Entscheidungsdatum
02.09.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W114 2230991-1/10E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 12.02.2020 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien vom 10.01.2020, AZ 11/4-DZ/16-14180289010, betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 20.07.2020 zu Recht:
A)
I. Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , für das Antragsjahr 2016 9,6612 Zahlungsansprüche zur Verfügung stehen und für das Feldstück 11 von einer festgestellten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 0,9195 ha auszugehen ist.
II. Die AMA wird gemäß § 19 Abs. 3 MOG angewiesen nach den Vorgaben in Spruchpunkt I. die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dieser Berechnungen XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , bescheidmäßig mitzuteilen.
III. Das darüberhinausgehende Beschwerdebegehren wird abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang
1. Am 04.04.2016 stellte XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF) einen Mehrfachantrag-Flächen (im Weiteren: MFA) für das Antragsjahr 2016 und beantragte u.a. die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2016 für von ihr beantragte beihilfefähige Flächen mit einem Ausmaß von 21,3422 ha.
Die Beschwerdeführerin war im Antragsjahr auch Bewirtschafterin und Auftreiberin der Alm mit der BNr. XXXX .
2. Ausgehend von den im MFA 2016 beantragten Flächen wurden der Beschwerdeführerin mit Bescheid der AMA vom 05.01.2017, AZ II/4-DZ/16-5272617010, für das Antragsjahr 2016 auf der Grundlage von 10,0509 verfügbaren Zahlungsansprüchen (ZA) mit einem Wert von EUR 168,89 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt. Dabei wurde von einer beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 21,3422 ha und einer ermittelten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 10,0509 ha ausgegangen. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
3. Am 10.05.2019, 14.05.2019 und am 16.05.2019 fand am Betrieb der Beschwerdeführerin in ihrer Anwesenheit eine Vor-Ort-Kontrolle (VOK) durch die AMA statt. Dabei wurden für die Antragsjahre 2015 und 2016 sanktionsrelevante Flächenabweichungen auf den Feldstücken 3, 4, 6 und 11 mit einem sanktionsrelevanten Ausmaß von 0,6607 ha festgestellt.
Das Ergebnis dieser VOK wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben der AMA vom 21.05.2019, AZ GBI/Abt.213266701010, zum Parteiengehör übermittelt. Die Beschwerdeführerin hat jedoch – offensichtlich das Kontrollergebnis anerkennend – von der Möglichkeit einer entgegnenden Stellungnahme abgesehen.
4. Zusätzlich wurde bei einem im Jahr 2019 von der AMA durchgeführten Referenzflächenabgleiches der Antragsjahre 2015 bis 2019 auf Feldstück 5, Schlag 1 eine sanktionsrelevante Flächenabweichung mit einem Ausmaß von 0,0706 ha festgestellt.
5. Das Ergebnis der durchgeführten VOK auf dem Heimbetrieb der BF und den im Jahr 2019 durchgeführten Referenzflächenabgleich berücksichtigend wurden der BF mit Abänderungsbescheid der AMA vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/16-14180289010, für das Antragsjahr 2016 nur mehr Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt und damit ein Betrag in Höhe von EUR XXXX zurückgefordert. Dabei wurde von zur Verfügung stehenden 9,5928 ZA und einer beantragten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 21,3422 ha bzw. einer festgestellten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 20,6109 ha ausgegangen. Es wurde keine Sanktion verfügt.
6. Gegen diese der BF am 16.01.2020 zugestellte Entscheidung hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 12.02.2020 Beschwerde erhoben. Dabei wurde zentral die Forderung erhoben, dass „eine Änderung der Referenzfläche durch die AMA oder durch das Prüforgan vor allem nicht nur negativ rückwirkend, sondern auch positiv angewendet werden sollte“.
Die Beschwerdeführerin stellte den Antrag, das Bundesverwaltungsgericht möge den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ersatzlos beheben, anderenfalls den angefochtenen Bescheid abändern und eine mündliche Verhandlung anberaumen.
7. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 15.05.2020 die Beschwerde und die Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.
In einer „Aufbereitung für das BVwG“ führte die AMA aus, dass im Zuge der Beschwerdebearbeitung eine Nachkontrolle (NK) veranlasst worden wäre. Aufgrund eines technischen Gebrechens sei die NK jedoch nicht durchgeführt worden. Die AMA würde noch eine Nachkontrolle durchführen.
