Entscheidungsdatum
15.10.2020Norm
ASVG §410Spruch
G303 2006085-1/8E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Simone KALBITZER, als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX GmbH, XXXX , vertreten durch die XXXX SteuerberatungsgmbH, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse), vom 20.09.2013, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Mit Bescheid vom 20.09.2013 sprach die Steiermärkische Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse und im Folgenden: belangte Behörde) gemäß § 410 Abs. 1 Z 7 iVm §§ 44 Abs. 1 und 49 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 ASVG aus, dass die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) wegen der im Zuge der GPLA (Gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben) festgestellten Meldedifferenzen verpflichtet sei, die in der Beitragsabrechnung vom 05.12.2012 und im dazugehörigen Prüfbericht vom 06.12.2012 zur Dienstgeberkontonummer XXXX angeführten allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge nach den jeweils angeführten Beitragsgrundlagen und für die näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen im Betrage von insgesamt EUR 261.606,07 nachzuentrichten. Die Beitragsabrechnung vom 05.12.2012 und der dazugehörige Prüfbericht vom 06.12.2012 würden einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bilden.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die BF ein Unternehmen betreibe, welches Kühlgütertransporte aller Art durchführe. Zur Durchführung dieser Transporte beschäftige die BF zahlreiche Lkw-Fahrer.
Im Zuge einer GPLA-Prüfung habe der Prüfer festgestellt, dass die gefahrenen Kilometer laut Fahrerkarten mit den Diätenaufzeichnungen nicht übereingestimmt hätten. Die BF habe zu den Tagesgeldern auch pauschale Nächtigungsgelder in Höhe von EUR 15,00 ausbezahlt, obwohl aufgrund der gefahrenen Kilometer nachzuweisen gewesen sei, dass die Fahrer in der Regel am selben Tag wieder zum Betriebsstandort zurückgekehrt seien. Darüber hinaus seien Diäten für Deutschland bezahlt worden, obwohl die Fahrer diese Strecken nicht gefahren seien.
In der Folge sei mit der BF vereinbart worden, dass diese für 6 vom GPLA-Prüfer namhaft gemachte Personen Frachtpapiere und Diätenaufzeichnungen vorlege. Von den 6 vom GPLA-Prüfer namhaft gemachten Personen seien allerdings lediglich für zwei Personen Unterlagen vorbereitet worden. Zusätzlich seien für 11 weitere, von der BF selbst ausgesuchte, Personen die entsprechenden Unterlagen vorbereit worden.
Der GPLA-Prüfer habe festgestellt, dass diese nunmehr vorgelegten Unterlagen im Vergleich zu den „alten“ Diätenaufzeichnungen wesentlich verändert waren. Die „korrigierten“ Diätenaufstellungen hätten im Vergleich zu den ursprünglichen Diätenaufzeichnungen bei fast allen Fahrten geänderte Fahrtrouten aufgewiesen; die beanstandeten pauschalen Nächtigungsgelder seien in vielen Fällen nicht mehr verrechnet worden und Auslandsdiäten hätten bei den „neuen“ Diätenaufstellungen fast komplett gefehlt. In den „neuen“ Diätenaufstellungen seien nunmehr die Tages- und Nächtigungsgelder in wesentlich geringerem Ausmaß angefallen.
Der Prüfer habe die Unterschiede insofern ausgewertet, als er für alle 13 Fahrer für die ausgewählten Zeiträume sowohl die Höhe der Diäten „alt“ aus den ursprünglichen Diätenaufzeichnungen als auch die Höhe der Diäten „neu“ aus den korrigierten Diätenaufstellungen erfasst habe und die prozentuelle Verkürzung der „neuen“ Diäten zu den „alten“ Diäten für jeden der 13 Lkw-Fahrer errechnet habe. Die Verkürzung der Diäten variierte stark bis zum Höchstausmaß von 54,22 %. Im Schnitt sei vom Prüfer eine Reduktion der Diäten von 22,04 % für 13 Lkw-Fahrer für den Auswahlzeitraum errechnet worden.
Darüber hinaus habe der Prüfer festgestellt, dass die in einem arbeitsgerichtlichen Urteil rechtskräftig zuerkannten Ansprüche für den Dienstnehmer E. U. nicht korrekt abgerechnet worden seien.
Im Zuge der GPLA (Prüfzeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011) seien die zu Unrecht ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder für alle im Betrieb beschäftigten Lkw-Fahrer im Wege der Schätzung ermittelt worden und der Beitragspflicht unterstellt worden. Des Weiteren seien die für den Dienstnehmer E.U. rechtskräftig zuerkannten Ansprüche der Beitragspflicht unterworfen worden. Die dadurch anfallenden Beiträge seien mit Beitragsabrechnung vom 05.12.2012 in Rechnung gestellt worden.
In der rechtlichen Beurteilung wurden zunächst die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes und des Einkommensteuergesetzes zitiert. Des Weiteren wurde die relevante VwGH-Judikatur angeführt.
