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34/01 MonopoleNorm
B-VG Art137 / sonstige KlagenLeitsatz
Stattgabe einer Klage gegen den Bund auf Ersatz der Prozesskosten wegen einer Strafe nach dem Glücksspielgesetz; Zuspruch der (notwendigen) Kosten für einen Schriftsatz an den VfGHSpruch
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Kläger zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 1.162,78 bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe
I. Klage und Vorverfahren
1. Mit seiner auf Art137 B-VG gestützten Klage gegen den Bund begehrte der Kläger die Erlassung des folgenden "Urteiles":
"1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 6.000,00 samt 4 % Zinsen seit 10.10.2019 zu bezahlen.
2. Die beklagte Partei ist ferner schuldig, der klagenden Partei deren Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."
2. Begründend führt der Kläger hiezu aus, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 21. September 2018, Ra 2017/17/0735-5, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 15. Februar 2017, LVwG-2015/21/2015-3, mit welchem der Kläger zur Zahlung eines Strafbetrages in der Höhe von € 6.000,– und eines Verfahrenskostenbeitrages in der Höhe von € 600,– verpflichtet worden sei, im Umfang seines Ausspruches über die verhängte Strafe und die Kosten des verwaltungsbehördlichen Strafverfahrens gemäß §42 Abs2 Z1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Das Landesverwaltungsgericht Tirol habe daraufhin mit Beschluss vom 21. Jänner 2019, LVwG-2015/21/2015-11, das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 15. Februar 2017, LVwG-2015/21/2015-3, dahingehend ergänzt, dass die Strafsanktionsbestimmung "§52 Abs2 1. Strafsatz Glücksspielgesetz (GSpG), BGBl Nr 620/1989 idF BGBl Nr 13/2014" laute.
Am 17. Juni 2019 sei eine Zahlungserinnerung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein ergangen, in welcher der Kläger darauf hingewiesen worden sei, dass er mit Bescheid vom 2. Juli 2015 zu einer Geldleistung von € 6.600,– verpflichtet worden sei. Ebenso sei ihm eine Mahngebühr von € 5,– vorgeschrieben worden. Der Kläger habe daraufhin die Bezirkshauptmannschaft Kufstein am 27. Juni 2019 per E-Mail darauf hingewiesen, dass von einem behördlichen Irrtum bei der Vorschreibung ausgegangen werde und es sich um das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 15. Februar 2017 handeln müsse, dieses aber durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. September 2018, Ra 2017/17/0735-5, in seinem ersten Spruchpunkt aufgehoben worden sei und daher von der Gegenstandslosigkeit der Zahlungserinnerung ausgegangen werde, bis das Landesverwaltungsgericht Tirol in einem zweiten Rechtsgang über die Rechtssache entschieden habe.
Am 3. September 2019 habe die Bezirkshauptmannschaft Kufstein dem Kläger eine Stellungnahme des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 19. August 2019 zur Kenntnis übermittelt. Dieser zufolge sei der Kläger auf Grund des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 15. Februar 2017, LVwG-2015/21/2015-3, in Verbindung mit dem Ergänzungsbeschluss vom 21. Jänner 2019, LVwG-2015/21/2015-11, zur Zahlung verpflichtet.
Mit E-Mail vom 4. September 2019 an die Bezirkshauptmannschaft Kufstein habe der Kläger vorgebracht, dass das Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zur Kenntnis genommen werde, die dort vertretene Rechtsansicht aber unrichtig sei. Das Landesverwaltungsgericht Tirol habe nicht über die Strafhöhe und die Verfahrenskosten entschieden. In der Folge sei mit Schreiben vom 18. September 2019 eine weitere Zahlungserinnerung der Bezirkshauptmannschaft Kufstein an den Kläger ergangen und die Exekution angedroht worden. Am 9. Oktober 2019 habe der Kläger zur Hintanhaltung der angedrohten Exekution den eingemahnten Betrag in der Höhe von € 6.605,– einbezahlt.
Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2020, A27/2019-9, sei das Land Tirol schuldig erkannt worden, dem Kläger zuhanden seines Rechtsvertreters den Betrag von € 605,– (Verfahrenskostenbeitrag und Mahngebühren) samt 4 % Zinsen seit 10. Oktober 2019 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen. Im Übrigen, nämlich hinsichtlich des Strafbetrages sei die Klage abgewiesen worden. Den klagsabweisenden Ausspruch habe der Verfassungsgerichtshof mit der nicht gegebenen passiven Klagslegitimation des Landes Tirol begründet. Das beklagte Land sei in der Angelegenheit, in der die Zahlung ergangen sei, funktional nicht zuständig, weil die Vollziehung des Glücksspielgesetzes gemäß Art10 Abs1 Z4 B-VG Bundessache sei. Aus der Entscheidung folge – betreffend den Anspruch auf Refundierung des Strafbetrages – die alleinige passive Klagslegitimation des Bundes.
