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10/07 VerwaltungsgerichtshofNorm
AVG §58Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie den Hofrat Dr. Fasching und die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Wurzer, über die Revision der Landesumweltanwaltschaft Salzburg gegen das am 12. Oktober 2018 mündlich verkündete und am 22. November 2018 schriftlich ausgefertigte Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg, Zl. 405-1/166/1/25-2018, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (belangte Behörde: Salzburger Landesregierung; mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft O in O, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 13. März 2017 wurde der mitbeteiligten Partei „sowie der derzeit Wasserberechtigten Gemeinde U“ die naturschutzrechtliche (Ausnahme-)Bewilligung zur Neufassung der Kquelle samt aller hiefür notwendigen Maßnahmen auf näher genannten Grundstücken (Spruchpunkt I.) unter Auflagen und Bedingungen (Spruchpunkt III.) sowie unter ua. Setzung einer Fertigstellungsfrist (Spruchpunkt IV.2.) bzw. Konsensdauer (Spruchpunkt IV.3.) erteilt. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen wurden angeführt (Spruchpunkt II.).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg (Verwaltungsgericht) die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass im Einleitungssatz von Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides die Wortfolge „sowie der derzeit Wasserberechtigten Gemeinde U“ zu entfallen habe, Spruchpunkt III. (Auflagen und Bedingungen) des angefochtenen Bescheides durch einen neuen, insgesamt 16 Auflagen und Bedingungen enthaltenden Spruchpunkt ersetzt werde, sowie die Spruchpunkte IV.2 und 3. durch Festlegung neuer Fristen ersetzt würden. Die Revision wurde für nicht zulässig erklärt.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, dass im Bescheid der belangten Behörde die für die Bewilligungserteilung maßgebenden Rechtsgrundlagen genannt, der Verfahrensgang ausführlich beschrieben, die notwendigen Sachverhaltsfeststellungen getroffen sowie die rechtlichen Erwägungen, auch zu den naturschutzrechtlich relevanten Themen (Europaschutzgebiet, Landschaftsschutzgebiet und Lebensraumschutz), ausgeführt seien.
4 In der Folge verwies das Verwaltungsgericht im Einzelnen „auf die bereits getroffenen Feststellungen der Behörde“ sowohl zur Situierung der Quellfassung und Leitungen als auch zum „unmittelbaren Projektsumfeld, betreffend Fauna und Flora“. Ebenso wurde bezüglich der maßgeblichen rechtlichen Bestimmungenauf deren Wiedergabe im angefochtenen Bescheid verwiesen. Den rechtlichen Erwägungen der Behörde sei „im Großen und Ganzen“ nichts hinzuzufügen, der Eingriff sei entsprechend den gesetzlichen Vorgaben geprüft und beurteilt worden.
5 Darüber hinaus traf das Verwaltungsgericht - auf jeweils knapp einer Seite - rudimentäre eigenständige Feststellungen und rechtliche Erwägungen (letztere ohne Anführung einer einzigen bezughabenden Rechtsvorschrift), zur Beweiswürdigung enthält das Erkenntnis - auf ca. einer halben Seite - im Wesentlichen einen Hinweis auf den Akteninhalt bzw. die Aussagen der beigezogenen (hydrologischen und naturschutzfachlichen) Amtssachverständigen.
6 Zur Vorschreibung der erwähnten Auflagen führte das Verwaltungsgericht begründend aus, dass diese aufgrund der Feststellungen des naturschutzfachlichen Amtssachverständigen zu präzisieren gewesen seien; es könnten dadurch die Interessen des Naturschutzes als auch die Anliegen der Revisionswerberin besser gewahrt werden.
7 Die im Spruch des angefochtenen Erkenntnisses weiters erfolgte neue Festlegung der Fertigstellungsfrist bzw. Konsensdauer wurde nicht begründet.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, dass das angefochtene Erkenntnis auf Grund seiner mangelnden Begründung von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche.
9 Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren durchgeführt, in dem die belangte Behörde eine Revisionsbeantwortung erstattete. Er hat sodann in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGGgebildeten Senat erwogen:
10 Die Revision ist zulässig und auch berechtigt.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründungspflicht der Erkenntnisse der Verwaltungsgerichte gemäß § 29 VwGVG bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Begründung jenen Anforderungen zu entsprechen habe, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt worden seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheids geführt haben.
12 Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgeblichen Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben.
13 Das Verwaltungsgericht hat neben der Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise dabei auch die Pflicht, auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhalts von Bedeutung sein kann, einzugehen. Das Verwaltungsgericht darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 26.9.2017, Ra 2015/04/0023; 24.6.2020, Ra 2019/20/0536, jeweils mwN).
14 Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis gegen die ihm obliegende Begründungspflicht verstoßen:
15 Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Erkenntnisses erschöpfen sich in entscheidungswesentlichen Punkten in bloßen Verweisen auf die Begründung des verwaltungsbehördlichen Bescheides. Soweit das Erkenntnis (äußerst knappe) eigenständige Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtlichen Erwägungen enthält, sind diese für sich nicht tragfähig, weil ihr konkreter Bedeutungsgehalt weitgehend unverständlich bleibt. Das Verwaltungsgericht hat weder die maßgeblichen Äußerungen der Sachverständigen konkret dargestellt, noch ist es auf das Beschwerdevorbringen eingegangen. Die rechtlichen Erwägungen des Verwaltungsgerichts erweisen sich auch deshalb als völlig unzulänglich, weil aus dem Erkenntnis nicht hervorgeht, welche gesetzlichen Bewilligungstatbestände im Einzelnen geprüft bzw. angewendet wurden.
16 Das vorliegende Erkenntnis entzieht sich sohin der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.
17 Es war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Wien, am 20. Oktober 2020
Schlagworte
Allgemein Begründung Begründungsmangel ParteiengehörEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019100014.L00Im RIS seit
21.12.2020Zuletzt aktualisiert am
21.12.2020