Schreiben vom 15.06.2020 zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu binnen zwei Wochen ab Zustellung zu äußern.
10. Eine Stellungnahme beziehungsweise Äußerung seitens der Verfahrensparteien langte dazu beim Bundesverwaltungsgericht nicht ein.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der BF ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung in Höhe von 50 von Hundert und hat einen Wohnsitz im Inland.
Er leidet an folgenden behinderungsrelevanten Gesundheitsschädigungen:
- affektive Störungen, depressive Störung, Teilremission (Grad der Behinderung: 40 %)
- Wirbelsäulenerkrankung, Lumboischialgie links mit mäßiger Bewegungseinschränkung bei Nervenwurzelentzündung L4 links und Bandscheibenvorwölbung L4/5 (Grad der Behinderung: 30 %)
- Posttraumatische Bewegungseinschränkung des rechten Sprunggelenkes (Grad der Behinderung: 30 %)
- Kniegelenksabnützung beidseits mit noch guter Gelenksfunktion (Grad der Behinderung: 20 %)
- Diabetes mellitus (Grad der Behinderung: 10 %)
- Arterielle Hypertonie (Grad der Behinderung: 10 %)
Der Gesamtgrad der Behinderung ergibt sich aus dem führenden psychischen Leiden. Die festgestellten orthopädischen Leiden bewirken aufgrund einer relevanten Beeinträchtigung zusammen eine Erhöhung des Gesamtbehinderungsgrades um eine Stufe. Der Diabetes mellitus sowie der Bluthochdruck sind zu gering ausgeprägt um den Gesamtbehinderungsgrad zu heben.
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt somit 50 (fünfzig) von Hundert.
2. Beweiswürdigung:
Der unter I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen zum Besitz des Behindertenpasses und dem bisherigen Grad der Behinderung ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde, der Beschwerde sowie nunmehr aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die Feststellung zum Wohnsitz ergibt sich aus einem Auszug des Zentralen Melderegisters und den Angaben des BF im verfahrenseinleitenden Antrag.
Der Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. wurde aufgrund des vom erkennenden Gericht eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX , Ärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Orthopädie und Traumatologie, vom 29.05.2020, objektiviert.
Dieses Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Die festgestellten Gesundheitsschädigungen und ihre korrekte und nachvollziehbare Einschätzung entsprechend den Vorgaben in der Anlage zur Einschätzungsverordnung ergeben sich daraus.
Sämtliche vom BF vorgelegte Befunde wurden im Rahmen der medizinischen Begutachtung berücksichtigt.
Änderungen zu den Vorgutachten, welche seitens der belangten Behörde eingeholt wurden, haben sich im Beschwerdeverfahren nicht ergeben.
Der Inhalt des Sachverständigengutachtens von Dr. XXXX vom 29.05.2020 wurde den Verfahrensparteien seitens des erkennenden Gerichts im Rahmen eines schriftlichen Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und zur Möglichkeit einer Stellungnahme übermittelt. Der BF und auch die belangte Behörde erstattete keine Stellungnahme dazu. Es blieb damit gänzlich unbestritten.
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen somit keinerlei Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des medizinischen Gutachtens und wird dieses daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 BVwGG (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 idgF) entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG (Bundesbehindertengesetz BGBl. Nr. 283/1990 idgF) hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter gemäß § 45 Abs. 4 BBG mitzuwirken.
Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idgF) geregelt (§ 1 VwGVG).
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 idgF) die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idgF) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Das Verwaltungsgericht kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteienantrags, von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen.
Der im gegenständlichen Fall entscheidungsrelevante Sachverhalt wurde größtenteils auf gutachterlicher Basis ermittelt. Die ärztliche Begutachtung von Dr. Alexandra LASSNIG basierte auch auf einer persönlichen Untersuchung des BF. Der Inhalt des vorliegenden Sachverständigengutachtens wurde im Rahmen des eingeräumten schriftlichen Parteiengehörs von den Verfahrensparteien nicht beeinsprucht.
Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen.
Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art. 6 Abs. 1 EMRK und Art. 47 GRC nicht entgegen.
3.2. Zu Spruchteil A):
Unter Behinderung im Sinne des Bundesbehindertengesetzes ist gemäß § 1 Abs. 2 BBG die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.
Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50 % auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist;
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen;
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten;
4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. I Nr. 22/1970 idgF, angehören.
Nach § 35 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG 1998), BGBl. I Nr. 400/1998 in der geltenden Fassung, sind die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen. Zuständige Stelle ist:
- Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. I Nr. 183/1947).
- Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.
- In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des BBG, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.
Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 leg. cit. genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010 in der geltenden Fassung) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen;
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 leg. cit. vorliegt.
Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Ein Bescheid ist gemäß § 45 Abs. 2 BBG nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß § 45 Abs. 1 BBG nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3 BBG) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Es war aus folgenden Gründen spruchgemäß zu entscheiden:
Nach § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde zu überprüfen. Da gemäß § 45 Abs. 2 BBG dem ausgestellten Behindertenpass Bescheidcharakter zukommt, war gegenständlich dieser zu überprüfen.
Die Beschwerde richtet sich insbesondere gegen die Höhe des Grades der Behinderung, welche im ausgestellten Behindertenpass mit 50 von Hundert eingetragen wurde.
Dazu ist festzuhalten, dass in der vorliegenden Rechtssache gemäß § 41 Abs. 1 BBG unter Mitwirkung einer ärztlichen Sachverständigen nach Beschwerdeerhebung der Grad der Behinderung nach den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung nochmals eingeschätzt wurde. Danach wurde ein Gesamtgrad der Behinderung in der Höhe von 50 von Hundert objektiviert und festgestellt, da auch die Gesamteinschätzung unter Bedachtnahme auf den durchgeführten Sachverständigenbeweis vorzunehmen ist (vgl. VwGH 18.10.2000, Zl. 99/09/0097).
Das zitierte Gutachten erfüllt sämtliche der in der Einschätzungsverordnung normierten Voraussetzungen.
Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Umstände hervorgekommen, die eine Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit dem ausgestellten Behindertenpass anzeigen.
Die vorliegende Beschwerde war somit spruchgemäß abzuweisen.
Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Behindertenpass Grad der Behinderung SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2224497.1.00Im RIS seit
18.11.2020Zuletzt aktualisiert am
18.11.2020