8. Mit Schreiben vom 18.06.2020 wurde vom BVwG für den 20.07.2020 zu einer mündlichen Verhandlung geladen.
9. Mit Schriftsatz vom 19.06.2020 teilte die AMA mit, dass am 25.05.2020 eine Nachkontrolle der beihilfefähigen Fläche von FS 11 stattgefunden habe und dabei auf Feldstück 11 auch für das Antragsjahr 2016 anstelle einer beihilfefähigen Fläche von 0,8511 ha, eine Fläche mit einem Ausmaß von 0,9195 ha festgestellt worden wäre.
Der entsprechende Kontrollbericht wurde von der AMA mit Schreiben vom 10.06.2020, AZ GBI/Abt.25003644027, der BF genauso zum Parteiengehör vorgelegt wie auch die „Aufbereitung für das BVwG“ am 19.06.2020 an die Beschwerdeführerin zum Parteiengehör übermittelt wurde.
10. Mit E-Mail vom 01.07.2020 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde.
11. Am 20.07.2020 fand im BVwG eine mündliche Verhandlung statt, bei der auch der angefochtene Bescheid und die darin enthaltenen Beanstandungen der AMA detailliert besprochen wurden. Die AMA beantwortete dabei alle Fragen des BVwG und legte nachvollziehbar dar, wie sie bei den beanstandeten Flächen zu ihrem Ergebnis gelangt ist.
12. Das Verhandlungsprotokoll wurde anschließend an die BF zum Parteiengehör übermittelt. Innerhalb der ihr zugestandenen Frist langte im BVwG jedoch keine Stellungnahme oder ein ergänzendes Vorbringen ein. Vielmehr teilte die Beschwerdeführerin in einer E-Mail am 28.07.2020 mit, dass ihrerseits keine Stellungnahme abgegeben werde.
13. Mit Erkenntnis des BVwG vom 30.07.2020, W114 2230990-1/9E, wurde der Bescheid der AMA vom 10.01.2020, AZ 11/4-DZ/15-14117264010, betreffend Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 insoweit abgeändert, als verfügt wurde, dass die bei Feldstück 5, Schlag 1 festgestellte Flächenabweichung mit einem Ausmaß von 0,0228 ha bei der Berechnung einer allfälligen Flächensanktion gemäß Art. 19a VO (EU) 640/2014 nicht zu berücksichtigen ist und für das Feldstück 11 von einer festgestellten beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 0,9195 ha auszugehen ist. Die AMA wurde gemäß § 19 Abs. 3 MOG angewiesen nach diesen Vorgaben die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis dieser Berechnungen der Beschwerdeführerin bescheidmäßig mitzuteilen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Ausgehend von der Entscheidung der AMA vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/15-14117264010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2015 in der Fassung der rechtskräftigen Entscheidung des BVwG vom 30.07.2020, GZ W114 2230990-1/9E, standen der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2015 nicht 9,5928 ZA, sondern 9,6612 ZA zur Verfügung.
Diese Änderung ergab sich aus der von der AMA durchgeführten Nachkontrolle auf dem Feldstück 11 am 25.05.2020, bei der für die Antragsjahre 2015 bis 2019 statt einer beihilfefähigen Fläche mit einem Ausmaß von 0,8511 ha, eine beihilfefähige Fläche mit einem Ausmaß von 0,9195 ha festgestellt wurde. Die Differenz zwischen diesen beiden Flächen beträgt 0,0684 ha. Da sich bei der Neuzuteilung von ZA im Antragsjahr 2015 die Zahl der zuzuweisenden ZA an der Verfügbarkeit der Größe (in ha) der beihilfefähigen Fläche orientierte, erhöht sich dadurch auch das Ausmaß der der BF im Antragsjahr 2015 zur Verfügung stehenden ZA von 9, 5928 ZA um 0,0684 ZA auf 9,6612 ZA. Da diese 9,6612 ZA im Antragsjahr 2015 von der BF genutzt wurden, standen ihr auch im Antragsjahr 2016 9,6612 ZA zur Verfügung.
