Entscheidungsdatum
20.08.2020Norm
BBG §40Spruch
W133 2225130-1/
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die aus Anlass des gemäß § 45 Abs. 2 BBG in Form der Ausstellung eines Behindertenpasses ergangenen Bescheides des Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland, vom 10.10.2019, erhobene Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Begründung:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin stellte am 22.05.2019 beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Burgenland (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet) einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG). Diesem Antrag legte sie zwei Radiologie-Befunde vom 11.02.2019 und 30.04.2019, eine Kopie ihres Personalausweises und einen Bescheid über die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft bei.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Facharztes für Orthopädie unter Anwendung der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 20.09.2019 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
Position
GdB %
1
Schulterengsyndrom rechts und Riss der Sehnenmanschette der linken Schulter mit deutlicher Einschränkung des Bewegungsumfanges und Alltagsbewegungen sowie ausgeprägtem nächtlichem Schmerzsyndrom beidseits
Fixer Richtsatzwert
02.06.06
50
2
Chron. Lumbalgie mit lokoregionären Schmerzen sowie intermittierenden Ausstrahlungen in die Beine
Oberer Rahmensatz aufgrund der notwendigen Schmerzmedikation
02.01.01
20
zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, der Gesamtgrad der Behinderung definiere sich primär durch das Leiden 1. Durch das Leiden 2 komme es zu einer zusätzlichen Einschränkung mit teilweiser negativer wechselseitiger Beeinflussung. Jedoch komme es durch das Leiden 2 aufgrund der untergeordneten klinischen Relevanz zu keiner Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung. Es wurde eine Nachuntersuchung für 05/2021 empfohlen, das eine operative Versorgung der Schulter links geplant sei und nach vollständiger Rehabilitation eine neuerliche Begutachtung notwendig werde. Es wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführerin die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.
Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.09.2019 wurde auf Grund des am 22.05.2019 eingelangten Antrages der Beschwerdeführerin festgestellt, dass diese ab 22.05.2019 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Der Grad der Behinderung wurde mit 50 v.H. festgesetzt. Dies erfolgte unter Zugrundelegung des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 20.09.2019, wonach der Grad der Behinderung 50 v.H. betrage. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Das eingeholte Gutachten vom 20.09.2019 wurde der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.
Am 01.10.2019 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses. Es wurde kein Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass bzw. auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen) gestellt.
Mit Schreiben der belangten Behörde vom 09.10.2019 wurde der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrages vom 01.10.2019 mitgeteilt, dass laut Ergebnis des medizinischen Ermittlungsverfahrens ein Grad der Behinderung von 50 v.H. festgestellt worden sei. Der bis 31.05.2021 befristete Behindertenpass im Scheckkartenformat werde in den nächsten Tagen übermittelt werden.
Mit Begleitschreiben der belangten Behörde vom 10.10.2019 wurde der Beschwerdeführerin der befristete Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. übermittelt. Diesem Behindertenpass kommt gemäß der Bestimmung des § 45 Abs. 2 BBG Bescheidcharakter zu.
Aus Anlass der Übermittlung dieses in Form der Ausstellung eines befristeten Behindertenpasses ergangenen Bescheides erhob die Beschwerdeführerin mit handschriftlichem Schreiben vom 28.10.2019 fristgerecht eine Beschwerde. Ohne Vorlage von Beweismitteln bringt die Beschwerdeführerin vor, dass der übermittelte Behindertenpass auf einem Behindertenparkplatz leider nicht benützbar sei. Sie benötige aber einen Behindertenparkplatz, weil sie wegen ihrer Schulterverletzung nichts weit tragen könne.
Die belangte Behörde legte am 06.11.2019 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt.
Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die belangte Behörde stellte der Beschwerdeführerin aufgrund ihres Antrages vom 01.10.2019 am 10.10.2019 einen bis 31.05.2021 befristeten Behindertenpass mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 50 v.H. aus. Dieser Behindertenpass beinhaltet nicht die Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung".
