Entscheidungsdatum
16.07.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs3Spruch
W268 1427077-2/12E
W268 1427076-3/10E
W268 1427079-3/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2019, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:
„I. Ihr Antrag auf Heilung eines Mangels gemäß § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 wird abgewiesen.
II. Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 25.04.2019 wird gemäß § 55 iVm 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 abgewiesen.
III. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen.
IV. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig ist.
V. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Wegfall der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Ausreisebeschränkungen.
VI. Gemäß § 53 FPG wird gegen XXXX ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen“.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2019, XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:
„I. Ihr Antrag auf Heilung eines Mangels gemäß § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 wird abgewiesen.
II. Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 25.04.2019 wird gemäß § 55 iVm 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 abgewiesen.
III. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen.
IV. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig ist.
V. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Wegfall der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Ausreisebeschränkungen.
VI. Spruchpunkt VI. wird gemäß § 53 FPG ersatzlos behoben.“
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Iris GACHOWETZ als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Mongolei, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2019, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Spruch des angefochtenen Bescheides wie folgt zu lauten hat:
„I. Ihr Antrag auf Heilung eines Mangels gemäß § 4 Abs. 1 AsylG-DV 2005 wird abgewiesen.
II. Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 25.04.2019 wird gemäß § 55 iVm 58 Abs. 11 Z 2 AsylG 2005 abgewiesen.
III. Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 3 FPG erlassen.
IV. Es wird gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass Ihre Abschiebung gemäß § 46 FPG in die Mongolei zulässig ist.
V. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG beträgt die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Wegfall der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Ausreisebeschränkungen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Die beschwerdeführenden Parteien sind mongolische Staatsangehörige. Der Erstbeschwerdeführer (im Folgenden BF1) ist der Vater der Zweitbeschwerdeführerin (im Folgenden BF2) und des Drittbeschwerdeführers (im Folgenden BF3).
Die Beschwerdeführer (im Folgenden BF) reisten unter Umgehung der Grenzbestimmungen in Österreich ein und stellten am 04.09.2011 jeweils einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 18.05.2012, FZ. 11 10.085 (ad BF1), FZ. 11 10.087 (ad BF2), FZ. 11 10.088 (ad BF3) wurden die Anträge auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Weiters wurde ihnen der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Mongolei nicht zuerkannt (Spruchpunkt II.). Die BF wurden aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Mongolei ausgewiesen (Spruchpunkt III.). Gegen diese Bescheide wurde fristgerecht Beschwerde an den AsylGH erhoben.
Mit Erkenntnissen des AsylGH vom 28.05.2013, Zl. XXXX (ad BF1), Zl. XXXX (ad BF2) und Zl. XXXX (ad BF3), wurden die Beschwerden gemäß §§ 3,8,10 AsylG als unbegründet rechtskräftig abgewiesen. Die BF blieben ungeachtet der rechtskräftigen Ausweisung weiter im österreichischen Bundesgebiet.
Die BF stellten am 25.04.2019 – ohne das österreichische Bundesgebiet zwischenzeitig verlassen zu haben – die gegenständlichen Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung gemäß § 55 AsylG aus Gründen des Art. 8 EMRK. Den Anträgen beigelegt wurden diverse Dokumente sowie ein Begleitschreiben. Weiters wurde ein Antrag auf Heilung eines Mangels gemäß §4 Abs. 1 Z3 AsylG-DV gestellt.
Mit Schreiben vom 21.08.2019 des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurden die BF aufgefordert, erforderliche Originaldokumente binnen vier Wochen vorzulegen.
Mit Schriftsatz vom 11.09.2019 ersuchten die BF um eine Fristverlängerung zur Vorlage von gültigen Reisedokumenten. Beigelegt wurde ein Schreiben der Mongolischen Botschaft in Wien, in welchem mitgeteilt wurde, dass die BF am 02.09.2019 in der Botschaft anwesend gewesen seien.
Bis dato langten keine weiteren Dokumente bei der Behörde ein.
Mit Bescheiden des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 15.10.2019, XXXX (ad BF1), XXXX (ad BF2) wurden die Anträge auf Mängelbehebung gemäß § 4 iVm § 8 AsylG-DV 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Die Anträge auf Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 55 wurden als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die BF eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.) und die Zulässigkeit der Abschiebung in die Mongolei festgestellt (Spruchpunkt IV.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt V.). Gegen die BF wurde ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.).
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 15.10.2019, XXXX wurde der Antrag des BF3 auf Mängelbehebung gemäß § 4 iVm § 8 AsylG-DV 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 55 AsylG iVm § 58 als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt II.). Gemäß § 10 Abs. 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF3 eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III.) und die Zulässigkeit der Abschiebung in die Mongolei festgestellt (Spruchpunkt IV.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt V.).
Gegen die im Spruch genannten Bescheide wurde am 22.11.2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. Dabei wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF ihrer Mitwirkungspflicht nachgekommen seien. Die BF seien sehr um eine Integration in die österreichische Gesellschaft bemüht. Alle drei BF haben sich während ihres Aufenthalts bereits Deutschkenntnisse aneignen können.
Die Beschwerdevorlagen langten am 27.11.2019 beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde in Folge der nunmehr zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.
Am 03.06.2020 wurde eine mündliche Verhandlung unter Teilnahme der BF vor dem Bundesverwaltungsgericht abgehalten.
Hinsichtlich des Verfahrensinhaltes sowie des Inhalts der Beschwerde im Detail wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die BF führen die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), und sind mongolische Staatsangehörige. Sie gehören zur Volksgruppe der Khalkh. BF1 und BF3 sind dem buddhistischen und die BF2 dem christlichen Glauben angehörig. Die BF reisten gemeinsam im Jahr 2011 unrechtmäßig in das Bundesgebiet ein und stellten Anträge auf internationalen Schutz.
Die BF halten sich seit ihrer Einreise 2011 ununterbrochen im Bundesgebiet auf. Der BF1 bekommt nach gewissen Speisen Leberschmerzen. Zudem hat er ab und an rote Ausschläge und wird nach körperlicher Anstrengung sehr schnell müde. Der BF1 ist aber abgesehen davon in einem allgemein guten Gesundheitszustand und arbeitsfähig. Die BF2 und der BF3 sind ebenso in einem allgemein guten Gesundheitszustand und arbeitsfähig. Der BF1 schloss in seinem Herkunftsstaat die Universität für Kunst und Kultur ab und war als Opernsänger tätig. Die BF2 genoss in ihrem Herkunftsstaat 8 Jahre Schulbildung in einer Mittelschule. Während des neunten Schuljahres hat sie ihren Herkunftsstaat verlassen. Der BF3 hat ebenso während der neunten Schulstufe sein Heimatland verlassen. Der BF1 hat mit zwei bis drei Familien im Herkunftsland noch Kontakt. Der Freundes- und Bekanntenkreis der BF2 befindet sich ausschließlich in Österreich. Der BF3 hat über Social Media Plattformen noch mit ein paar ehemaligen Schulkameraden Kontakt. BF1, BF2 und BF3 sprechen ihre Landessprache als Muttersprache.
Der BF1 nahm an einem Deutschkurs (A2) teil; die Prüfung wurde jedoch nicht absolviert. Der BF1 weist eine nicht unwesentliche soziale Verankerung im Bundesgebiet auf. Insbesondere ist sein Engagement bei der Verrichtung gemeinnütziger bzw. ehrenamtlicher Tätigkeiten zu berücksichtigen. Der BF1 ist seit Jahren als Moderator für die „Nadaam-Festlichkeiten“ tätig. Im Rahmen eines mongolischen Kindervereins hilft der BF1 weiter mongolischen Kindern, die mongolische Kultur und Lieder kennenzulernen. Der BF1 baute sich einen großen Freundeskreis in XXXX auf. Der BF1 legte einen Arbeitsvorvertrag vor.
