Entscheidungsdatum
02.09.2020Norm
AsylG 2005 §18 Abs1Spruch
I406 2162620-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , StA. ungeklärt alias Eritrea alias Sudan, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, Mozartstraße 11/6, 4020 Linz, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.06.2017, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
In Erledigung der Beschwerde wird der bekämpfte Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste spätestens am 28.05.2015 unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte einen Antrag auf internationalen Schutz.
2. In seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 02.06.2015 erklärte er, eritreischer Staatsangehöriger und in Khartum (Sudan) geboren zu sein. Zu seinen Fluchtgründen gab er zu Protokoll: „Mein Vater ist in der Opposition gegen die eritreische Regierung und deshalb musste ich mein Land verlassen da mein Vater dort viele Probleme hat und das auch auf seine Kinder zurückfallen könnte. Mein Vater wird von der Regierung gesucht und deshalb ist meine ganze Familie gefährdet. Meine Familie lebt zwar im Sudan aber das ist noch immer kein sicheres Land. Mein Vater hat einen Haftbefehl.“
3. Am 12.09.2016 wurde der Beschwerdeführer durch das BFA niederschriftlich zu seinem Asylantrag einvernommen. Er sei Staatsangehöriger Eritreas und im Sudan geboren. Seine Eltern seien Eritreer und seine Geschwister seien in Eritrea geboren. Die Familie sei vor seiner Geburt aus Eritrea geflüchtet, weil sein Vater zur eritreischen Opposition gehöre. Der Beschwerdeführer sei deshalb von den sudanesischen Sicherheitskräften bedroht worden. Diese hätten von ihm verlangt, dass der Beschwerdeführer ihnen Informationen über die Tätigkeit seines Vaters und seine Versammlungen liefere, ansonsten werde der Beschwerdeführer nach Eritrea zurückgeschickt. Der Beschwerdeführer legte einen eritreischen Personalausweis seiner Mutter sowie ein ins Englische übersetztes Schriftstück zum Beweis, dass sein Vater zur eritreischen Opposition gehöre, vor. Dem Beschwerdeführer wurde von Seiten der belangten Behörde erklärt, dass zunächst festgestellt werden müsse, ob er sudanesischer oder eritreischer Staatsangehöriger sei. Die Feststellungen zu seinem Herkunftsstaat würden ihm zur Stellungnahme zugesandt, sobald seine Staatsangehörigkeit geklärt sei.
4. Eine urkundentechnische Untersuchung des vorgelegten Personalausweises der Mutter des Beschwerdeführers ergab laut Untersuchungsbericht der LPD XXXX vom 12.01.2017, dass es sich bei dem zur Untersuchung vorgelegten Dokument um eine Totalfälschung handle. Die vorgelegte Identitätskarte sei lediglich im Tintenstrahldruck hergestellt worden. Es sei nicht auszuschließen, dass ein inhaltsgleiches Originaldokument als Reproduktionsvorlage gedient habe.
5. Auf Vorhalt dieses Untersuchungsergebnisses erklärte der Beschwerdeführer im Zuge einer weiteren niederschriftlichen Einvernahme durch das BFA am 20.04.2017, dass es sich um keine Fälschung, sondern um eine Kopie vom Original handle und dass er das Original nicht beschaffen könne, weil seine Mutter im Sudan lebe. Er blieb dabei, Eritreer zu sein. Es sei ihm aufgrund der politischen Verfolgung seines Vaters nicht möglich gewesen, zur Beschaffung von Dokumenten auf die Vertretungsbehörde seines Herkunftsstaates zu gehen. Dem Beschwerdeführer wurde neuerlich mitgeteilt, dass die belangte Behörde versuchen werde, Recherchen und Ermittlungen anzustellen, um zu einer begründeten Feststellung zu gelangen, als Staatsangehöriger welchen Landes der Beschwerdeführer im Asylverfahren in Österreich zu gelten habe. Die Entscheidung werde unter anderem anhand detaillierter landeskundlicher Feststellungen zum festgestellten Land der Staatsangehörigkeit begründet werden. Diese würden dem Beschwerdeführer zugesandt, sobald die Frage der Staatsangehörigkeit geklärt sei.
