TE Vwgh Beschluss 2020/9/28 Ra 2020/18/0324

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Veröffentlicht am 28.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des A A, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 16. Mai 2020, W167 2180169-1/17E, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber, ein afghanischer Staatsangehöriger aus der Provinz Daikundi, stellte am 14. April 2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, den er mit einer Verfolgung durch die Taliban sowie seiner Religions- und Volksgruppenzugehörigkeit begründete.

2        Mit Bescheid vom 13. November 2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag vollinhaltlich ab, erteilte dem Revisionswerber keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte die Zulässigkeit der Abschiebung nach Afghanistan fest und legte eine Frist für die freiwillige Ausreise fest.

3        Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Erkenntnis vom 16. Mai 2020 ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

4        Begründend führte das BVwG - soweit für das Revisionsverfahren relevant - aus, dem Revisionswerber sei es nicht gelungen, eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft zu machen, auch nicht im Zusammenhang mit dem in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgebrachten Abfall vom Islam. Hinsichtlich der Nichtgewährung subsidiären Schutzes legte das BVwG dar, dass eine Rückkehr des Revisionswerbers nach Daikundi möglich sei, da der junge, gesunde und arbeitsfähige Revisionswerber vor Ort über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge und zwar auch unter Berücksichtigung der Lage in Afghanistan betreffend die COVID-19-Pandemie (Hinweis auf näher genannte, im Internet abrufbare Berichte vom Mai 2020).

5        Mit Beschluss vom 26. Juni 2020, E 1562/2020-5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis gerichteten Beschwerde ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6        Die vorliegende außerordentliche Revision wendet sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des BVwG hinsichtlich des nichtgeglaubten ernsthaften Abfalls des Revisionswerbers vom Islam und behauptet im Zusammenhang mit der Nichtgewährung subsidiären Schutzes die unzureichende Berücksichtigung von Länderberichten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie.

7        Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.

8        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

10       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11       In Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nach hg. Rechtsprechung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG - als Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat.

12       Soweit sich die Revision gegen die Beweiswürdigung des BVwG zur behaupteten Apostasie wendet, ist ihr zu erwidern, dass das BVwG umfassend begründet hat, wie es zum Ergebnis gelangte, der Revisionswerber habe nicht glaubhaft machen können, vom Islam aus innerer Überzeugung abgefallen zu sein. Er habe in der mündlichen Verhandlung zwar ausgesagt, dass er einzelne Aspekte der Auslegung des Islam, in seinem Herkunftsstaat ablehne, jedoch keinen nachvollziehbaren Grund für den Austritt an sich und den Austrittszeitpunkt (die vorgelegte Bestätigung einer Bezirkshauptmannschaft stamme - wie dem Revisionswerber während der Verhandlung vorgehalten worden sei - aus der Zeit zwischen der Ladung des Revisionswerbers zur Verhandlung und der Verhandlung) nennen können. Auch mit der nach der mündlichen Verhandlung vorgelegten „Tauferlaubnis“ setzte sich das BVwG argumentativ eingehend auseinander.

13       Die Revision zeigt nicht auf, dass diese Beweiswürdigung und die Einschätzung des BVwG zum Nichtvorliegen einer Verfolgungsgefahr wegen Apostasie fallbezogen unvertretbar (zu diesem Maßstab für das Vorliegen einer Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung vgl. VwGH 3.3.2020, Ra 2019/18/0447, mwN) wären.

14       Soweit die Revision vorbringt, dass sich das BVwG nicht mit den aktuellen Entwicklungen aufgrund der COVID-19-Pandemie in Afghanistan auseinandergesetzt und diesbezüglich veraltete Länderberichte herangezogen habe, ist zu erwidern, dass sich das BVwG auf zeitnahe Berichte zur Situation der Pandemie stützte und es der Revision schon deshalb nicht gelingt, eine relevante Fehlerhaftigkeit der verwaltungsgerichtlichen Beurteilung zur Gefahrenlage für den Revisionswerber bei Rückkehr in seine Heimatprovinz darzulegen.

15       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020180324.L00

Im RIS seit

30.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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