Die BF2 absolvierte erfolgreich einen Deutschkurs auf A2-Niveau und besuchte auch einen weiterführenden Deutschkurs. Die BF2 hat sich in Österreich einen beachtlichen Freundeskreis aufgebaut. Sie profitiert von dem kulturellen Engagement ihres Vaters. Sie singt im Kirchenchor und leistet im Rahmen der Kirche auch gemeinnützige Tätigkeiten. Die BF2 brachte außerdem einen Arbeitsvorvertrag in Vorlage.
Der BF3 hat ebenso einen ausgeprägten Freundeskreis. BF3 absolvierte erfolgreich einen Deutschkurs auf A2-Niveau. Der BF3 besuchte außerdem zwei Jahre lang einen Lehrgang an der BMHS. Der BF3 war außerdem 2018 freiwilliger Mitarbeiter beim Roten Kreuz. In Österreich oder in der EU halten sich keine Familienangehörigen oder Verwandte der BF auf.
Die Asylanträge der BF wurden mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 28.05.2013 rechtskräftig abgewiesen und die BF aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Die BF haben nach der gegen sie erlassenen – am 28.05.2013 in Rechtskraft erwachsenen – Ausweisungsentscheidung von sich aus keine Bemühungen unternommen, das Bundesgebiet zu verlassen. Die BF haben im Rahmen ihrer Antragstellung nach § 55 AsylG 2005 kein gültiges Reisedokument vorgelegt. Die BF haben weder nachgewiesen, dass ihnen die Beschaffung eines gültigen Reisedokumentes nicht möglich war, noch, dass ihnen die Beschaffung eines Dokumentes nicht zumutbar war. Das Bundesamt erließ gegen den BF1 und die BF2 mit Bescheid vom 15.10.2019 ein fünfjähriges Einreiseverbot, da diese im Bundesgebiet strafrechtlich verurteilt wurden.
Der BF1 wurde im Bundesgebiet mehrfach straffällig:
Der BF1 hat am 15. Dezember 2012 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem BF3 versucht, eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein Mobiltelefon im Wert von EURO 479,90 den Verfügungsberechtigten einer Firma mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, um sich oder einen Dritten durch Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-West vom 28.02.2013 wurde der BF1 aufgrund dieser Handlung wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gem. §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitstrafe von vier Wochen verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Das Gericht berücksichtigte das Geständnis und die Tatsache, dass kein Schaden entstanden ist, als mildernd. Der BF1 hat weiters am 22.08.2013 in Graz zwei Polizisten mit Gewalt, indem er in aggressiver Weise mit seinen geballten Fäusten auf sie zuging und sich anschließend durch ruckartige Bewegungen und das Herumschlagen mit seinen Händen aus dem Festhaltegriff loszureißen versuchte, sowie durch die vorangegangenen mehrfach getätigten Gesten, mit welchen er das Aufschneiden des Halses andeutete, sohin durch gefährliche Drohungen mit zumindest einer Verletzung am Körper, an Amtshandlungen, nämlich an seiner Identitätsfeststellung und in weiterer Folge an seiner Festnahme durch die Kriminalpolizei zu hindern versucht.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30.01.2014 wurde der BF1 aufgrund dieser Handlung wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Das Gericht berücksichtigte den Umstand, dass es beim Versuch geblieben ist, als mildernd.
Der BF1 hat zudem am 25.09.2014 in Graz fremde bewegliche Sachen, nämlich vier Cremes, elf Tuben Zahnpasta sowie ein Stück Fleisch im Gesamtwert von € 140,99, einem Verfügungsberechtigten einer Firma mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich oder Dritte durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-Ost vom 03.12.2014 wurde der BF1 aufgrund dieser Handlung wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls nach den §§ 15, 127 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Das Gericht berücksichtigte das Geständnis und dass es beim Versuch geblieben ist, als mildernd, erschwerend jedoch die einschlägige Vorstrafe.
Auch die BF2 wurde im Bundesgebiet straffällig:
Die BF2 hat als Mittäterin gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen, nämlich alkoholische Getränke im Gesamtwert von EUR 181,43 Verfügungsberechtigten der Firma Interspar mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Mit Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28.04.2015 wurde die BF2 aufgrund dieser Handlung wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach den §§ 127, 130 erster Fall StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Schließlich wurde auch der BF3 im Bundesgebiet straffällig:
Der BF3 hat am 15. Dezember 2012 im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem BF1 versucht, eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein Mobiltelefon im Wert von € 479,90 den Verfügungsberechtigten einer Firma mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.
Mit Urteil des Bezirksgerichtes Graz-West vom 28.02.2013 wurde der BF3 aufgrund dieser Handlung wegen des Vergehens des versuchten Diebstahls gem. §§ 15,127 StGB zu einer Freiheitstrafe von vier Wochen verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.
Weiters hat der BF3 am 18. Juni 2016 eine falsche öffentliche Urkunde, nämlich eine von ihm selbst hergestellte Asylkarte mit der Nummer 1110088, im Rechtsverkehr zum Beweis der Tatsache seiner Identität gebraucht, indem er sie gegenüber den aufgrund einer strafbaren Handlung einschreitenden Beamten der PI Graz-Jakomini vorwies.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 12.08.2016 wurde der BF3 aufgrund dieser Handlung wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden gemäß §§ 223 Abs. 2, 224 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt. Die verhängte Freiheitsstrafe wurde unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen. Das Gericht berücksichtigte das Geständnis als mildernd, erschwerend jedoch die Vorstrafe.
Aus dem begründeten Antragsvorbringen der BF gemäß § 55 AsylG 2005 geht im Vergleich zur rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung des Asylgerichtshofes vom 28.05.2013 ein im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG geänderter Sachverhalt, der eine ergänzende oder neue Abwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich macht, nicht hervor.
Die Verhältnisse in der Mongolei haben sich seit der Ausweisungsentscheidung des Asylgerichtshofes vom 28.05.2013 - in welcher bereits geprüft und festgestellt wurde, dass eine Ausweisung der BF in ihren Herkunftsstaat für sie keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für sie als Zivilpersonen auch keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde - nicht maßgeblich verändert. Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung der BF gemäß § 50 FPG idgF in ihren Heimatstaat Mongolei unzulässig wäre.
Im Übrigen stellt das Bundesverwaltungsgericht den Verfahrensgang so fest, wie dieser unter Punkt I. wiedergegeben ist.
