TE Vwgh Beschluss 2020/10/27 Ra 2020/03/0087

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.10.2020
beobachten
merken

Index

L65504 Fischerei Oberösterreich
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §38
FischereiG OÖ 1983 §1 Abs3
FischereiG OÖ 1983 §5 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/03/0088
Ra 2020/03/0089
Ra 2020/03/0090
Ra 2020/03/0091
Ra 2020/03/0092
Ra 2020/03/0093
Ra 2020/03/0094
Ra 2020/03/0095

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Parteien 1. R N, 2. G N, 3. DI F M, 4. G H, jeweils in L, 5. R N, 6. T N, 7. Ing. R W, jeweils in A, 8. O S und 9. K W, beide in L, alle vertreten durch die Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Böhmerwaldstraße 14, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 2. März 2020, Zl. LVwG-551673/4/KLe/HK-551681/2, betreffend eine Angelegenheit nach dem OÖ FischereiG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Die belangte Behörde hatte mit Bescheid vom 30. Juli 2019 über die Anträge der Revisionswerber auf Eintragung ihrer Fischereirechte (Koppelrecht „F“) in das Fischereibuch des Magistrats der Stadt Linz dahin entschieden, dass die Anträge auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden. Begründend führte die belangte Behörde u.a. aus, im Verfahren seien zwar die „Außengrenzen“ des Fischereirechts unstrittig, nicht aber, ob es sich um ein Koppelrecht handle oder um Einzelrechte. Die Revisionswerber stünden zwar auf dem Standpunkt, in einem von ihnen vorgelegten Urteil (des Bezirksgerichtes Traun vom 22. Jänner 2007 zu 2 C 1289/05i) sei nicht klargestellt worden, dass es sich um kein Koppelrecht handeln könne, doch werde seitens benachbarter Fischereiberechtigter eingewandt, aus dem genannten Urteil ergebe sich, dass sich die Revisionswerber auf kein Koppelfischereirecht berufen könnten. Da sich aus den vorgelegten Unterlagen eine bindende Entscheidung der Vorfrage, ob ein Koppelfischereirecht vorliege, nicht ergebe, und ein Streitfall iSd § 1 Abs. 3 OÖ FischereiG, der eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg erfordere, auch dann vorliege, wenn die Beurteilung strittig sei, ob Alleineigentum, schlichtes Miteigentum oder ein Koppelfischereirecht bestehe (Verweis auf VwGH 27.5.2010, 2008/03/0017), seien die Revisionswerber zur Klärung der Vorfrage auf den Zivilrechtsweg zu verweisen gewesen.

2        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden die Beschwerden der Revisionswerber als unbegründet abgewiesen; die Revision wurde für unzulässig erklärt.

3        Nach einer zusammenfassenden Wiedergabe des Verfahrensgangs stellte das Verwaltungsgericht fest, im Urteil des Bezirksgerichtes Traun vom 22. Jänner 2007 sei in der rechtlichen Beurteilung auf die Ausgestaltung des Fischereirechts F Bezug genommen und festgehalten worden, dass „unverändert von Einzelrechten, die jeder Berechtigte für sich wahrnehmen oder auch aufgeben kann“, auszugehen sei. Das gegenständliche Fischereirecht sei „bis dato in keinem zivilrechtlichen Verfahren als Koppelfischereirecht festgestellt“ worden.

4        Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte es nach einer Wiedergabe der maßgebenden Rechtsvorschriften unter Verweis auf VwGH 30.1.2002, 2000/03/0388, und VwGH 27.5.2010, 2008/03/0017, im Wesentlichen aus, auch bei Streit um die Frage, ob Alleineigentum, schlichtes Miteigentum oder ein Koppelfischereirecht vorliege, liege ein Streitfall iSd § 1 Abs. 3 OÖ FischereiG vor; die Verwaltungsbehörde sei von der Vorfragenbeurteilung auch dann ausgeschlossen, wenn noch kein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten anhängig sei. Die im vorliegenden Verfahren vorgelegten Urkunden seien nicht geeignet, um rechtlich bindend die Koppelfischereirechtseigenschaft des Fischereirechts F festzustellen; die Beurteilung sei vielmehr strittig, weshalb die belangte Behörde die Anträge zu Recht auf den Zivilrechtsweg verwiesen habe.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende - außerordentliche - Revision.

