TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/30 I416 2224976-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.08.2020
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Entscheidungsdatum

30.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs2
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I416 2224976-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Alexander BERTIGNOL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Sierra Leone, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, als Mitglied der ARGE-Rechtsberatung, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2019, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.07.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt III. wie folgt lautet:

"Eine ‚Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz' gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird nicht erteilt.“

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

l. Verfahrensgang:

1.       Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Sierra Leone reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen ins Bundesgebiet ein und stellte am 14.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz. Zu seiner Fluchtroute, führte er aus, dass er sein Heimatland zu Fuß und Pkw in Richtung Türkei verlassen habe, wo er sich ein Jahr aufgehalten habe, danach sei er nach Griechenland gereist und von Griechenland mit dem Bus und Zug bis nach Slowenien und von Slowenien mit dem Bus schließlich nach Österreich. Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab er wörtlich an: „Ich war zwei Jahre alt als mein Vater gestorben war und vor einem Jahr verstarb meine Mutter. Ich hatte keine Personen die ich mehr kannte und ich konnte dort nicht mehr leben, weil ich keinen Platz zum Schlafen hatte. Ich konnte mir mein Leben nicht allein leisten, deshalb bin ich hierhergekommen um ein besseres Leben aufzubauen.“ Gefragt, was er im Falle einer Rückkehr in seine Heimat befürchte, gab er wörtlich an: „Dass ich auf der Straße leben muss.“

2.       Mit Beschluss des Bezirksgerichtes XXXX vom 9.2.2016, Zl. XXXX , wurde die Obsorge für den Beschwerdeführer an den Jugendwohlfahrtsträger der Stadt XXXX übertragen.

3.       Am 29.03.2017, wurde der Beschwerdeführer von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Zu seinen persönlichen Verhältnissen führte aus, dass seine Muttersprache Fula sei, er aber auch noch Krio, Englisch und ein wenig deutsch sprechen würde. Er sei gesund, gehöre der Volksgruppe der Fula an und sei moslemischen Glaubens. Er sei in Freetown geboren und aufgewachsen und habe dort bis zu seiner Ausreise gelebt. In seinem Heimatland habe er sechs Jahre die Volksschule und vier Jahre die Mittelschule besucht, aber nicht abgeschlossen, er sei ledig und habe keine Kinder. Seinen Vater habe er verloren, als er zwei Jahre alt gewesen sei, Geschwister habe er keine. Seine Mutter sei im Jahr 2014 gestorben, seine Mutter habe Probleme mit ihrer Familie gehabt und deshalb keinen Kontakt, dem Bruder seines Vaters, sei er begegnet, als er zehn Jahre alt gewesen wäre und danach nie wieder. Im Sierra Leone, habe seine Mutter vor ihrem Haus ein Geschäft gehabt und Vorhänge und afrikanische Kleidung verkauft, verlassen habe er Sierra Leone im Oktober 2014. Letztlich führte aus, dass er in Österreich keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandte habe.

4.       Am 12.04.2017 fand eine forensisch-afrikanistische Befunderhebung zu den Sprachkompetenzen des Beschwerdeführers statt. Das in Auftrag gegebene Sprachgutachten ergab, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von einer Hauptsozialisierung des Beschwerdeführers in Sierra Leone auszugehen sei.

