TE Vwgh Beschluss 2020/10/22 Ra 2020/10/0120

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Veröffentlicht am 22.10.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der A K in G, vertreten durch Mag. Doris Braun, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Joanneumring 6/2. Stock, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 16. Oktober 2019, Zl. LVwG 47.10-1968/2019-5, betreffend Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem Steiermärkischen Sozialhilfegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Graz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 16. Oktober 2019 gewährte das Verwaltungsgericht - durch Bestätigung eines Bescheides der belangten Behörde vom 28. Juni 2019 - der Revisionswerberin gemäß §§ 1, 4, 5, 7 Abs. 1 lit. b, 9 Abs. 2 lit. a Steiermärkisches Sozialhilfegesetz - Stmk. SHG Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form eines Kostenzuschusses zu den monatlichen Kosten der 24 Stunden-Betreuung der Revisionswerberin (lediglich) für den Zeitraum vom 19. Oktober 2018 bis zum 31. Oktober 2018 in Höhe von € 77,91, wobei das Verwaltungsgericht die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zuließ.

2        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung - soweit für das Revisionsverfahren von Interesse - zugrunde, mit einem früheren Bescheid der belangten Behörde vom 7. Dezember 2018 sei der Revisionswerberin Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in Form eines Kostenzuschusses zu den monatlichen Kosten der 24 Stunden-Betreuung in Höhe von monatlich € 296,70 für den Zeitraum vom 19. Oktober 2018 bis zum 31. Oktober 2018 und ab 1. November 2018 in Höhe von € 684,70 „auf die Dauer unveränderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse“ gewährt worden. Die dabei vorgenommene Berechnung sei auf der Basis des bis dahin der Revisionswerberin zuerkannten Pflegegeldes der Stufe 4 in Höhe von € 677,60 und eines Vorschusses „zum Zuschuss des Bundesministeriums“ von € 550,00 erfolgt; außerdem sei eine damals von der Revisionswerberin in Anspruch genommene Rufhilfe (des Österreichischen Roten Kreuzes) als Abzugsposten berücksichtigt worden, welche ab November 2018 weggefallen sei.

3        Mittlerweile - so das Verwaltungsgericht weiter - sei das Pflegegeld rückwirkend ab 1. Oktober 2018 auf die Stufe 5 erhöht worden. Die Kosten für die 24 Stunden-Betreuung der Revisionswerberin, welche diese wegen Beeinträchtigungen der körperlichen Mobilität, der kognitiven Fähigkeiten und des Schlafverhaltens benötige, betrügen monatlich insgesamt € 2.127,08.

4        In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der erwähnte Bescheid der belangten Behörde (vom 7. Dezember 2018) sei „auf Basis der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung gegebenen Sachlage“, nämlich des zuerkannten Pflegegeldes der Stufe 4 von € 677,60 und des Vorschusses „des Sozialministeriums“ in Höhe von € 550,00, und „ausdrücklich auf die Dauer unveränderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse“ erlassen worden. Die Änderung des Einkommens der Revisionswerberin durch Erhöhung des Pflegegeldes auf Stufe 5 und damit auf € 920,30 sei eine Änderung der Sachlage, welche die Behörde zur Erlassung eines neuen Bescheides berechtigt habe.

5        Bei der Berechnung des der Revisionswerberin lediglich für den Monat Oktober 2018 (aliquot) zuerkannten Kostenzuschusses zog das Verwaltungsgericht - wie schon die belangte Behörde in dem in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 28. Juni 2019 - von der Summe der zwei von der Revisionswerberin bezogenen Pensionen (inklusive Sonderzahlungen) unter Berufung auf § 8 Abs. 11 Stmk. SHG den für sie errechneten Mindeststandard nach dem Stmk. Mindestsicherungsgesetz ab, um deren für den Pflegeaufwand (neben dem bezogenen Pflegegeld) zur Verfügung stehendes (Rest-) Einkommen zu ermitteln.

6        2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9        3.1. In den Zulässigkeitsausführungen der vorliegenden außerordentlichen Revision bringt die Revisionswerberin zum einen vor, das Verwaltungsgericht habe im angefochtenen Erkenntnis die „Änderung einer begünstigenden Entscheidung (Bescheid vom 07.12.2018) zu Lasten der Partei für zulässig erachtet“ und sei auf diese Weise von der hg. Rechtsprechung zu § 68 Abs. 2 AVG abgewichen (Hinweis auf VwGH 1.7.1998, 98/12/0143).

10       Dem ist allerdings zu erwidern, dass das angefochtene Erkenntnis nicht in Anwendung des § 68 Abs. 2 AVG - und damit in Durchbrechung der materiellen Rechtskraft - ergangen ist. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht darin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es infolge der Änderung der entscheidungswesentlichen Sachlage (vgl. dazu etwa VwGH 21.6.2007, 2006/10/0093) - nämlich insbesondere der rückwirkend erfolgten Erhöhung des von der Revisionswerberin bezogenen Pflegegeldes - zu einer Neubemessung des der Revisionswerberin zu gewährenden Kostenzuschusses gegenüber dem Vorbescheid vom 7. Dezember 2018 berufen sei.

11       Diese Auffassung des Verwaltungsgerichtes ist angesichts dessen, dass jener Bescheid vom 7. Dezember 2018 der Berechnung des Kostenzuschusses - wie vom Verwaltungsgericht festgestellt - andere Einkommensverhältnisse der Revisionswerberin zugrunde gelegt und die Gewährung des Kostenzuschusses ausdrücklich nur „auf die Dauer unveränderter persönlicher und wirtschaftlicher Verhältnisse“ ausgesprochen hatte, nicht zu beanstanden (zum Wegfall der Identität der Sache wegen Änderung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes vgl. etwa Hengstschläger/Leeb, AVG § 68 Rz 23 ff mit weiteren Hinweisen auf die hg. Judikatur).

12       3.2. Zum anderen erachtet die Revisionswerberin die Zulässigkeit gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG als gegeben, „weil zum Rechtsanspruch eines Kostenvorschusses für eine 24-Stunden-Betreuung und zur Art der Berechnung des Kostenvorschusses zu den monatlichen Kosten einer 24-Stunden-Betreuung nach dem Stmk. Sozialhilfegesetz eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt“.

13       Dazu ist darauf zu verweisen, dass mit einem derartigen bloßen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dargelegt wird, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen habe (vgl. etwa VwGH 26.9.2019, Ro 2019/10/0025, oder 21.9.2020, Ra 2020/10/0037, jeweils mwN).

14       4. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 22. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020100120.L00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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