6. Mit Schreiben des BFA vom 04.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass für die Behörde feststehe, dass er als Staatsangehöriger des Sudan zu gelten habe. Gleichzeitig wurden ihm die landeskundlichen Feststellungen zum Sudan zum Parteiengehör übermittelt. Dazu erstattete der Beschwerdeführer keine Stellungnahme.
7. Mit Urteil des Bezirksgerichtes XXXX vom 19.05.2017, Zl. XXXX , wurde der Beschwerdeführer vom Vorwurf der Urkundenfälschung rechtskräftig freigesprochen.
8. Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des BFA vom 06.06.2017 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Sudan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III. erster Spruchteil). Gleichzeitig wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt III. zweiter Spruchteil) und wurde festgestellt, dass seine Abschiebung nach Sudan zulässig ist (Spruchpunkt III. dritter Spruchteil). Dem Beschwerdeführer wurde eine zweiwöchige Frist für eine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt IV.).
Das BFA stellte zur Person des Beschwerdeführers fest, dass seine Identität nicht feststehe und er sudanesischer Staatsangehöriger sei. Beweiswürdigend führte das BFA zur festgestellten Staatsangehörigkeit aus, dass der Beschwerdeführer keine geeigneten identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt habe und seine Identität nicht festgestellt habe werden können. Beim vorgelegten eritreischen Personalausweis seiner Mutter handle es sich um eine Totalfälschung. Diesbezüglich sei gegen den Beschwerdeführer ein Verfahren wegen „Fälschung besonders geschützter Urkunden“ anhängig. Daher stehe für das BFA fest, dass der Beschwerdeführer arabischsprachiger Sudanese sei.
9. Gegen diesen Bescheid richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde vom 21.06.2017. Der Beschwerdeführer machte inhaltliche Rechtswidrigkeit infolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung und der Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Entgegen der Auffassung des BFA sei er eritreischer und nicht sudanesischer Staatsbürger. Er sei lediglich im Sudan geboren und dort aufgewachsen. Zum Beweis seiner von seiner Mutter abgeleiteten Staatsbürgerschaft habe er eine Kopie des eritreischen Personalausweises seiner Mutter vorgelegt, dieser sei jedoch seitens des BFA kein Glauben geschenkt worden. Mittlerweile sei der Beschwerdeführer jedoch sogar im strafrechtlichen Verfahren wegen Urkundenfälschung freigesprochen worden. Der Beschwerdeführer habe dabei zum Beweis der Echtheit der Kopie des Personalausweises seiner Mutter das diesbezügliche Originaldokument vorgelegt. Aufgrund dieser Feststellung des BG XXXX sei nun davon auszugehen, dass aus der nun einwandfrei anerkannten eritreischen Staatsbürgerschaft der Mutter des Beschwerdeführers auch dessen Staatsbürgerschaft hinsichtlich des Staates Eritrea anzunehmen sei. Das BFA habe diesbezüglich keine korrekte Ermittlungstätigkeit vollzogen und sich mit dem eigentlichen Heimatland des Beschwerdeführers – Eritrea – in den dem Bescheid zugrunde gelegten Länderfeststellungen nicht auseinandergesetzt.
10. Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 27.07.2020 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:
Das BFA hat die Staatsangehörigkeit und damit verbunden die Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers nicht bzw. nur ansatzweise ermittelt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchpunkt A)
3.1. Gemäß § 28 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (in Folge: VwGVG), hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 28 Abs. 2 leg.cit. hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gem. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Liegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/2014).