5.       Am 03.09.2019, wurde der Beschwerdeführer ein weiteres Mal von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Er führte aus, dass er gesund sei, dass er aber aufgrund von Schlafproblemen Medikamente genommen habe, diese aber nicht mehr nehme und würde er einmal pro Woche zur Psychotherapie bei Hemayat gehen. Er gab weiters an, dass er keine Dokumente besitzen würde, die seine Identität bestätigen würden. Die Angaben hinsichtlich seiner Lebensumstände in Sierra Leone aus der vorangegangenen Einvernahme hielt der Beschwerdeführer aufrecht. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte er zusammengefasst aus, dass sein Leben in Gefahr sei, seine Mutter sei krank gewesen und seien eines Tages ein Rettungswagen und die Polizei und viele Leute in weißer Kleidung gekommen, die seiner Mutter eine Spritze in die große Zehe gegeben hätten. Sie hätten seine Mutter dann weggebracht und sei diese zwei oder drei Tage später gestorben. Er gab weiters zu Protokoll, dass alle seine Nachbarn behauptet hätten, dass seine Mutter an Ebola gestorben sei und sei er daraufhin auch unter Verdacht gestanden, an Ebola zu leiden. Alle hätten ihn gemieden und wollte niemand in seiner Nähe sein und habe ein Nachbar auch gesagt, dass er nicht mehr mit seinem Sohn spielen dürfe, da er sonst die Rettung und die Polizei rufen würde, damit sie ihn mitnehmen würden. Dieser habe gesagt, dass seine Mutter an Ebola gestorben sei und sei er aus dem Haus gelaufen, als er die Rettung und die Polizei kommen sah. Sein Leben bedeute Gefahr für die Menschen, dies sei der Grund, warum er Sierra Leone verlassen habe. Gefragt, wer denn der Mann gewesen sei, der ihm zur Ausreise verholfen habe, gab er an, dass es ein Regierungsbediensteter gewesen sei, weil das Kennzeichen seines Autos anders gewesen sei, als jenes der normalen Menschen. Kennengelernt habe er diesen Mann, bei einem verlassenen Kiosk vor dem Haus dieses Mannes. Dieser habe ihn gefragt, was er dort machen würde, er habe es ihm kurz erklärt und hätte dieser auch Angst gehabt. Dieser hätte ihn dann auf seinem Grundstück in einem kleinen Haus neben seinem Haus bleiben lassen und hätte dieser im zwei Tage später mitgeteilt, dass er ihn zu seinem Bruder in die Türkei schicken würde. Gefragt, ob er außer den geschilderten Problemen weitere Probleme in seinem Herkunftsstaat habe, gab er an, dass er nicht zurückgehen könne, da sein Name dort sicher auf einer Polizeiliste stehen würde, er könne nicht an den Ort zurück, an dem er gewohnt habe, da dort vermutlich einige Menschen gestorben seien und wenn sie ihn sehen würden, dann würden sie ihn totschlagen. Gefragt, warum diese ihn totschlagen würden, führte er wörtlich aus: „Weil meine Mutter verdächtig war, an Ebola gestorben zu sein und auch ich, das heißt, wenn jemand nach uns verstorben ist werden sie sagen das meine Mutter oder ich diese Krankheit übertragen hat.“ Auf Vorhalt, warum er dies nicht bereits in seiner Erstbefragung am 14. November erwähnt habe, gab er an: „Meine Mutter ist nicht an Ebola verstorben, meine Mutter hatte nur Kopfschmerzen. Aber aufgrund der Kopfschmerzen wurde sie verdächtigt Ebola zu haben. Ich hatte schon zuvor gesagt, dass, ihr eine Spritze in die große Zehe verabreicht wurde 2 bis 3 Tage später teilte man mir mit, sie wäre tot. Sie haben sie umgebracht.“ Auf die Frage wer seine Mutter getötet haben soll, antwortete er wörtlich: Die Leute, die ganz verhüllt und in Weiß angezogen waren, sie haben sie umgebracht, weil sie ja nur Kopfschmerzen hatte und sie ihr die Spritze verabreicht haben.“ Auf Vorhalt, dass er im Rahmen der Erstbefragung dies mit keinem Wort erwähnt habe, sondern lediglich angegeben habe, dass er sich hier ein besseres Leben aufbauen wolle und er nach dem Tod seiner Mutter in Sierra Leone keinen Schlafplatz gehabt hätte und sich das Leben nicht mehr habe leisten können, gab er an, dass er sich noch genau erinnern könne und dass es Missverständnisse zwischen dem Dolmetscher und dem Referenten gegeben habe. Er gab weiters an, dass er nie Probleme mit den Behörden seines Heimatstaates gehabt habe, dass er in Sierra Leone nie politisch aktiv gewesen sei, dass er nie Probleme bezüglich seiner Religion gehabt habe. Bezüglich seiner ethnischen Herkunft sei er immer wieder provoziert worden, dies sei aber normal gewesen. Gefragt, was genau er im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone zu befürchten habe, führte er wörtlich aus: „Erstens, wenn mich die Polizei fasst, ist es für mich gefährlich. Zweitens, wenn mich die Nachbarn fast ebenso und drittens, jeder andere der mich dort sieht. Gefragt, ob er die Möglichkeit hätte in einem anderen Teil von Sierra Leone zu leben, verneinte er dies und gab an, dass er glaube, dass Freetown zu klein sei, jeder könne ihn anzeigen und sei er sein ganzes Leben nie außerhalb von Freetown gewesen. Zu seinen persönlichen Lebensumständen in Österreich führte er aus, dass er in der Grundversorgung sei, dass er keine Familienangehörigen oder sonstigen Verwandten in Österreich habe, dass er nicht mit jemanden in Familiengemeinschaft oder einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft leben würde, dass er die Integrationsprüfung und B1 gemacht habe und mit dem Pflichtschulabschluss beginnen würde. Er führte weiters aus, dass er Mitglied beim Verein „ XXXX “ sei und im „ XXXX “, in seiner Freizeit mache er Freiwilligenarbeit jeden Samstag am Dienstag und am Freitag habe er Fußballtraining und entweder am Samstag oder Sonntag würde er XXXX und deren Familie treffen. Dem Beschwerdeführer wurden die Länderfeststellungen und eine Kopie des Gutachtens ausgehändigt und ihm eine Frist von zwei Wochen für die Abgabe einer Stellungnahme gewährt. Im Rahmen der Einvernahme wurden vom Beschwerdeführer folgende Unterlagen vorgelegt: Zeugnis zur Integrationsprüfung B1 vom 29.1.2019 inklusive Kursbesuchsbestätigung und Detailergebnisse; Unterlagen hinsichtlich des Kursstartes Pflichtschulabschlusskurs vom September 2019; Bestätigung der XXXX Tafel über seine ehrenamtliche Tätigkeit seit Dezember 2017 vom 20.8.2019; die Bestätigung über die Absolvierung eines Probetages beim Verein „ XXXX “ vom 17.3.2017; Bestätigung über die Teilnahme am Lehrgang für Jugendliche mit geringen Kenntnissen der Unterrichtssprache Deutsch an AHS des Bundesgymnasiums für Berufstätige in XXXX ; eine Bestätigung des abendgymnasium XXXX über die Teilnahme am Lehrgang „Übergangsstufe für Flüchtlinge 2017/2018“ vom 28.9.2017, inklusive einem Überblick über die erbrachten Leistungen vom 31.3.2017; eine Bestätigung des abendgymnasium XXXX vom 21.11.2016 über die Teilnahme am Lehrgang „Übergangsstufe für Flüchtlinge“ inkl. dem Überblick der erbrachten Leistungen vom 30.6.2017; eine Teilnahmebestätigung für XXXX das Jugendkolleg ab 5.9.2016 inklusive einer Kursbesuchsbestätigung für A2.2 vom 21.11.2016; zwei Kursbesuchsbestätigungen über Deutschkurse vom 3.9.2018 und 31.8.2016; ein Zertifikat über den Besuch zweier Deutschkurse VHS.4.23.3.95 und VHS.4.23.2.28, Deutsch B1 „Berufsorientierung“; eine Teilnahmebestätigung der Privatinitiative „ XXXX “ vom 27. März 2017; eine Bestätigung des Vereins zur Kulturpflege in XXXX über seine freiwillige Tätigkeit als Ton- und Lichttechniker vom 10. Mai 2017; eine Bestätigung der Stadt XXXX vom 3.9.2016 über seine Teilnahme am Info Modul Zusammenleben; eine Bestätigung des Vereines „ XXXX “ vom 20.3.2017 darüber, dass der Beschwerdeführer bei diesem Verein spielt sowie ein Zeitungsartikel darüber; eine Bestätigung einer Psychotherapeutin vom 28.8.2019 über wöchentliche psychotherapeutische Termine seit 13.6.2018; eine Bestätigung von Hemayat über eine Abklärungsbedarf vom 20.8.2019; Empfehlungsschreiben eines XXXX vom 1.9.2019 und einer XXXX vom 30.8.2019.

6.       Mit Schriftsatz vom 13.9.2019 wurde eine Stellungnahme zum Sprachgutachten, eine Stellungnahme zum Länderinformationsblatt die Kopie eines Schreibens an das Konsulat von Sierra Leone und die Kopie eines Aufgabescheins der belangten Behörde übermittelt.

7.       Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 25.09.2019, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten "gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBI I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF“ (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Sierra Leone gemäß „§ 8 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG" (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen "gemäß § 57 AsylG“ nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gegen ihn "gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 3 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBI Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF“ eine Rückkehrentscheidung "gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 2 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBI I Nr. 100/2005 (FPG) idgF“ erlassen (Spruchpunkt IV.) und "gemäß § 52 Absatz 9 FPG" festgestellt, dass seine Abschiebung "gemäß § 46 FPG" nach Sierra Leone zulässig ist (Spruchpunkt V.). Eine Frist für ihre freiwillige Ausreise wurde "gemäß § 55 Absatz 1 bis 3 FPG“ mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt VI.).

