Entscheidungsdatum
06.08.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W212 2188181-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Eva SINGER als Einzelrichterin nach Beschwerdevorentscheidung der Österreichischen Botschaft Ankara vom 18.10.2018, GZ: Ankara-ÖB/KONS/0102/2018 aufgrund des Vorlageantrages von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, vertreten durch das Österreichische Rote Kreuz, über die Beschwerde gegen den Bescheid der österreichischen Botschaft Ankara vom 18.10.2017, GZ: Ankara-ÖB/KONS/1821/2017, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 35 AsylG 2005 idgF als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige Syriens, stellte am 14.03.2017 bei der Österreichischen Botschaft Ankara (im Folgenden „ÖB Ankara“) unter Anschluss diverser Unterlagen den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde ihr Vater, XXXX , geb. XXXX , ebenfalls StA. Syrien, angegeben.
Der Bezugsperson wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 02.01.2017, ZI 1114612200-160664057, der Status des Asylberechtigten zuerkannt.
2. In seiner Mitteilung nach § 35 Abs. 4 AsylG 2005 vom 18.09.2017 führte das BFA aus, dass betreffend die Beschwerdeführerin die Gewährung des Status der Asylberechtigten nicht wahrscheinlich sei, da schon die allgemeinen Voraussetzungen für eine positive Entscheidung im Familienverfahren nicht vorliegen würden; die Beschwerdeführerin sei zum Antragszeitpunkt bereits volljährig gewesen, weshalb sie keine Familienangehörige im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 sei.
3. Mit Schreiben vom 19.09.2017 wurde der Beschwerdeführerin die Möglichkeit zur Stellungnahme (Parteiengehör) eingeräumt. Ihr wurde gleichzeitig mitgeteilt, dass das BFA nach Prüfung ihres Antrages beziehungsweise des Sachverhaltes mitgeteilt habe, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder der subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich sei. Es werde hiermit Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von einer Woche ab Zustellung die in der Mitteilung und der Stellungnahme des BFA angeführten Ablehnungsgründe durch unter Beweis zu stellendes Vorbringen zu zerstreuen.
4. In einer fristgerecht eingebrachten Stellungnahme vom 22.09.2017 wurde vorgebracht, dass der Vater der Beschwerdeführerin, die Bezugsperson, ein bekannter Journalist und Oppositioneller sei, weshalb seine Familie sowohl in Syrien als auch in der Türkei, wo sich die Beschwerdeführerin seit 2016 aufhalte, der ständigen Verfolgung ausgesetzt sei. Aufgrund der schwierigen Lebensumstände habe die Beschwerdeführerin, ihre Mutter und ihr schwer behinderter Bruder jeweils einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt. Der Mutter und ihrem Bruder sei dieser Antrag auch genehmigt worden, nicht aber der Beschwerdeführerin. Tragischerweise sei der Bruder der Beschwerdeführerin kurz vor seiner positiven Entscheidung verstorben und werde nun, um der Beschwerdeführerin nach ihren traumatischen Erlebnissen ein Zusammenlaben mit ihren Eltern zu gewähren, erneut ein Antrag aus humanitären Gründen in Verbindung mit Art. 8 EMRK gestellt. Die Beschwerdeführerin leide an schweren Depressionen und Panikattacken. Sie sei nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen und bestehe daher ein besonderes Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Eltern. Es liege sohin trotz ihrer Volljährigkeit ein schützenswertes Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK vor und würde auch die Bedrohung aufgrund der oppositionellen Tätigkeit ihres Vaters weiterhin bestehen. Das BFA hätte abwägen müssen, wie schwer der Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht im vorliegenden Fall wiege und hätte zudem geprüft werden müssen, inwiefern das in Art. 2 EMRK geschützte Recht auf Leben durch die Einreiseverweigerung verletzt werde.