1.2. Wie bereits ausgeführt, betrug auch im Antragsjahr 2016 die beihilfefähige Fläche auf dem Feldstück 11 0,9195 ha.
1.3. Bei Schlag 1 von Feldstück 5 wurde hinsichtlich eines Flächenausmaßes von 0,0706 ha von der AMA im Zuge eines Referenzflächenabgleiches nachvollziehbar festgestellt, dass diese Fläche im Referenzjahr 2019 keine landwirtschaftliche Nutzfläche darstellte. Da von der BF nicht plausibel dargelegt wurde, wurde diese Fläche in der angefochtenen Entscheidung sanktionsrelevant abgezogen. Von der BF wurde auch im Beschwerdeverfahren nicht plausibel dargelegt bzw. unter Beweis gestellt, dass diese Fläche im Antragsjahr 2016 landwirtschaftlich genutzt wurde.
1.4. Am 10.05.2019, 14.05.2019 und am 16.05.2019 fand am Betrieb der Beschwerdeführerin in ihrer Anwesenheit eine VOK durch die AMA statt. Dabei wurden für das Antragsjahr 2016 sanktionsrelevante Flächenabweichungen auf den Feldstücken 3, 4, 6 und 11 mit einem sanktionsrelevanten Ausmaß von 0,6607 ha festgestellt.
1.5. Im Zuge des durchgeführten Parteiengehörs wurde gegen das mitgeteilte Ergebnis der VOK von der Beschwerdeführerin keine Stellungnahme abgegeben bzw. dargelegt, warum die Kontrollergebnisse nicht richtig wären. Die Beschwerdeführerin ist den Ergebnissen der VOK nicht auf gleicher fachlichen und sachlichen Ebene entgegengetreten.
1.6. Die AMA hat im Zuge der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 20.07.2020 nachvollziehbar und im Verhandlungsprotoll, das einen integrierenden Bestandteil dieser Entscheidung bildet, sehr ausführlich dokumentiert und dargelegt, warum die AMA bei einzelnen von der Beschwerdeführerin beantragten beihilfefähigen Flächen – ausgehend von nachvollziehbaren Beanstandungen - Korrekturen vorgenommen hat.
2. Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang ergibt sich aus den Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und blieb sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren dem Grunde nach unbestritten.
Die im Zuge der VOK am 10.05.2019, 14.05.2019 und am 16.05.2019 bzw. bei der VOK am 25.05.2020 festgestellten Flächenabweichungen, die in der angefochtenen Entscheidung schlaggenau aufgelistet sind, wurden von der AMA in der mündlichen Verhandlung am 20.07.2020 nachvollziehbar sowohl mit Kartenmaterial als auch mit angefertigten Fotos, die anlässlich der beiden VOK angefertigt wurden, untermauert und darüber hinaus auch elektronisch im INVEKOS GIS gezeigt. Die Beschwerdeführerin ist diesen Erklärungen nicht entgegengetreten.
Die getroffenen Feststellungen ergeben sich ebenfalls aus den Unterlagen des von der AMA dem BVwG vorgelegten Unterlagen aus dem Verwaltungsverfahren.
Nach den angeführten Rechtsvorschriften erfolgt die Auszahlung von Direktzahlungen auf Grundlage eines Antrages der Beihilfeempfängerin. Eine VOK hat eine Reduktion der der BF zustehenden beihilfefähigen Fläche ergeben. Das Ergebnis der VOK blieb letztlich unbestritten, zumal diesbezüglich kein substanziiertes bzw. schlagbezogenes auf Flächenangaben basierendes Vorbringen der BF erfolgte. Aus den Verfahrensunterlagen ergibt sich zudem, dass der BF der Kontrollbericht nachträglich zur Kenntnis gebracht und ihr die Möglichkeit eingeräumt wurde, im Rahmen eines anzustellenden Parteiengehörs zum Ergebnis dieser VOK Stellung zu nehmen. Die Beschwerdeführerin hat sich jedoch - das Ergebnis der VOK offensichtlich zustimmend zur Kenntnis nehmend - verschwiegen.