8.       Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung mit Schriftsatz vom 30.10.2019 fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht und monierte inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften, bei deren Einhaltung ein für den Beschwerdeführer günstigerer Bescheid erlassen worden wäre. Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass die belangte Behörde ein mangelhaftes Ermittlungsverfahren geführt habe, da sie außer Acht gelassen habe, dass der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Einvernahme und Entscheidung noch minderjährig gewesen sei, sodass sich die belangte Behörde näher mit dem Alter des Beschwerdeführers befassen hätte müssen. Weiters wurde ausgeführt, dass belangte Behörde den Hinweisen des Beschwerdeführers nicht detailliert nachgegangen sei und hätte sich die Einvernahme des Beschwerdeführers mangelhaft gestaltet. Die belangte Behörde sei den Hinweisen des Beschwerdeführers nicht detailliert nachgegangen und sei darauf aufbauend zu falschen Ergebnissen gelangt. Weiters wurde ausgeführt, dass die Ermittlungen zur Aktenlage im Herkunftsland des Beschwerdeführers mangelhaft seien, da die im angefochtenen Bescheid getroffenen Länderfeststellung unvollständig und veraltet seien. Weiters wurde ausgeführt, dass die Behörde eine mangelhafte Beweiswürdigung vorgenommen habe, insbesondere wäre die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zu berücksichtigen gewesen. Hinsichtlich seines Privat- und Familienlebens wurde zusammengefasst ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht straffällig sei, mittlerweile Deutsch auf Niveau B1 sprechen würde und den Pflichtschulabschluss anstreben würde, ehrenamtlich tätig sei, sportlich sehr aktiv sei und private sowie familienähnliche Beziehungen zu österreichischen Staatsangehörigen habe und wurden dahingehend Zeugen namhaft gemacht. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge ein fachärztliches Gutachten zur psychischen Situation des Beschwerdeführers einholen, eine mündliche Verhandlung inklusive der nochmaligen Einvernahme des Beschwerdeführers, sowie der beantragten ZeugInnen durchführen, die angefochtene Entscheidung hinsichtlich Spruchpunkt I. beheben und dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten zuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid hinsichtlich Spruchpunkt II. beheben und dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gewähren, in eventu den angefochtenen Bescheid aufheben bzw. dahingehend abändern, dass die Rückkehrentscheidung aufgehoben und für auf Dauer unzulässig erklärt wird, in eventu den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG beheben und zu Erlassung eines neues Bescheides eine Behörde zurückverweisen.

9.       Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 31.10.2019 vorgelegt.

10.      Mit Schriftsatz vom 13.7.2020 wurden, ein Sozialbericht der Diakonie vom 13.7.2020, ein Zeugnis über die Pflichtschulabschlussprüfung vom 17.6.2020 eine Bestätigung der Psychotherapeutin vom 9.7.2020 und die Bestätigung vom Verein „ XXXX “ über die Mitarbeit des Beschwerdeführers und eine Bestätigung der XXXX Tafel vom 20.8.2019, vorgelegt.

11.      Am 20.07.2010 erfolgte in Anwesenheit des Beschwerdeführers eine mündliche Beschwerdeverhandlung am Bundesverwaltungsgericht. In dessen Verlauf wurden seitens des Beschwerdeführers folgende nachstehende Unterlagen vorgelegt: Schreiben der Organisation „ XXXX “ vom August 2020.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Sierra Leone und somit Drittstaatsangehöriger im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 20b AsylG 2005. Er ist kein begünstigter Drittstaatsangehöriger und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu.

Die Identität des Beschwerdeführers steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Der Beschwerdeführer ist volljährig, ledig, stammt aus Freetown und bekennt sich zur moslemischen Glaubensrichtung. Der Beschwerdeführer gehört der Volksgruppe Fula an.

Der Beschwerdeführer hat in Sierra Leone die Grund- und Mittelschule besucht.

Der Beschwerdeführer steht laut vorgelegter Unterlagen seit Juni 2018 in psychotherapeutischer Behandlung bei einer personzentrierten Psychotherapeutin. Der Beschwerdeführer nimmt keine Medikamente. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer zwischen 2015 und 2018 in psychiatrischer Behandlung gestanden ist.

Es konnte keine derart schwere, akut lebensbedrohliche und zudem in Sierra Leone nicht behandelbare gesundheitliche Beeinträchtigung festgestellt werden, die nach Berücksichtigung der höchstgerichtlichen Judikatur zur Gefahr einer unmenschlichen Behandlung im Falle einer Rückkehr führen könnte. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig.

Der Beschwerdeführer gehört keiner Risikogruppe im Sinne der COVID 19 Pandemie an.

In Sierra Leone leben noch Verwandte des Beschwerdeführers nicht festgestellt werden kann, ob der Beschwerdeführer Kontakt zu diesen hat.

Der Beschwerdeführer hält sich seit 14.11.2015 in Österreich auf.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte, es leben keine Familienangehörigen oder Verwandten des Beschwerdeführers in Österreich.

Der Beschwerdeführer bezieht Leistungen aus der Grundversorgung und ist nicht selbsterhaltungsfähig.

Der Beschwerdeführer hat hinsichtlich seiner Integration personalisierte Empfehlungsschreiben, Deutschkursbesuchsbestätigungen und eine Integrationsprüfung B1, ein Zeugnis über die Pflichtschulabschlussprüfung, Bestätigungen über gemeinnützige und ehrenamtliche Tätigkeiten und die Bestätigung über die Mitgliedschaft im Verein „ XXXX “ und „ XXXX vorgelegt. Der Beschwerdeführer geht derzeit keiner Beschäftigung nach und ist auch nicht ehrenamtlich tätig. Der Beschwerdeführer spricht qualifiziert Deutsch.

Der Beschwerdeführer verfügt im Bundesgebiet über soziale und private Kontakte und hat laut eigenen Angaben eine griechische Freundin, die seit Juni 2020 wieder in Griechenland aufhältig ist.

Der Beschwerdeführer in strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Sierra Leone aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung einer asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt war.

Dem Beschwerdeführer droht in Sierra Leone keine Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention. Der vom Beschwerdeführer behauptete Fluchtgrund - Verfolgung durch den Staat/Privatpersonen aufgrund von Ebola - konnte mangels Glaubhaftmachung nicht festgestellt werden und war sohin nicht festzustellen, dass der Beschwerdeführer Sierra Leone aufgrund staatlicher Verfolgung verlassen hat, bzw. eine asylrelevante Verfolgung im Falle der Rückkehr zu befürchten hat.

Es wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland aus wirtschaftlichen Gründen verlassen hat.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht auch nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Sierra Leone eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

Der Beschwerdeführer wird im Falle seiner Rückkehr in sein Heimatland mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit keiner asylrelevanten Verfolgung und keiner wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein.