6        Es kann dahingestellt bleiben, ob die Revision gegen das angefochtene, den Revisionswerbern am 16. März 2020 zugestellte Erkenntnis unter Berücksichtigung des COVID-19-VwBG rechtzeitig erhoben wurde, weil von der Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht dargelegt wird.

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die demnach für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebende Zulässigkeitsbegründung der Revision macht geltend, einerseits fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu im Revisionsfall entscheidungswesentlichen Fragen, andererseits weiche das Erkenntnis von (näher zitierter) Rechtsprechung ab. Sie führt dazu (zusammengefasst) Folgendes aus:

11       Es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob ein Streitfall iSd § 1 Abs. 3 OÖ FischereiG auch dann vorliege, wenn - wie hier der Berechtigte des benachbarten Koppelfischereirechts „Fr“ unter Hinweis auf das Urteil des Bezirksgerichtes Traun - ein „unbeteiligter Dritter“, dem „an sich“ keine Parteistellung zukomme, Einwendungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Fischereirechts erhebe, ohne selbst irgendein Recht daran zu beanspruchen. Träfe dies zu, könne im Ergebnis „jede beliebige Person“ durch die bloße Behauptung eines Streitfalls einen Verweis auf den Zivilrechtsweg erreichen. Zudem fehle Rechtsprechung, ob dem genannten Urteil, dem mangels Parteienidentität und mangels Überschneidung zwischen dem (dort) betroffenen Grundstück und den nun eintragungsgegenständlichen Grundstücken zivilrechtlich keine Bindungswirkung zukomme, einen solchen „Streitfall“ bewirken könne. Schließlich fehle es an Rechtsprechung dazu, ob ein Verweis auf den Zivilrechtsweg auch dann zulässig sei, wenn noch kein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten anhängig sei und „ein solches Verfahren in Ermangelung einer Beanspruchung durch einen Dritten auch nicht anhängig werden wird“. Der vorliegende „Streitfall“ sei nämlich „bloß von einem außenstehenden Dritten, ohne Beanspruchung eine Anspruches an den Fischereirechten, initiiert“ worden. Damit sei unklar, wer zivilrechtlich denn geklagt werden könne.

12       Zudem weiche das angefochtene Erkenntnis in verfahrensrechtlicher Hinsicht von näher zitierter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs insofern ab, als entgegen der Verpflichtung zur amtswegigen Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts die Einholung eines Sachverständigengutachtens samt historischer Aufarbeitung des Koppelfischereirechts F unterblieben sei. Bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels hätte sich herausgestellt, dass es sich tatsächlich um ein Koppelfischereirecht handle und dass darüber kein Streitfall bestehe. Schließlich genüge das angefochtene Erkenntnis den in der Judikatur herausgearbeiteten Anforderungen an die Begründungspflicht nicht, zumal insbesondere Ausführungen zur Beweiswürdigung fehlten.

13       Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof bei Entscheidung über die vorliegende Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicherBedeutung zu lösen hätte.

14       Gemäß § 1 Abs. 1 OÖ FischereiG (LGBl. Nr. 60/1983 idF LGBl. Nr. 55/2018; das mit LGBl. Nr. 41/2020 erlassene OÖ FischereiG 2020 ist im Revisionsfall noch nicht anzuwenden) ist das Fischereirecht die ausschließliche Berechtigung, in jenem Gewässer, auf das sich das Recht räumlich erstreckt, Wassertiere, das sind Fische, Neunaugen, Krustentiere und Muscheln, zu hegen, zu fangen (Fischfang), sich anzueignen sowie durch Berechtigte deren Fang und Aneignung an Dritte zu gestatten.

15       Gemäß § 1 Abs. 3 leg. cit. ist das Fischereirecht ein dingliches, nicht notwendig mit dem Eigentum an einer Liegenschaft verbundenes Recht. Soweit im OÖ FischereiG nichts anderes bestimmt ist, unterliegen das Eigentum an einem Fischereirecht und dessen Übertragung den Vorschriften des Privatrechts; im Streitfall hierüber ist das ordentliche Gericht zur Entscheidung berufen.

16       Gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde für den Bereich des politischen Bezirkes das Fischereibuch zu führen.