AMA-Kontrollberichte stammen von Kontrollorganen der AMA, die oft selbst Bewirtschafter eines Betriebes sind und mit den Erfordernissen, die mit der Beantragung von Direktzahlungen verbunden sind, bestens vertraut sind. Sie verfügen über eine fundierte Ausbildung und in der Regel auch über langjährige Erfahrungen. Sie sind jedenfalls in der Lage, entsprechende Kontrollberichte, die Gutachtensqualität aufweisen, zu erstellen. Jeder Kontrollbericht von AMA-Kontrollorganen kann für sich in Anspruch nehmen, dass er selbst so gestaltet ist, dass darauf aufbauend auch das BVwG in Beschwerdeverfahren betreffend die Gewährung von Direktzahlungen zu einer Entscheidung kommen kann, ohne selbst ein entsprechendes Gutachten einholen zu müssen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zur Zuständigkeit:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idF BGBl. I Nr. 46/2014, iVm § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.
3.2. anzuwendende Rechtsvorschriften:
Die Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates, im Weiteren VO (EU) 1306/2013, lautet auszugsweise:
„TITEL V
KONTROLLSYSTEME UND SANKTIONEN
KAPITEL I
Allgemeine Vorschriften
Artikel 58
Schutz der finanziellen Interessen der Union
(1) Die Mitgliedstaaten erlassen im Rahmen der GAP alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie alle sonstigen Maßnahmen, um einen wirksamen Schutz der finanziellen Interessen der Union zu gewährleisten, insbesondere um
a) sich zu vergewissern, dass die durch die Fonds finanzierten Maßnahmen rechtmäßig und ordnungsgemäß durchgeführt worden sind;
b) einen wirksamen Schutz vor Betrug insbesondere in Bereichen mit einem höheren Betrugsrisiko sicherzustellen, der für eine abschreckende Wirkung sorgt und bei dem den Kosten und dem Nutzen sowie der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen Rechnung getragen wird;
c) Unregelmäßigkeiten und Betrug vorzubeugen, aufzudecken und entsprechende Korrekturmaßnahmen zu treffen;
d) gemäß dem Unionsrecht oder in Ermangelung solcher Vorschriften gemäß dem nationalen Recht wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen zu verhängen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten;
e) zu Unrecht gezahlte Beträge zuzüglich Zinsen wiedereinzuziehen und wenn notwendig entsprechende rechtliche Schritte einzuleiten.
(2) Die Mitgliedstaaten richten wirksame Verwaltungs- und Kontrollsysteme ein, um die Einhaltung der Vorschriften im Rahmen der Stützungsregelungen der Union, die das Risiko eines finanziellen Schadens für die Union so weit wie möglich reduzieren sollen, sicherzustellen.
[…].“
„Artikel 59
Allgemeine Kontrollgrundsätze
(1) Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen umfasst das von den Mitgliedstaaten eingerichtete System gemäß Artikel 58 Absatz 2 systematische Verwaltungskontrollen sämtlicher Beihilfe- und Zahlungsanträge. Dieses System wird durch Vor- Ort-Kontrollen ergänzt.
(2) Für die Vor-Ort-Kontrollen zieht die zuständige Behörde aus der Grundgesamtheit der Antragsteller eine Kontrollstichprobe; diese umfasst gegebenenfalls einen Zufallsanteil, um eine repräsentative Fehlerquote zu erhalten, und einen risikobasierten Anteil, der auf die Bereiche mit dem höchsten Fehlerrisiko gerichtet ist.
[…].“
„Artikel 77
Anwendung von Verwaltungssanktionen
(1) Hinsichtlich der Verwaltungssanktionen nach Artikel 63 Absatz 2 gilt dieser Artikel im Falle der Nichteinhaltung in Bezug auf Förderkriterien, Auflagen oder andere Verpflichtungen, die sich aus der Anwendung der in Artikel 67 Absatz 2 genannten Stützungsregelungen ergeben.