1.2. Zur Lage im Herkunftsstaat der BF:
Es werden folgende entscheidungsrelevante Feststellungen – allgemeiner Natur - zum Herkunftsstaat der BF getroffen:
1.2.1. Auszug aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation:
Politische Lage
Die Mongolei ist ein Binnenstaat zwischen der Russischen Föderation und der Volksrepublik China. Mit einer Bevölkerung von knapp über drei Millionen Menschen auf einer Fläche von knapp über 1,5 Millionen Quadratkilometern ist sie einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Welt. In der Hauptstadt Ulaanbaatar leben (2018) ca. 1,5 Millionen Menschen (CIA 28.8.2018). Die Mongolei ist eine parlamentarische Demokratie mit einem Mehrparteiensystem (ÖB Peking 12.2017; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Verfassung von 1992 basiert auf den Grundprinzipien Demokratie, Gerechtigkeit, Freiheit, Gleichheit, nationale Einheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung (ÖB Peking 12.2018; vgl. AA 3.2018a). In den vergangenen 20 Jahren wurden in der Mongolei 13 erfolgreiche Präsidentschafts-, und Parlamentswahlen abgehalten (USDOS 19.7.2018). Das Parlament (Großer Staats-Chural) ist ein Einkammernparlament mit 76 Sitzen (ÖB Peking 12.2017). Die 76 Abgeordneten werden in allgemeiner, freier, unmittelbarer und geheimer Wahl im Wege des Mehrheitswahlrechts für vier Jahre gewählt. Bei der letzten Parlamentswahl am 29.6.2016 löste die Mongolische Volkspartei (MVP) die Demokratische Partei (DP) in der Regierung ab. (AA 3.2018a). Die MVP erhielt 65 Mandate, die bisher regierende DP neun, die Mongolische Revolutionäre Volkspartei (MRVP) und der unabhängige Musiker S. Javkhlan erhielten je ein Mandat. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,1% (Mongolei Online 10.7.2016; vgl. KAS 1.7.2016). Die Einführung des Mehrheitswahlrechtes nur fünf Wochen vor dem Wahltermin hat auf das Ergebnis Einfluss genommen (Sarantuya/Batmunkh 2017; vgl. ÖB Peking 12.2017). Unter dieser Entscheidung litten vor allem die Chancen von kleinen Parteien und Frauen. So wurde zum Beispiel die Frauenquote von bisher 30% auf 20% gesenkt (KAS 1.7.2016). Die OSZE war mit etwa 300 Wahlbeobachtern in der Mongolei vertreten und attestierte, dass die Wahl, nach hartem, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit respektierendem Wahlkampf, geordnet ablief (OSZE 4.10.2016; vgl. AA 3.2018a). Die 2016 gebildete Regierung unter Ministerpräsident Erdenebat bestehend aus 16 Ministern (davon zwei Frauen), einer Reduktion um drei Ämter im Vergleich zur vorherigen Regierung (ÖB Peking 12.2017), wurde bereits im Sommer 2017 aufgrund parteiinterner Machtkämpfe durch eine Regierung unter Ministerpräsident Khurelsukh abgelöst (AA 3.2018a). Das Staatsoberhaupt ist der Präsident, der in einer Direktwahl für vier Jahre gewählt wird und der selbst den Premierminister nominieren kann. Das Präsidentenamt kann für maximal zwei Amtsperioden bekleidet werden (ÖB Peking 12.2017). Am 10. Juli legte Kh. Battulga im Großen Saal der Staatsversammlung den Amtseid als 5. Präsident der Mongolei ab (LIP 9.2018). Er setzte sich in einer Stichwahl mit 50,6% gegen den Gegenkandidat M. Enkhbold der regierenden Mongolischen Volkspartei (MVP), der 41,2 % der Stimmen erhielt, durch (Reuters 8.7.2017; vgl. AA 3.2018a). Der Staatspräsident ist Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrates (weitere Mitglieder: Premierminister und Parlamentspräsident) und Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Er setzt die vom Parlament verabschiedeten Gesetze in Kraft. Er kann Gesetze initiieren und mit seinem Veto verhindern, das nur mit der Zwei-Drittel-Mehrheit des Parlaments überstimmt werden kann (AA 3.2018a)
Sicherheitslage
Im regionalen Vergleich hat die Mongolei nach dem Zerfall des Ostblocks einen vorbildlichen Weg in Richtung Demokratie und Marktwirtschaft eingeschlagen. Seit 1990 finden regelmäßig allgemeine, freie und faire Wahlen statt, die Regierungswechsel verlaufen friedlich. Die Menschenrechte sind in der Mongolei in der Verfassung festgeschrieben und werden allgemein geachtet. Das Land verfügt über eine aktive Zivilgesellschaft mit einer Vielzahl von Bürgerbewegungen und Selbsthilfegruppen (BMZ o.D.). Der Staat hat im gesamten Staatsgebiet das unangefochtene Gewaltmonopol. Die gesamte Bevölkerung der Mongolei akzeptiert den Nationalstaat als legitim. Es gibt keine organisierten Gruppen, die stark genug wären, das staatliche Gewaltmonopol herauszufordern. Alle bedeutenden politischen Akteure bekennen sich zur Demokratie. Eine geringe Zahl antidemokratischer Akteure wie hypernationalistische Parteien oder Banden haben keinen Einfluss auf die Öffentlichkeit oder die Regierung und werden ausgegrenzt. Die Armee hatte in der Vergangenheit kein Interesse, politische Kontrolle zu übernehmen und es gibt keine Hinweise, dass sie es derzeit hätte (Bertelsmann 2018). Es gibt keine Berichte über terroristische Angriffe oder aktive terroristische Gruppen in der Mongolei (USDOS 10.7.2018). Es kommt selten zu Unruhen oder politischer Gewalt. In Folge umstrittener Parlamentswahlen im Juli 2008 wurden Proteste, bei denen fünf Personen ums Leben kamen, rasch unter Kontrolle gebracht und die Ordnung wieder hergestellt. Seither kam es zu keinen Vorfällen ähnlichen Ausmaßes mehr (USDOS 19.7.2018). Sozioökonomische Konflikte - primär zwischen der städtischen und ländlichen Bevölkerung - eskalieren nicht, sind jedoch aufgrund einer instabilen politischen Umgebung, angeheizt durch Populismus und Kampagnen in den sozialen Medien, im Ansteigen begriffen (Bertelsmann 2018). In den vergangenen drei Jahren kam es zu vermehrten Anfeindungen chinesischer, koreanischer und vietnamesischer Staatsbürger, die in der Mongolei leben (USDOS 19.7.2018) und es kam zu einzelnen gewalttätigen Übergriffen durch Ultranationalisten gegen diese Personen (USDOS 19.7.2018; vgl. ÖB Peking 12.2017) sowie gegen LGBTI-Personen (ÖB Peking 12.2017). Die Binnenlage des Flächenstaates zwischen Russland und China bestimmt die mongolische Außenpolitik, die sich daher um ein gutes, ausgewogenes Verhältnis zu diesen beiden Nachbarn bemüht. So verfolgt die Mongolei eine Politik der Bündnisfreiheit und hat sich 1992 zur kernwaffenfreien Zone erklärt. Gleichzeitig sucht das Land internationale Absicherung, die es in einer immer aktiveren Mitarbeit in internationalen Organisationen, vor allem den Vereinten Nationen, sowie in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den USA, Japan und der Europäischen Union (insbesondere Deutschland) zu finden hofft ("Politik des Dritten Nachbarn") (AA 3.2018c).