Dem Beschwerdeführer wird im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone nicht die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen, selbst wenn man davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr zu dort lebenden Familienangehörigen hat.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Sierra Leone und der individuellen Rückkehrsituation:

Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge der Ladung zur mündlichen Verhandlung das aktuelle Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Sierra Leone übermittelt. Daraus ergeben sich folgende entscheidungswesentliche Feststellungen:

Politische Lage

Sierra Leone ist eine Präsidialdemokratie mit einem Mehrparteiensystem. Der Präsident wird direkt vom Volk gewählt und ist zugleich Staatsoberhaupt und Regierungschef. Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen finden gleichzeitig alle fünf Jahre statt (GIZ 6.2018a; vgl. AA 3.2017a). Die Verfassung aus dem Jahre 1991 gilt noch heute und setzt sich aus britischen und amerikanischen Elementen zusammen. Es gibt eine horizontale Gewaltenteilung mit Legislative, Exekutive und Judikative. Das Parlament als legislative Gewalt hat eine Kammer mit 144 Sitzen, von denen 132 Sitze für direkt gewählte Abgeordnete bestimmt sind (GIZ 6.2018a), zwölf Sitze sind für die Vertretung der Paramount Chiefs reserviert (GIZ 6.2018a; vgl. AA 3.2017a). Diese zwölf Abgeordneten vertreten die Paramount Chiefs der 190 Chiefdoms, wobei die Paramount Chiefs in den einzelnen Chiefdoms wiederum vom Volk auf Lebenszeit gewählt werden (GIZ 6.2018a).

Die Präsidentschaftswahl gewann 2018 Julius Maada Bio von der Sierra Leone People's Party (SLPP) im 2. Wahlgang. Er wurde am 4. April 2018 zum neuen Präsidenten Sierra Leones ernannt. Er löst Ernest Bai Koroma vom All People's Congress (APC) ab, der nach zwei Amtszeiten nicht noch einmal kandidieren durfte. Parteipolitisch ist Sierra Leone hauptsächlich in zwei Lager geteilt. Während der APC tendenziell als Partei der Temne im Norden gilt, hat die SLPP ihr Wählerklientel vorwiegend bei den Mende im Süden und Südosten des Landes. Beide Parteien sind politisch vorbelastet. Das Einparteiensystem und die Misswirtschaft der APC haben letztlich zum Bürgerkrieg geführt. Die SLPP stand danach zunächst für eine Erneuerung und den Frieden. Allerdings wird auch ihr vorgeworfen, dass sich ihre Führung während der Regierungszeit hemmungslos bereichert hat (GIZ 6.2018a).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (3.2017a): Sierra Leone – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sierraleone-node/-/203526, Zugriff 26.6.2018

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Sierra Leone – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 26.6.2018

Sicherheitslage

Die Sicherheitslage ist im ganzen Land stabil (AA 3.2017a). Das französische Außenministerium bewertet lediglich die Lage im direkten Grenzgebiet zu Liberia als instabil (FD 27.6.2018). Das deutsche Auswärtige Amt nennt keine relevanten Sicherheitsprobleme (AA 26.6.2018). Laut österreichischem Außenministerium herrscht im ganzen Land ein hohes Sicherheitsrisiko (BMEIA 27.6.2018). Armee und Polizei sind landesweit stationiert und haben nach dem vollständigen Abzug der UN-Friedenstruppen die Verantwortung für die innere und äußere Sicherheit übernommen (AA 3.2017a; vgl. EDA 27.6.2018).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (3.2017a): Sierra Leone – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sierraleone-node/-/203526, Zugriff 27.6.2018

-        AA – Auswärtiges Amt (26.6.2018): Sierra Leone:Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sierraleone-node/sierraleonesicherheit/203500, Zugriff 26.6.2018

-        BMEIA – Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (27.6.2018): Reiseinformationen Sierra Leone, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/sierra-leone/, Zugriff 27.6.2018

-        EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (27.6.2018): Reisehinweise Sierra Leone, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/sierra-leone/reisehinweise-fuersierraleone.html, Zugriff 27.6.2018

-        FD – France Diplomatie (27.6.2018): Conseils aux voyageurs – Sierra Leone – Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/sierra-leone/, Zugriff 27.6.2018

Rechtsschutz / Justizwesen

Die Verfassung gewährleistet eine unabhängige Justiz, diese ist jedoch zeitweise der Einflussnahme seitens der Exekutive ausgesetzt (USDOS 20.4.2018; vgl. GIZ 6.2018a). Bei Gerichtsverfahren kommt es immer wieder zu Einmischungsversuchen durch die Politik (GIZ 6.2018a).

Das Rechtssystem Sierra Leones ist im Wesentlichen geprägt von der Koexistenz dreier Systeme: dem staatlichen (Ebene der Distrikte); dem traditionellen (Ebene der Chiefdoms); und vereinzelt dem islamischen Recht. Das staatliche Justizsystem basiert auf dem britischen Common Law und besteht aus einem mehrstufigen Instanzenzug. Die Richter für die drei höchsten Gerichte werden vom Präsidenten ernannt, müssen aber vom Parlament bestätigt werden. Die Gerichte auf der Ebene der Chiefdoms sind mit Laienrichtern besetzt. Gegen Urteile kann Berufung eingelegt werden (GIZ 6.2018a). Die traditionelle Justiz funktioniert – v.a. in ländlichen Gebieten. Die dort geführten Prozesse sind generell fair, es kommt aber in vielen Fällen zu Bestechung und Korruption (USDOS 20.4.2018).

Die Judikative befindet sich seit dem Ende des Bürgerkrieges in einer Reform. Sie leidet unter zu wenig Personal und materiellen Ressourcen. Außerdem sind Korruption und Vetternwirtschaft auf allen politischen Ebenen weit verbreitet (GIZ 6.2018a).

Gesetzlich ist ein faires Verfahren vorgesehen. Gerichtsverfahren sind öffentlich. Für Angeklagte gilt generell die Unschuldsvermutung. Sie haben das Recht auf Vertretung durch und rechtzeitige Konsultation mit einem Anwalt. Gesetzlich müssen Anwälte auf Staatskosten zur Verfügung gestellt werden, sofern sich der Angeklagte keinen Anwalt leisten kann. In der Praxis funktionierte dies nicht durchwegs. Angeklagte haben üblicherweise nicht die Möglichkeit, ihre Verteidigung angemessen vorzubereiten (USDOS 20.4.2018). Der Zugang der Bevölkerung zu den Justizbehörden wird generell durch einen Mangel an Richtern, langwierige Verfahren und allgemein zu geringe Kapazitäten im Bereich der Strafverfolgung und der örtlichen Gerichte behindert (GIZ 6.2018a).

Quellen:

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Sierra Leone – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 26.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 26.6.2018

Sicherheitsbehörden

Die Polizei (SLP/Sierra Leone Police) unter dem Ministry of Internal Affairs ist für die innere Sicherheit zuständig (GIZ 6.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018). Allerdings herrschen auch hier korrupte Strukturen vor (GIZ 6.2018a). Die Polizei ist schlecht ausgerüstet und es mangelt ihr an ausreichenden investigativen und kriminalistischen Kapazitäten sowie der Fähigkeit zur Eindämmung von Unruhen (USDOS 20.4.2018).