(2) Verwaltungssanktionen werden nicht verhängt,
a) wenn der Verstoß auf höhere Gewalt zurückzuführen ist;
b) wenn der Verstoß auf offensichtliche Irrtümer gemäß Artikel 59 Absatz 6 zurückzuführen ist;
c) wenn der Verstoß auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist und wenn der Irrtum für die von der Verwaltungssanktion betroffene Person nach vernünftiger Einschätzung nicht erkennbar war;
d) wenn die betroffene Person die zuständige Behörde davon überzeugen kann, dass sie nicht die Schuld für den Verstoß gegen die Verpflichtungen nach Absatz 1 trägt, oder wenn die zuständige Behörde auf andere Weise zu der Überzeugung gelangt, dass die betroffene Person keine Schuld trägt;
e) wenn der Verstoß geringfügigen Charakter hat, einschließlich des Falles, dass der Verstoß in Form eines Schwellenwerts ausgedrückt wird, der von der Kommission gemäß Absatz 7 Buchstabe b zu bestimmen ist;
f) wenn in anderen, von der Kommission gemäß Absatz 7 Buchstabe b zu bestimmenden Fällen die Verhängung einer Sanktion nicht angebracht ist.
[…].“
Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EG) 1307/2013, lautet auszugsweise:
„Artikel 21
Zahlungsansprüche
(1) Die Basisprämienregelung kann von Betriebsinhabern in Anspruch genommen werden, die
a) Zahlungsansprüche im Rahmen der vorliegenden Verordnung durch Zuweisung gemäß Artikel 20 Absatz 4, durch Erstzuweisung nach Maßgabe der Artikel 24 oder Artikel 39, durch Zuweisung aus der nationalen Reserve oder den regionalen Reserven gemäß Artikel 30 oder durch Übertragung gemäß Artikel 34 erhalten
[…].“
„Artikel 24
Erstzuweisung der Zahlungsansprüche
(1) Zahlungsansprüche werden den Betriebsinhabern zugewiesen, die gemäß Artikel 9 der vorliegenden Verordnung zum Bezug von Direktzahlungen berechtigt sind, sofern sie,
a) außer im Falle höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände, bis zu dem gemäß Artikel 78 Unterabsatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 festzusetzenden Termin für die Einreichung von Anträgen im Jahr 2015 die Zuweisung von Zahlungsansprüchen im Rahmen der Basisprämienregelung beantragen, und
b) vor jedweder Kürzung oder jedwedem Ausschluss nach Titel II Kapitel 4 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 infolge eines Beihilfeantrags auf Direktzahlungen, auf eine nationale Übergangsbeihilfe oder auf ergänzende nationale Direktzahlungen im Jahr 2013 gemäß der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 zum Empfang von Zahlungen berechtigt waren.
[…]
(6) Die Mitgliedstaaten können beschließen, für die Zwecke der Festsetzung der Anzahl der einem Betriebsinhaber zuzuweisenden Zahlungsansprüche einen Verringerungskoeffizienten auf die beihilfefähigen Hektarflächen im Sinne des Absatzes 2 anzuwenden, bei denen es sich um Dauergrünland handelt, das in Gebieten mit schwierigen klimatischen Bedingungen, insbesondere aufgrund von deren Höhenlage oder sonstiger naturbedingter Benachteiligungen, wie schlechte Bodenqualität, steile Hanglage und eingeschränkte Wasserversorgung, gelegen ist.
[…].“
Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance lautet auszugsweise:
„Artikel 18
Berechnungsgrundlage in Bezug auf flächenbezogene Zahlungen
(1) Für Beihilfeanträge im Rahmen der Basisprämienregelung, der Kleinerzeugerregelung, der Umverteilungsprämie, der Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen und gegebenenfalls der Regelung für Junglandwirte in den Mitgliedstaaten, die die Basisprämienregelung anwenden, gilt Folgendes:
a) Liegt die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche über der Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche, so wird die Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche auf die Anzahl der dem Begünstigten zur Verfügung stehenden Zahlungsansprüche gesenkt;
b) ergibt sich eine Differenz zwischen der Anzahl der angemeldeten Zahlungsansprüche und der angemeldeten Fläche, so wird die angemeldete Fläche an den niedrigeren der beiden Werte angeglichen.
Dieser Absatz gilt nicht im ersten Jahr der Zuweisung von Zahlungsansprüchen.
[…]
(3) Ist im Falle der Umverteilungsprämie die im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung angemeldete Fläche größer als die vom Mitgliedstaat festgesetzte Höchstfläche gemäß Artikel 41 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013, so wird die angemeldete Fläche auf diese Höchstfläche verringert.