Rechtsschutz / Justizwesen
Das mongolische Rechtssystem orientiert sich am römisch-germanischen System und kennt eine Unterscheidung zwischen Verwaltungs- und Zivilrecht (ÖB Peking 12.2017). Die Verfassung der Mongolei sieht eine Gewaltenteilung vor, die Justiz ist formell unabhängig. Diese Unabhängigkeit wird jedoch durch systemimmanente Korruption geschwächt (ÖB Peking 12.2017; vgl. FH 2018, USDOS 20.4.2018). Soum-, Intersoum- und Bezirksgerichte sind Gerichte 1. Instanz und für kleinere Verbrechen sowie für Zivilverfahren unter einem Streitwert von zehn Millionen Tögrök (MNT) zuständig. AimagGerichte sind die Erstinstanz für schwerwiegendere Verbrechen und Zivilverfahren mit einem Streitwert von über zehn Millionen MNT, sowie die Berufungsgerichte für die unteren Gerichte. Der Oberste Gerichtshof ist für alle anderen Verfahren zuständig. Der Verfassungsgerichtshof (Tsets) kann vom Parlament, dem Staatspräsidenten, dem Premier, dem Obersten Staatsanwalt, auf Eigentinitative oder durch Petitionen durch Bürger befasst werden. Die neun Richter werden durch das Parlament für sechs Jahre ernannt. (ÖB Peking 12.2017). Der Präsident ernennt die Richter des Obersten Gerichtshofes. Der Judicial General Council (JGC) ist für die Nominierung sowie die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Richtern verantwortlich. Er ist jedoch politisch abhängig und hat nicht die Befugnis, bei Vorwürfen von richterlichem Fehlverhalten zu ermitteln (Bertelsmann 2018). Die unabhängige Gerichtsbarkeit sowie das Recht auf ein faires, öffentliches Verfahren ohne Verzögerungen wird in der Regel durchgesetzt. Für Angeklagte gilt die Unschuldsvermutung und sie haben das Recht, über die Vorwürfe gegen sie in Kenntnis gesetzt zu werden. Angeklagte können einen Rechtsbeistand selbst auswählen oder erhalten auf Staatskosten einen solchen gestellt (USDOS 20.4.2018). NGOs und Privatunternehmen berichten, dass Korruption und Einflussnahme im Justizsystem stattfindet (USDOS 20.4.2018; vgl. Bertelsmann 2018). Die Rechte von Angeklagten wie die Befragung und Einberufung von Zeugen würden in manchen Fällen missachtet. NGOs berichten weiters über Einschüchterung von Zeugen und mangelnde Transparenz bei der Urteilsfindung (USDOS 20.4.2018). Jedoch wurde in der Justice Integrity Study 2016 der Mongolei deutliche Fortschritte bei der Verbesserung der Transparenz der Urteilsfindung attestiert (Bertelsmann 2018). Gerichte verhängen nur selten Freisprüche oder stellen das Verfahren ein, auch wenn es keine substanziellen Beweise für einen Schuldspruch gibt. Gerichte spielen Fälle häufig an die Staatsanwaltschaft zurück, obwohl ein Freispruch angemessen erscheint. Dadurch wechseln auch einzelne prominente Kriminalfälle jahrelang zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht hin und her, ohne dass diese abgeschlossen werden (USDOS 20.4.2018). Haftstrafen sind in der Mongolei schon für kleine Delikte aus generalpräventiven Gründen sehr hoch. Sie reichen für Gewalt-, Raub- und Sexualdelikte deutlich über Strafmaße europäischer Rechtsordnungen hinaus. Die Möglichkeit der vorzeitigen Entlassungen oder der Strafaussetzungen zur Bewährung ist formal vorhanden, aber es wird davon wenig Gebrauch gemacht (ÖB Peking 12.2017).
Sicherheitsbehörden
Dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstehen das Milizbüro (Polizei) und ein diesem unterstelltes Netz von Polizeiämtern, die Staatssicherheitsverwaltung, das Brandschutzamt, die Fremdenpolizei und die Grenztruppen sowie der Justizvollzugswachkörper (ÖB Peking 12.2017). Die zivilen Behörden üben größtenteils Kontrolle über die internen und externen Sicherheitskräfte aus, jedoch bleiben die Mechanismen zur Untersuchung von Polizeiübergriffen inadäquat. So gibt es Fälle von ungestraftem Missbrauch Verdächtiger durch Sicherheitskräfte. Aufsichtsorgan über nationale und lokale Polizeiaktionen ist die National Police Agency (NPA) (USDOS 20.4.2018). Sicherheitskräften wird vorgeworfen, willkürliche Verhaftungen und Verkehrsanhaltungen durchzuführen, angehaltene Personen für längere Zeit festzuhalten und Häftlinge zu schlagen (HRW 2018). Obwohl Sicherheitsbeamte für absichtliche Körperverletzung zur Verantwortung gezogen werden, waren Verfolgungen dieser Vergehen selten. Der NPA wurden bis August 2016 insgesamt 24 Beschwerden wegen körperlicher Übergriffe durch die Polizei gemeldet, von denen sechs zu strafrechtlichen Ermittlungen führten (USDOS 20.4.2018). Die nationale Polizei, die Miliz, welche auch als Kriminalpolizei fungiert, unterhält in jeder Provinz ein Referat und in jedem Bezirk ein Büro. Sie hat alle notwendigen Maßnahmen (Ermittlungen, Zwangsmaßnahmen und Beschlagnahme sowie den Gebrauch von Waffen) einzuleiten, um den Schutz der öffentlichen Ordnung zu gewährleisten. Die Fahndung nach vermissten Personen, die Verkehrssicherheit (durch Verkehrsinspektorate in jedem Milizbüro) und die Brandbekämpfung fallen ebenfalls in die Zuständigkeit der Miliz. Zusammen mit der Lokalverwaltung beaufsichtigen die lokalen Sicherheitsbüros außerdem die Vollstreckung der Zwangsarbeitsstrafen. Das Ministerium für öffentliche Sicherheit ist schließlich auch für die Staatssicherheit (Spionageabwehr, Staatsschutz und Sabotageabwehr) zuständig. Der Fremdenpolizei und den Grenztruppen unterstehen ca. 15.000 Beamte. Sie sind für die Einhaltung der Ein- und Ausreisevorschriften sowie des Fremdenrechts zuständig (ÖB Peking 12.2017).
Folter und unmenschliche Behandlung
Artikel 251 des Strafgesetzbuchs definiert den Straftatbestand der Folter und legt eine Höchststrafe von fünf Jahren Haft und ein Berufsverbot von bis zu drei Jahren fest. In besonders schlimmen Fällen kann die Strafe sogar auf bis zu zehn Jahren ausgeweitet werden. Gemäß Kapitel 11, §44 wird die Entschädigung in Fällen von Folter von der Strafprozessordnung festgelegt. Der Höchste Gerichtshof zitiert in seiner Interpretation dieses Artikels ausdrücklich die Definition der UN-Konvention gegen Folter (ÖB Peking 12.2017). Dennoch sind Folter und andere Misshandlungen verbreitet (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018), insbesondere zum Erzwingen von Geständnissen (USDOS 20.4.2018) in Haftanstalten, wo auch Personen mit Behinderungen oder ausländische Staatsbürger betroffen sind. Seit Juli 2017, mit Inkrafttreten der neuen Strafprozessordnung, fehlen unabhängige Ermittlungsmechanismen, was zu einer unvollständigen Erfassung und einer Straflosigkeit von Folter führt (AI 22.2.2018). Rechtliche Rahmenbedingungen und Maßnahmen zur Verhinderung von Folter sind unzureichend (Bertelsmann 2018). Auch wird von Drohungen gegen Familienmitglieder berichtet, um Geständnisse zu erzwingen (USDOS 20.4.2018). Im Februar 2015 ratifizierte die Mongolei das Zusatzprotokoll zur UNAntifolterkonvention (OPCAT). Das UN-Antifolterkomitee (CAT) überprüfte die Mongolei im August 2016 und drückte unter anderem Sorgen über vorherrschende Straflosigkeit in Fällen von Folter aus (ÖB Peking 12.2017).
Allgemeine Menschenrechtslage
Die schwerwiegendsten Menschenrechtsprobleme stellen die Misshandlung von Häftlingen, Korruption, Gewalt gegen LGBTI-Personen und harte Arbeitsbedingungen für Fremdarbeiter, insbesondere aus Nordkorea, dar. Maßnahmen der Regierung zur Bestrafung von Missbrauch oder Korruption im öffentlichen Dienst waren inkonsequent (USDOS 20.4.2018). Mit 17 der 18 internationalen Menschenrechtsverträge und deren Zusatzprotokolle hat die Mongolei mehr einschlägige Verträge ratifiziert als jedes andere asiatische Land, und um zwei Verträge mehr als Österreich (ÖB Peking 12.2017). Als neuntes Land in Asien hat die Mongolei im Jahr 2000 eine nationale Menschenrechtskommission eingerichtet. Nach den gesetzlichen Vorgaben besteht diese aus drei für sechs Jahre berufenen Mitgliedern, die vom Obersten Gerichtshof, dem Staatspräsidenten und dem Parlament nominiert werden. Vorsitzender des Gremiums ist ein bisheriger Richter am Obersten Gerichtshof. Die Befugnisse dieser Kommission beziehen sich v.a. auf die Ausarbeitung von Bildungs-, Rechtsverbreitungs- und Forschungsmaßnahmen, aber auch auf die Behandlung von Bürgerbeschwerden. Die Mongolei orientierte sich dabei eng an den Vorschlägen des UNHochkommissariats für Menschenrechte, welches die Anstrengungen der Mongolei auf diesem Gebiet als vorbildlich bezeichnet (ÖB Peking 12.2017).
