Entscheidungsdatum
10.08.2020Norm
AVG §68 Abs2Spruch
I406 2208612-2/22E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geb. XXXX, StA. ÄGYPTEN, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.10.2018, Zl. XXXX
A)
I. beschlossen:
Die Beschwerde gegen Spruchpunkte I. und III. des angefochtenen Bescheides wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.
II. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Ägyptens, reiste am 15.05.2012 legal mit gültigem Visum D nach Österreich ein. Nach Ablauf seines Visums mit 24.07.2012 verblieb er illegal in Österreich und wurde am 29.01.2013 nach einer polizeilichen Zufallskontrolle in Schubhaft genommen.
2. Am 30.01.2013 stellte er aus dem Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid des damaligen Bundesasylamtes vom 05.02.2013, Zl. XXXX, wurde dieser Antrag bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II) und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Ägypten ausgewiesen (Spruchpunkt III.).
3. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 05.05.2015, Zl. I407 1432586-1/25E, hinsichtlich der Spruchpunkte I. und II. als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich des Spruchpunktes III. wurde die Rechtssache zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA; belangte Behörde) zurückverwiesen.
4. Mit Bescheid des BFA vom 14.08.2015, Zl. XXXX wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig sei. Es wurde bestimmt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.09.2015, Zl. I405 1432586-2/3E als unbegründet abgewiesen.
5. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach. Eine für den 31.03.2016 geplante Abschiebung nach Ägypten scheiterte, weil der Beschwerdeführer sich seiner Abschiebung durch Untertauchen entzog. Am 11.08.2017 wurde er im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle im Bundesgebiet aufgegriffen.
6. Am 18.08.2017 stellte er einen weiteren Asylantrag, der mit Bescheid des BFA vom 08.09.2017, Zl. XXXX, gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen wurde. Mit weiterem Bescheid vom 25.09.2017, Zl. XXXX, wurde ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Zulässigkeit der Abschiebung nach Ägypten festgestellt. Es wurde keine Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt. Mit Erkenntnissen vom 11.10.2017, Zlen. I407 1432586-3/3E und I407 1432586-4/2E, wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden als unbegründet ab.
7. Mit Mandatsbescheid vom 06.04.2018, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung „XXXX“ zu nehmen und dieser Verpflichtung binnen drei Tagen nachzukommen. Der Beschwerdeführer leistete der Wohnsitzauflage ab dem 11.04.2018 Folge.
8. Am 11.04.2018 übermittelte die Freundin des Beschwerdeführers A.K. ein mit „Verlegungsantrag“ betiteltes Schreiben. Nach erteiltem Verbesserungsauftrag der belangten Behörde vom 18.04.2018 übermittelte der Beschwerdeführer am 20.04.2018 eine Beschwerde gegen den Mandatsbescheid.
9. Am 04.05.2018 fand eine zeugenschaftliche Einvernahme der Freundin des Beschwerdeführers A.K. durch das BFA betreffend die beabsichtigte Wohnsitzauflage statt.
10. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 09.05.2018 forderte das BFA den Beschwerdeführer zur Erstattung einer Stellungnahme im Verfahren zur Erlassung einer Wohnsitzauflage auf. Eine solche wurde am 30.05.2018 durch die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers übermittelt.
11. Am 20.07.2018 stellte der Beschwerdeführer den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete und machte geltend, eine Abschiebung sei aus tatsächlichen, von ihm nicht zu vertretenden Gründen unmöglich.
12. Der Beschwerdeführer erklärte im Rahmen zahlreicher Rückkehrberatungsgespräche mit dem Verein Menschenrechte Österreich, nicht rückkehrwillig zu sein, zuletzt am 14.09.2018.
13. Mit dem nunmehr angefochtenen (Vorstellungs-)Bescheid vom 03.10.2018, Zl. XXXX, wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 Abs. 1 FPG aufgetragen, bis zu seiner Ausreise durchgängig Unterkunft in der Betreuungseinrichtung „XXXX“ zu nehmen und dieser Verpflichtung unverzüglich nachzukommen (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde sein Antrag auf Ausstellung einer Karte für Geduldete vom 20.07.2018 gemäß § 46a Absatz 4 in Verbindung mit Absatz 1 Ziffer 3 abgewiesen. (Spruchpunkt II.) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen diesen Bescheid wurde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen (Spruchpunkt III.).
14. Der Beschwerdeführer erhob dagegen fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und machte darin geltend, immer kooperativ gewesen zu sein.