Da die BF im Rahmen der GPLA nicht in der Lage gewesen sei ordnungsgemäße Diätenaufzeichnungen pro Mitarbeiter pro Monat vorzulegen (im Kalenderjahr 2010 für 86 Lkw-Fahrer, im Kalenderjahr 2011 für 137 Lkw-Fahrer), habe der Prüfer die ihm zur Verfügung stehenden Unterlagen zur Feststellung der fehlenden Beitragsgrundlagen heranziehen müssen. Der Prüfer habe die für 13 Lkw-Fahrer für den Auswahlzeitraum ermittelte durchschnittliche Diätenüberzahlung in der Höhe von 22,04 % für den gesamten Prüfzeitraum für alle in Frage kommenden Lkw-Fahrer herangezogen.
Im Kalenderjahr 2010 seien Gesamtdiäten in Höhe von EUR 764.148,00 ausbezahlt worden. Davon hätten 22,04 % nicht die Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG erfüllt. Für 2010 ergebe das einen Betrag von EUR 168.418,00. Dieser Betrag sei im Sinne des § 44 Abs. 5 ASVG erhöht worden, wobei für das Jahr 2010 lediglich der Dienstnehmeranteil zur Sozialversicherung im Ausmaß von 18,2 % aufgeschlagen worden sei. Daraus resultiere ein Betrag von EUR 205.889,00. Dieser Betrag sei im Jahr 2010 auf 86 Dienstnehmer entsprechend aufgeteilt worden und der Beitragspflicht unterworfen worden.
Im Kalenderjahr 2011 seien Gesamtdiäten in Höhe von EUR 864.085,00 ausbezahlt worden. Davon hätten 22,04 % nicht die Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG erfüllt. Für 2011 ergebe das einen Betrag von EUR 190.444,00. Dieser Betrag sei im Sinne des § 44 Abs. 5 ASVG erhöht worden, wobei für das Jahr 2011 eine echte Hochrechnung von netto auf brutto vorgenommen worden sei. Bei einem durchschnittlichen Entgelt der Betroffenen in Höhe von EUR 1.500,00 bis EUR 1.600 ergebe dies einen durchschnittlichen Faktor von 192 %. Würde man den Betrag von EUR 190.444,00 auf 192 % aufwerten, so resultierte daraus ein Betrag von EUR 365.652,00. Dieser Betrag sei im Jahr 2011 auf 137 Dienstnehmer entsprechend aufgeteilt und der Beitragspflicht unterworfen worden.
Ausgehend von den auf diese Art und Weise ermittelten Beitragsgrundlagen haben somit die in der Beitragsabrechnung vom 05.12.2012 bzw. im dazugehörigen Prüfbericht vom 06.12.2012 ersichtlichen Beiträge sowie Verzugszinsen in Höhe von insgesamt EUR 261.606,07 nachverrechnet werden müssen.
2. Gegen den gegenständlichen Bescheid wurde von der BF seitens ihrer steuerrechtlichen Vertretung mit Schreiben vom 26.09.2013 binnen offener Frist das Rechtsmittel des Einspruchs erhoben.
Es wurde beantragt den Bescheid aufzuheben und die Festsetzung der vorgeschriebenen Beiträge mit EUR 0,00 festzusetzen, sowie sämtliche Nebenkosten aufzuheben und die betreffenden Sozialversicherungsbeiträge bis zur Entscheidung über dieses Rechtsmittel zu stunden. Es wurde eine mündliche Verhandlung beantragt, sofern diese dem Verfahren dienlich sein sollte.
Begründend führte die BF im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass die Schätzung auf Unterlagen basiere, die dem Prüfer seitens der BF zur Verfügung gestellt worden seien, welche allerdings irrtümlicherweise in Bezug auf die Höhe der Sätze der Tagesdiäten fehlerhaft gewesen seien. Die Fehlerhaftigkeit sei im Rahmen der Abschlussbesprechung mit dem GPLA-Prüfer und dessen Vorgesetzten besprochen worden, die Berichtigung dieser Fehler sei allerdings aufgrund der verspäteten Vorlage bzw. aufgrund der verspäteten Erkennens des Fehlers nicht mehr im Rahmen der GPLA berücksichtigt bzw. akzeptiert worden.
Die Tagessätze in den vorgelegten Unterlagen seien allerdings bezüglich der anzusetzenden Höhe fehlerhaft gewesen, da bei allen ausgewiesenen und dokumentierten Reisen der Lkw-Fahrer irrtümlicherweise immer mit demselben Tagessatz von EUR 26,00 und demselben Nächtigungssatz von EUR 15,00 gerechnet worden sei, anstatt der zumindest richtigen EUR 26,40 für Inlandsdiäten bzw. der jeweilig richtigen und höheren Sätze für Auslandstagesdiäten und –nächte (seitens des Prüfers seien die Reiseorte dem Grunde nach nicht angezweifelt worden).