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Gema?ß § 8 Abs 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidia?r Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in O?sterreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zuru?ckweisung, Zuru?ckschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten wu?rde oder fu?r ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willku?rlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen wu?rde.
Im Rahmen der Pru?fung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein - u?ber eine bloße Mo?glichkeit hinausgehendes - "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 17.10.2019, Ra 2019/18/0372; ua.).
Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die perso?nliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (vgl. VwGH 29.08.2019, Ra 2019/19/0143; ua.).
3.3. Gemäß § 18 Abs. 1 AsylG 2005 hat das BFA in allen Stadien des Verfahrens von Amts wegen darauf hinzuwirken, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht oder lückenhafte Angaben über die zur Begründung des Antrages geltend gemachten Umstände vervollständigt, die Beweismittel für diese Angaben bezeichnet oder die angebotenen Beweismittel ergänzt und überhaupt alle Aufschlüsse gegeben werden, welche zur Begründung des Antrages notwendig erscheinen. Erforderlichenfalls sind Beweismittel auch von Amts wegen beizuschaffen.
3.4 Konkret hat das BFA geeignete Ermittlungsschritte zur Feststellung der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und damit verbunden die sich auf den Herkunftsstaat beziehenden Feststellungen unterlassen bzw. lediglich ansatzweise ermittelt.
Der Beweiswürdigung kann nicht entnommen werden, aus welchen konkreten und logisch nachvollziehbaren Gründen das BFA davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer sudanesischer Staatsangehöriger sei.
Der Beschwerdeführer erklärte im Administrativverfahren durchgehend, zwar im Sudan geboren und aufgewachsen zu sein, jedoch die eritreische Staatsangehörigkeit von seinen Eltern abgeleitet zu haben.
In seinem Bescheid vom 06.06.2017 ging das BFA davon aus, dass der Beschwerdeführer sudanesischer Staatsangehöriger sei.
In seiner Beweiswürdigung führte das BFA zur festgestellten Staatsangehörigkeit aus, dass der Beschwerdeführer keine geeigneten identitätsbezeugenden Dokumente vorgelegt habe und seine Identität aus diesem Grund nicht festgestellt werden könne.
Eine urkundentechnische Untersuchung des vom Beschwerdeführer vorgelegten eritreischen Personalausweises seiner Mutter habe ergeben, dass es sich um dabei um eine Totalfälschung handle. Aus diesem Grund sei gegen den Beschwerdeführer ein strafgerichtliches Verfahren wegen der Fälschung besonders geschützter Urkunden anhängig.
Für das BFA stehe daher fest, dass der Beschwerdeführer arabischsprachiger Sudanese sei.
Wie jedoch aus dem Akteninhalt hervorgeht, wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des zuständigen Bezirksgerichtes vom 19.05.2017 vom Vorwurf, er habe am 12. September 2016 in XXXX eine falsche Urkunde, nämlich die Totalfälschung eines auf seine Mutter lautenden eritreischen Personalausweises im Rechtsverkehr zum Nachweis seiner Staatsangehörigkeit gebraucht, indem er es im Rahmen seiner Vernehmung durch das BFA dem vernehmenden Beamten vorgelegt habe, mangels Schuldbeweises rechtskräftig freigesprochen.
In seiner Beschwerde führte der Beschwerdeführer dazu näher aus, dass er im Strafverfahren zum Beweis der Echtheit der Kopie des Personalausweises seiner Mutter das diesbezügliche Originaldokument vorgelegt habe. Daher stehe nun die eritreische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers zweifelsfrei fest.
Zudem hegte auch das BFA selbst nach Vorliegen des polizeilichen urkundentechnischen Untersuchungsberichtes vom 12.01.2017 Zweifel an der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers.
So wurde dem Beschwerdeführer bei der am 20.04.2017 vorgenommenen niederschriftlichen Einvernahme von der belangten Behörde neuerlich mitgeteilt, dass versucht werde, weitere Recherchen und Ermittlungen anzustellen, um zu einer begründeten Feststellung zu gelangen, als Staatsangehöriger welchen Landes der Beschwerdeführer im Asylverfahren in Österreich zu gelten habe.