15. Die gegenständliche Beschwerde und der bezughabende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 13.11.2018 vorgelegt.
16. Am 21.11.2018 übermittelte der Beschwerdeführer durch seine damalige Rechtsvertretung, den Verein Menschenrechte Österreich, eine Beschwerdeergänzung. Er machte zusammengefasst geltend, dass ihn an der Unmöglichkeit seiner Abschiebung kein Verschulden treffe. Das Verfahren zur Ermittlung eines Ersatzreisedokumentes sei seit 11.08.2017 eingeleitet, er sei greifbar und kooperiere, trotzdem habe kein Ersatzreisedokument ausgestellt werden können. Die Wohnsitzauflage greife unzulässiger Weise in sein Privat- und Familienleben ein. Er spreche sehr gut Deutsch, habe die B1 Prüfung abgelegt und bestanden und einen B2 Kurs besucht. Er sei in Österreich sehr gut integriert und möchte unbedingt hier bleiben, um zu arbeiten und sich mit seiner Freundin eine Zukunft aufzubauen. Daher sei ihm eine Karte für Geduldete auszustellen.
17. Mit Bescheid vom 19.02.2019, Zl. XXXX, hob das BFA den Spruchpunkt I. des verfahrensgegenständlichen Bescheides vom 03.10.2018 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen auf.
18. Am 28.09.2019 übermittelte der Beschwerdeführer eine Vollmacht für seine nunmehrige Rechtsvertretung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen
Der Beschwerdeführer ist ägyptischer Staatsangehöriger. Seine Identität steht fest.
Er ist volljährig, leidet an keinen lebensbedrohlichen Krankheiten und ist arbeitsfähig.
Er hält sich seit mindestens 15.05.2012 in Österreich auf und stellte insgesamt zwei Anträge auf internationalen Schutz, die mit den im Verfahrensgang genannten Erkenntnissen des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.09.2015, sowie vom 11.10.2017 rechtskräftig in zweiter Instanz ab- bzw. zurückgewiesen wurden.
Der damit verbundenen Ausreiseverpflichtung ist der Beschwerdeführer bislang nicht nachgekommen sondern verblieb unrechtmäßig im Bundesgebiet.
Der Beschwerdeführer entzog sich im März 2016 durch Untertauchen seiner Abschiebung und war während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet nicht durchgehend behördlich gemeldet. Seit 26.11.2019 verfügt er neuerlich über keine behördliche Meldeadresse im Bundesgebiet.
Der Beschwerdeführer hat bisher in keiner Weise am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung kooperiert und keine Schritte gesetzt, seinen illegalen Aufenthalt aus eigenem zu beenden. Vielmehr erklärte er im Zuge von mindestens 13 Rückkehrberatungsgesprächen ausdrücklich, nicht ausreisewillig zu sein, zuletzt am 14.09.2018.
Durch sein Verhalten verletzte der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht.
Es konnten keine außerhalb der Sphäre des Beschwerdeführers liegenden Gründe festgestellt werden, die seine Abschiebung aus dem Bundesgebiet unmöglich erscheinen ließen.
Der Beschwerdeführer wurde von den Behörden seines Herkunftsstaates als ägyptischer Staatsbürger identifiziert. Das ägyptische Konsulat in Wien bestätigte gegenüber dem BFA am 26.09.2018, dass zur Ausstellung eines Ersatzreisedokumentes noch auf die Zustimmung der Behörden in Kairo zu warten sei. Am 21.01.2020 wurde schließlich die Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates erteilt.
Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides (betreffend die Wohnsitzauflage) wurde mit Bescheid des BFA vom 19.02.2019, Zl. XXXX, gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufgehoben.
2. Beweiswürdigung
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister, dem Zentralen Melderegister (ZMR) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.
Die belangte Behörde hat ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung der angefochtenen Bescheide die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde in den angefochtenen Bescheiden. Auch dem Beschwerdeschriftsatz vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente zu entnehmen, welche geeignet wären, die von der erstinstanzlichen Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des sichergestellten ägyptischen Reisepasses Nr. XXXX fest.
Die Feststellung zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.
Die Feststellungen zum Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, zum Ausgang der Verfahren über seine Anträge auf internationalen Schutz, zu den erlassenen Rückkehrentscheidungen und zum Verbleib in Österreich trotz rechtskräftiger Ausreiseverpflichtung ergeben sich unstrittig aus dem Akteninhalt in Zusammenschau mit aktuellen Auszügen aus dem zentralen Melderegister und dem zentralen Fremdenregister.