17       Gemäß § 7 Abs. 9 leg. cit. muss jeder Eintragung im Fischereibuch und jeder Änderung, Berichtigung oder Löschung einer Eintragung ein darauf bezüglicher Bescheid der Behörde vorausgehen, der den Wortlaut der Eintragung festsetzt. Ist die Erlassung eines Bescheides, der die Eintragung des Fischereiberechtigten zum Inhalt hat, von der Klärung einer Vorfrage abhängig, über die das ordentliche Gericht zu entscheiden hat (§ 1 Abs. 3), so hat die Behörde die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung abzuwarten.

18       Der Verwaltungsbehörde kommt somit eine Zuständigkeit zur Entscheidung über strittige Fischereirechte nicht zu. Wesentliche Dimension des Eigentums an einem Fischereirecht ist nicht nur seine räumliche Ausdehnung, sondern auch die Beurteilung, ob Alleineigentum, schlichtes Miteigentum oder ein Koppelfischereirecht iSd § 5 Abs. 1 OÖ FischereiG vorliegt. Ist diese Beurteilung strittig, ist ein Streitfall iSd § 1 Abs. 3 leg. cit. gegeben. Der Verwaltungsbehörde ist - ebenso wie dem Verwaltungsgericht - eine Beurteilung hinsichtlich strittiger Eigentumsverhältnisse auch dann verwehrt, wenn noch kein Verfahren vor den ordentlichen Gerichten anhängig ist (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/03/0017, mwN).

19       Im vorliegenden Fall hatte die belangte Behörde über Einwand eines benachbarten Fischereiberechtigten auf Basis der Entscheidungsgründe eines Zivilurteils bezweifelt, dass es sich beim Fischereirecht der Revisionswerber um ein Koppelfischereirecht iSd § 5 Abs. 1 OÖ FischereiG handle; das Verwaltungsgericht hat zudem festgestellt, dass das gegenständliche Fischereirecht bislang nicht in einem zivilrechtlichen Verfahren als Koppelfischereirecht festgestellt worden sei. Gegenteiliges wird von der Revision nicht vorgebracht.

20       Wenn die Revisionswerber unter diesen Umständen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wurden, hat das Verwaltungsgericht die maßgebenden Leitlinien nicht überschritten: Die Verweisung auf den Zivilrechtsweg setzt nicht voraus, dass ein Zivilrechtsverfahren schon anhängig ist. Vielmehr ist der Verwaltungsbehörde wie auch dem Verwaltungsgericht die Beurteilung einer zivilrechtlichen Vorfrage unabhängig von der Anhängigkeit eines solchen Verfahrens entzogen. Auf Basis der Feststellungen zum Inhalt des Urteils des Bezirksgerichts Traun betreffend die Ausgestaltung des Fischereirechts und zum Fehlen gegenteiliger gerichtlicher Feststellungen ist die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Beurteilung des fraglichen Fischereirechts als Koppelfischereirecht sei strittig, jedenfalls vertretbar. Daran können die spekulativen Ausführungen der Revision zur Initiierung eines Streitfalls auch durch „unbeteiligte Dritte“ nichts ändern. Eine „historische Aufarbeitung“ der Frage, ob ein Koppelfischereirecht vorliegt, wie von der Revision verlangt, ist von der Verwaltungsbehörde wie auch vom Verwaltungsgericht nicht vorzunehmen.

21       Dass ein Verfahren vor den Zivilgerichten noch nicht anhängig ist, ist nach dem Gesagten kein Hindernis für eine Verweisung auf den Zivilrechtsweg. Warum aber ein derartiges Verfahren etwa nicht anhängig gemacht werden könne, wird von der Revision nicht dargelegt.

22       Von der Revision werden aber auch keine, gegebenenfalls eine grundsätzliche Rechtsfrage begründenden Verstöße gegen tragende Verfahrensgrundsätze aufgezeigt: Ein Beweisverfahren über die strittige, der Beurteilung durch die Behörde entzogene Frage, ob es sich um ein Koppelfischereirecht handelt, war vom Verwaltungsgericht nach dem Gesagten nicht zu führen; auch ein Verstoß gegen die Begründungspflicht liegt nicht vor, war in der vorliegenden Konstellation doch nur zu begründen, warum ein Streitfall iSd § 1 Abs. 3 OÖ FischereiG vorliegt und was die Konsequenzen eines derartigen Streitfalls sind (Verweisung auf den Zivilrechtsweg).

23       In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. Oktober 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020030087.L00

Im RIS seit

23.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten