TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/30 97/04/0118

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Veröffentlicht am 30.09.1997
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Index

95/08 Sonstige Angelegenheiten der Technik;

Norm

IngG 1973 §4 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des K in W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 20. Mai 1997, Zl. 91.508/12719-III/7/97, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Bescheid vom 20. Mai 1997 wies der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten den Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" vom 1. April 1997 mangels Erfüllung der Vorausetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 des Ingenieurgesetzes 1990 ab. Zur Begründung führte der Bundesminister aus, wie aus den dem Antrag beigefügten Unterlagen zu ersehen sei, habe der Beschwerdeführer am 10. Juni 1980 die Reifeprüfung an einer höheren technischen Lehranstalt, Fachgebiet Maschinenbau-Betriebstechnik abgelegt. Hinsichtlich der erforderlichen Berufspraxis habe er folgende Beweismittel vorgelegt: Gewerbeschein mit der Berechtigung zum Anfertigen von technischen Zeichnungen aufgrund inhaltlich vollständig vorgegebener Angaben unter Ausschluß jeder an einen Befähigungsnachweis oder Konzession gebundenen Tätigkeit; Gewerbeschein für das Handelsgewerbe gemäß § 103 Abs. 1 lit. b Z. 25 GewO 1973; Rechnungen über Service-, Wartungs- und Programmierungsaufgaben im Bereich elektronische Datenverarbeitung; Auftragsschreiben betreffend Software für Facility Management Datenaufbereitung; Beschreibung des firmenintern entwickelten Software Paketes CIFM (Objektdatenerfassung und -verwaltung); sowie eine persönliche Stellungnahme aus der hervorgehe, daß der Beschwerdeführer sich mit der Planung von Projekten, deren Umsetzung sowie Dienstleistungen im Bereich Facility Management (Planung, Konstruktion und Erhaltung von Raumressourcen) und Arbeitsplatzanalysen beschäftige. Die dazu eingesetzte Software sei von ihm selbst entwickelt. Bereits in einem vorangegangenen abgeschlossenen Verfahren sei der Beschwerdeführer darauf hingewiesen worden, daß er aufgrund seiner Gewerbeberechtigung nur die Tätigkeit eines technischen Zeichners und technischen Kaufmannes ausüben dürfe, dafür jedoch keine höheren Fachkenntnisse im Umfang einer Ausbildung an einer höheren technischen Lehranstalt erforderlich seien, sondern lediglich Fachkenntnisse, wie sie während der gewerblichen Berufsausbildung vermittelt würden. Die sich aus der Gewerbeberechtigung ergebende Tätigkeit könne daher auch nicht angerechnet werden. Unabhängig von einer Beurteilung, ob die geltend gemachten Tätigkeiten erlaubt ausgeübt worden seien oder nicht, sei festzustellen, daß die Berufspraxis des Beschwerdeführers nicht überwiegend im Bereich Maschinenbau-Betriebstechnik liege, sondern im Bereich elektronische Datenverarbeitung. Ein berücksichtigungswürdiger Umstand wäre, wenn die entwickelte Software dem Bereich Maschinenbau-Betriebstechnik dienen würde. Tatsache sei jedoch, daß die entwickelte Software dem Bereich Raumplanung diene. Eine höhere Fachkenntnisse voraussetzende Tätigkeit in der Fachrichtung Maschinenbau-Betriebstechnik, wie z.B. Planung und Berechnung von Maschinen und technischen Anlagen oder die Konstruktion von Bauteilen und Baugruppen der Fertigungstechnik, die Planung von Arbeitsabläufen und Maßnahmen der Qualitätssicherung sei aus den vorgelegten Unterlagen nicht ersichtlich und sei vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer in dem Recht auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung Ingenieur verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht er geltend, er habe seine Reifeprüfung vor 16 Jahren abgelegt. Während dieser Zeit habe er sich im Rahmen seiner Ausbildung weitergebildet und spezialisiert. Durch die technische-betriebswirtschaftliche Ausbildung auf der HTL "Maschinenbau-Betriebstechnik" sei er in allen Bereichen der gewerblichen und industriellen Wirtschaft, wie Planung, Entwicklung, Projektierung, Kostenrechnung, Betriebsorganisation, einsetzbar. Die belangte Behörde lasse außer Acht, daß es zum Zeitpunkt der Ablegung der Reifeprüfung die Möglichkeit zur Ausbildung eines Wirtschaftsingenieurs bzw. eines EDV-Ingenieurs nicht gegeben habe. Dem gegenüber gebe es derzeit die Fachrichtung Maschinenbau-Betriebstechnik nicht mehr. An diesen Schulen werde jetzt die Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen gelehrt, die eine moderne breitgefächerte Ausbildung unter anderem an elektronischer Datenverarbeitung biete. Die vom Beschwerdeführer ausgeübte