Für die äußere Sicherheit ist die Armee (RSLAF/Republic of Sierra Leone Armed Forces) unter dem Ministry of Defence and National Security zuständig (GIZ 6.2018a; vgl. USDOS 20.4.2018 ). Sie hat aber auch einige Aufgaben im Bereich der inneren Sicherheit durch das Programm "Military Aid to Civil Power", welches auf Anfrage die Unterstützung der Polizei unter außergewöhnlichen Umständen genehmigt. Zivile Behörden kontrollieren SLP und RSLAF und die Regierung verfügt über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Korruption und Misshandlungen. Trotzdem ist Straffreiheit weiterhin ein Problem (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Sierra Leone – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 26.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 26.6.2018

Folter und unmenschliche Behandlung

Verfassung und Gesetze verbieten Folter und unmenschliche Behandlung, es gibt allerdings Berichte, wonach Polizei und andere Sicherheitskräfte exzessive Gewalt anwenden. Es gibt Berichte, wonach Beamte für mehrere willkürliche oder extralegale Tötungen verantwortlich ist. Die Regierung unternahm Schritte, um die Verantwortlichkeit der Polizei zu stärken. In der Praxis werden jedoch seitens der Regierung Polizeibeamte nicht zur Verantwortung gezogen, so willkürlich oder übermäßig diese Gewalt anwenden (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 28.4.2017

Korruption

Gesetzlich sind Strafen für behördliche Korruption vorgesehen. Die Regierung schafft es jedoch nicht, das Gesetz wirksam umzusetzen. Trotz einiger gut dokumentierter Korruptionsfälle sind Beamte häufig korrupt und gehen straffrei aus. Korruption bleibt somit weiterhin ein ernstes Problem (USDOS 20.4.2018).

Die Anti-Corruption Commission (ACC) beschuldigte im August 2016 zwei Beamte wegen Verschwörung, der Begehung eines Korruptionsdeliktes und der Unterschlagung von öffentlichem Eigentum. Einer der Beamten wurde verurteilt und mit einer Geldstrafe von 30 Millionen Leones (4.000 Dollar) belegt, und der andere Fall wurde fortgeführt. Am 31. August 2017 beschuldigte die ACC auch Beamte der NGOs PLAN International Sierra Leone und The Needy Today mit der Unterschlagung von Geldern für Ebola-Überlebende (USDOS 20.4.2018). Auf dem Index von Transparency International befand sich Sierra Leone im Jahr 2016 auf Rang 130 von 180 untersuchten Ländern (TI 2017).

Quellen:

-        TI – Transparency International (21.2.2018): Corruption Perceptions Index 2017, Sierra Leone, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017, Zugriff 26.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 26.6.2018

NGOs und Menschenrechtsaktivisten

In Sierra Leone entwickelte sich eine umfangreiche Szene zivilgesellschaftlich aktiver Gruppen. NGOs bemühten sich schon während des Bürgerkrieges um die Wiederherstellung des Friedens. Auch bei der kritischen Begleitung des darauffolgenden Versöhnungsprozesses spielte die Zivilgesellschaft eine wichtige Rolle. Die Zivilgesellschaft in Sierra Leone beinhaltet zum einen spezifische, historisch gewachsene Strukturen wie Geheimbünde, zum anderen neuere Strukturen wie die oben angesprochenen NGOs (GIZ 6.2018a). Eine Reihe von inländischen und internationalen Menschenrechtsgruppen arbeitet im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkungen, untersuchen Menschenrechtsfälle und veröffentlichen ihre Ergebnisse. Beamte sind oft kooperativ, gehen auf Ansichten lokaler und internationaler NGOs ein und erkennen angesprochene Probleme an (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Sierra Leone – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

Ombudsmann

Das parlamentarische Menschenrechtskomitee arbeitet ohne Einmischung der Regierung oder der Parteien und soll die Menschenrechte fördern und Vergehen aufzeigen. Das Komitee bemüht sich, Menschenrechtsfragen auf der parlamentarischen Agenda zu halten und ebnet den Weg für Gesetzesänderungen oder die Ratifizierung internationaler Konventionen. (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 28.4.2017

Wehrdienst und Rekrutierungen

Es gibt keine Wehrpflicht. Ein Mindestalter von 18 Jahren gilt für den freiwilligen Militärdienst (mit elterlicher Zustimmung auch weniger). Frauen können zum Militärdienst zugelassen werden. Potentielle Rekruten müssen HIV-negativ sein (CIA 8.6.2018).

Quellen:

-        CIA – Central Intelligence Agency (8.6.2018): The World Factbook – Sierra Leona, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/sl.html, Zugriff 27.6.2018

Allgemeine Menschenrechtslage

Die Menschenrechtelage hat sich nach dem Ende des Bürgerkriegs in vielen Bereichen deutlich verbessert. Die Regierung Sierra Leones hat 2006 die "Human Rights Commission of Sierra Leone" ins Leben gerufen. Eine Ausnahme im Hinblick auf die insgesamt positive Menschenrechtsentwicklung ist vor allem die in Gesellschaft und Rechtsordnung verankerte, in Religion und Tradition wurzelnde, Benachteiligung von Frauen und Kindern (AA 3.2017a). Zu den schwerwiegendsten Menschenrechtsproblemen zählen unter anderem: rechtswidrige Tötungen und Misshandlungen durch die Polizei; harte und lebensbedrohliche Haftbedingungen; weitverbreitete behördliche Korruption auf allen Ebenen. . Weitere Probleme sind: mangelnde Rechenschaftspflicht in Fällen sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen, einschließlich FGM; Zwangsheirat; behördliche und gesellschaftliche Diskriminierung von Homosexuellen und Kinderarbeit (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt Deutschland (3.2017a): Sierra Leone – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sierraleone-node/-/203526, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

Meinungs- und Pressefreiheit

Verfassung und Gesetze gewährleisten Pressefreiheit. In der Praxis respektiert die Regierung dies üblicherweise aber nicht immer (USDOS 20.4.2018). Auf der Rangliste der Pressefreiheit 2018 belegt Sierra Leone leicht verbessert Platz 79 von 180 untersuchten Staaten. Ein Instrument zur Einschüchterung und Sanktionierung von Journalisten sind die Libel Laws (Verleumdungsgesetze), die das Ansehen von Politikern schützen sollen. Seit langem kämpfen Journalisten für deren Abschaffung, bisher ohne Erfolg (GIZ 6.2018a). Historisch gesehen ist die Geschichte der Printmedien Sierra Leones einmalig: Im anglophonen Teil Westafrikas wurden hier erstmals Zeitungen veröffentlicht. Heute gibt es 44 Zeitungen, die bei der Independent Media Commission registriert sind. Von diesen erscheinen etwa zwölf Zeitungen regelmäßig. Zum Teil können diese Zeitungen im Internet gelesen werden (GIZ 6.2018a). Die meisten registrierten Zeitungen sind unabhängig, auch wenn mehrere politischen Parteien nahestehen. Zeitungen kritisieren offen die Regierung und ihre Beamten, sowie Oppositionsparteien (USDOS 20.4.2018).