Todesstrafe
Nach einem zweijährigen Moratorium ratifizierte im Jänner 2012 der Staatskhural das 2. Zusatzprotokoll des ICCPR. Mit einer im Dezember 2015 beschlossenen Änderung des Strafgesetzbuchs sollte die Todesstrafe aus dem Gesetz gestrichen werden. Die Abschaffung trat jedoch nicht wie geplant am 1. September 2016 in Kraft. Schlussendlich wurde mit 1. Juli 2017 die Todesstrafe als strafrechtliche Repressalie abgeschafft - jedoch nur strafrechtlich und nicht verfassungsrechtlich (ÖB Peking 12.2017). Im November 2017 schlug der neu gewählte Präsident dem Justizministerium nach zwei Vergewaltigungs- und Mordfällen die Wiedereinführung der Todesstrafe vor (ÖB 12.2017; vgl. AI 22.2.2018). Im April 2018 plante der Präsident, nach einer einmonatigen Online-Abstimmung auf seiner Webseite, dem Parlament ein entsprechendes Gesetz zur Abstimmung vorzulegen (PoM 2.4.2018). Dieses Thema wurde sowohl von der Bevölkerung als auch von NGOs sehr wichtig genommen und die Wiedereinführung weitgehend abgelehnt (UB Post 9.7.2018).
Frauen
Die Verfassung bestimmt, dass keine Person ob ihrer Herkunft, Sprache, Abstammung, Alters, Geschlechts, sozialer Herkunft oder ihres Status diskriminiert werden darf und dass gemäß Art. 16 Abs. 11 VerfG Männer und Frauen in politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und familiären Angelegenheiten gleich behandelt werden müssen. Seit 2011 gibt es ein Gesetz zur Geschlechtergleichstellung (ÖB Peking 11.2017). Mongolische Frauen sind an sich emanzipiert, gebildet und nehmen aktiv am gesellschaftlichen und politischen Leben teil. Dennoch ist die mongolische Gesellschaft eine patriarchalische, in der der Mann das Familienoberhaupt ist, auch wenn die Zahl der allein von Frauen geführten Haushalte zunimmt (LIP 7.2018). Die Mongolei liegt in der Erreichung der genderspezifischen Millenniums-Entwicklungsziele (MDGs - Millennium Development Goals) stark zurück, v.a. die Versorgung im Bereich reproduktive Gesundheit ist schlecht (ÖB Peking 12.2017). Die Zahl der Teenagerschwangerschaften nimmt von Jahr zu Jahr zu. Hatten 2014 3.259 Frauen im Alter zwischen 15 und 19 Jahren ein Kind zur Welt gebracht, waren es 2016 3.829. Als Hauptursachen werden mangelnde Aufklärung und Unkenntnis über Verhütungsmöglichkeiten benannt (LIP 7.2018). Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für Frauen liegt mit 55 Jahren fünf Jahre unter jenem der Männer. Geschiedene Frauen stehen laut Familiengesetz Alimente zu. Es gibt keine Gesetzgebung gegen sexuelle Belästigung (ÖB Peking 12.2017). Gewalt gegen Frauen, insbesondere im Zusammenhang mit Alkoholmissbrauch, ist laut Berichten von NGOs im Zunehmen begriffen (ÖB Peking 12.2017). Häusliche Gewalt stellt ein schwerwiegendes und weit verbreitetes Problem dar, wobei das neue Strafgesetz, das 2017 in Kraft getreten ist, diese erstmals auch strafrechtlich unter Strafe stellt. Nun sind auch Gefängnisstrafen möglich. Häusliche Gewalttäter werden in einer Datenbank erfasst und beim zweiten Vergehen wird automatisch ein Verfahren nach dem Strafgesetz eingeleitet. Alternative Maßnahmen zum Schutz vor häuslicher Gewalt wie Wegweisungen oder einstweilige Verfügungen sind in der Praxis schwer durchzusetzen. Das National Center Against Violence (NCAV), einer lokalen NGO, die Kampagnen gegen häusliche Gewalt betreibt, berichtet, dass die Reaktion der Polizei auf Meldungen häuslicher Gewalt sich 2017 verbessert hätte, die Strafverfolgung jedoch weiterhin mangelhaft sei (USDOS 20.4.2018). UNFPA, der Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen, führt gemeinsam mit der mongolischen Polizei Projekte zum Kapazitätsaufbau im Bereich häusliche Gewalt und Gewalt gegen Frauen durch (ÖB Peking 12.2017). Gemäß NCAV gibt es landesweit 17 Notunterkünfte von NGOs und in lokalen Krankenhäusern, wo Opfer häuslicher Gewalt bis zu 72 Stunden Unterkunft bekommen können (USDOS 20.4.2018). Das einzige Frauenhaus des Landes in Ulan Bator wird von einer NGO geführt und erhält keinerlei öffentliche Unterstützung (ÖB 12.2017). Insbesondere im ländlichen Raum stellt die geringe Anzahl von Schutzeinrichtrungen für Schutzsuchende eine Herausforderung dar (USDOS 20.4.2018). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist kaum davon auszugehen, dass vor familiärer Gewalt flüchtende Frauen in der Mongolei Schutzmöglichkeiten zur Verfügung stehen (ÖB Peking 12.2017). Für alleinerziehende Mütter ist das Risiko, ein Leben in extremer Armut zu führen, generell sehr hoch (ÖB 12.2017). Die Mongolei ist ein Ursprungs- und Transitland für den illegalen Handel von Personen zur sexuellen Ausbeutung und Zwangsarbeit, sowie Kinderprostitution. China gehört zu den Hauptzielländern. Prostitution, insbesondere von Minderjährigen, ist weitverbreitet. Primär wurde in Richtung Westeuropa in den letzten Jahren vermehrt mit jungen Frauen gehandelt, die mit Arbeit oder Studien im Ausland gelockt wurden. In letzter Zeit gibt es verstärkt Berichte über gezielten Menschenhandel Richtung China, wobei Frauen als Ehefrauen verkauft werden oder Opfer von Organhändlerbanden werden. Mit dem zunehmenden Wohlstand werden auch vermehrt illegale Hausangestellte von den Philippinen in die Mongolei geschleust (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei erfüllt die Minimumstandards für die Eliminierung von Menschenhandel nur unzureichend, unternimmt in diesem Bereich jedoch große Bemühungen (USDOS 6.2018). Im Jänner 2012 wurde das erste Gesetz gegen den Menschenhandel verabschiedet, allerdings wird dessen mangelnde Umsetzung kritisiert (ÖB Peking 12.2017). Im Juli 2017 trat das neue Strafgesetz in Kraft. Die Artikel 12.3 und 13.1 stellen Menschenhandel zum Zwecke von Arbeit und Sex unter Strafe. Menschenhandel wird mit einem Strafmaß von zwei bis acht Jahren Haft – sind Kinder betroffen fünf bis zwölf Jahre – geahndet. 2017 wurden von den Behörden zwölf Menschenhandelsfälle ermittelt (2016: drei) und sieben Personen angeklagt (2016: 14) (USDOS 6.2018). Der Kampf gegen Menschenhandel wird durch Korruption und mangelnden Willen der Behörden jedoch erschwert (FH 2018; vgl. USDOS 6.2018).