(4) Beschließt ein Mitgliedstaat, für die Zahlung für Gebiete mit naturbedingten Benachteiligungen die Zahlungsmethode gemäß Artikel 48 Absatz 4 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 anzuwenden, so wird im Fall, dass die im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung angemeldete Fläche größer ist als die vom Mitgliedstaat festgesetzte maximale Anzahl an Hektarflächen, die angemeldete Fläche auf diese maximale Zahl verringert.
(5) Ist im Falle von Beihilfeanträgen und/oder Zahlungsanträgen für flächenbezogene Beihilferegelungen oder Stützungsmaßnahmen die ermittelte Fläche einer Kulturgruppe größer als die im Beihilfeantrag angemeldete Fläche, so wird für die Berechnung der Beihilfe die angemeldete Fläche herangezogen.
[…].“
3.3. Rechtliche Würdigung:
Mit dem Antragsjahr 2015 wurde die Einheitliche Betriebsprämie von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, insb. der Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (= Ökologisierungszahlung bzw. „Greening-prämie“), abgelöst.
In der gegenständlichen Angelegenheit stellt sich im Wesentlichen die Frage der Rechtskonformität des Ergebnisses der VOK vom 10.05.2019, 14.05.2019 und vom 16.05.2019.
Aus Artikel 58 der Verordnung (EU) 1306/2013 und den allgemeinen Kontrollgrundsätzen des Artikel 59 dieser Verordnung lässt sich entnehmen, dass die Mitgliedstaaten Kontrollen durchzuführen haben, auf deren Grundlage die Abwicklung der Überprüfung des landwirtschaftlichen Förderungssystems erfolgt. Diese Kontrollen (Verwaltungskontrollen und VOK) bilden die Grundlage von behördlichen Festlegungen und allfälligen Sanktionen.
Wie bereits in der Beweiswürdigung ausgeführt, kommt einem von einem fachkundigen Organ der AMA erstellter Bericht über eine abgehaltene Kontrolle eine erhöhte Beweiskraft zu, der letztlich nur durch entsprechend fundierte schlagbezogene Beweismittel auf gleicher fachlichen und sachlichen Ebene entgegengetreten werden kann. Die Beschwerdeführerin hat dieser Anforderung nicht entsprochen. Sie hat viel mehr unsubstanziierte bzw. nicht schlagbezogene und auf konkreten Flächenangaben beruhende Behauptungen vorgetragen, die von ihr nicht mit den erforderlichen Beweismitteln untermauert wurden, sodass das erkennende Gericht bei einer Gesamtbetrachtung zum Ergebnis gelangt, dass die VOK vom 10.05.2019, 14.05.2019 und vom 16.05.2019 weitgehend – bis auf Feldstück 11 ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Die AMA selbst hat eine Ungenauigkeit bei Feldstück 11 geklärt und gelangte im Zuge einer Nachkontrolle im Mai 2020 zu einer zulässigen Korrektur ihres Messergebnisses.
Ausgehend von der vollständigen und nachvollziehbaren Erklärung der Ergebnisse der VOK in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG am 20.07.2020 vermag das erkennende Gericht – abgesehen von den Korrekturen aufgrund der Nachkontrolle vom 25.05.2020 und der damit einhergehenden Korrektur der der BF auch für das Antragsjahr 2016 zur Verfügung stehenden ZA – keinen Anlass zu erkennen, der zu einer darüber hinausgehenden Änderung des angefochtenen Bescheides führen könnte, sodass das darüber hinausgehende Beschwerdebegehren abzuweisen war.
Die rechtliche Grundlage dafür, dass die AMA vom BVwG in dieser Entscheidung angewiesen wurde, gemäß den Vorgaben in dieser Entscheidung die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis den Beschwerdeführern bescheidmäßig mitzuteilen, ergibt sich aus § 19 Abs. 3 MOG.
Zu B)
Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall keine einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage erscheint jedoch so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.
Schlagworte
beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Berechnung Bescheidabänderung Direktzahlung Flächenabweichung Gesamtbetrachtung INVEKOS Kontrolle Mehrfachantrag-Flächen Mitteilung mündliche Verhandlung Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rückforderung ZahlungsansprücheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2230991.1.00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020