Nach Ansicht des Klägers sei die im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 2. Juli 2015 ausgesprochene Strafe weder rechtskräftig noch vollstreckbar. Das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 21. Jänner 2019 enthalte keinen Straf- und auch keinen Kostenausspruch, weil das Erkenntnis in diesem Umfang vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 21. September 2018 aufgehoben worden sei. Die zu Unrecht vom Kläger eingehobenen Beträge seien ihm in Ermangelung einer Rechtsgrundlage für die Einforderung und Einbehaltung zu refundieren.
3. Mit Eingabe vom 21. April 2020 schränkte der Kläger – nach Erhalt des Betrages von € 6.000,– samt 4 % Zinsen seit 10. Oktober 2019 von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein, die funktional für den Bund tätig sei – sein Klagebegehren auf den Ersatz der Prozesskosten (€ 1.131,65) ein.
4. Mit Eingabe vom 10. Juni 2020 teilte der Bund (Bundesminister für Finanzen) mit, dass die Ersatzpflicht des Bundes hinsichtlich der Verfahrenskosten in der Höhe von € 1.131,65 dem Grunde und der Höhe nach anerkannt werde.
5. Mit Schriftsatz des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2020 wurde der Kläger aufgefordert bekanntzugeben, ob auf Grund der Anerkennung der Ersatzpflicht des Bundes hinsichtlich der Verfahrenskosten dem Grunde und der Höhe nach die Klage gemäß Art137 B-VG zurückgezogen wird.
6. Mit Eingabe vom 23. Juni 2020 teilte der Kläger mit, dass eine Zurückziehung der Klage nicht erfolgen könne, weil eine Bezahlung der Verfahrenskosten durch den Bund bislang nicht erfolgt sei. Es solle sohin ein "(Anerkenntnis-)Urteil" erlassen werden. Für diesen Schriftsatz verzeichnete der Kläger Kosten in der Höhe von € 31,13.
II. Erwägungen
1. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, ein Land, eine Gemeinde oder einen Gemeindeverband, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.
Ein solcher Anspruch wird mit der vorliegenden Klage geltend gemacht. Da im Verfahren auch sonst kein Prozesshindernis hervorgekommen ist, erweist sich die Klage insgesamt als zulässig.
2. Auf Grund des Vorbringens der Parteien und der vorgelegten Unterlagen hat der Verfassungsgerichtshof über die Klage erwogen:
2.1. Mit seiner auf Art137 B-VG gestützten Klage gegen den Bund begehrte der Kläger die Zahlung von € 6.000,– samt 4 % Zinsen seit 10. Oktober 2019 sowie den Ersatz der Prozesskosten. Mit Eingabe vom 21. April 2020 schränkte der Kläger sein Klagebegehren auf den Ersatz der Prozesskosten ein, weil der Bund den Betrag samt Zinsen mittlerweile rücküberwiesen hatte. Als Kosten verzeichnete der Kläger € 1.131,65. Mit Eingabe vom 10. Juni 2020 anerkannte der Bund dem Grunde und der Höhe nach die Ersatzpflicht hinsichtlich der Verfahrenskosten in der Höhe von € 1.131,65. Mit Schriftsatz des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2020 wurde der Kläger aufgefordert bekanntzugeben, ob auf Grund der Anerkennung der Ersatzpflicht des Bundes hinsichtlich der Verfahrenskosten dem Grunde und der Höhe nach die Klage gemäß Art137 B-VG zurückgezogen wird. Mit Eingabe vom 23. Juni 2020 teilte der Kläger mit, dass eine Zurückziehung der Klage nicht erfolgen könne, weil eine Bezahlung der Verfahrenskosten bislang nicht erfolgt sei. Es solle sohin ein "(Anerkenntnis-)Urteil" erlassen werden.
2.2. Das Begehren auf den Ersatz der Prozesskosten in der Höhe von € 1.131,65 besteht zu Recht, zumal der Bund die Prozesskosten dem Grunde und der Höhe nach anerkannt hat. Zudem gebühren dem Kläger gemäß §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 ZPO die verzeichneten Kosten des auf den Schriftsatz des Verfassungsgerichtshofes vom 15. Juni 2020 replizierenden Schriftsatzes vom 23. Juni 2020 von € 31,13, zumal es sich dabei um zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten handelt.
III. Ergebnis
1. Der geltend gemachte Anspruch auf Ersatz der Prozesskosten besteht dem Grunde und der Höhe nach zu Recht; der Klage ist daher stattzugeben.
2. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §41 iVm §35 Abs1 VfGG und §41 ZPO.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
VfGH / Klagen, Staatshaftung, Prozesskosten, GlücksspielEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:A24.2020Zuletzt aktualisiert am
17.11.2020