Heute ist das wichtigste Medium in Sierra Leone das Radio. Die Sierra Leone Broadcasting Corporation (SLBC) ist 2010 aus den Sierra Leone Broadcasting Services (SLBS) und dem UN Radio hervorgegangen. Außerdem strahlen mehr als 20 private Radiosender Programme aus, teilweise regional begrenzt (GIZ 6.2018a).

Das Fernsehen ist in Sierra Leone beliebt, aber begrenzt zugänglich. Es gibt eine staatliche Fernsehstation, SLBC, die ihr Programm in Freetown, Bo, Kenema und Makeni ausstrahlt. Darüber hinaus gibt es Kabel-TV mit einigen Dutzend Kanälen. Außerhalb der größeren Städte hat das Fernsehen auf Grund fehlender Stromversorgung wenig Bedeutung (GIZ 6.2018a).

Generell können unabhängige Rundfunkmedien ohne Einschränkungen betrieben werden, es gibt jedoch Ausnahmen (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Sierra Leone – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Opposition

Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit sind durch die Verfassung garantiert und werden in der Praxis üblicherweise respektiert. Dennoch kommt es vor, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung, auf friedliche Versammlung oder auf Vereinigung eingeschränkt werden (AI 22.2.2018). Proteste eskalieren häufig in übermäßiger Gewalt, wie am 24.3.2017, als die Polizei 60 Studenten im Zuge einer Demonstration verhaftete (AI 22.2.2018; vgl. USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1425636.html, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

Haftbedingungen

Gefängnis- und Haftbedingungen sind hart und manchmal lebensbedrohlich (USDOS 20.4.2018; vgl. AI 22.2.2018). Überbelegung ist eines der größten Probleme (USDOS 20.4.2018), neben unhygienischen Lebensbedingungen und ungenügender medizinischer Versorgung (USDOS 20.4.2018). Zudem äußerten NGOs Bedenken hinsichtlich des verzögerten Zugangs zu medizinischer Versorgung für Häftlinge, unzureichender Nahrung und Grundausstattung, schlechter Bedingungen in den Polizeizellen, einschließlich unzureichender sanitärer Einrichtungen, und längerer Haftzeiten, die die verfassungsmäßigen Rechte der Häftlinge verletzen (AI 22.2.2018). Die Menschenrechtskommission von Sierra Leone (HRCSL) berichtet, dass seit Oktober 2016 Männer und Frauen in Gefängnissen separat untergebracht werden. Minderjährige werden allerdings häufig mit Erwachsenen inhaftiert (USDOS 20.4.2018).

Strafvollzugsgruppen berichteten, dass die Behörden im Allgemeinen Vorwürfe der Misshandlung von Gefangenen untersuchten. Die Regierung erlaubte zudem auch die Überwachung durch unabhängige, nichtstaatliche Beobachter. Internationale Beobachter hatten uneingeschränkten Zugang zu den Gefängnissen, Haftanstalten und Polizeizellen. Die Menschenrechtskommission von Sierra Leone (HRCSL) überwacht monatlich die Gefängnisse (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1425636.html, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

Todesstrafe

Die Todesstrafe existiert zwar weiterhin, wird aber seit 1998 nicht mehr vollstreckt. Der ehemalige Präsident Koroma hat auf der Generalversammlung der Vereinten Nationen im Jahr 2011 ein Moratorium verkündet (AA 3.2017a). Als Antwort auf die Empfehlungen des Constitutional Review Committee, lehnte die Regierung unter anderem die Abschaffung der Todesstrafe ab (AI 22.2.2018). NGOs wie Human Rights Watch kritisieren, dass die Todesstrafe in Sierra Leone nach wie vor im Gesetz und im öffentlichen Diskurs existiert, auch wenn sie seit 1998 nicht mehr praktiziert worden ist (GIZ 6.2018a).

Es werden weiterhin Todesurteile verhängt. Im September 2017 wurden sechs Polizisten wegen Verschwörung und Raubüberfall zum Tode verurteilt (AI 22.2.2018).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt Deutschland (3.2017a): Sierra Leone – Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sierraleone-node/-/203526, Zugriff 27.6.2018

-        AI – Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1425636.html, Zugriff 27.6.2018

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Sierra Leone – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 27.6.2018

Religionsfreiheit

Die Verfassung und andere Gesetze schützen die Religionsfreiheit und diese wird von der Regierung auch in der Praxis im Allgemeinen respektiert (USDOS 15.8.2017).

Laut Volkszählung (2015) sind 77 Prozent der Bevölkerung Muslime und 21,9 Prozent Christen (Protestanten, Katholiken, Angehörige pentekostaler und afrikanischer Freikirchen). Gleichzeitig gibt es einige Gläubige traditioneller afrikanischer oder anderer Religionen (GIZ 6.2018b). Nach anderer Quelle sind rund 60 Prozent der Bevölkerung Muslime (größtenteils Sunniten), 30 Prozent Christen (Protestanten, Katholiken u.a.) und 10 Prozent Anhänger animistischer Religionen (USDOS 15.8.2017).

Sierra Leoner sind auf das friedliche und respektvolle Zusammenleben der Religionen in ihrem Land sehr stolz (GIZ 6.2018b). Der interreligiöse Rat (IRC), der sich aus christlichen und muslimischen Führern zusammensetzte, arbeitete mit Verbänden, die christliche und muslimische religiöse Gruppen vertreten, um die interreligiöse Harmonie zu fördern (USDOS 15.8.2017).

Magisches Denken ist in Sierra Leone weitverbreitet und häufig schließt die Zugehörigkeit zum Islam oder Christentum eine gleichzeitige Zugehörigkeit zu einer Geheimgesellschaft (Secret Society) nicht aus. Eine strikte Trennung und reine Befolgung einer religiösen Lehre findet kaum statt. Vielmehr werden im Alltag der Islam und das Christentum mit weiteren Religionen und religiösen Traditionen vermischt. Magische Elemente mischten sich in die Praxis des lokalen Islams, sodass einige Islamgelehrte magische Fetische in ihre Lehre integriert haben (GIZ 6.2018b).

Interreligiöse Ehen sind häufig (USDOS 15.8.2017). Es gibt weder Berichte über Verletzungen der Religionsfreiheit durch die Regierung noch über gesellschaftlichen Missbrauch oder Diskriminierung aufgrund der religiösen Zugehörigkeit, des Glaubens oder der Religionspraxis. Religiöse Gruppen müssen sich bei der Regierung registrieren (USDOS 15.8.2017).