Aus einer Abfrage aus dem zentralen Melderegister geht hervor, dass der Beschwerdeführer seiner Meldeverpflichtung wiederholt nicht nachgekommen ist und schon seit mehreren Monaten über keine Meldeadresse mehr im Bundesgebiet verfügt.
Es ist nicht aktenkundig, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung, aus eigenem ein Reisedokument bei der für ihn zuständigen Stelle einzuholen, nachgekommen wäre.
Es liegen keinerlei Umstände vor, die den Beschwerdeführer an einer Kontaktaufnahme mit der Konsularabteilung der Botschaft der Arabischen Republik Ägypten in Österreich zwecks Erlangung eines Reisedokumentes hindern würden und wurde derartiges auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Aus dem Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass der Beschwerdeführer bei zahlreichen Rückkehrberatungsgespräche mit dem Verein Menschenrechte Österreich stets erklärte, nicht rückkehrwillig zu sein. Daher ist die Annahme, dass er seiner Verpflichtung zur Ausreise weiterhin nicht nachkommen wird, begründet (AS 501, 543 und 555).
Daher war festzustellen, dass der Beschwerdeführer seine Mitwirkungspflicht verletzt hat.
Es konnte somit in Zusammenschau nicht festgestellt werden, dass seine Abschiebung aus tatsächlichen, vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint.
Die Feststellung zur Identifizierung des Beschwerdeführers und der Zustimmung zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates durch die Behörden seines Herkunftsstaates ergibt sich aus dem Verwaltungsakt in Zusammenschau mit dem zentralen Fremdenregister.
Die Feststellung, dass Spruchpunkt I. des bekämpften Bescheides von der belangten Behörde amtswegig aufgehoben wurde ergibt sich aus dem vorliegenden Bescheid des BFA vom 19.02.2019, Zl. XXXX.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
3.1. Zu Spruchpunkten I. und III. des angefochtenen Bescheides (Wohnsitzauflage; Aberkennung der aufschiebenden Wirkung - Einstellung des Verfahrens durch Beschluss wegen Klaglosstellung)
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Die Einstellung steht nach dem allgemeinen Verständnis am Ende jener Verfahren, in denen ein Erledigungsanspruch nach Beschwerdeeinbringung verloren geht. Neben dem Fall der Zurückziehung der Beschwerde oder des Untergangs des Beschwerdeführers kann analog zu § 33 VwGG eine Einstellung des Verfahrens auch bei (materieller) Klaglosstellung des Beschwerdeführers wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses in Betracht kommen (vgl. dazu auch Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], § 28 VwGVG, Anm 5). Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist gemäß § 33 Abs. 1 VwGG eine Beschwerde mit Beschluss für gegenstandslos geworden zu erklären, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde; eine Klaglosstellung liegt im Bescheidprüfungsverfahren insbesondere dann vor, wenn der angefochtene Bescheid formell aufgehoben wird (vgl. etwa VwGH 27.02.2015, 2013/17/0286).
Spruchpunkt I. des hier bekämpften Bescheides wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 19.02.2019 gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufgehoben.
Daher war zufolge Klaglosstellung der beschwerdeführenden Partei das Verfahren in Bezug auf Spruchpunkte I. und III. als gegenstandslos geworden zu erklären und gemäß § 28 Abs. 1 iVm § 31 Abs. 1 VwGVG einzustellen.
3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides (Nicht-Erteilung einer Karte für Geduldete)
3.2.1 Zur anzuwendenden Rechtslage:
Gemäß § 46 Abs. 2 FPG hat ein zur Ausreise verpflichteter Fremder, der über kein Reisedokument verfügt und ohne ein solches seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachkommen kann – vorbehaltlich des Abs. 2a – bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde aus Eigenem ein Reisedokument einzuholen und gegenüber dieser Behörde sämtliche zu diesem Zweck erforderlichen Handlungen, insbesondere die Beantragung des Dokumentes, die wahrheitsgemäße Angabe seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft sowie die Abgabe allfälliger erkennungsdienstlicher Daten, zu setzen; es sei denn, dies wäre aus Gründen, die der Fremde nicht zu vertreten hat, nachweislich nicht möglich. Die Erfüllung dieser Verpflichtung hat der Fremde dem Bundesamt gegenüber nachzuweisen. Satz 1 und 2 gilt nicht, wenn der Aufenthalt des Fremden gemäß § 46a geduldet ist.