Der Stellungnahme beigelegt waren:
- Nachweise der Tätigkeit der Bezugsperson,
- Huffingtonpost, ISIS is trying to kill these Syrian Media Activists for doing their jobs,
- Spiegel online: syrische Regimekritikerin und ihre Tochter tot aufgefunden,
- psychiatrischer Befund der Beschwerdeführerin,
- Sterbeurkunde des Bruders
5. Nach Übermittlung dieser Stellungnahme an das BFA teilte dieses in einer ergänzenden Stellungnahme vom 17.10.2017 mit, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibe. Die Beschwerdeführerin habe zum Einbringungsdatum des Antrages ihr 18. Lebensjahr bereits vollendet, weshalb sie zum prüfungsrelevanten Zeitpunkt nicht mehr minderjährig gewesen sei. Die Voraussetzungen der Bestimmung des § 35 Abs. 4 AsylG seien nicht vorgelegen und eine Statusgewährung folglich nicht wahrscheinlich.
6. Mit dem angefochtenen Bescheid vom 18.10.2017, zugestellt am 06.11.2017, verweigerte die ÖB Ankara die Erteilung des Einreisetitels gemäß § 26 FPG idgF iVm § 35 AsylG 2005 mit der Begründung, dass die Beschwerdeführerin bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig gewesen sei und durch das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht unter Beweis gestellt werden hätte können, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich sei.
7. Gegen diesen Bescheid richtet sich die am 13.11.2017 fristgerecht eingebrachte Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass nicht bestritten werde, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Antragstellung bereits volljährig gewesen sei, es bestünde aber ein starkes Abhängigkeitsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und ihren Eltern, weshalb es trotz ihrer Volljährigkeit geboten erscheine, ihr die Einreise nach Österreich zu gewähren. Die Behörde habe die tatsächliche Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht hinreichend berücksichtigt und habe sich nicht mit den in der Stellungnahme vorgebrachten Argumenten und Beweismitteln auseinandersetzt. Eine Ablehnung des Einreiseantrages der Beschwerdeführerin stünde sowohl zu Art. 8 EMRK als auch zu Art. 2 EMRK im Widerspruch und hätte zumindest entsprechend begründet werden müssen.
8. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.01.2018 wies die ÖB Ankara die Beschwerde gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG ab.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH seien österreichische Vertretungsbehörden bezüglich der Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG an die Mitteilung des BFA über die Prognose einer Asylgewährung bzw. die Gewährung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gebunden. Eine Nachprüfung dieser Wahrscheinlichkeitsprognose nach negativer Mitteilung des Bundesamtes durch die Botschaft komme daher nicht in Betracht.
Auch nach dem Beschwerdevorbringen sei unstrittig, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag nach §35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt habe und dass eine negative Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl ergangen sei. Als alleintragender Grund für die Abweisung des von der Beschwerdeführerin gestellten Antrages auf Erteilung eines Einreisetitels gem. §35 Abs. 1 AsylG 2005 komme somit (nur) in Betracht, dass nach der Mitteilung des BFA die Erfolgsaussichten des Antrages der Beschwerdeführerin auf Gewährung desselben Schutzes (wie der Bezugsperson) als nicht wahrscheinlich einzustufen seien. Darauf sei im angefochtenen Bescheid auch ausschließlich Bezug genommen worden.
Jenseits und unabhängig von der obangeführten Bindungswirkung teile die belangte Behörde die Ansicht des BFA, dass die Beschwerdeführerin keine Familienangehörige im Sinne des AsylG 2005 sei, da sie zweifellos und unbestritten bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung volljährig gewesen sei. Es werde zudem darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin seit der Flucht ihres Vaters im Jahr 2016 in der Türkei lebe und die von ihr vorgebrachten Unterlagen nicht geeignet seien, eine konkrete, reale Gefahr einer die Beschwerdeführerin betreffende gegen Art 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung nachzuweisen.