Die Beschwerde wurde zwar aus Anlass der Übermittlung dieses Behindertenpasses erhoben, wendet sich jedoch ausschließlich gegen den Umstand, dass mit diesem Behindertenpass Behindertenparkplätze nicht benützt werden können und somit gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass, um einen Parkausweis für Menschen mit Behinderungen erlangen zu können.
Die Beschwerdeführerin hat bisher keinen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass gestellt.
Ein gesonderter bescheidmäßiger Abspruch der belangten Behörde über das Vorliegen oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund eine Behinderung" in dem Behindertenpass ist – schon mangels diesbezüglicher Antragstellung durch die Beschwerdeführerin – nicht erfolgt.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der oben festgestellte und für die Entscheidung maßgebende Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt.
Die Feststellung, dass bisher kein gesonderter Bescheid der belangten Behörde hinsichtlich der Frage des aktuellen Vorliegens der Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass ergangen ist, gründet sich auf den vorgelegten Verwaltungsakt.
In der Beschwerde lässt die Beschwerdeführerin keinen Zweifel daran, dass weder die Ausstellung des Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H., noch die Befristung dieses Behindertenpasses beeinsprucht werden (diesbezüglich wurde von der Beschwerdeführerin keinerlei Vorbringen erstattet), sondern die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass begehrt wird, um einen Parkausweis für Menschen mit Behinderungen erlangen zu können.
Der Wortlaut des Beschwerdevorbringens ist eindeutig und lässt keine andere Interpretation zu.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
Gemäß § 45 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
Die gegenständliche Beschwerde wurde zwar aus Anlass der Übermittlung des als Bescheid geltenden Behindertenpasses erhoben, wendet sich jedoch ausschließlich gegen den Umstand, dass damit Behindertenparkplätze nicht benützt werden können und somit gegen die Nichtvornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass, um einen Parkausweis für Menschen mit Behinderungen erlangen zu können.
Im gegenständlichen Fall erfolgte, wie den getroffenen Feststellungen zu entnehmen ist, allerdings - mangels entsprechender Antragstellung - kein bescheidmäßiger Abspruch der belangten Behörde über das (Nicht)Vorliegen der Voraussetzungen für die Vornahme dieser Zusatzeintragung.
Gemäß Artikel 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat und nicht das, was der Berufungswerber zum Inhalt der Berufungsschrift gemacht hat (VwGH vom 11.11.1991, Zl. 90/19/0505). Diese Judikatur ist nach der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf die Begrenzung des Beschwerdegegenstandes der Verwaltungsgerichte übertragbar. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG 2014 vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH vom 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Ein in der Bescheidbeschwerde vorgebrachtes Begehren, welches den Gegenstand des angefochtenen Verfahrens überschreitet, kann den zulässigen Beschwerdegegenstand nicht darüber hinaus erweitern.
Da die Beschwerde zwar aus Anlass der Zustellung des als Bescheid geltenden Behindertenpasses vom 10.10.2019 erhoben wurde, jedoch ihrem Inhalt nach den Gegenstand des Spruches dieses als Bescheid geltenden Behindertenpasses überschreitet, und - mangels entsprechendem Antrag – auch kein sonstiger bescheidmäßiger Abspruch der belangten Behörde über die Frage der Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass vorliegt, ist die Beschwerde mangels eines bekämpfbaren Bescheides spruchgemäß als unzulässig zurückzuweisen.
Sollte die Beschwerdeführerin einen Ausweis gemäß § 29b StVO (Parkausweis für Menschen mit Behinderungen) erlangen wollen, müsste sie in weiterer Folge einen entsprechenden Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in dem Behindertenpass bei der belangten Behörde stellen.
Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Beschwerdegegenstand Unzulässigkeit der Beschwerde Zurückweisung ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2225130.1.00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020