Gemäß § 46a Abs. 1 Z 3 FPG ist der Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet zu dulden, solange deren Abschiebung aus tatsächlichen, vom Fremden nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint, es sei denn, es besteht nach einer Entscheidung gemäß § 61 weiterhin die Zuständigkeit eines anderen Staates oder dieser erkennt sie weiterhin oder neuerlich an. Die Ausreiseverpflichtung eines Fremden, dessen Aufenthalt im Bundesgebiet gemäß Satz 1 geduldet ist, bleibt unberührt.
Gemäß Abs. 3 leg cit liegen vom Fremden zu vertretende Gründe (Abschiebungshindernisse) jedenfalls vor, wenn er
1. seine Identität verschleiert,
2. einen Ladungstermin zur Klärung seiner Identität oder zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes nicht befolgt oder
3. an den zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes notwendigen Schritten nicht mitwirkt oder diese vereitelt.
Gemäß Abs. 4 leg cit hat das Bundesamt bei Vorliegen der Voraussetzungen nach Abs. 1 von Amts wegen oder auf Antrag eine Karte für Geduldete auszustellen.
3.2.2 Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall
3.2.2.1. Eingangs ist festzuhalten, dass es nach dem Ergehen einer Rückkehrentscheidung allein an dem betroffenen Fremden gelegen ist, seiner Ausreiseverpflichtung nachzukommen und von sich aus alle dazu notwendigen, vorbereitenden Maßnahmen zu setzen (vgl § 46 Abs. 2 FPG). Schließlich handelt es sich bei einer Rückkehrentscheidung um einen höchstpersönlich wirkenden Leistungsbescheid, der den Bescheidadressaten – allenfalls unter Gewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG (Paritionsfrist) – zum Verlassen des Bundesgebietes verpflichtet.
Da somit nur der Fremde selbst als Bescheidadressat diese Leistungspflicht erfüllen kann, muss er sich, sofern er über kein gültiges Reisedokument verfügt, rechtzeitig um die Ausstellung eines solchen bemühen.
3.2.2.2 Eine Abschiebung von ausreisepflichtigen Fremden – sprich: eine zwangsweise Vollstreckung der Ausreiseverpflichtung – ist ausschließlich bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Z 1 bis 4 FPG vorgesehen, nämlich (u.a.) wenn sie ihrer Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen sind (Z 2).
Nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 FPG hat die belangte Behörde also die Abschiebung des Fremden zu veranlassen und nur wenn der Fremde über kein Reisedokument verfügt und die Abschiebung nicht ohne ein solches durchgeführt werden kann, hat die belangte Behörde darüber hinaus gemäß Abs. 2 leg cit bei der für ihn zuständigen ausländischen Behörde ein Ersatzreisedokument für die Abschiebung einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen auszustellen.
3.2.2.3. Aus dem Wortlaut des § 46a Abs. 1 Z 3 FPG in Verbindung mit einer teleologisch-systematischen Betrachtungsweise ergibt sich somit Folgendes:
Wird gegen einen Fremden eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung erlassen und seine Abschiebung für zulässig erklärt, liegen die Voraussetzungen für eine Duldung des Aufenthaltes dieses Fremden jedenfalls dann nicht vor, wenn dieser Fremde seiner Verpflichtung zur freiwilligen Ausreise aus dem Bundesgebiet schuldhaft nicht nachgekommen ist (vgl. dazu das Erkenntnis vom 9. Dezember 2014, G 160/2014 ua; G 171/2014 ua, in dem der Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Duldung nach § 46a Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, auf die Unmöglichkeit einer [freiwilligen] Ausreise Bezug nimmt). Der Aufenthalt eines ausreisepflichtigen Fremden im Bundesgebiet ist überdies dann nicht zu dulden, wenn dieser seine Mitwirkungspflicht nach § 46 Abs. 2 FPG verletzt hat, weil er an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments nicht im erforderlichen Umfang mitgewirkt hat.
Für den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet das, dass dem Beschwerdeführer eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen ist, zumal nicht festgestellt werden konnte, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers aus tatsächlichen, vom Beschwerdeführer nicht zu vertretenen Gründen unmöglich erscheint.
