Entscheidungsdatum
03.09.2020Norm
AVG §13 Abs3Spruch
I414 2230657-1/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian EGGER als Vorsitzender und den Richter Dr. Harald NEUSCHMID sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Elisabeth RIEDER als Beisitzerin über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Tirol (SMS) vom 19.03.2020, Zl. XXXX , beschlossen:
A)
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin beantragte bei der belangten Behörde die Neufestsetzung des Grades der Behinderung. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens wurde der Antrag mit Bescheid vom 19.03.2020 abgewiesen. Der Gesamtgrad der Behinderung betrage weiterhin 70% und sei daher unverändert. Der Beschwerdeführerin wurde ein Behindertenpass mit einem Grad von 70% ausgestellt samt folgenden Zusatzeintragungen: „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 erster Teilstrich VO 3003/1996 liegt vor“, „Gesundheitsschädigung gem. § 2 Abs. 1 dritter Teilstrich VO 303/1996 liegt vor“ und „Der Inhaber/ die Inhaberin ist TrägerIn einer Prothese“.
Dagegen wurde Beschwerde erhoben und moniert, dass ihr die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar sei und sie noch nie öffentliche Verkehrsmittel benützt hätte. Darüber hinaus wurde im Beschwerdeschriftsatz ein ärztlicher Entlassungsbrief vom 16.07.2019 beigelegt, welcher im Sachverständigengutachten vom 06.02.2020 bereits berücksichtigt wurde.
Vom erkennenden Gericht wurde der Beschwerdeführerin am 11.05.2020 die Behebung der Mängel aufgetragen. Nach kurzer Erklärung wurde ihr aufgetragen, ihr Vorbringen dahingehend zu konkretisieren, in wie weit eine Rechtswidrigkeit geltend gemacht werde. Ebenso wurde darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Verfahrens nicht ein Antrag auf Vornahme einer Zusatzeintragung ist, sie diese Eintragung nicht beantragt habe und entgegen ihrem Beschwerdevorbringen auch zu keinem Zeitpunkt über die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ verfügt habe.
Es wurde eine Frist von 14 Tagen ab Zustellung des Schreibens festgesetzt. Aufgrund eines nicht eindeutigen Rückscheines bzw. Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments wurde der Mängelbehebungsauftrag am 03.07.2020 erneut übermittelt und am 07.07.2020 zugestellt. Binnen der gewährten Frist von neuerlich 14 Tagen ab Zustellung erfolgte keine Verbesserung der Beschwerde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Am 20.04.2020 langte bei der belangten Behörde eine mangelhafte Beschwerde ein. Es fehlen die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt gemäß § 9 Abs 1 Z 3 VwGVG.
Die Beschwerdeführerin ist unvertreten und enthält der Mängelbehebungsauftrag eine Belehrung gemäß § 13 Abs 3 AVG, wonach nach fruchtlosem Ablauf der Frist die Beschwerde zurückgewiesen wird.
Der Mängelbehebungsauftrag wurde von der Beschwerdeführerin am 07.07.2020 persönlich behoben und somit zugestellt.
Die Frist wurde mit 14 Tagen ab Zustellung des Mängelbehebungsauftrages festgelegt. Bis zum 21.07.2020 bzw. bis dato wurde dem Mängelbehebungsauftrag nicht entsprochen.
2. Beweiswürdigung:
Feststellungen zur Beschwerde, zum Mängelbehebungsauftrag und zur Zustellung ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde, dem Mängelbehebungsauftrag des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.07.2020 selbst und der Verständigung über die Hinterlegung eines behördlichen Dokuments des Postzustellers. Die Einbringung einer verbesserten Beschwerde ist bis zum 21.07.2020 bzw. bis dato nicht dokumentiert.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu Spruchpunkt A)
§ 9 VwGVG regelt die Inhaltserfordernisse der Beschwerde vor dem Verwaltungsgericht.
§ 9 Abs. 1 leg.cit. lautet:
"§ 9 (1) Die Beschwerde hat zu enthalten:
1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,
2. die Bezeichnung der belangten Behörde,
3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
4. das Begehren und
5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist."