Quellen:

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018b): Sierra Leone – Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sierra-leone/gesellschaft/, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – US Department of State (15.8.2017): 2016 Report on International Religious Freedom - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1407986.html, Zugriff am 27.6.2018

Ethnische Minderheiten

In Sierra Leone leben circa 16 ethnische Gruppen, die ihre eigene Sprache und Kultur pflegen. Seit der Kolonialzeit gibt es Bemühungen, eine nationale Identität zu etablieren. Dennoch bleibt der wichtigste Bezugsrahmen für die meisten Sierra-Leoner die Familie und die lokale Gesellschaftsordnung (GIZ 6.2018b). Die größte ethnische Gruppe bilden in Sierra Leone die Temne und die Mende mit je etwa 30 Prozent (GIZ 6.2018b; vgl. USDOS 20.4.2018). Die Krio mit 2 Prozent der Bevölkerung dominieren historisch den öffentlichen Dienst und die Justiz (USDOS 20.4.2018). Dabei wird der Norden des Landes von den Temne und der Süden von den Mende dominiert (GIZ 6.2018b; vgl. USDOS 20.4.2018). Zwei vorwiegend Handel betreibende, nicht aus Westafrika stammenden Minderheiten sind Inder und Libanesen (GIZ 6.2018b; vgl. USDOS 20.4.2018) sowie kleine Gruppen von Pakistanis oder Europäern (USDOS 20.4.2018).

Starke ethnische Loyalitäten, Vorurteile und Stereotype bestehen zwischen allen ethnischen Gruppen. Die Temne und Mende wetteiferten während des 11-jährigen Bürgerkriegs um politische Macht (USDOS 20.4.2018). Ethnische Loyalität bleibt ein wichtiger Faktor in der Regierung, den Streitkräften und der Wirtschaft. Beschwerden über ethnische Diskriminierung bei Regierungsposten, Auftragsvergabe und militärischen Beförderungen sind üblich (USDOS 20.4.2018; vgl. GIZ 6.2018b). Die ethnische Zugehörigkeit beeinflusst auch die Parteimitgliedschaft der beiden dominierenden Volksgruppen. Die Mende unterstützen traditionell die Sierra Leone People's Party (SLPP) und die Temne den All People's Congress (APC). Anders als die Limba, die drittgrößte ethnische Gruppe, die traditionell die APC unterstützt, haben die anderen ethnischen Gruppen keine starke politische Parteizugehörigkeit (USDOS 20.4.2018).

In Sierra Leone gibt es kaum ernsthafte Auseinandersetzungen wegen ethnischer oder religiöser Zugehörigkeiten (GIZ 6.2018b). Ehen zwischen Angehörigen verschiedener Ethnien oder Religionen sind daher häufig (GIZ 6.2018b; vgl. USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018b): Sierra Leone – Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sierra-leone/gesellschaft/, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

Bewegungsfreiheit

In der Verfassung sind uneingeschränkte Bewegungsfreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Rückkehr verankert. Die Regierung respektiert diese Rechte üblicherweise. Jedoch gibt es Berichte, wonach Sicherheitskräfte bei Straßensperren außerhalb der Hauptstadt Bestechungsgelder von Fahrzeuglenkern verlangen. Auch Polizei, Zöllner und Militär verlangen Bestechungsgelder (USDOS 20.2018).

Trotz des offiziellen Kriegsendes 2002 ist das Land von den Jahren des Bürgerkrieges noch schwer gezeichnet. Die Infrastruktur ist in vielen Gebieten im Landesinneren weiterhin zerstört und erholt sich nur langsam (BMEIA 28.4.2017).

Quellen:

-        BMEIA – Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (27.6.2018): Reiseinformationen Sierra Leone, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/sierra-leone/, Zugriff 27.6.2018

-        USDOS – U.S. Department of State (20.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

IDPs und Flüchtlinge

Die Regierung arbeitete mit dem UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Binnenvertriebenen, Flüchtlingen, Rückkehrern, Asylsuchenden, Staatenlosen und anderen Betroffenen Schutz und Unterstützung zu gewähren. Im August 2017 beherbergte Sierra Leone ca. 700 anerkannte Flüchtlinge (USDOS 20.4.2018).

Quellen:

-        USDOS – U.S. Department of State (20.4.2018): Country Report on Human Rights Practices 2017 - Sierra Leone, https://www.ecoi.net/en/document/1430127.html, Zugriff 27.6.2018

Grundversorgung

Die Wirtschaft Sierra Leones ist geprägt von der Landwirtschaft (überwiegend kleinbäuerliche Subsistenzwirtschaft) und der Rohstoffgewinnung (GIZ 6.2018c; vgl. AA 3.2017b). Rund 51,4 Prozent des BIP werden vom landwirtschaftlichen Sektor erwirtschaftet. Der Dienstleistungssektor trägt 26,6 Prozent und der Industriesektor 22,1 Prozent zum BIP bei (GIZ 6.2018c).

Sierra Leone ist mit einem Bruttoinlandsprodukt von ca. 4,5 Milliarden US-Dollar und einem Pro-Kopf-Einkommen von ca. 700 US-Dollar im Jahr 2015 eines der ärmsten Länder der Welt (AA 3.2017b) und belegt auf dem Human Development Index von 2016 Rang 179 der 188 untersuchten Ländern. Ein Großteil der Bevölkerung (ca. 77 Prozent) lebt in absoluter Armut und hat weniger als 2 US-Dollar pro Tag zur Verfügung (GIZ 6.2018c).

Ein schwach strukturierter privater Sektor, schlecht ausgebildete Arbeitskräfte, Korruption und wenig Rechtssicherheit behindern ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Die kaum ausgebaute Infrastruktur behindert zudem den Handel außerhalb der größeren Städte. Während der Regenzeit sind viele Straßen unpassierbar und die Erreichbarkeit ländlicher Gebiete ist schwierig. Die wirtschaftliche Entwicklung unterscheidet sich jedoch auch zwischen Stadt und Land. Zudem beeinflussen die Nachwirkungen des Bürgerkrieges (1991 bis 2002), die weit verbreitete Korruption und die unzureichend ausgebaute Infrastruktur die Wirtschaftslage Sierra Leones (GIZ 6.2018c).

In Sierra Leone gibt es einen extremen Mangel an formaler Beschäftigung, wobei bisher keine verlässlichen statistischen Daten erhoben wurden. Die Mehrheit versucht mit Gelegenheitsjobs oder als Händler ein Auskommen zu erwirtschaften. Die Subsistenzwirtschaft wird in Familien oft parallel oder alternativ genutzt, um den Lebensunterhalt zu sichern. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit stellt ein besonders gravierendes soziales Problem dar. Dabei gibt es einige wenige Projekte, die versuchen, die Jugendlichen in die Gesellschaft zu integrieren. Es gibt Projekte, die sich auf lokaler Ebene direkt an Kinder und Jugendliche wenden, die kein zu Hause haben und auf der Straße leben müssen (GIZ 6.2018b).

Der Bürgerkrieg brachte die wirtschaftlichen Aktivitäten vollkommen zum Erliegen. Seitdem ist es noch nicht im notwendigen Umfang gelungen, einen beschäftigungswirksamen Aufschwung zu erzeugen (GIZ 6.2018b).