9. Am 01.02.2018 wurde bei der ÖB Ankara ein Vorlageantrag gemäß § 15 VwGVG eingebracht und im Wesentlichen das Vorbringen der Stellungnahme sowie der Beschwerde wiederholt.
10. Mit Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 01.03.2018, eingelangt am 06.03.2018, wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Vorlageantrag samt Verwaltungsakten übermittelt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 21.01.2020 wurde die Rechtssache der erkennenden Gerichtsabteilung neu zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin stellte am 14.03.2017 bei der ÖB Ankara einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005. Als Bezugsperson wurde ihr Vater, XXXX , geb. XXXX , ebenfalls StA. Syrien, genannt, der in Österreich asylberechtigt ist.
Mit Bescheid der ÖB Ankara vom 18.10.2017 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 AsylG abgewiesen.
Eine Familienangehörigeneigenschaft zur Bezugsperson im Sinne des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 kann nicht festgestellt werden. Bei Stellung des Einreiseantrages hatte die am XXXX geborene Beschwerdeführerin bereits das 18. Lebensjahr vollendet. Die Volljährigkeit der Beschwerdeführerin im Antragszeitpunkt wurde im Verfahren auch nicht bestritten.
Die Beschwerdeführerin lebt seit 2016 in der Türkei.
Ihre Mutter reiste nach positiver Mitteilung des Bundesamtes vom 18.09.2017 nach Österreich ein, wo sie am 16.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Nach dem Tod ihres am XXXX verstorbenen Bruders und der Ausreise ihrer Mutter wurden bei der Beschwerdeführerin Depressionen diagnostiziert. Ein etwaiger Pflegebedarf wurde nicht dargelegt.
Zum Entscheidungszeitpunkt lebt die Beschwerdeführerin seit mehr als zwei Jahren ohne ihre engsten Familienmitglieder und hat ihren Alltag offenbar ohne Hilfe ihrer Eltern bewältigen können. Mangels anderslautender Hinweise ist nicht anzunehmen, dass in dieser Zeit eine existenzbedrohende Situation für die Beschwerdeführerin eingetreten wäre, sodass gegenständlich zwischen der im Ausland aufhältigen Beschwerdeführerin und ihren in Österreich lebenden Familienmitgliedern kein derart besonderes Abhängigkeitsverhältnis gegeben ist, das eine Beziehung zwischen Eltern und minderjährigen Kindern gleichkommen würde.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt der ÖB Ankara, sowie aus der Abfrage des Zentralen Fremdenregisters betreffend die Mutter der Beschwerdeführerin durch das Bundesverwaltungsgericht.
Die Volljährigkeit der Beschwerdeführerin im Zeitpunkt der Antragstellung ergibt sich aus den mit den vorgelegten Urkunden übereinstimmenden Angaben der Beschwerdeführerin.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. § 34 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
„(1) Stellt ein Familienangehöriger von
1. einem Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist;
2. einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder
3. einem Asylwerber
einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes.
(2) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist und
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 7).
(3) Die Behörde hat auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn
1. dieser nicht straffällig geworden ist;
(Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017)
3. gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) und
4. dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist.
(4) Die Behörde hat Anträge von Familienangehörigen eines Asylwerbers gesondert zu prüfen; die Verfahren sind unter einem zu führen; unter den Voraussetzungen der Abs. 2 und 3 erhalten alle Familienangehörigen den gleichen Schutzumfang. Entweder ist der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wobei die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten vorgeht, es sei denn, alle Anträge wären als unzulässig zurückzuweisen oder abzuweisen. Jeder Asylwerber erhält einen gesonderten Bescheid. Ist einem Fremden der faktische Abschiebeschutz gemäß § 12a Abs. 4 zuzuerkennen, ist dieser auch seinen Familienangehörigen zuzuerkennen.
(5) Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 4 gelten sinngemäß für das Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht.