Der Beschwerdeführer hat keinen Nachweis darüber vorgelegt, dass er aus eigener Initiative Kontakt mit der Botschaft Ägyptens zwecks Ausstellung eines Reisedokumentes aufgenommen hat. In der Beschwerde verweist er lediglich darauf, dass ihm kein Heimreisezertifikat ausgestellt werden könne.
Der Beschwerdeführer hat jedoch bisher in keiner Weise am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung kooperiert und keine Nachweise darüber vorgelegt, dass er sich je bemüht hätte, den Zustand seines illegalen Aufenthaltes aus eigenem zu beenden. Vielmehr erklärte er im Zuge zahlreicher Rückkehrberatungsgesprächen ausdrücklich, er sei nicht ausreisewillig, und entzog sich mehrmals durch Untertauchen dem Zugriff der Behörden.
Aus diesen Gründen ist die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ägypten nicht aus tatsächlichen, nicht von ihm zu vertretenden Gründen unmöglich. Dem Beschwerdeführer ist eine schuldhafte Verletzung seiner Ausreiseverpflichtung zur Last zu legen.
Der Beschwerdeführer hat somit die Gründe, warum seine Abschiebung bislang nicht erfolgt ist, selbst zu vertreten und war sein Aufenthalt nicht iSd. § 46a Abs. 1 Z 3 FPG zu dulden und ihm auch keine Karte für Geduldete gemäß Abs. 4 leg. cit. auszustellen.
Ein unter § 46a Abs. 1 Z 1, Z 2 oder Z 4 FPG zu subsumierender Sachverhalt wurde seitens des Beschwerdeführers weder vorgebracht noch ergibt er sich solcher aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren.
Der Erlassung des angefochtenen Bescheides sind zwei Asylverfahren vorangegangen, in welchen rechtskräftig eine Rückkehrentscheidung erlassen und die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ägypten für zulässig erklärt wurde. Damit gehen die vom Beschwerdeführer im Verfahren vorgebrachten Umstände, welche einer Rückkehrentscheidung und einer Abschiebung entgegenstünden (insbesondere auch die Ausführungen zu seinem Privat- und Familienleben) ins Leere, weil eine neuerliche Auseinandersetzung mit damit im Verfahren zur Ausstellung einer Duldungskarte dem Gedanken der Rechtskraft zuwiderlaufen und es einem ehemaligen Asylwerber ermöglichen würde, sein bereits rechtskräftig entschiedenes Asylverfahren wieder aufzurollen.
Da die Voraussetzungen für eine Duldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach § 46a Abs. 1 Z 3 FPG nicht vorliegen und das Nichtvorliegen der Voraussetzungen nach § 46a Abs. 1 Z 1, 2 und 4 FPG bereits im Asylverfahren abgeklärt wurde, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
4. Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, 2014/20/0017 und -0018, aus, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der für die rechtliche Beurteilung entscheidungsrelevante Sachverhalt von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben wurde und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweist. Ferner muss die Verwaltungsbehörde die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offengelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung in seiner Entscheidung teilen. Auch darf im Rahmen der Beschwerde kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht zu bleiben hat, wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.
Die genannten Kriterien sind im vorliegenden Fall erfüllt, da der Sachverhalt durch die belangte Behörde vollständig erhoben wurde. Die Beweiswürdigung der belangten Behörde wird seitens des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt. Im gegenständlichen Fall wurden die für die Entscheidung maßgeblichen Feststellungen (weder im Mandatsbescheid noch im nunmehr angefochtenen Bescheid) substantiiert bestritten. Es sind im Verfahren vor dem BFA auch keine neuen, in Beurteilung zu ziehenden Aspekte hervorgekommen. Zudem bestreitet die Beschwerde den von der Behörde festgestellten Sachverhalt nur völlig unsubstantiiert, sodass sich daraus kein relevanter bzw. über das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hinausgehender Sachverhalt ergibt.
Der maßgebliche Sachverhalt ist aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen (vgl. § 27 VwGVG), wobei eine mündliche Erörterung auch keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten lässt. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte sohin gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben.
Zu Spruchteil B):
Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen sind aufgrund der klaren Rechtslage nicht hervorgekommen.
Schlagworte
amtswegige Aufhebung aufrechte Rückkehrentscheidung Ausreiseverpflichtung Duldung Einstellung Einstellung des (Beschwerde) Verfahrens Gegenstandslosigkeit Karte für Geduldete Klaglosstellung Mitwirkungspflicht Reisedokument Verfahrenseinstellung Verschulden WohnsitzauflageEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2208612.2.00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020