Bei abermaliger und detaillierter Durchsicht der betreffenden Stichproben bzw. der Berichtigung der Diätenberechnungen mit den korrekten Tages- und Nachtsätzen, bzw. mit pauschalen Mischsätzen, habe sich nun herausgestellt, dass nicht etwa, wie vom Prüfer angesetzt 22,04 % der tatsächlich ausbezahlten Diäten als nach zu verrechnende Beitragsgrundlage herangezogen werden dürfe, sondern – bei Akzeptanz der Mischsätze - 0 %. Bei Heranziehen der Mischsätze ergebe sich, dass der Betrag der Diäten „alt“ um 1,28 % niedriger sei, als sich durch die Diätenaufzeichnungen, die mit Mischsätzen bewertet worden wären, ergeben hätte. Es seien somit nicht zu viel Diäten steuer- und beitragsfrei ausbezahlt worden, sondern sogar zu wenig.
Den Diäten seien nun Tages- und Nachtmischsätze zu Grunde gelegt worden, da die Lkw-Fahrer jeweils teilweise in Österreich und teilweise im Ausland unterwegs gewesen seien und somit nicht der österreichische Tagessatz alleine zum Tragen kommen könne. Allerdings gebe es in den Reisekostenabrechnungen keine exakten km-Aufteilungen zwischen In- und Ausland, Grenzübertritt, etc. Dem Prüfer seien die elektronischen Tachoaufzeichnungen, sowie Frachtpapiere vorgelegt worden, welche grundsätzlich von den Abfahrts- und Ankunftszeiten und den Reiseorten im In- und Ausland nicht angezweifelt worden wären. Es sei jedoch schwierig und extrem aufwändig für Lkw-Fahrer die Inlands- und Auslandsteile einer Fahrt exakt aufzuzeichnen. Aus diesem Grunde sei vereinfachend ein Mischsatz wie folgt berechnet worden:
Tag
Nacht
Inlands-Satz
26,40
15,00
Grenzorte-Satz BRD
30,70
18,10
BRD-Satz (allg.)
35,30
27,90
Mischsatz
30,80
20,33
Der sich daraus ergebende Mischsatz sei mit EUR 30,80 für die Tagesdiäten und mit EUR 20,33 für die pauschalen Nächtigungsgelder festgelegt worden. Unter Heranziehung dieser, bei weitem richtigeren Sätzen, als jenen, auf deren Basis der Prüfer seine Feststellung und Schätzung getroffen habe, ergebe sich, dass nicht 22,04 % zu viel an steuerfreien Diäten ausbezahlt und damit nachzuversteuern seien, sondern um 1,28 % zu wenig. Eine entsprechende Berechnung und Dokumentation legte die BF dem Einspruch bei.
3. Aufgrund der Einführung der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit 01.01.2014 wurden der Einspruch (nunmehr Beschwerde) und die bezughabenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde mitsamt einer Stellungnahme vom 06.02.2014 vorgelegt und sind diese am 25.03.2014 beim erkennenden Gericht eingelangt.
Im Rahmen der Beschwerdevorlage erstattete die belangte Behörde zum Beschwerdevorbringen der BF eine Stellungnahme.
Die belangte Behörde verweist bezüglich des Vorbringens der BF, dass es für einen LKW-Fahrer extrem schwierig und aufwendig sei, die Inlands- und Auslandsteile einer Fahrt exakt aufzuzeichnen und ohnehin elektronische Tachoaufzeichnungen sowie Frachtpapiere vorgelegt worden seien, auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zum Thema Reisekosten. Demnach treffe den Dienstgeber eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, die ihn dazu verhalte, konkrete Behauptungen aufzustellen und geeignete Beweisanbote zu machen. So dürfe der Dienstgeber Reisekosten, die er seinen Dienstnehmern erstatte, nur dann steuerfrei bzw. beitragsfrei auszahlen, wenn Nachweise vorliegen, die eine leichte Überprüfung der Richtigkeit der vom Dienstgeber vorgenommenen Beurteilung jederzeit ermöglichen würde. Lohnaufzeichnungen, Geschäftsbücher, aber auch alle zur Verfügung stehenden sonstigen Unterlagen würden als geeignete Nachweise in Frage kommen. Es sei jedenfalls ein Nachweis dem Grunde nach erforderlich. Darunter sei ein Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen überhaupt eine Dienstreise vorliege. Darüber hinaus habe ein Nachweis zumindest die folgenden Angaben zu enthalten: Datum der Reise, Dauer der Reise (Anfangs- bzw. Endzeitpunkt; bei Auslandsdienstreisen zusätzlich der Zeitpunkt des Grenzübertritts), Ziel der Reise (Reiseweg), Zweck der Reise.