Grundversorgung
Die Mongolei entwickelt sich seit ihrer politischen Wende Anfang der 1990er-Jahre kontinuierlich von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland und die Umstellung der ehemaligen sozialistischen Planwirtschaft auf eine Marktwirtschaft ist inzwischen sehr weit vorangeschritten. Das Steuerrecht entspricht inzwischen internationalen Maßstäben. Seit 2003 ist auch privater Erwerb von Grund und Boden durch mongolische Staatsbürger möglich, nicht aber durch Ausländer (AA 3.2018b). Die mongolische Wirtschaft bleibt weiterhin stark vom Bergbau abhängig. Auch im Jahr 2017 war der Bergbausektor mit einem Anteil von rund 23% des Bruttoinlandsprodukts die treibende Kraft, obwohl dieser mit einem Minus von 9% gegenüber dem Vorjahr kein Wachstum zu verzeichnen hatte (ÖB Peking 12.2017). Die Mongolei verfügt über einige der weltweit größten Kupfer-, Kohle- und Goldvorkommen sowie von Zink, Uran, Erdöl, seltenen Metallen und Erden, was die Entwicklung von einem Agrar- zu einem Rohstoffexportland förderte (AA 3.2018b). Das Wachstum der mongolischen Wirtschaft entwickelt sich solide. Nachdem 2015 die niedrigen Rohstoffpreise und die sinkende Nachfrage des größten Handelspartners China zu rückläufigen Exporten führten, erholten sich 2017 die Weltrohstoffpreise und die ausländischen Direktinvestitionen in die Mongolei. Außerdem stieg der private Konsum wieder an, was 2017 zusammen mit Investitionen zu einem deutlich stärkeren Wirtschaftswachstum führte. Nach dem schwachen Jahr 2016 mit einem Wachstum von lediglich 1,2%, betrug dieses 2017 5,1%. 2016 drohte der Mongolei beinahe der Staatsbankrott. Durch Beistandskredite des Internationalen Währungsfonds (IWF), der Weltbank, der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB), Japans und Südkoreas für die nächsten drei Jahre konnte eine weitere Verschlechterung der Situation aber verhindert werden (ÖB Peking 12.2017). Die Staatsverschuldung ist massiv angestiegen. Lag sie 2011 noch bei rund 32% im Verhältnis zum BIP, ist sie bis September 2016 auf 90% gestiegen und hat sich Stand November 2017 auf 73,8 % des BIP verringert. Seit Mitte 2013 hat sich der Kurs der mongolischen Landeswährung gegenüber US-Dollar und Euro erheblich verschlechtert (AA 3.2018b). Die Inflationsrate wurde 2016 auf 0,6 % und 2017 auf 4,6 % geschätzt (CIA 28.8.2018). Die Arbeitslosenrate lag 2017 bei 8 %, war jedoch erheblich höher unter Jugendlichen (fast 20 %). Der Mindestlohn liegt bei umgerechnet 90 USD im Monat. Es gibt eine gesetzliche 40Stundenwoche, jedoch arbeiten geschätzte 60 % der mongolischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Schattenwirtschaft (v.a. Landwirtschaft, Bergbau). Die Regierung gewährt aber auch diesen ArbeitnehmerInnen Zugang zu grundlegenden Sozial- und Gesundheitsleistungen (ÖB Peking 12.2017). Laut ADB 2014 lebten 21,6% der Bevölkerung unter der Armutsgrenze. Viele der Nomaden fliehen angesichts klimatischer Bedingungen in die Hauptstadt, wo sie ein Leben in extremer Armut in Slum-Vierteln am Stadtrand (Gher-Viertel) fristen und viele von ihnen arbeitslos sind (ÖB Peking 12.2017). Das Welternährungsprogramm der UN (WFP) schätzte im Jahr 2015, dass mehr als 20 Prozent der Bevölkerung unterernährt sind (ÖB Peking 12.2017). Die Hauptstadt Ulaanbaatar zählt 1,2 Mio. Einwohner, von denen 60 % in Gher-Bezirken wohnen, in denen es sanitäre Mängel gibt (ÖB Peking 12.2017; vgl. Bertelsmann 2018). Die Luftverschmutzung in Folge der Verwendung minderwertiger Kohle zum Heizen führt vor allem bei Kindern zu Atemwegserkrankungen (ÖB Peking 12.2017). Die öffentliche Verwaltung stellt die meisten grundlegenden Dienstleistungen im gesamten Land zur Verfügung. Deren Qualität und der Zugang dazu wurden in den frühen 2010er-Jahren deutlich verbessert. Die geringe Bevölkerungsdichte stellt jedoch den Staat vor große Schwierigkeiten beim Erhalt von Infrastruktur und der Verfügbarmachung von Dienstleistungen wie Gesundheit, Sicherheit und Justiz, insbesondere für die etwa ein Viertel der Bevölkerung umfassenden nomadischen Viehhalter (Bertelsmann 2018). Es besteht ein sozialpartnerschaftliches trilaterales Komitee für Arbeit und soziale Abkommen. Alle zwei Jahre wird der Mindestlohn vom Arbeitsministerium, in Konsultation mit den Sozialpartnern, angepasst. Zuletzt wurde der Mindestlohn am 1. Jänner 2017 um 25 % auf 240.000 Tögrög (MNT), ca. 93 Euro, angehoben. Die Wirtschaftskrise 2016 führte dazu, dass auch gut qualifizierte Personen nur mehr schwer Arbeit finden. Arbeitsrechtliche Vorschriften werden generell eingehalten, jedoch gibt es Berichte über unerlaubt lange Arbeitszeiten im Baugewerbe und dort kommt es aufgrund mangelnder Einhaltung von Sicherheitsvorschriften immer wieder zu tödlichen Unfällen (ÖB 12.2017).
Sozialbeihilfen
1995 verabschiedete die Große Staatsversammlung das Gesetz über das Sozialversicherungssystem. Dazu gehören die Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen sowie Sozialhilfeleistungen für Behinderte, Waisen und Halbwaisen. Außerdem wurde im Zuge der steigenden Gewinne aus dem Bergbau ein nationaler Bevölkerungsentwicklungsfonds eingerichtet, aus dem u. a. Beihilfen für Studenten bezahlt werden. 2013 wurde das Sozialversicherungsgesetz ergänzt, damit die noch etwa 44 Tsaatan-Familien (Rentierleute), die fernab fester Siedlungen und ohne geregeltes Einkommen leben, von den Leistungen der Sozialversicherung profitieren können (Renten, finanzielle Unterstützung und Sozialhilfebeiträge für Schwangere, Hochbetagte, Menschen mit Behinderungen, vorübergehend Arbeitsunfähige und für Sonderaufgaben) (LIP 7.2018). Gemäß Asian Development Bank (ADB) umfasst das für Sozialleistungen vorgesehene Budget 2,7% des BIP, was deutlich höher ist als in anderen Schwellenländern (durchschnittlich 1,6 % des BIP) (Bertelsmann 2018).
