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001 Verwaltungsrecht allgemeinNorm
ApG 1907 §10Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer, Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der Stadtapotheke M KG in Enns, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Bräuergasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 11. Jänner 2019, Zl. LVwG-050122/2/Gf/RoK, betreffend Zurückweisung eines Antrages i.A. des Apothekengesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Linz-Land; mitbeteiligte Partei: A W in S, B), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1 1. Mit dem angefochtenen Erkenntis vom 11. Jänner 2019 wies das Verwaltungsgericht - im Beschwerdeverfahren - einen Antrag der revisionswerbenden Partei vom 15. November 2018, die von der Mitbeteiligten im „Gesundheitszentrum Enns“ betriebene Apotheke gemäß § 19a Abs. 1 Apothekengesetz (ApG) zu schließen, mangels Parteistellung der revisionswerbenden Partei zurück, wobei es die Revision an den Verwaltungsgerichtshof zuließ.
2 (Dieser Entscheidung lag zugrunde, dass ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 19. Dezember 2017, mit dem der Mitbeteiligten die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb der erwähnten Apotheke erteilt worden war, mit hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 2018, Ra 2018/10/0049, aufgrund einer Revision der auch hier revisionswerbenden Partei wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben worden war.)
3 Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, § 19a Abs. 1 (erster Satz) ApG, wonach eine ohne Konzession betriebene öffentliche Apotheke „von der Behörde unverzüglich zu schließen“ sei, begründe eine verwaltungspolizeiliche Befugnis der Behörde und räume lediglich dem Adressaten einer derartigen behördlichen Maßnahme (nämlich der Schließung) eine Rechtsmittelbefugnis ein. Sonstigen Personen komme in Bezug auf ein behördliches Vorgehen gemäß § 19a Abs. 1 ApG keine Antragslegitimation zu.
4 Diese Auffassung stützte das Verwaltungsgericht auch auf die Gesetzesmaterialien, wonach die (durch die Apothekengesetznovelle 1984, BGBl. 502) neu geschaffene Möglichkeit, eine ohne Konzession betriebene öffentliche Apotheke „zu sperren“, dem „Interesse der Arzneimittelsicherheit der Bevölkerung“ diene (Hinweis auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 395 BlgNR, XVI. GP, S. 15).
5 Die Zulassung der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit dem Fehlen von hg. Rechtsprechung zur Frage, ob § 19a Abs. 1 ApG „für die Inhaber von Nachbarapotheken ein subjektiv-öffentliches Recht“ normiere.
6 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
7 Die belangte Behörde hat von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung abgesehen, weil das angefochtene Erkenntnis die Rechtsansicht der Behörde aufrechterhalte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
8 1. Für den vorliegenden Revisionsfall ist § 19a Apothekengesetz (ApG), RGBl. Nr. 5/1907 idF BGBl. Nr. 502/1984, in den Blick zu nehmen:
„§ 19a. (1) Eine öffentliche Apotheke, die ohne Konzession betrieben wird, ist von der Behörde unverzüglich zu schließen. Gegen einen solchen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
(2) Falls die Aufrechterhaltung des Betriebes einer solchen Apotheke mit Rücksicht auf den Bedarf der Bevölkerung erforderlich ist, so kann die Behörde den Inhaber dieser Apotheke oder auf dessen Rechnung einen verantwortlichen Leiter mit der Fortführung des Betriebes für einen angemessenen Zeitraum betrauen. Die Entlohnung des Leiters ist von der Behörde nach Anhören der Österreichischen Apothekerkammer festzusetzen.“
9 2. Die Revision ist mit Blick auf die Zulassungsbegründung des Verwaltungsgerichtes zulässig. Sie erweist sich allerdings nicht als berechtigt.
10 2.1. Die in § 19a Abs. 1 erster Satz ApG normierte Kompetenz der Apothekenbehörde, eine ohne Konzession betriebene öffentliche Apotheke zu schließen, steht in einem engen inhaltlichen Zusammenhang mit der in § 19a Abs. 2 ApG geregelten Aufrechterhaltung des Betriebes einer solchen Apotheke für einen angemessenen Zeitraum „mit Rücksicht auf den Bedarf der Bevölkerung“: Die Bestimmung des § 19a ApG in ihrer Gesamtheit erfordert eine Entscheidung der Behörde, eine konzessionslos betriebene öffentliche Apotheke entweder zu schließen oder aber deren Betrieb bei entsprechendem „Bedarf der Bevölkerung“ fortführen zu lassen.
11 Dem entsprechend hatten die Gesetzesmaterialien anlässlich der Einfügung des § 19a ApG durch die Apothekengesetznovelle 1984 - worauf das Verwaltungsgericht richtig hinweist - das (öffentliche) „Interesse der Arzneimittelsicherheit der Bevölkerung“ vor Augen.
12 2.2. Mit Blick auf § 19a Abs. 2 ApG hat der Verwaltungsgerichtshof - worauf die belangte Behörde in ihrem vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid zutreffend hingewiesen hat - bereits ausgesprochen, dass den Inhabern öffentlicher Apotheken kein rechtliches Interesse am Unterbleiben der Betrauung eines Leiters mit der Fortführung einer ohne Konzession betriebenen Apotheke nach § 19a Abs. 2 ApG und daher keine Parteistellung im Verfahren nach dieser Bestimmung eingeräumt ist; dies vor dem Hintergrund, dass § 19a Abs. 2 ApG - anders als § 10 ApG, wo der Bedarfsbegriff die Existenzsicherung der konkurrierenden Apothekenunternehmen umfasst - ausschließlich auf den Bedarf der Bevölkerung abstellt (vgl. VwGH 9.3.1998, 97/10/0238 = VwSlg. 14.851 A, sowie 8.8.2018, Ro 2018/10/0018).
13 Nichts anderes kann hinsichtlich der Inhaber (anderer) öffentlicher Apotheken für die damit - wie ausgeführt - eng zusammenhängende Regelung der Schließung der konzessionslos betriebenen öffentlichen Apotheke in § 19a Abs. 1 ApG gelten. Damit steht in Einklang, dass § 19a Abs. 1 zweiter Satz ApG von einer (grundsätzlichen) Rechtsmittelbefugnis nur des von der behördlich angeordneten Schließung betroffenen Apothekers ausgeht.
14 Auch das auf §§ 48 Abs. 2 und 51 Abs. 3 ApG gestützte Vorbringen der revisionswerbenden Partei (welche im Übrigen auf die erwähnte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 19a ApG nicht Bezug nimmt) vermag deren Parteistellung in einem Verfahren nach § 19a ApG nicht darzutun, beziehen sich doch diese Bestimmungen zweifelsfrei (nur) auf das Verfahren zur Erteilung der Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke.
15 2.3. Nach dem Gesagten hat das Verwaltungsgericht zutreffend die Legitimation der revisionswerbenden Partei zur Stellung des Antrages vom 15. November 2018 verneint und diesen daher zurückgewiesen.
16 3. Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 30. September 2020
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung sachliche Zuständigkeit in einzelnen AngelegenheitenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019100024.J00Im RIS seit
23.11.2020Zuletzt aktualisiert am
23.11.2020