(6) Die Bestimmungen dieses Abschnitts sind nicht anzuwenden:
1. auf Familienangehörige, die EWR-Bürger oder Schweizer Bürger sind;
2. auf Familienangehörige eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten im Rahmen eines Verfahrens nach diesem Abschnitt zuerkannt wurde, es sei denn es handelt sich bei dem Familienangehörigen um ein minderjähriges lediges Kind;
3. im Fall einer Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 NAG).“
§ 35 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 145/2017 lautet:
„(1) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der mit konsularischen Aufgaben betrauten österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland (Vertretungsbehörde) stellen. Erfolgt die Antragstellung auf Erteilung eines Einreisetitels mehr als drei Monate nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des Asylberechtigten, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 zu erfüllen.
(2) Der Familienangehörige gemäß Abs. 5 eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde und der sich im Ausland befindet, kann zwecks Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 frühestens drei Jahre nach rechtskräftiger Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten einen Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels bei der Vertretungsbehörde stellen, sofern die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind. Diesfalls ist die Einreise zu gewähren, es sei denn, es wäre auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht mehr vorliegen oder in drei Monaten nicht mehr vorliegen werden. Darüber hinaus gilt Abs. 4.
(2a) Handelt es sich beim Antragsteller um den Elternteil eines unbegleiteten Minderjährigen, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, gelten die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 als erfüllt.
(3) Wird ein Antrag nach Abs. 1 oder Abs. 2 gestellt, hat die Vertretungsbehörde dafür Sorge zu tragen, dass der Fremde ein in einer ihm verständlichen Sprache gehaltenes Befragungsformular ausfüllt; Gestaltung und Text dieses Formulars hat der Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Europa, Integration und Äußeres und nach Anhörung des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (§ 63) so festzulegen, dass das Ausfüllen des Formulars der Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts dient. Außerdem hat die Vertretungsbehörde auf die Vollständigkeit des Antrages im Hinblick auf den Nachweis der Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 hinzuwirken und den Inhalt der ihr vorgelegten Dokumente aktenkundig zu machen. Der Antrag auf Einreise ist unverzüglich dem Bundesamt zuzuleiten.
(4) Die Vertretungsbehörde hat dem Fremden aufgrund eines Antrags auf Erteilung eines Einreisetitels nach Abs. 1 oder 2 ohne weiteres ein Visum zur Einreise zu erteilen (§ 26 FPG), wenn das Bundesamt mitgeteilt hat, dass die Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten wahrscheinlich ist. Eine derartige Mitteilung darf das Bundesamt nur erteilen, wenn
1. gegen den Fremden, dem der Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§§ 7 und 9),
2. das zu befassende Bundesministerium für Inneres mitgeteilt hat, dass eine Einreise den öffentlichen Interessen nach Art. 8 Abs. 2 EMRK nicht widerspricht und
3. im Falle eines Antrages nach Abs. 1 letzter Satz oder Abs. 2 die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 erfüllt sind, es sei denn, die Stattgebung des Antrages ist gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK geboten.
Bis zum Einlangen dieser Mitteilung ist die Frist gemäß § 11 Abs. 5 FPG gehemmt. Die Vertretungsbehörde hat den Fremden über den weiteren Verfahrensablauf in Österreich gemäß § 17 Abs. 1 und 2 zu informieren.
(5) Nach dieser Bestimmung ist Familienangehöriger, wer Elternteil eines minderjährigen Kindes, Ehegatte oder zum Zeitpunkt der Antragstellung minderjähriges lediges Kind eines Fremden ist, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten zuerkannt wurde, sofern die Ehe bei Ehegatten bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat; dies gilt weiters auch für eingetragene Partner, sofern die eingetragene Partnerschaft bereits vor der Einreise des subsidiär Schutzberechtigten oder des Asylberechtigten bestanden hat.“
§ 75 Abs. 24 AsylG 2005 idF BGBl. I Nr. 24/2016 lautet:
„(24) Auf Fremde, denen der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 zuerkannt wurde und auf Fremde, die einen Antrag auf internationalen Schutz vor dem 15. November 2015 gestellt haben, sind die §§ 2 Abs. 1 Z 15, 3 Abs. 4 bis 4b, 7 Abs. 2a und 51a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 nicht anzuwenden. Für diese Fremden gilt weiter § 2 Abs. 1 Z 15 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016. §§ 17 Abs. 6 und 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 sind auf Verfahren, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, nicht anzuwenden. Auf Verfahren gemäß § 35, die bereits vor dem 1. Juni 2016 anhängig waren, ist § 35 Abs. 1 bis 4 in der Fassung vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 weiter anzuwenden. Handelt es sich bei einem Antragsteller auf Erteilung des Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 um den Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des Asylberechtigten bereits vor Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 rechtskräftig zuerkannt wurde, sind die Voraussetzungen gemäß § 60 Abs. 2 Z 1 bis 3 nicht zu erfüllen, wenn der Antrag auf Erteilung des Einreisetitels innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 24/2016 gestellt wurde. § 22 Abs. 1 gilt für Verfahren, die mit Ablauf des 31. Mai 2018 bereits anhängig waren, auch noch nach dem 31. Mai 2018 weiter.“
§ 11 und 11a Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I Nr. 68/2013 lauten:
„Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11 (1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragssteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragssteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
…
Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
§ 11a (1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinn des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.“
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 an die Mitteilung des Bundesasylamtes (nunmehr: des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl) über die Prognose einer Asylgewährung bzw. Gewährung subsidiären Schutzes gebunden, und zwar auch an eine negative Mitteilung. Diesbezüglich kommt ihr keine eigene Prüfungskompetenz zu (vgl. das im Beschwerdefall im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis VwGH 16.12.2014, Ro 2014/22/0034 unter Hinweis auf VwGH 17.10.2013, 2013/21/0152; VwGH 19.06.2008, 2007/21/0423).
Nach dieser Rechtsprechung ist zur Frage des Prüfungsumfangs der österreichischen Vertretungsbehörde bei der Entscheidung über den Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels im Sinne des § 35 Abs. 1 letzter Satz AsylG 2005 auf die Gesetzesmaterialien zur Stammfassung der Vorgängerbestimmung (§ 16 AsylG 1997) zurückzugreifen.
Danach sollten die bei den österreichischen Berufsvertretungsbehörden im Ausland gestellten Asylanträge an die Durchführung eines Vorverfahrens gebunden sein. Bei diesem speziellen Sichtvermerksantrag sollte nämlich ein relativ formalisiertes Ermittlungsverfahren betreffend eine mögliche Asylgewährung stattfinden, in welches das Bundesasylamt einzubinden sei. Treffe das Bundesasylamt die Prognose, dass eine Asylgewährung wahrscheinlich sei, habe die Berufsvertretungsbehörde ohne Weiteres einen entsprechend befristeten Sichtvermerk zur Einreise zu erteilen, worauf das eigentliche Asylverfahren stattzufinden habe. Dieser Mechanismus solle auf der Ebene eines Sichtvermerksverfahrens dazu dienen, die im Hinblick auf eine potentielle Schutzbedürftigkeit heiklen Fälle aus der Vielzahl der Asylanträge im Ausland herauszufiltern, ohne zugleich - im Hinblick auf das relativ formalisierte Verfahren vor der österreichischen Vertretungsbehörde - durch eine negative Asylentscheidung res iudicata zu bewirken und den Asylwerber für immer von einem ordentlichen Asylverfahren auszuschließen. Werde ein Sichtvermerk nicht erteilt, sei der betreffende Asylantrag als gegenstandslos abzulegen (RV 686 BlgNR 20.GP 23).
Schon diese Ausführungen lassen erkennen, dass die österreichische Vertretungsbehörde im Ausland in Bezug auf die Visumserteilung an die Mitteilung des (nunmehr) Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Prognose einer Schutzgewährung gebunden ist. Das Gesetz stellt nur klar, dass es bei einer positiven Mitteilung über die voraussichtliche Stattgebung eines Antrages auf internationalen Schutz durch Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten keiner weiteren Voraussetzungen für die Visumserteilung bedarf, somit die Erteilungsvoraussetzungen und Versagungsgründe des FPG diesfalls unbeachtet zu bleiben haben. Daraus kann nicht abgeleitet werden, dass die Vertretungsbehörde im Falle einer negativen Mitteilung des Bundesamtes noch einmal eine eigene Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Asylgewährung vorzunehmen hätte und zu einem gegenteiligen Ergebnis als die zur Entscheidung über Asylanträge sachlich zuständige Behörde kommen könnte. Für diese Auffassung gibt das Gesetz keine ausreichenden Anhaltspunkte. Es würde auch dem Zweck der Erteilung dieses Einreisetitels zuwiderlaufen, dem Familienangehörigen einer schutzberechtigten Ankerperson im Hinblick auf die voraussichtliche Gewährung von Asyl bzw. subsidiären Schutz die Einreise zu ermöglichen, wenn das zur Beurteilung des Schutzantrages zuständige Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Stattgebung unter diesem Titel nicht für wahrscheinlich erachtet (siehe zu dem ganzen BVwG 12.01.2016, W184 2112510-1ua).
Soweit es innerhalb des mit dem Fremdenbehördenneustrukturierungsgesetz – FNG, BGBl. I Nr. 87/2012 geschaffenen geschlossenen Rechtsschutzsystems allerdings dem Bundesverwaltungsgericht nunmehr offen steht, auch die Einschätzung des Bundeamtes für Fremdenwesen und Asyl über die Wahrscheinlichkeit der Gewährung internationalen Schutzes an den Antragsteller auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (VwGH 01.03.2016, Ro 2015/18/0002), so führt diese Überprüfung im Beschwerdefall zu keinem anderen Ergebnis, weil die Prognose des Bundesamtes nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes zutreffend ist:
Im vorliegenden Fall wurde ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 Abs. 1 AsylG 2005 gestellt und als Bezugsperson der in Österreich Asylberechtigte XXXX , geb. XXXX , StA Syrien, als Vater der Beschwerdeführerin, genannt.
Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich zweifelsfrei, dass die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Antragstellung bereits volljährig war, weshalb die Beschwerdeführerin nicht unter den Familienbegriff des § 35 Abs. 5 AsylG 2005 fällt.
Auch der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung zu Zlen. Ra 2015/21/0230 bis 0231-3 unter anderem mit dem Begriff des Familienangehörigen nach § 35 Abs. 5 AsylG auseinandergesetzt und ausgeführt, dass aus den ErläutRV zum FNG-AnpassungsG 2014 eine restriktive Tendenz in Bezug auf den zu erfassenden Personenkreis zu erkennen sei.
Die belangte Behörde hat zum verfahrensgegenständlichen Einreiseantrag ein mängelfreies Ermittlungsverfahren durchgeführt und ist aufgrund der zutreffenden Mitteilung des Bundesamtes, dass die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten beziehungsweise des Asylberechtigten an die Beschwerdeführerin mangels Familienangehörigeneigenschaft iSd § 35 Abs. 5 AsylG nicht wahrscheinlich sei, zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 AsylG nicht vorliegen.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in Ra 2016/18/0253-0254 vom 21.02.2017 zudem ausführte und auch kürzlich in Ra 2017/19/0609-0611 vom 03.05.2018 wiederholte, stellt die Ausstellung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG 2005 nur eine von mehreren im nationalen österreichischen Recht vorgesehenen Möglichkeiten der Familienzusammenführung dar, und zwar mit dem asylspezifischen Zweck, für die nachziehenden Personen nach Einreise ein Familienverfahren iSd § 34 AsylG 2005 zu eröffnen. Diesem Zweck wird aber nicht entsprochen, wenn - wie im gegenständliche Fall - der (volljährigen) Tochter eines Asylberechtigten die Einreise nach Österreich gestattet würde, da sie bei der Beantragung des internationalen Schutzes nach Einreise von vorneherein nicht dem Familienverfahren nach § 34 AsylG 2005 unterliegen würde. Der Einreisetitel nach § 35 AsylG 2005 erweist sich daher von vornherein als ungeeignetes Mittel, um dem Anliegen der Beschwerdeführerin auf Familienzusammenführung mit ihren in Österreich befindlichen Familienmitgliedern zu entsprechen.