Eine Sozialversicherung, die auch eine Krankenversicherung umfasst, ist für mongolische Bürger verpflichtend und wird von Dienstgebern und Dienstnehmern durch einen Anteil vom Gehalt finanziert. Die Sozialversicherung wird vom Staat für bestimmte Gruppen kostenlos zur Verfügung gestellt, darunter Kinder unter 18; Personen, die kein Einkommen haben; Personen, die Sozialleistungen beziehen; alleinerziehende Eltern, bis das Kind zwei Jahre alt ist; Menschen mit Behinderungen (BIO 16.4.2018). Verschiedene verfügbare staatlichen Unterstützungsleistungen für Personen mit Behinderungen sind abhängig von der Bestätigung durch medizinische Fachpersonen. Wenn eine Behinderung von mehr als 50 Prozent vorliegt, hat die Familie Anrecht auf eine staatliche Unterstützung von 155.000 MNT monatlich pro Kind mit Behinderung (SFH 1.2.2018). Das Social Welfare Law, zuletzt am 30. Juni 2017 angepasst, sieht Unterstützungsleistungen für alleinerziehende Eltern und deren Kinder vor. Allerdings erfüllen laut Artikel 12.1.5 nur alleinerziehende Mütter über 45 Jahre respektive alleinerziehende Väter über 50 Jahre mit vier oder noch mehr Kindern die Kriterien, um Sozialhilfe für Alleinerziehende (Social Welfare Allowance) zu erhalten. Vulnerable Personen, die unterhalb eines durch die Behörden definierten und überprüften Standards leben, erhalten im Rahmen des Food Stamp Programme eine Minimalunterstützung in Form von monatlichen Essensgutscheinen im Wert von 6.500 MNT für Kinder und 13.000 MNT für Erwachsene (SFH 1.2.2018). Der Zugang zu staatlichen Sozialleistungen – obwohl auf dem Papier vorhanden – ist in der Praxis oft sehr schwierig (ÖB Peking 12.2017; vgl. KAS 7.2017). Das Ministerium für Bevölkerungsentwicklung und Sozialfürsorge ist mit der Verwaltung von 71 Sozialfürsorgeprogrammen betraut. Daraus ergibt sich eine Fragmentierung dieser Programme, Duplizierungen von Sozialleistungen, sowie hohe Verwaltungs- und Umsetzungskosten. Manche Sozialleistungen werden durch verschiedene Ministerien und Institutionen verwaltet, was eine Fokussierung auf die Hilfsbedürftigen der Gesellschaft erschwert (KAS 7.2017). Im Kampf gegen die Armut zählt trotz staatlicher Maßnahmen weiterhin die familiäre Solidarität (ÖB Peking 11.2016). Die unbedingte Unterstützung für enge und fernere Verwandte können und wollen auch die erfolgreicheren Familienmitglieder nicht mehr in jedem Fall leisten (LIP 7.2018)
Medizinische Versorgung
Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und oft technisch und hygienisch problematisch (AA 22.8.2018; vgl. ÖB 12.2017). Das ehemals sozialistische System einer allgemeinen Gesundheitsversorgung wurde nur unzureichend reformiert. Mithilfe internationaler Geber ist die Regierung bemüht, das System zu reformieren (ÖB Peking 12.2017). In den letzten Jahren haben in Ulaanbaatar private internationale Kliniken eröffnet (Intermed, SOS, Songdo, GrandMed), die erheblich zur Verbesserung der ambulanten und stationären Versorgung zumindest in der Hauptstadt beigetragen haben. Nicht alle westlichen Medikamente - insbesondere Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen - sind in der Mongolei erhältlich (AA 22.8.2018)
Das Gesundheitssystem besteht aus drei Ebenen und verfolgt das Prinzip, eine gleichberechtigte, zugängliche und qualitative Gesundheitsversorgung für alle zu ermöglichen. Primäre Gesundheitsversorgung wird hauptsächlich in Familiengruppenpraxen in der Hauptstadt Ulaanbaatar, in Provinzzentren oder in den Provinzen selbst in Bezirks- („soum“) oder übergreifenden Bezirkskliniken angeboten, sekundäre Versorgung in den allgemeinen Bezirkskrankenhäusern in Ulaanbaatar oder den Provinzen (Aimags) und privaten Kliniken, tertiäre schließlich in den größeren Spitälern und Spezialzentren in Ulaanbaatar. 2010 gab es 16 Spezialkliniken, vier regionale Diagnose- und Behandlungszentren, 17 allgemeine Provinz- (Aimag) Krankenhäuser, 12 allgemeine Bezirkskrankenhäuser, drei Geburtskliniken, vier allgemeine Landeskliniken, 17 Spezialkliniken und Zentralkliniken in Ulaanbaatar sowie 1.184 private Krankenhäuser und Kliniken (APO 2013). Laut Statistiken des Ministeriums für Gesundheit und Sport arbeiteten 2011 landesweit 9.400 Ärzte; 28,5 pro 10.000 Einwohner (LIP 7.2018). Alle Mongolen haben Zugang zur staatlichen Krankenversicherung (Bertelsmann 2018; vgl. LIP 7.2018, ÖB Peking 12.2017). Alle gesellschaftlichen Gruppen, die von der mongolischen Regierung als „fragil“ eingestuft werden (Kinder bis 16 Jahre, Frauen mit Kindern, Pensionisten etc.) sind sozialversichert. Über 80 % der Krankenversicherung war 2010 beitragsfinanziert (ÖB Peking 12.2017). Die medizinische Versorgung in der Mongolei ist laut Gesetz kostenlos (Bertelsmann 2018; vgl. LIP 7.2018). Doch da die Mittel bei weitem nicht ausreichen, werden für jede Versorgungsleistung Zahlungen fällig (LIP 7.2018). Es gibt für Versicherte teilweise hohe Selbstbehalte bei Spitalsaufenthalten und Medikamenten. Grundsätzlich sind die „fragilen Gruppen“ von den Selbstbehalten ausgenommen (ÖB Peking 12.2017; vgl. BIO 16.4.2018). Hinzu kommt, dass das medizinische Personal schlecht entlohnt wird (LIP 7.2018) und v.a. in Krankenhäusern Korruptionszahlungen häufig notwendig sind, um gewisse Leistungen rascher zu bekommen (ÖB Peking 12.2017; vgl. LIP 7.2018). Es gibt Unterschiede und Herausforderungen im mongolischen Gesundheitswesen, die mit der geografischen Lage in städtischen und ländlichen Gebieten und sozialökonomischen Gesellschaftsgruppen zusammenhängen (WHO 2017). Die geringe Bevölkerungsdichte stellt den Staat vor große Herausforderungen bezüglich Unterhalt der Infrastruktur und der Verfügbarmachung von grundlegenden Dienstleistungen wie Gesundheitsleistungen, insbesondere für die 25 % der Bevölkerung, die von der nomadischen Weidewirtschaft leben (Bertelsmann 2018). Zum Beispiel ist die Müttersterblichkeit zwar im Großen und Ganzen zurückgegangen, sie ist aber besonders bei Hirten in ländlichen Regionen mit über 40 % sehr hoch (WHO 2017). Das Netz der medizinischen Notfallversorgung ist auf dem Lande besonders dünn, weshalb auch leichtere Verletzungen oder Unfallfolgen zu großen Komplikationen führen können (AA 22.8.2018).
Die schlechte Qualität der Gesundheitseinrichtungen in ländlichen und abgelegenen Gebieten führt trotz Verbesserungen in letzter Zeit dazu, dass die Bevölkerung teure Anfahrtswege zu den Bezirkszentren und in die Hauptstadt in Kauf nehmen muss, um qualitätsvolle und spezialisierte Behandlungen zu erhalten (Bertelsmann 2018). Patienten missachten das Überweisungssystem und besuchen für Behandlungen direkt die Nationalkrankenhäuser in Ulaanbaatar. Dadurch kommt es zu einer hohen Patientenbelastung in diesen Krankenhäusern. Die Hausärzte erfüllen ihre Funktion als Zutrittskontrolle zu den übergeordneten Gesundheitseinrichtungen nur unzureichend (BIO 16.4.2018).
Rückkehr
Mongolische Staatsangehörige, die in Begleitung eines ausländischen Beamten eintreffen, werden an der Grenze, wenn die Sachverhaltsdarstellung seitens des begleitenden Beamten als ausreichend erachtet wird, in Gewahrsam genommen, um zu überprüfen, ob Straftatbestände in Bezug auf das Grenzschutzgesetz vorliegen. Wenn unbegleitete mongolische Staatsangehörige ohne Reisedokumente an der Grenze aufgegriffen werden, werden sie in Gewahrsam genommen, und es wird eine Untersuchung wegen Verstoßes gegen das Grenzschutzgesetz bzw. das Strafgesetz eingeleitet. Der Strafrahmen beträgt zwischen einer Geldstrafe von fünf Tagessätzen und einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren (Art. 240 StGB) (ÖB Peking 12.2017).