Im Jahr 2016 ist die Wirtschaft dank anziehender Rohstoffpreise und hierdurch belebter Wirtschaftsaktivität wieder um knapp 5 Prozent gewachsen. Schwerpunkt der Wirtschaftspolitik des ehemaligen Präsidenten Koroma war die Förderung großer ausländischer Investitionen mit dem Ziel, rasch neue Arbeitsplätze zu schaffen und die Staatseinnahmen deutlich zu steigern, insbesondere in den Bereichen Tourismus, Bergbau, Agrobusiness, Fischereiwirtschaft, Energiewirtschaft (auch erneuerbare Energien) und Ausbau der Infrastruktur (Häfen, Flughäfen, Straßen, Telekommunikation). Sierra Leone ist reich an Bodenschätzen und mit seinen schönen Stränden ein potenzielles Ziel für Touristen in Westafrika (AA 3.2017b).

Das Entwicklungsprogramm "Agenda for Prosperity" für den Zeitraum 2013 bis 2018 soll dazu beitragen, dass Sierra Leone bis 2035 das Niveau eines Landes mit mittlerem Einkommen erreicht (AA 3.2017b).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (3.2017b): Sierra Leone – Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sierraleone-node/-/203486, Zugriff 28.4.2017

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018b): Sierra Leone – Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sierra-leone/gesellschaft/, Zugriff 27.6.2018

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018c): Sierra Leone – Wirtschachaft, https://www.liportal.de/sierra-leone/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 27.6.2018

Medizinische Versorgung

Die Gesundheitsversorgung in Sierra Leone wird zum Teil vom Staat, zum Teil von NGOs gestellt (GIZ 6.2018b). Die medizinische Versorgung im Lande ist mit Europa nicht zu vergleichen und vielfach technisch, apparativ und/oder hygienisch äußerst problematisch (AA 27.6.2018).

Es besteht ein ausgeprägter Mangel an Fachärzten, der sich durch die Ebola-Epidemie weiter verschärft hat. Selbst in Freetown ist die ärztliche Versorgung gegenwärtig sehr begrenzt (AA 27.6.2018).

2010 wurde mit der Unterstützung des Vereinigten Königreiches und der UN ein Programm zur kostenlosen Versorgung von schwangeren Frauen und Müttern mit Kindern unter fünf Jahren eingeführt, um die hohe Mütter- und Kindersterblichkeit zu reduzieren. Die Situation der Frauen und Kleinkinder hat sich verbessert, auch wenn sie nach wie vor nicht befriedigend ist. Der Rest der Bevölkerung bleibt allerdings immer noch ohne ausreichenden Zugang zu grundlegender Gesundheitsversorgung, zum einen, weil es an Geldern fehlt, zum anderen, weil Teile des Gesundheitssystems unter Korruption leiden. Insbesondere die ländlichen Gebiete sind äußerst unzureichend ausgestattet. Die Bevölkerung bezahlt dies mit einem insgesamt schlechten Gesundheitszustand und einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 57 Jahren (GIZ 6.2018b).

Vom Ausbruch einer Ebola-Epidemie in Westafrika war auch Sierra Leone betroffen. Bis zum 16.1.2016 gab es dabei in Sierra Leone 3.955 Todesfälle. Im Zuge des Ebola Ausbruchs wurde die Notwendigkeit offensichtlich, die traditionelle Medizin stärker in das Gesundheitssystem einzubinden. Dafür setzt sich jetzt unter anderem der Verband der traditionellen Heiler ein (GIZ 6.2018b).

Sierra Leone hat eine HIV/AIDS-Infektionsrate von 1,5 Prozent. Damit liegt es etwas über dem internationalen Durchschnitt von einem Prozent und gehört damit (noch) nicht zu den Hochprävalenzländern. Die Prävalenz von HIV/AIDS wird vom National HIV/AIDS Sekretariat statistisch erfasst und es werden verschiedene Präventionsprogramme koordiniert. Die Durchführung der Programme liegt bei NGOs. Sierra Leone erhielt im Jahr 2010 das sechste Millennium Development Goal, eine Auszeichnung für seine bisherigen Bemühungen, eine weitere Verbreitung von HIV aufzuhalten (GIZ 6.2018b).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (27.6.2018): Sierra Leone – Reise- und Sicherheitshinweise, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/sierraleone-node/sierraleonesicherheit/203500#content_5, Zugriff 27.6.2018

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018b): Sierra Leone – Gesellschaft, http://liportal.giz.de/sierra-leone/gesellschaft/, Zugriff 27.6.2018

Rückkehr

Ein vom United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) initiiertes Repatriierungsprogramm für Bürgerkriegsflüchtlinge wurde im Juli 2004 abgeschlossen: Insgesamt 270.000 Flüchtlinge aus Sierra Leone konnten so in ihre Heimat zurückkehren. Auch die Menschen, die nach Liberia geflüchtet waren, wurden in ihre Heimat repatriiert (GIZ 6.2018a).

Quellen:

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (6.2018a): Sierra Leone – Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/sierra-leone/geschichte-staat/, Zugriff 27.6.2018

Zur aktuell vorliegenden Pandemie aufgrund des Corona-Virus ist folgendes festzustellen:

COVID-19 ist eine durch das Corona-Virus SARS-CoV-2 verursachte Viruserkrankung, die erstmals im Jahr 2019 in Wuhan/China festgestellt wurde und sich seither weltweit verbreitet. In Österreich gibt es mit Stand 28.08.2020 14:00 Uhr, 26.479 bestätigte Fälle, 3.263 aktuell Erkrankte von mit dem Corona-Virus infizierten Personen und 726 Todesfälle (https://info.gesundheitsministerium.at/dashboard_Epidem.html?l=de); in Sierra Leone wurden zu diesem Zeitpunkt 2.003 Fälle von mit dem Corona-Virus infizierten Personen nachgewiesen, wobei 69 diesbezügliche Todesfälle bestätigt wurden (https://covid19.who.int/region/afro/country/sl).

Nach dem aktuellen Stand verläuft die Viruserkrankung bei ca. 80% der Betroffenen leicht und bei ca. 15% der Betroffenen schwerer, wenn auch nicht lebensbedrohlich. Bei ca. 5% der Betroffenen verläuft die Viruserkrankung derart schwer, dass Lebensgefahr gegeben ist und intensivmedizinische Behandlungsmaßnahmen notwendig sind. Diese sehr schweren Krankheitsverläufe treten am häufigsten in den Risikogruppen der älteren Personen und der Personen mit Vorerkrankungen (wie z.B. Diabetes, Herzkrankheiten und Bluthochdruck) auf.

Unter Berücksichtigung aller bekannten Umstände kann nicht festgestellt werden, dass bei einer Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung nach Sierra Leone für den Beschwerdeführer eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher G

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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