Wenn nun die Beschwerdeführerin reklamiert, dass die aus der Entscheidung der Behörde resultierende Trennung von ihren Eltern das Recht auf ein Privat- und Familienleben nach Art 8 EMRK verletzen würde, ist zunächst festzuhalten, dass die Beziehungen zwischen Eltern und ihren erwachsenen Kindern nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht unter den Begriff des "Familienlebens" des Art. 8 EMRK fallen, außer es können weitere Faktoren einer Abhängigkeit, die über normale Gefühlsbande zwischen solchen Familienangehörigen hinausgehen, festgestellt werden (EGMR 13.12.2007; Emonet und andere/Schweiz, Nr. 39051/03, Abs. 35 und EGMR 07.11.2000, Kwakye-Nti und Dufie/Niederlande, Nr. 31519/96).
Solche Faktoren der Abhängigkeit sind der Aktenlage jedoch nicht zu entnehmen. Zwar wurden bei der Beschwerdeführerin nach dem Tod ihres Bruders und der Ausreise ihrer Mutter Depressionen diagnostiziert - was im Hinblick auf die zeitnahe Häufung tragischer Ereignisse auch nachvollziehbar ist - Hinweise auf eine langfristige psychische Erkrankung liegen jedoch keine vor und ist aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen auch keine Pflegebedürftigkeit der Beschwerdeführerin zu entnehmen. Zumal bis dato auch keine weiteren Befunde in Vorlage gebracht wurden noch Angaben zu ihrem derzeitigen Gesundheitszustand und ihren derzeitigen Lebensumständen erstattet wurden, ist davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit ihrer Antragstellung zumindest nicht wesentlich verschlechtert hätte.
Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass auch die Mutter der Beschwerdeführerin nach einer positiven Wahrscheinlichkeitsprognose des Bundesamtes ihrem Ehemann nach Österreich nachreiste und hier am 16.10.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte, dem am 10.01.2018 stattgegeben wurde. Die Beschwerdeführerin lebt somit zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts bereits über zwei Jahre ohne ihre Eltern und hat ihren Alltag offenbar ohne die Unterstützung durch ihre Eltern bewältigen. Mangels gegenteiliger Hinweise ist in diesem Zeitraum keine existenzbedrohende Situation für die Beschwerdeführerin eingetreten, sodass gegenständlich zwischen der im Ausland aufhältigen Beschwerdeführerin und ihren in Österreich aufhältigen Familienmitgliedern kein derart besonderes Abhängigkeitsverhältnis gegeben ist, das einer Beziehung zwischen Eltern und minderjährigen Kindern gleichkommen würde.
Zumal die Beschwerdeführerin – wie bereits von der ÖB Ankara zutreffend angemerkt- seit 2016 in der Türkei lebt und auch keine Hinweise dafür vorliegen, dass sie dort einer konkret gegen sie gerichteten realen Gefahr einer Verletzung ihrer durch Art. 2 oder 3 EMRK garantierten Rechte ausgesetzt wäre, erscheint die Erteilung eines Einreisetitels nach § 35 AsylG auch in diesem Sinne nicht geboten.