Rückkehrerprobleme bei oppositioneller Betätigung oder Asylantragstellung im Ausland sind laut ÖB Peking nicht bekannt. Politische Betätigung im Ausland ist nicht strafbar. Die Mongolei kooperiert mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen in Asylfragen (ÖB Peking 12.2017).
2. Beweiswürdigung
Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.
Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht im Zuge der abgehaltenen mündlichen Verhandlungen und auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:
Die Feststellungen zum derzeitigen Familien- und Privatleben und dem Integrationsausmaß der BF ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben der BF, den vorgelegten Schul- und Personenstandsdokumenten, den vorgelegten Bestätigungsschreiben über die geleisteten ehrenamtlichen Tätigkeiten, den zahlreichen Unterstützungserklärungen durch Freunde und Bekannte der BF, sowie aus dem im Zuge der mündlichen Verhandlung gewonnenen persönlichen Eindruck.
Was den Gesundheitszustand und die Arbeitsfähigkeit der BF betrifft, so sind im gesamten Verfahren keine schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen der BF hervorgekommen und sie haben selbst solche nicht vorgebracht. Hinweise, dass es sich bei diesen Beschwerden um schwere oder gar lebensbedrohende Erkrankungen handeln würde, sind nicht hervorgekommen. Die Feststellungen zur Herkunft und zur Staatsangehörigkeit der BF und zu ihrer familiären Situation in Österreich sowie die Feststellungen, dass die BF in Österreich keiner beruflichen Beschäftigung nachgehen und ihrer jeweiligen Ausbildung im Herkunftsstaat beruhen auf den Angaben der BF im Asylverfahren und im gegenständlichen Verfahren, insbesondere in den mündlichen Verhandlungen.
Dass die BF nach der gegen sie rechtskräftig erlassenen Ausweisungsentscheidungen von sich aus keine Bemühungen unternommen haben, das Bundesgebiet zu verlassen, gaben diese selbst im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG zu Protokoll. „Auch, wenn die Entscheidung negativ ausgefallen war, konnte ich nicht in die Mongolei zurück. Es war so, dass so entschieden wurde, dass ich nicht glaubwürdig wäre. Aber für mich in die Mongolei zurückzukehren war gefährlich. Mittlerweile hat sich die Mongolei so stark verändert, dass die gesellschaftlichen Strukturen nicht mehr wiederzuerkennen sind. Es wäre für mich nicht möglich, mich jetzt dort wieder in die Gesellschaft einzugliedern, nachdem ich neun bis zehn Jahre nicht dort, sondern hier war (vgl. Seite 8 des Verhandlungsprotokolls).
Die Feststellung, dass die BF nicht nachgewiesen haben, dass ihnen die Beschaffung eines Reisedokumentes nicht möglich oder nicht zumutbar war, beruht darauf, dass sie weder im Verfahren vor dem BFA noch im gegenständlichen Beschwerdeverfahren Belege dafür erbracht haben, dass sie überhaupt ernsthafte und zielgerechte Veranlassungen für die Beschaffung eines entsprechenden Reisedokumentes getroffen hätten. Zwar führten die BF im Verfahren vor dem BFA aus, dass sie bei den Vertretungsbehörden ihres Herkunftslandes vorstellig gewesen seien. Die diesbezügliche Bestätigung der Vertretungsbehörden ihres Herkunftslandes kann jedoch nicht als in dieser Hinsicht ausreichend angesehen werden. Im Akt befindet sich weder eine schriftliche Bestätigung der Vertretungsbehörde hinsichtlich des herangetragenen Anliegens der BF, ein Reisedokument zu erlangen noch eine Kopie eines bei den Vertretungsbehörden eingereichten Antrages auf Ausstellung eines Reisedokumentes. Ein ernsthaftes Bemühen hinsichtlich der Beschaffung von Reisedokumenten konnte somit nicht erkannt werden.
Dass sich die BF seit 2011 ununterbrochen im Bundesgebiet aufhalten, ist unstrittig und die BF bekräftigten diesen Umstand zudem selbst im gegenständlichen Beschwerdeverfahren. Da die BF über keinen anderen Aufenthaltstitel verfügten, war festzustellen, dass die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes mit rechtskräftig negativer Beendigung ihres Asylverfahrens endete und sie sich seither unrechtmäßig in Österreich aufhalten. Darauf stützt sich auch die Feststellung, dass die BF seither ihrer Ausreiseverpflichtung nicht nachkamen.
Die Feststellungen zu den Straftaten der BF ergeben sich aus den aktuellen eingeholten Strafregisterauszügen sowie den im Akt einliegenden Urteilsausfertigungen.
Weder der Antragsbegründung des begehrten Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG noch den Ausführungen im Beschwerdeschriftsatz kann ein (maßgeblich) geänderter Sachverhalt zugesonnen werden, der eine neuerliche meritorische Prüfung der Anträge erforderlich machen würde. Ein maßgeblich geänderter Sachverhalt ist zwischen der rechtskräftigen Ausweisungsentscheidung (28.05.2013) und dem Zeitpunkt der Antragsstellung nach § 55 AsylG (25.04.2019) bzw. dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren nicht hervorgekommen.
Hinsichtlich der von den BF neu vorgelegten Einstellungszusagen ist auszuführen, dass auch diese keine wesentliche Sachverhaltsänderung zu begründen vermögen, knüpft sich doch die Einstellungszusage an die Bedingung eines rechtmäßigen Aufenthaltes und einer Arbeitsberechtigung. Ungeachtet dessen lässt sich allgemein aus einer Einstellungszusage bzw. einem Arbeitsvorvertrag keine Garantie auf (Weiter) Beschäftigung ableiten (zur Gewichtung von Einstellungszusagen vgl. auch das VwGH 13.10.2011, 2011/22/0065, mwN).
Die Feststellung, dass keine maßgebliche Veränderung in den abschieberelevanten Umständen eingetreten ist, beruht darauf, dass die BF weder vor der belangten Behörde noch in der Beschwerde konkrete Angaben dahingehend getätigt haben, denen zufolge eine rechtliche oder tatsächliche Unzulässigkeit der Abschiebung anzunehmen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus festzuhalten, dass die Entwicklungen in der Mongolei in den asyl- und abschieberelevanten Aspekten einer ständigen Beobachtung des Bundesverwaltungsgerichtes unterliegen. In Ansehung der im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 04.06.2013 getroffenen Feststellungen ist zur Lage in der Mongolei gerichtsnotorisch bekannt, dass seit diesem Zeitpunkt keine maßgebliche Veränderung im Heimatstaat der BF im Hinblick auf die Zulässigkeit ihrer Abschiebung eingetreten ist. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte dahingehend hervorgekommen, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG aus nicht von den BF zu vertretenden Gründen zwischenzeitlich nicht mehr möglich wäre.
Die oben wiedergegebenen Feststellungen zur Lage in der Mongolei ergeben sich aus den Länderberichten, die dieser Entscheidung zugrunde gelegt wurden. Bei den angeführten Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter, teilweise vor Ort agierender, staatlicher und nichtstaatlicher Organisationen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild der Situation in der Mongolei ergeben.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
3.1. Zur Abweisung des Antrages auf Heilung gemäß § 4 AsylG-DV 2005
Gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ zu erteilen, wenn dies gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten ist (Z1) und der Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG erfüllt hat oder zum Entscheidungszeitpunkt eine erlaube Erwerbstätigkeit ausübt, mit deren Einkommen die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (§ 5 Abs. 2 ASVG) erreicht wird (Z2). Liegt nur die Voraussetzung des Abs. 1 Z 1 vor, ist gemäß § 55 Abs. 2 AsylG 2005 eine „Aufenthaltsberechtigung“ zu erteilen.
Wird ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55, 56 oder 57 A