Tätigkeit entspreche dem Lehrplan und den Vorstellungen eines Wirtschaftsingenieurs. Die belangte Behörde lasse auch außer Betracht, daß beinahe 50 % des Lehrstoffes einer höheren technischen Lehranstalt in allen Fachrichtungen ident sei und diese keineswegs fachspezifisch seien "und der Beschwerdeführer sehr wohl im Rahmen seiner Ausbildung die erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten verwendet". Nicht berücksichtigt werde auch, daß zum Zeitpunkt des Schulantrittes des Beschwerdeführers im Jahr 1975 der HTL-Abschluß für "Maschinenbau-Betriebstechnik" unter anderem die Lehrabschlußprüfung für die Lehrberufe Bürokaufmann, Einzelhandelskaufmann, Großhandelskaufmann, Industriekaufmann, technischer Zeichner ersetzt habe. Der Beschwerdeführer übe heute jene Tätigkeit aus, welche bereits im Lehrplan 1975 aufgezählt gewesen sei, insbesondere hätte die belangte Behörde bei einem Vergleich der damaligen und heute nicht mehr existierenden Studienrichtung Maschinenbau-Betriebstechnik mit der Studienrichtung Wirtschaftsingenieur feststellen müssen, daß er im Sinne seiner Ausbildung einschlägig tätig sei und er ohne diese im Rahmen der HTL-Ausbildung erworbenen Kenntnisse nicht seinen Beruf ausüben könnte. Unter Betriebstechnik werde nicht nur die Ausbildung auf dem Gebiet des Maschinenbaus verstanden, sondern es sei diese Aubildung auch mit betriebswirtschaftlichem Unterricht verbunden worden. Der Beschwrdeführer habe auf der HTL jene Voraussetzungen erworben, die es ihm erlaubten, im Bereich des Facility Managements tätig zu sein. Ohne Kenntnis der Betriebstechnik und der im Zuge seiner Schulausbildung erworbenen Managementkenntnisse wäre es ihm nicht möglich, seinen Beruf auszuüben. Die ausgeübte Tätigkeit des Beschwerdeführers in den vergangenen Jahren entspreche dem heutigen Stand des Lehrplanes eines Wirtschaftsingenieurs, der an die Stelle des Maschinenbau-Betriebstechnik-Ingenieurs getreten sei. Von der belangten Behörde werde auch außer acht gelassen, daß der Beschwerdeführer erst 16 Jahre nach Ablegung der Reifeprüfung den vorliegenden Antrag gestellt habe und somit mehr als das Fünffache der nach dem Gesetz erforderlichen Zeitspanne von drei Jahren zurückgelegt habe. Des weiteren werde die Arbeitsmarktsituation außer acht gelassen. In einer Zeit, in der nur mehr selten der tatsächlich erlernte Beruf auch tatsächlich ausgeübt werden könne, als auch Flexibilität der Arbeitskräfte verlangt werde, habe der Beschwerdeführer auf seine fachlichen Kenntnisse aufbauend im österreichischen Arbeitsmarkt jene Nische erschlossen, welche sich ihm geboten habe. Die belangte Behörde unterlasse es, näher auf den Begriff der Betriebstechnik einzugehen, welcher keinesfalls, wie von der belangten Behörde mißverständlich restriktiv ausschließlich für den Bereich Maschinenbau verstanden werden dürfe. Unter Betriebstechnik sei sehr wohl die Erfassung von menschlichen und räumlichen Ressourcen zu verstehen und bilde die Kenntnis dieser Fähigkeit nicht nur eine wesentliche Voraussetzung im Bereich des Maschinenbaus, sondern handle es sich dabei um Kenntnisse, welche für alle Bereiche der Arbeitswelt, sowohl der technischen als auch der wirtschaftlichen, erforderlich seien. Im übrigen sei darauf zu verweisen, daß der vom Beschwerdeführer erschlossene Bereich des "Facility Managements" vor allem die Themen Sparen von Betriebskosten und Energie, sowie das Planen und Errichten von intelligenten und flexiblen Gebäuden in den nächsten Jahren immer mehr an Bedeutung erlangen werde. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer geltend, er habe am Freitag, den 16. Mai 1997 über Aufforderung der belangten Behörde weitere Unterlagen vorgelegt. Bereits mit Bescheid vom 20. Mai 1997, einem Dienstag, unmittelbar nach Pfingsten, sei der Antrag abgewiesen worden. Aus der zeitlichen Abfolge sei eindeutig ersichtlich, daß die belangte Behörde unmöglich auf das Vorbringen im Schreiben vom 16. Mai 1997 habe eingehen können. Sowohl diese Unterlagen als auch die vorgebrachten Argumente habe die belangte Behörde ignoriert und übergangen. Dadurch habe die belangte Behörde vorhandene und entscheidungswesentliche Beweismittel nicht gewürdigt und den angefochtenen Bescheid mit dem "Sachverhaltsermittlungsmangel der Unterlassung der Beweiswürdigung" belastet. Dieser Verfahrensmangel sei wesentlich, weil die belangte Behörde bei seiner Vermeidung zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid hätte kommen müssen, nämlich zur Genehmigung des Antrages zur Verleihung des Ingenieurtitels. Durch diesen Vorgang sei auch das rechtliche Gehör des Beschwerdeführers verletzt worden.

