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41/02 Staatsbürgerschaft;Norm
StbG 1985 §10 Abs1 Z7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über die Beschwerde des Morteza Mackey in Kapfenberg, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. November 1996, Zl. 5-11.M/282-96/12, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. November 1996 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 28. März 1996 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 3 iVm § 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, daß die Verleihung der Staatsbürgerschaft an den Beschwerdeführer, der seinen Hauptwohnsitz erst seit 12. Juli 1991, somit noch nicht zehn Jahre, in Österreich habe, mangels Hervorkommens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG nicht in Betracht komme. Die Flüchtlingseigenschaft stelle keinen derartigen Grund dar, ebensowenig wie die Tatsache, daß der Beschwerdeführer zur katholischen Kirche übergetreten sei oder daß der Antragsteller keine Möglichkeit habe, bei Auslandsaufenthalten (bei allfälligen Schwierigkeiten) sich an die Heimatbotschaft zu wenden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wiederholt der Beschwerdeführer, daß er einerseits ein anerkannter Flüchtling sei, andererseits jedoch auch besonders berücksichtigungswürdige Gründe vorhanden seien. Darunter versteht der Beschwerdeführer mangelnde Schutzmöglichkeiten im Ausland durch das "Fehlen jeglicher solidarischer Vertretung", den Übertritt zur römisch-katholischen Konfession, was nach den Bedingungen in seinem Heimatland eines der schwersten Delikte darstelle, sowie seine "Vorliebe zum österreichischen Staat" und das Faktum, daß Österreich seine zweite Heimat geworden sei. Der Beschwerdeführer zieht daraus unter Hinweis auf Thienel, Österreichische Staatsbürgerschaft II, S. 207, den Schluß, er erfülle nach der Mosaiktheorie mehrere Kriterien, "die jeder für sich betrachtet jedoch in seiner Gesamtheit" als besonders berücksichtigungswürdig angesehen werden könnten.
Als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, daß die belangte Behörde von dem in § 11 StbG geregelten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht habe.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Dem Beschwerdeführer wurde unstrittig aufgrund des positiven Asylbescheides des Bundesministers für Inneres vom 21. Juni 1994 ein für alle Staaten der Welt gültiger Konventionsreisepaß ausgestellt, dessen Gültigkeit derzeit bis 23. Mai 1998 verlängert ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/01/0091, mwN.) handelt es sich bei der Beurteilung der Frage, ob ein "besonders berücksichtigungswürdiger Grund" im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG vorliegt, um eine zwingende Verleihungsvoraussetzung, weshalb eine nach § 11 StbG vorzunehmende Ermessensentscheidung erst dann in Betracht kommt, wenn - zusätzlich zu den weiters erforderlichen Verleihungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Z. 2 bis 8 StbG - jene nach § 10 Abs. 3 StbG gegeben ist. Schon aus diesem Grunde gehen die auf die nicht im Sinne des Gesetzes vorgenommene Ausübung von Ermessen abzielenden Ausführungen des Beschwerdeführers ins Leere. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt auch in ständiger Rechtsprechung, daß das Vorliegen der Flüchtlingseigenschaft für sich allein keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG darstellt, sondern erst bei der Ermessensübung gemäß § 11 zweiter Satz StbG "gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen" ist, "daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention ist" (vgl. z.B. das bereits zitierte Erkenntnis vom 22. Mai 1996).
Insoferne der Beschwerdeführer auf seinen Übertritt zum katholischen Glauben und die damit verbundene Gefahr der Verfolgung in seinem Heimatstaat verweist, ist ihm zu entgegnen, daß dies ein Grund wäre, welcher in einem Asylverfahren relevant sein könnte, jedoch im Verfahren zur Verleihung der Staatsbürgerschaft deshalb außer Betracht zu bleiben hat, weil dieser Grund nur im Zusammenhang mit seiner Flüchtlingseigenschaft steht und dadurch kein besonderer Bezug zu Österreich zu ersehen ist. Daran ändert auch der Hinweis des Beschwerdeführers nichts, daß der katholische Glauben "über Jahrhunderte" in Österreich die Staatsreligion dargestellt habe, nichts. Denn in Österreich gibt es jezt keine Staatsreligion, sondern mehrere gleichberechtigt nebeneinander existierende und anerkannte Religionsgemeinschaften.
Insoweit der Beschwerdeführer auf seine "Vorliebe zum österreichischen Staat und das Faktum, daß Österreich seine zweite Heimat geworden" sei, hinweist, ist ihm zu entgegnen, daß die bejahende Einstellung zu Österreich eine - zwingende - Verleihungsvoraussetzung darstellt, welche in § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG normiert ist, weshalb daraus kein besonders berücksichtigungswürdiger Grund abzuleiten ist.
Wenn der Beschwerdeführer letztendlich darauf hinweist, daß ihm bei allfälligen Schwierigkeiten während einer Auslandsreise keine Heimatbotschaft zur Verfügung stehe, so ist dies eine Folge, die unmittelbar mit seiner Stellung als anerkannter Flüchtling zusammenhängt, und nicht als eigenständiger, als besonders berücksichtigungswürdig zu wertender Grund anzuerkennen. Dies ergibt sich nicht zuletzt daraus, daß selbst der Fall der - hier nicht gegebenen - Staatenlosigkeit alleine für sich keinen besonders berücksichtigungswürdigen Grund darstellte, sondern nur dann, wenn ähnliche oder vergleichbare Voraussetzungen wie für das Bestehen eines Rechtsanspruches auf Verleihung der Staatsbürgerschaft vorlägen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1995, G 68/95-7 u. a., und das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1997, Zl. 94/01/0744). Da ein Staatenloser gemäß § 14 Abs. 1 Z. 1 StbG (u.a.) nur dann einen Rechtsanspruch auf Verleihung der Staatsbürgerschaft hat, wenn er im Gebiet der Republik Österreich geboren und seit seiner Geburt staatenlos ist - diese Voraussetzungen werden vom Beschwerdeführer nicht erfüllt -, kann die bei Auslandsreisen eines anerkannten Flüchtlings allfällig auftretende Schwierigkeit des Fehlens des Schutzes eines Heimatstaates - diese Schwierigkeit besteht auch für einen Staatenlosen - nicht als besonders berücksichtigungswürdiger Grund im Sinne des § 10 Abs. 3 StbG gelten.
Auf die in seinem Antrag angegebene Ausübung einer Erwerbstätigkeit als besonders berücksichtigungswürdigen Grund kommt der Beschwerdeführer im weiteren Verfahren und in der Beschwerde nicht zurück. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß die - im Regelfall für das Vorliegen der Verleihungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 7 StbG (Sicherung des Lebensunterhaltes) erforderliche - Erwerbstätigkeit von arbeitsfähigen Personen keinesfalls eine Besonderheit darstellt und nicht geeignet ist, eine derart starke Integration darzutun, daß vom grundsätzlichen Einbürgerungserfordernis des ununterbrochen mindestens zehnjährigen Hauptwohnsitzes im Inland abgesehen werden könnte (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Mai 1996, Zl. 96/01/0092).
Die belangte Behörde hat daher den Antrag des Beschwerdeführers zu Recht mangels Vorliegens eines besonders berücksichtigungswürdigen Grundes für die Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 3 StbG abgewiesen. Die sich sohin als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997010097.X00Im RIS seit
20.11.2000