Die Rahmen der Beschwerde vorgeschlagene „vereinfachende Berechnung“ würde wiederum Nachtsätze einbeziehen und – trotz der vom Prüfer in Zweifel gezogenen Auslandsfahrten - zur Vereinfachung einen Mischsatz zwischen dem österreichischen Tagsatz und dem viel höheren deutschen Tagsatz vorschlagen. Diese Berechnungsmethode sei in sich widersprüchlich und führe zu einem verfälschten Ergebnis.
Da die BF im vorliegenden Fall keine Unterlagen vorweisen habe können, die eine leichte Überprüfung der abgerechneten Reisekosten möglich gemacht hätte, sei die belangte Behörde berechtigt gewesen, die im Bescheid vorgenommene, ausführlich aufgeschlüsselte, Schätzung vorzunehmen.
4. Mit E-Mail vom 18.11.2014 übermittelte das Finanzamt XXXX die Haftungsbescheide zur Lohnsteuer für die Jahre 2010 und 2011, zu Steuer-Nr. XXXX , samt Prüfbericht, alle datiert mit 06.12.2012. Des Weiteren wurde mitgeteilt, dass gegen diese Bescheide ein Rechtsmittel erhoben worden sei und dass das beim Bundesfinanzgericht, Außenstelle Graz, unter der Geschäftszahl XXXX anhängige Beschwerdeverfahren noch nicht abgeschlossen sei.
5. Mit Beschluss des erkennenden Gerichtes vom 29.08.2018, Zl. G303 2006085-1/7Z, wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung des beim Bundesfinanzgericht zur Zahl XXXX anhängigen Beschwerdeverfahrens ausgesetzt.
6. Mit E-Mail vom 03.12.2018 teilte das Bundesfinanzgericht, Außenstelle Graz, anlässlich einer Anfrage seitens des erkennenden Gerichtes mit, dass die Entscheidung voraussichtlich im Jahr 2019 ergehen werde. Aufgrund einer weiteren Anfrage wurde mit E-Mail des Bundesfinanzgerichtes, Außenstelle Graz, vom 17.02.2020 bekannt gegeben, dass das diesbezügliche Erkenntnis in Kürze ergehen werde.
7. Mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes, Außenstelle Graz, GZ. XXXX vom 31.03.2020, wurden die Beschwerden vom 19.02.2013 gegen die Bescheide des Finanzamtes XXXX vom 06.12.2012, betreffend die Haftung für Lohnsteuer für das Jahr 2010 samt Säumniszuschlag und gegen die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages samt Säumniszuschlag sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 und 2011 gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde vom 19.02.2013 gegen den Bescheid des Finanzamtes XXXX vom 06.12.2012, betreffend die Haftung für Lohnsteuer für das Jahr 2011 samt Säumniszuschlag wurde gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide wurden dahingehend abgeändert, als anstatt Lohnsteuer in Höhe von EUR 108.552,83, Lohnsteuer in Höhe von EUR 69.512,06 nachgefordert wurde und der Säumniszuschlag für die Nachforderung der Lohnsteuer für das Jahr 2011 von EUR 2.171,06 auf EUR 1.390,24 vermindert wurde. Im Übrigen wurden die Beschwerden als unbegründet abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass der Inhalt der von der BF vorgelegten Diätenaufzeichnungen in vielen Fällen nicht mit den tatsächlich von den Fahrern zurückgelegten Fahrtrouten übereinstimmen würde. Die Diätaufzeichnungen seien aufgrund dieser Vorgangsweise als sachlich unrichtig zu beurteilen, und würden zu einer rechtswidrigen Anwendung des § 26 Z 4 EStG 1988 führen. Die Berechnung der tatsächlich steuerfreien Tages- und Nächtigungsgelder habe nicht zuletzt wegen der fehlenden Grenzübertrittszeiten nicht mehr exakt nachvollzogen werden können, was den Prüfer berechtigt habe, die tatsächliche Höhe der steuerfreien Tages- und Nächtigungsgelder zu schätzen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF führt ein Transportunternehmen für Kühlgüter aller Art mit Sitz in XXXX , und beschäftigt zur Durchführung der Transporte Lkw-Fahrer. Die BF ist im Firmenbuch unter der Nr. FN XXXX eingetragen.
Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (01.01.2010 bis 31.12.2011) zahlte die BF steuerfreie Tages- und Nächtigungsgelder sowohl für die Fahrten in Österreich als auch in das Ausland (Deutschland) an die Lkw-Fahrer aus. Die BF zahlte im Jahr 2010 Tagesgelder in Höhe von EUR 558.674,14 und Nächtigungsgelder in Höhe von EUR 205.474,97 (insgesamt EUR 764.149,11) und im Jahr 2011 Tagesgelder in Höhe von EUR 657.934,82 und Nächtigungsgelder in Höhe von EUR 206.151,31 (insgesamt EUR 864.086,13) gemäß § 26 Z 4 EStG 1988 steuer- und beitragsfrei an die Fahrer aus.
Im Rahmen der für den Zeitraum 01.01.2010 bis 31.12.2011 durchgeführten GPLA Prüfung wurden die Diätenaufzeichnungen der bei der BF beschäftigten LKW-Fahrer gesichtet und mit den Fahrerkarten, aus welchen sich die gefahrenen Kilometer ergeben, verglichen. Der Inhalt der von der BF vorgelegten Diätenaufzeichnungen stimmte in vielen Fällen nicht mit den tatsächlich von den Fahrern zurückgelegten Fahrtrouten überein. Die BF zahlte in mehreren Fällen pauschale Nächtigungsgelder aus, obwohl keine Nächtigung vorlag. Es wurden Diäten für Deutschland ausbezahlt, obwohl kein Anspruch darauf bestand.
In weiterer Folge legte die BF neue Unterlagen (Frachtpapiere und Diätenaufzeichnungen) für insgesamt 13 LWK-Fahrer vor, davon wurden zwei seitens des GPLA-Prüfer namhaft gemacht.
Aus dem Vergleich der neuen Diätenaufzeichnungen, welche Tages- und Nächtigungsgelder in wesentlich geringerem Ausmaß enthielten, mit den ursprünglichen Diätaufzeichnungen wurde eine durchschnittliche Diätenüberzahlung in der Höhe von 22,04 % berechnet und auf den gesamten Prüfzeitraum für alle in Frage kommenden Lkw-Fahrer herangezogen.
Die aufgrund der Schätzung ermittelten Tages- und Nächtigungsgelder, welche die Voraussetzungen gemäß § 26 Z4 EStG 1988 nicht erfüllen, betragen im Kalenderjahr 2010 EUR 168.418,00 und im Kalenderjahr 2011 EUR 190.444,00. Diese Beträge wurden im angefochtenen Bescheid als allgemeine Beitragsgrundlage für die Nachentrichtung der Beiträge sowie Zinsen herangezogen.
Mit den Haftungsbescheiden vom 06.12.2012 für die zu entrichtende Lohnsteuer für die Jahre 2010 und 2011 erfolgte seitens der Finanzverwaltung eine Nachverrechnung der Tages- und Nächtigungsgelder, welche nicht die Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG erfüllten. Gegen diese Haftungsbescheide wurde seitens der BF Beschwerde an das Bundesfinanzgericht erhoben.
Das Bundesfinanzgericht hat mit Erkenntnis GZ. XXXX vom 31.03.2020 die Beschwerden der BF vom 19.02.2013 gegen die im Finanzverfahren ergangenen Haftungsbescheide des Finanzamtes XXXX vom 06.12.2012, betreffend die Haftung für Lohnsteuer für das Jahr 2010 samt Säumniszuschlag und gegen die Festsetzung des Dienstgeberbeitrages samt Säumniszuschlag sowie des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 2010 und 2011 als unbegründet abgewiesen sowie betreffend die Haftung für Lohnsteuer für das Jahr 2011 samt Säumniszuschlag teilweise Folge gegeben.
Das Bundesfinanzgericht hat damit das Bestehen einer Lohnsteuerpflicht hinsichtlich der beschwerdegegenständlichen Tages- und Nächtigungsgelder für die Jahre 2010 bis 2011 festgestellt. Der Beschwerde betreffend das Jahr 2011 wurde dahingehend Folge gegeben, dass das Bundesfinanzgericht bei der Berechnung der Lohnsteuer von der seitens der belangten Behörde ursprünglich errechneten Bemessungsgrundlage, die auch im angefochtenen Bescheid herangezogen wurde, in Höhe von EUR 190.444,00 ausgegangen ist.
Die seitens des Bundesfinanzgerichtes festgestellten Bemessungsgrundlagen hinsichtlich der Nachverrechnung für die Lohnsteuer für die Jahre 2010 und 2011 entsprechen demnach den von der belangten Behörde aufgrund der Schätzung ermittelten Tages- und Nächtigungsgelder, welche nicht die Voraussetzungen des § 26 Z4 EStG 1988 erfüllen.
2. Beweiswürdigung:
Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde sowie aus dem vorliegenden Gerichtsakt des Bundesverwaltungsgerichtes, insbesondere aus dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31.03.2020.
Es wurde in der Beschwerde auch kein dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens der belangten Behörde entgegenstehender oder darüberhinausgehender Sachverhalt in konkreter und substantiierter Weise behauptet.
Die Firmenbuchnummer der BF konnte anhand der Einsichtnahme in das Firmenbuch festgestellt werden.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß Art. 151 Abs. 51 Ziffer 8 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930, geht die Zuständigkeit zur Weiterführung der mit Ablauf des 31.12.2013 bei den Behörden anhängigen Verfahren, in denen diese Behörden sachlich in Betracht kommende Oberbehörde oder im Instanzenzug übergeordnete Behörde sind, auf die Verwaltungsgerichte über.
Aus diesem Grund ging die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Einspruch (nunmehr Beschwerde) auf das Bundesverwaltungsgericht über.
Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG in der Fassung BGBl I Nr. 139/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG auf Antrag einer Partei, welcher gleichzeitig mit der Beschwerde oder dem Vorlageantrag oder binnen vier Wochen ab Zustellung der Beschwerde einzubringen ist, durch einen Senat.
Ein diesbezüglicher Antrag wurde nicht gestellt. Daher liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 i.d.F. BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 VwGVG) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).
3.2. Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:
Die Beschwerde richtet sich gegen die Einbeziehung in die Beitragspflicht der von der BF an die Lkw-Fahrer zu Unrecht steuerfrei ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder, wobei sie sich gegen die Beitragspflicht dem Grunde und der Höhe nach wendet.
Die für den beschwerdegegenständlichen Fall maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen lauteten wörtlich auszugsweise wiedergegeben wie folgt:
Gemäß § 44 Abs. 1 ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst gilt gemäß § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 ASVG.
Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Gemäß § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG (in der im verfahrensgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung BGBl. I Nr. 147/2009) gelten Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer, durch welche die durch dienstliche Verrichtungen für den Dienstgeber veranlassten Aufwendungen des Dienstnehmers abgegolten werden (Auslagenersatz) nicht als Entgelt; hiezu gehören insbesondere Beträge, die den Dienstnehmern (Lehrlingen) als Fahrtkostenvergütungen einschließlich der Vergütungen für Wochenend(Familien)heimfahrten, Tages- und Nächtigungsgelder gezahlt werden, soweit sie nach § 26 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400, nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unterliegen. § 26 des Einkommensteuergesetzes 1988 ist sinngemäß auch auf Vergütungen, die Versicherten nach § 4 Abs. 4 gezahlt werden, anzuwenden. Unter Tages- und Nächtigungsgelder fallen auch Vergütungen für den bei Arbeiten außerhalb des Betriebes oder mangels zumutbarer täglicher Rückkehrmöglichkeit an den ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) verbundenen Mehraufwand, wie Bauzulagen, Trennungsgelder, Übernachtungsgelder, Zehrgelder, Entfernungszulagen, Aufwandsentschädigungen, Stör- und Außerhauszulagen uä.; sowie Tages- und Nächtigungsgelder nach § 3 Abs. 1 Z 16b des Einkommensteuergesetzes 1988.
Die für den beschwerdegegenständlichen Fall maßgebliche Bestimmung des § 26 Z 4 EStG 1988 (in den im verfahrensgegenständlichen Zeitraum jeweils gleichlautenden Fassungen BGBl. I Nr. 135/2009 für 01.01.2010 bis 31.12.2010, BGBl. I Nr. 111/2010 für 01.01.2011 bis 31.12.2011) lautet auszugsweise wie folgt:
„Leistungen des Arbeitgebers, die nicht unter die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fallen
§ 26. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören nicht:
[…]
4. Beträge, die aus Anlass einer Dienstreise als Reisevergütungen (Fahrtkostenvergütungen, Kilometergelder) und als Tagesgelder und Nächtigungsgelder gezahlt werden. Eine Dienstreise liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers
- seinen Dienstort (Büro, Betriebsstätte, Werksgelände, Lager usw.) zur Durchführung von Dienstverrichtungen verlässt oder
- so weit weg von seinem ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) arbeitet, dass ihm eine tägliche Rückkehr an seinen ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) nicht zugemutet werden kann.
Bei Arbeitnehmern, die ihre Dienstreise vom Wohnort aus antreten, tritt an die Stelle des Dienstortes der Wohnort (Wohnung, gewöhnlicher Aufenthalt, Familienwohnsitz).
a) Als Kilometergelder sind höchstens die den Bundesbediensteten zustehenden Sätze zu berücksichtigen. Fahrtkostenvergütungen (Kilometergelder) sind auch Kosten, die vom Arbeitgeber höchstens für eine Fahrt pro Woche zum ständigen Wohnort (Familienwohnsitz) für arbeitsfreie Tage gezahlt werden, wenn eine tägliche Rückkehr nicht zugemutet werden kann und für die arbeitsfreien Tage kein steuerfreies Tagesgeld gezahlt wird. Werden Fahrten zu einem Einsatzort in einem Kalendermonat überwiegend unmittelbar vom Wohnort aus angetreten, liegen hinsichtlich dieses Einsatzortes ab dem Folgemonat Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte vor.
b) Das Tagesgeld für Inlandsdienstreisen darf bis zu 26,40 Euro pro Tag betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.
c) Wenn bei einer Inlandsdienstreise keine höheren Kosten für Nächtigung nachgewiesen werden, kann als Nächtigungsgeld einschließlich der Kosten des Frühstücks ein Betrag bis zu 15 Euro berücksichtigt werden.
d) Das Tagesgeld für Auslandsdienstreisen darf bis zum täglichen Höchstsatz der Auslandsreisesätze der Bundesbediensteten betragen. Dauert eine Dienstreise länger als drei Stunden, so kann für jede angefangene Stunde ein Zwölftel gerechnet werden. Das volle Tagesgeld steht für 24 Stunden zu. Erfolgt eine Abrechnung des Tagesgeldes nach Kalendertagen, steht das Tagesgeld für den Kalendertag zu.
e) Wenn bei einer Auslandsdienstreise keine höheren Kosten für Nächtigung einschließlich der Kosten des Frühstücks nachgewiesen werden, kann das den Bundesbediensteten zustehende Nächtigungsgeld der Höchststufe berücksichtigt werden.
Zahlt der Arbeitgeber höhere Beträge, so sind die die genannten Grenzen übersteigenden Beträge steuerpflichtiger Arbeitslohn.
[…]“
§ 3 Abs. 1 Z 16b EStG (in den im verfahrensgegenständlichen Zeitraum jeweils gleichlautenden Fassungen BGBl. I Nr. 135/2009, BGBl. I Nr. 34/2010 für 01.01.2010 bis 31.12.2010; BGBl. I Nr. 89/2010, BGBl. I Nr. 111/2010 für 01.01.2011 bis 31.12.2011) lautet auszugsweise wie folgt:
„Steuerbefreiungen
Vom Arbeitgeber als Reiseaufwandsentschädigungen gezahlte Tagesgelder und Nächtigungsgelder, soweit sie nicht gemäß § 26 Z 4 zu berücksichtigen sind, die für eine
- Außendiensttätigkeit (zB Kundenbesuche, Patrouillendienste, Servicedienste),
- Fahrtätigkeit (zB Zustelldienste, Taxifahrten, Linienverkehr, Transportfahrten außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers),
- Baustellen- und Montagetätigkeit außerhalb des Werksgeländes des Arbeitgebers,
- Arbeitskräfteüberlassung nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, BGBl. Nr. 196/1988, oder eine
- vorübergehende Tätigkeit an einem Einsatzort in einer anderen politischen Gemeinde
gewährt werden, soweit der Arbeitgeber aufgrund einer lohngestaltenden Vorschrift gemäß § 68 Abs. 5 Z 1 bis 6 zur Zahlung verpflichtet ist. Die Tagesgelder dürfen die sich aus § 26 Z 4 ergebenden Beträge nicht übersteigen. Kann im Falle des § 68 Abs. 5 Z 6 keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen werden, weil ein Betriebsrat nicht gebildet werden kann, ist von einer Verpflichtung des Arbeitgebers auszugehen, wenn eine vertragliche Vereinbarung für alle Arbeitnehmer oder bestimmte Gruppen von Arbeitnehmern vorliegt.
Reiseaufwandsentschädigungen sind nicht steuerfrei, soweit sie anstelle des bisher gezahlten Arbeitslohns oder üblicher Lohnerhöhungen geleistet werden.
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Zur Frage, inwieweit nach § 49 Abs. 3 Z 1 ASVG Vergütungen des Dienstgebers an den Dienstnehmer als beitragsfrei zu behandeln sind, bedarf es entsprechender Feststellungen aufgrund überprüfbarer Nachweise darüber, in welchem Umfang ein Dienstnehmer tatsächlich Dienstreisen bzw. Nächtigungen vorgenommen hat. Alle in § 26 EStG erfassten Arbeitgeberleistungen sind einzeln abzurechnen. Der Nachweis jeder einzelnen Dienstreise und jeder einzelnen Nächtigung hat durch entsprechende Belege zu erfolgen. Beim Ersatz der Reisekosten durch Pauschalbeträge gemäß § 26 Z 4 lit. a bis e EStG hat der Nachweis durch Belege dem Grunde nach zu erfolgen. Unter einem Nachweis dem Grunde nach ist der Nachweis zu verstehen, dass im Einzelnen nach der Definition des § 26 Z 4 EStG eine Dienstreise vorliegt und dass die dafür gewährten pauschalen Tagesgelder des § 26 Z 4 EStG nicht überschritten werden. Dies ist zumindest durch das Datum, die Dauer, das Ziel und den Zweck der einzelnen Dienstreise darzulegen und durch entsprechende Aufzeichnungen zu belegen. Ein Nachweis dem Grunde nach ist erst dann erbracht, wenn neben dem Nachweis einer einzelnen tatsächlich angetretenen Reise auch insbesondere deren exakte Dauer belegt werden kann. Diese Umstände sind für die Beurteilung maßgebend, ob die geltend gemachten Reisekostenersätze oder Entfernungszulangen nach § 26 Z 4 EStG nicht zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit gehören. Den Dienstgeber trifft eine qualifizierte Mitwirkungspflicht, die ihn dazu verhält, konkrete Behauptungen aufzustellen und geeignete Beweisanbot zu machen (vgl Blume in Sonntag (Hrsg), ASVG (2020), § 49 Rz 92 a, mit Verweis auf VwGH vom 02.09.2013, 2011/08/0360).