Abgesehen davon ist Gegenstand des Beschwerdeverfahrens nur ein Antrag auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 35 AsylG 2005, worüber die Botschaft in einem relativ formalisierten Ermittlungsverfahren zu entscheiden hat. Die Tatbestandsvoraussetzungen nach dieser Gesetzesbestimmung, die vom Verfassungsgerichtshof nicht beanstandet wurden, liegen gegenständlich, wie ausgeführt, nicht vor. Bei Erteilung eines Einreisetitels ist zu berücksichtigen, dass Art. 8 EMRK im Allgemeinen kein Recht auf Einreise in ein bestimmtes Land gewährt (EGMR 02.08.2001, Fall Boultif, Appl. 54.273/00, newsletter 2001, 159 uva). Art. 8 EMRK gewährt auch kein unmittelbares Zuwanderungsrecht und lässt den Mitgliedstaaten der EMRK bei der Regelung der Einwanderungspolitik einen breiten Ermessensspielraum (vgl. VfSlg 17.013/2003 und 18.613/2008). Die - unter Gesetzesvorbehalt stehende - Regelung des Art. 8 EMRK schreibt auch keineswegs vor, dass in allen Fällen der Familienzusammenführung jedenfalls der Status des Asylberechtigten oder der Status des subsidiär Schutzberechtigten zu gewähren wäre. Vielmehr wird im Regelfall ein Aufenthaltstitel nach den fremdenrechtlichen Bestimmungen in Betracht kommen. Die Verfahren nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) stellen in Österreich den gesetzlich vorgesehenen Weg für einwanderungswillige Drittstaatsangehörige dar, um einen Aufenthaltstitel zu erlangen (so kann etwa subsidiär Schutzberechtigten nach fünf Jahren unter bestimmten Voraussetzungen gemäß § 45 Abs. 12 NAG ein Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" gewährt werden, danach kann eine Familienzusammenführung nach § 46 NAG erfolgen). Gegen die Entscheidung der zuständigen Einwanderungsbehörde stehen letztlich auch noch Rechtsbehelfe an ein Verwaltungsgericht sowie an den Verfassungsgerichtshof und den Verwaltungsgerichtshof offen. In einem Verfahren nach den Bestimmungen des NAG sind aber auch die öffentlichen Interessen, insbesondere am wirtschaftlichen Wohl des Landes, entsprechend in die Prüfung einzubeziehen (zB Einkünfte, Integrationsvereinbarung, Quotenplatz), wird doch das Grundrecht auf Achtung des Privat- und Familienlebens nach Art. 8 EMRK nicht absolut verbürgt, sondern nur unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass der EuGH in seinem Urteil vom 21.04.2016, in der Rechtssache C- 558/14, betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV ausgesprochen hat, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung dahin auszulegen sei, "dass er es den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats erlaubt, die Ablehnung eines Antrags auf Familienzusammenführung auf eine Prognose darüber zu stützen, ob es wahrscheinlich ist, dass die festen, regelmäßigen und ausreichenden Einkünfte, über die der Zusammenführende verfügen muss, um ohne Inanspruchnahme der Sozialhilfeleistungen des betreffenden Mitgliedstaats seinen eigenen Lebensunterhalt und den seiner Familienangehörigen zu decken, während des Jahres nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Antrags weiterhin vorhanden sein werden, und dabei dieser Prognose die Entwicklung der Einkünfte des Zusammenführenden während der sechs Monate vor der Antragstellung zugrunde zu legen". Diese Auslegung lässt jedenfalls erkennen, dass Aspekten des wirtschaftlichen Wohls eines Landes im Zusammenhang mit dem Familiennachzug im Rahmen der öffentlichen Interessen offenkundig ein hoher Stellenwert zukommen darf.
Im Hinblick darauf, dass im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auch keine Möglichkeit der Erteilung eines humanitären Einreisetitels besteht, war spruchgemäß zu entscheiden.
Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu erlassen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Denn das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Antragszeitpunkt Einreisetitel Familienangehöriger Familienbegriff VolljährigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2188181.1.00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020