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die

a)

die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer höherer technischer oder höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und

b)

eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.

Nach § 2 der Verordnung zur Durchführung des Ingenieurgesetzes 1990, BGBl. Nr. 244/1991 ist als Berufspraxis gemäß § 4 Z. 1 lit. b und Z. 2 lit. b des Ingenieurgesetzes 1990 eine berufliche Tätigkeit anzurechnen, wenn sie erlaubt und selbständig oder in einem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und in überwiegendem Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzt.

Aus dieser Rechtslage ergibt sich zweifelsfrei, daß die für die Verleihung des Ingenieurtitels erforderliche Berufspraxis überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben muß, die jenen Lehrinhalten entsprechen, die das Spezifikum (Fachrichtung) jener höheren technischen oder höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalt darstellen, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert wurde.

Das vom Beschwerdeführer im Verfahren vor der belangten Behörde vorgelegte Reifeprüfungszeugnis enthält eine Stundentafel, die erkennen läßt, daß neben den allgemein-bildenden Fächern der Schwerpunkt der Ausbildung in Mathematik und der Herstellung von Maschinen (Mechanik, Maschinenelemente mit Konstruktionsübungen, Maschinenkunde, mechanische Technologie, Elektrotechnik mit Übungen, technisches Zeichnen, Werkzeug- und Vorrichtungsbau, Werkzeugmaschinen, Konstruktionsübungen, Betriebstechnik, etc.) gelegen war. Ein Anhaltspunkt dafür, daß ein Fachspezifikum der vom Beschwerdeführer abgelegten Ausbildung auch Betriebsorganisation oder Betriebswirtschaft gewesen wäre, läßt sich daraus nicht erkennen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, die vom Beschwerdeführer nachgewiesene Berufspraxis auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung im Zusammenhang mit "Objektendatenerfassung und -verwaltung" und "Planung, Konstruktion und Erhaltung von Raumressourcen" sowie "Arbeitsplatzanalyse" könne nicht als auf jenem Fachgebiet absolviert angesehen werden, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erkennen.

An diesem Ergebnis vermag der Umstand, daß es eine höhere technische Lehranstalt der Fachrichtung "Maschinenbau-Betriebstechnik" derzeit nicht mehr gibt und an deren Stelle die Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen getreten ist, nichts zu ändern, weil es nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes auf jenes Fachgebiet ankommt, auf dessen Gebiet die Reifeprüfung abgelegt wurde. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die vom Beschwerdeführer absolvierte Praxis dem Fachgebiet der Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen entspricht.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist es auch nicht entscheidungsrelevant, daß die von ihm genossene Schulausbildung eine wesentliche Grundlage für seine derzeitige, aber nicht auf dem Fachgebiet der Reifeprüfung liegende Tätigkeit bilde. Auch irrt der Beschwerdeführer, wenn er offenbar meint, die mangelnde Qualifikation der Berufspraxis könne durch eine längere Dauer derselben ersetzt werden. Für eine derartige Auslegung bietet das Gesetz ebensowenig einen Anhaltspunkt, wie für die Ansicht des Beschwerdeführers, die herrschende Arbeitsmarktsituation rechtfertige die Berücksichtigung auch nicht fachspezifischer Berufspraxis als Voraussetzung für die Verleihung des Berufstitels Ingenieur.

Mit dem eine Verletzung von Verfahrensvorschriften behauptenden Beschwerdevorbringen vermag der Beschwerdeführer eine zu seiner Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides schon deshalb nicht darzutun, weil gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG nicht jeder der Behörde unterlaufene Verfahrensverstoß zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen hat, sondern nur ein solcher, bei dessen Vermeidung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist Letzteres nicht offenkundig, ist es Sache des Beschwerdeführers, konkret darzustellen, zu welchen anderen Sachverhaltsfeststellungen die belangte Behörde hätte kommen können, hätte sie den behaupteten Verfahrensmangel vermieden. Diesen Anforderungen kommt das Beschwerdevorbringen nicht nach, weil ihm nicht entnommen werden kann, welche Feststellungen die belangte Behörde nach Meinung des Beschwerdeführers aus dem von ihm am 16. Mai 1997 erstattteten Vorbringen und den mit diesem Schriftsatz vorgelegten Urkunden hätte gewinnen können.

Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997040118.X00

Im RIS seit

21.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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