Die in § 49 Abs. 3 Z 1 erster Satz, zweiter Halbsatz ASVG genannten Entgeltbestandteile - darunter Tagesgelder - sind nur unter der Voraussetzung vom Entgeltbegriff des ASVG ausgenommen und daher beitragsfrei, dass sie nach § 26 EStG 1988 nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unterliegen. Bei der Steuerfreiheit handelt es sich insoweit um eine Vorfrage für die Beitragspflicht; sobald eine rechtskräftige Entscheidung der Finanzbehörden vorliegt, ist sie auch für die Sozialversicherungsbehörden im Beitragsverfahren bindend (vgl. VwGH 2010/08/0205; vgl auch – bezogen auf alle Tatbestände im Katalog des § 49 Abs. 3 ASVG, zu deren Erfüllung die Steuerfreiheit der bezüglichen Dienstgeberleistungen erforderlich ist - das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1987, Zl. 86/08/0100, VwSlg 12474 A/1987). Gleiches gilt für die im letzten Halbsatz (unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 1 Z 16b EStG) angeführten Tags- und Nächtigungsgelder.
Gemäß § 42 Abs. 1 ASVG hat der Dienstgeber auf Anfrage des Versicherungsträgers längstens binnen 14 Tagen wahrheitsgemäß Auskunft über alle für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände zu erteilen. Weiters haben sie den gehörig ausgewiesenen Bediensteten der Versicherungsträger während der Betriebszeit Einsicht in alle Geschäftsbücher und Belege sowie sonstigen Aufzeichnungen zu gewähren, die für das Versicherungsverhältnis von Bedeutung sind.
Reichen die zur Verfügung stehenden Unterlagen für die Beurteilung der für das Versicherungsverhältnis maßgebenden Umstände nicht aus, so ist der Versicherungsträger gemäß § 42 Abs. 3 ASVG berechtigt, diese Umstände aufgrund anderer Ermittlungen oder unter Heranziehung von Daten anderer Versicherungsverhältnisse bei demselben Dienstgeber sowie von Daten gleichartiger oder ähnlicher Betriebe festzustellen.
Im Beschwerdefall liegt mit dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 31.03.2020, GZ. XXXX , eine rechtskräftige finanzgerichtliche Entscheidung über die einkommensteuerliche Behandlung der hier strittigen Tages- und Nächtigungsgelder vor. Diese Entscheidung entfaltet daher Bindungswirkung für das vorliegende Verfahren.
Das Bundesfinanzgericht stellte mit Erkenntnis vom 31.03.2020 fest, dass 22,04 % von den seitens der BF in den Jahren 2010 und 2011 an ihre Dienstnehmer steuerfrei ausbezahlten Gesamtdiäten die Voraussetzungen des § 26 Z 4 EStG 1988 nicht erfüllen und bejahte die Lohnsteuerpflicht hinsichtlich dieser Tages- und Nächtigungsgelder, die seitens der belangten Behörde im Rahmen einer Schätzung ermittelt wurden.
Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 38 AVG an die Entscheidung des Bundesfinanzgerichtes gebunden, da die Vorfrage der Lohnsteuerpflicht als Hauptfrage bereits entschieden worden ist. Eine eigene Beurteilung durch das Bundesverwaltungsgericht ist nicht mehr zulässig.
Da auf Grund der festgestellten Lohnsteuerpflicht die Sozialversicherungspflicht hinsichtlich der unrechtmäßig ausbezahlten Tages- und Nächtigungsgelder dem Grunde als auch der Höhe nach bindend feststeht, ist auf das weitere Beschwerdevorbringen nicht mehr einzugehen.
Die nachträgliche Vorschreibung der allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen Sonderbeiträge und Zuschläge sowie Zinsen gründete die belangte Behörde somit zurecht auf die §§ 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 und 3 Z 1 ASVG.
Die Beschwerde erweist sich aus den genannten Gründen als unbegründet und war daher abzuweisen.
3.3. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Im gegenständlichen Fall kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, weil sich Fragen der Beweiswürdigung nicht stellen, der Sachverhalt feststeht und die Beantwortung der (Rechts-)Frage, nämlich dass mit der Feststellung der Lohnsteuerpflicht durch die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 31.03.2020 "jedenfalls" die Sozialversicherungspflicht nach § 44 Abs. 1, 49 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 ASVG verbunden ist, bindend feststeht.
Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.
3.4. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF., hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.
Schlagworte
Beitragsnachverrechnung Bindungswirkung Bundesfinanzgericht GPLA Lohnsteuerpflicht Nächtigungsgebühr Tagesgebühr VorfrageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G303.2006085.1.01Im RIS seit
19.11.2020Zuletzt aktualisiert am
19.11.2020