Mit Schreiben des BFA vom 04.05.2017 wurde dem Beschwerdeführer in weiterer Folge mitgeteilt, dass für das BFA nun feststehe, dass er als Staatsangehöriger des Sudan zu gelten habe. Auf Grundlage welcher zusätzlicher Recherchen und Ermittlungen das BFA schlussendlich zu dieser Ansicht gelangte geht weder aus dem Parteiengehör des BFA vom 04.05.2017, noch aus dem Bescheid hervor.
Den beweiswürdigenden Ausführungen ist in Zusammenschau nicht zu entnehmen, dass sich das BFA hinreichend mit der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hat.
Das BFA hat trotz der Erklärung des Beschwerdeführers, Eritreer zu sein und trotz seiner eigenen offenkundigen Zweifel weder den Beschwerdeführer weiterführend befragt, noch sonstige Ermittlungsschritte zu seiner genauen Identität und Herkunft gesetzt.
Die Länderfeststellungen der belangten Behörde beziehen sich ausschließlich auf den Sudan.
Das BFA hätte aber gehörige Ermittlungen dahingehend zu tätigen, ob es sich beim Beschwerdeführer tatsächlich um einen Staatsangehörigen Eritreas handelt, da es sich gerade bei der Feststellung der Staatsangehörigkeit bzw. des Herkunftsstaates zweifellos um eine zentrale Frage im Asylverfahren handelt (vgl. etwa VwGH E 16.04.2009, 2008/19/0706; 20.02.2099, 2007/19/0535), welche grundsätzlich vom BFA zu tätigen ist, da ansonsten im Fall der Klärung des Herkunftsstaates durch das Bundesverwaltungsgericht das gesamte an die Feststellung knüpfende Ermittlungsverfahren zum Herkunftsstaat vor das Bundesverwaltungsgericht verlagert wäre.
Aus den dargelegten Gründen erweisen sich die durchgeführten Sachverhaltsermittlungen des BFA als ungenügend und es liegen besonders schwerwiegende Mängel des behördlichen Verfahrens bei der Ermittlung des entscheidungsrelevanten Sachverhaltes vor.
Folglich hat eine Zurückverweisung der Sache an das BFA zu erfolgen, weil die belangte Behörde die erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen bzw. den maßgebenden Sachverhalt bloß ansatzweise ermittelt hat (vgl. VwGH 26.06.2014, Ro 2014/03/0063).
Im weiteren Verfahren wird das BFA diesen Verfahrensmangel sanieren müssen und ein umfassendes Ermittlungsverfahren zu führen haben, indem entsprechend den obigen Ausführungen konkrete Ermittlungsschritte zur Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und den Rückkehrbefürchtungen in Bezug auf den (tatsächlichen) Herkunftsstaat des Beschwerdeführers gesetzt werden.
Dass eine unmittelbare weitere Beweisaufnahme durch das Bundesverwaltungsgericht "im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden" wäre, ist - angesichts des mit dem bundesverwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren als Mehrparteienverfahren verbundenen erhöhten Aufwandes - nicht ersichtlich, weshalb von dem in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG eingeräumten Ermessen im Sinne einer kassatorischen Entscheidung Gebrauch zu machen war. Die Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 VwGVG sind daher im gegenständlichen Beschwerdefall nicht gegeben.
4. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
3.5. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Dies ist gegenständlich der Fall.
Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.
Schlagworte
Asylverfahren Behebung der Entscheidung Beweiswürdigung Ermittlungspflicht Kassation mangelhaftes Ermittlungsverfahren mangelnde Sachverhaltsfeststellung real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung Staatsangehörigkeit subsidiärer Schutz Urkundenfälschung ZurückverweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I406.2162620.1.00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020