Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fichtenau und Dr. Hargassner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei C***** P*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Miller, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Boris Knirsch ua, Rechtsanwälte in Wien, wegen 5.966,12 EUR brutto sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. Juni 2020, GZ 7 Ra 29/20s-16, womit dem Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichts Wien vom 23. Februar 2020, GZ 21 Cga 97/19s-9, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht wies den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten gegen die Versäumung der Einspruchsfrist gegen den Zahlungsbefehl vom 6. 8. 2019 ab. Die Beklagte treffe nicht nur ein grobes Verschulden an der Versäumung der Einspruchsfrist, sondern auch an der Versäumung der vierzehntätigen Wiedereinsetzungsfrist des § 148 Abs 2 ZPO. Der Wiedereinsetzungsantrag sei daher verspätet.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten nicht Folge. Es änderte den angefochtenen Beschluss jedoch dahin ab, dass es den Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten nicht ab-, sondern zurückwies. Inhaltlich teilte das Rekursgericht die Beurteilung des Erstgerichts, dass der Wiedereinsetzungsantrag der Beklagten verspätet sei. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Berechtigung des Wiedereinsetzungsantrags habe daher nicht zu erfolgen.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO nicht zu.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Abänderungsantrag, dem Wiedereinsetzungsantrag stattzugeben.
Rechtliche Beurteilung
1. Gemäß § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene erstrichterliche Beschluss zur Gänze bestätigt worden ist, es sei denn, dass die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist. Ein bestätigender Beschluss liegt dann vor, wenn entweder in beiden Instanzen „meritorisch oder formal“ entschieden wurde (Neumayr in Höllwerth/Ziehensack, ZPO Praxiskommentar § 528 ZPO Rz 16; RS0044456). Dabei kommt es auf den übereinstimmenden Entscheidungswillen, nicht aber auf die Begründung an (RS0044456 [T12]). Entscheidend ist, dass das Rekursgericht das dagegen erhobene Rechtsmittel sachlich erledigt und nicht aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (Musger in Fasching/Konecny3 IV/1 § 528 ZPO Rz 40; vgl RS0044117). Dass sich beide Instanzen unterschiedlicher Entscheidungsformen (Ab- und Zurückweisung) bedienten, ist unerheblich, wenn sie für ihre Entscheidung dieselben Gründe anführen (RS0044215 [T7]). Ebenso schließt das Vergreifen in der Entscheidungsform die Anwendung von § 528 Abs 2 Z 2 ZPO nicht aus (RS0044215 [T4]).
2. Hingegen läge eine abändernde Entscheidung dann vor, wenn das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag mangels der Voraussetzungen des § 146 ZPO abwies und das Rekursgericht den Antrag als verspätet zurückwies (vgl RS0044202). Dies ist nach der erwähnten Rechtsprechung aber dann nicht der Fall, wenn die zweite Instanz den angefochtenen Beschluss in der Sache nachprüfte, sodass der unterschiedliche Wortlaut des Spruchs allein am bestätigenden Charakter einer Entscheidung zweiter Instanz nichts ändert. Deshalb liegt eine bestätigende Entscheidung auch dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung durch die Neufassung des Spruchs lediglich verdeutlicht wurde, ohne deren Rechtskraftwirkung zu berühren (9 ObA 35/13g).
3. Dieser Fall liegt hier vor. Inhaltlich liegen übereinstimmende Entscheidungen vor, weil beide Instanzen den Wiedereinsetzungsantrag als verspätet iSd § 528 Abs 2 ZPO ansahen. Dass das Erstgericht auch die weiteren Voraussetzungen des Wiedereinsetzungsantrags des § 146 Abs 1 ZPO als nicht gegeben erachtete, ändert an der Beurteilung der Rekursentscheidung als Konformatsentscheidung nichts. Der Revisionsrekurs der Beklagten iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO war daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen.
Textnummer
E129719European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:009OBA00062.20P.0929.000Im RIS seit
18.11.2020Zuletzt aktualisiert am
18.11.2020