Die Materialien (RV 2009 der Beilagen XXIV. GP, S. 4) zu dieser Bestimmung enthalten folgende Ausführungen:
"Zu § 9:
Der vorgeschlagene § 9 regelt den Inhalt der Beschwerde. Gemäß Abs. 1 soll die Beschwerde den angefochtenen Bescheid (die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, die angefochtene Weisung) und die belangte Behörde bezeichnen. Bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG tritt an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde, soweit dies zumutbar ist, eine Angabe darüber, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat. Die Beschwerde hat die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, das Begehren und die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht wurde, zu enthalten.
Diese Angaben sind deshalb erforderlich, weil das Verwaltungsgericht gemäß dem vorgeschlagenen § 27 im Prüfungsumfang beschränkt sein soll. Die Anforderungen an die Beschwerde sind demnach höher als die Anforderungen an eine Berufung gemäß § 63 Abs. 3 AVG. Es darf jedoch nicht verkannt werden, dass schon das vorangegangene Verwaltungsverfahren den Parteien besondere Achtsamkeit abverlangt; so etwa die rechtzeitige Erhebung zulässiger, auf subjektive Rechte bezogener Einwendungen, um die Parteistellung nicht zu verlieren (§ 42 Abs. 1 AVG). Mangelhafte Beschwerden sind unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 AVG einer Verbesserung zugänglich.
Der vorgeschlagene Abs. 2 bestimmt den Begriff der "belangten Behörde" näher."
Aus den Ausschussfeststellungen (AB 2112 BlgNR XXIV. GP S.7) ergibt sich Folgendes:
"Der Verfassungsausschuss geht davon aus, dass die inhaltlichen Anforderungen an eine Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG jenen des § 63 Abs. 3 AVG materiell entsprechen. Aus der Beschwerdebegründung muss der Wille des Beschwerdeführers erkennbar sein, im Beschwerdeverfahren ein für ihn vorteilhafteres Verfahrensergebnis zu erreichen. Die inhaltlichen Anforderungen sind so zu verstehen, dass ein durchschnittlicher Bürger sie auch ohne Unterstützung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter erfüllen kann."
Die Intention des § 13 Abs 3 AVG ist es, die Parteien vor Rechtsnachteilen zu schützen, welche ihnen aus Anbringen entstehen können, die aus Unkenntnis der Rechtslage oder infolge eines Versehens mangelhaft sind (vgl VwGH 13.11.2012, 2012/05/0184).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG hat die Behörde im Verbesserungsauftrag konkret und unmissverständlich anzugeben, welche vom Gesetz geforderten Eigenschaften dem Anbringen fehlen (Hinweis Erkenntnisse vom 07.09.2009, 2009/04/0153, vom 27.03.2007, 2005/11/0216 und vom 14.10.2013, 2013/12/0079).
§ 13 Abs. 3 AVG lautet:
"13 (3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."
Da die mit Schreiben vom 14.04.2020 eingebrachte Beschwerde zwar fristgerecht bei der belangten Behörde einlangte, jedoch trotz ordnungsgemäßer Rechtsmittelbelehrung keine Beschwerdegründe enthält, erfolgte seitens des Bundesverwaltungsgerichts ein Mängelbehebungsauftrag unter dem Hinweis, dass nach fruchtlosem Ablauf der Frist die Beschwerde zurückgewiesen wird.
Der Mängelbehebungsauftrag wurde der Beschwerdeführerin am 07.07.2020 zugestellt, sie reagierte jedoch nicht auf das Schreiben und erstattete binnen der gesetzten 14-tägigen Frist keinerlei Mängelbehebung- bzw. Verbesserung.
Es war somit die Beschwerde spruchgemäß zurückzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die hier anzuwendenden Regelungen erweisen sich als klar und eindeutig (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053). Auf die zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 13 Abs. 3 AVG wird verwiesen.
Schlagworte
Beschwerdegründe Fristablauf Mängelbehebung Verbesserungsauftrag ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:I414.2230657.1.00Im RIS seit
17.11.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020