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L67003 Ausländergrunderwerb Grundverkehr NiederösterreichNorm
AVG §39 Abs2Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des G S in W, vertreten durch Mag. Leo Thun-Hohenstein, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 22. Jänner 2020, Zl. LVwG-AV-996/001-2018, betreffend grundverkehrsbehördliche Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Grundverkehrsbehörde St. Pölten; mitbeteiligte Parteien: 1. Ing. G F in P, vertreten durch Dr. Wolf Heistinger, Rechtsanwalt in 2340 Mödling, Elisabethstraße 13/2/15, und 2. Dr. Karl Schirl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Krugerstraße 17/3, als Insolvenzverwalter im Schuldenregulierungsverfahren der M S in W), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde nach durchgeführter mündlicher Verhandlung und durch Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 16. August 2018 (bzw. Abweisung einer diesbezüglichen Beschwerde des Revisionswerbers) die grundverkehrsbehördliche Bewilligung für den zwischen den mitbeteiligten Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag vom 22. Juli 2016 betreffend konkret bezeichnete land- und forstwirtschaftliche Grundstücke nach näher genannten Bestimmungen des NÖ Grundverkehrsgesetzes 2007 (iF kurz: NÖ GVG) erteilt.
Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
2 In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, Gegenstand des Kaufvertrags seien land- und forstwirtschaftliche Grundstücke, die vom Zweitmitbeteiligten zum vereinbarten Kaufpreis von € 780.000,-- an den Erstmitbeteiligten veräußert worden seien. Im Kundmachungsverfahren vor der belangten Behörde habe der Revisionswerber sein Interesse am Erwerb dieser Grundstücke zum von ihm als ortsüblich bezeichneten Preis von € 550.000,-- erklärt und dazu die Finanzierungsbestätigung einer Bank für den letztgenannten Geldbetrag vorgelegt. Gegen die von der belangten Behörde erteilte grundverkehrsbehördliche Bewilligung habe der Revisionswerber Beschwerde erhoben.
3 Das Verwaltungsgericht traf sodann nähere Feststellungen zur Person des Käufers (des Erstmitbeteiligten) und des Revisionswerbers (in Bezug auf deren Eigenschaft als Landwirt) und zum ortsüblichen Verkehrswert der gegenständlichen Grundstücke samt den darauf befindlichen Baulichkeiten, der mit € 786.259,15 zu beziffern sei. Zur Bewertung wurde in der Beweiswürdigung auf die eingeholten Gutachten eines agrartechnischen und eines bautechnischen Amtssachverständigen verwiesen, die von den Sachverständigen in der Verhandlung näher dargelegt worden seien (die Sachverständigen hätten bei der Bewertung des ortsüblichen Verkehrswertes eine Differenzierung nach hofnahen landwirtschaftlichen Grundstücken und weiteren, nach der jeweiligen Benützungsart zu bewertenden Flächensowie anhand der Darstellung vergleichbarer Kauffälle vorgenommen).
4 In der rechtlichen Beurteilung gelangte das Verwaltungsgericht zur Rechtsansicht, dass der Revisionswerber nicht die Stellung eines Interessenten iSd § 11 Abs. 6 NÖ GVG erlangt habe. Einerseits habe der Revisionswerber nämlich mit der Anmeldung seines Interesses am Erwerb der gegenständlichen Grundstücke nicht die Bereitschaft gezeigt, den ortsüblichen Verkehrswert zu bezahlen, sondern die Bezahlung von lediglich € 550.000,-- angeboten und auch nur eine diesen Betrag betreffende Finanzierungszusage beigebracht.
5 Andererseits fehle dem Revisionswerber auch die für die Position des Interessenten erforderliche Eigenschaft des Landwirts, weil sein land- und forstwirtschaftliches Einkommen aus der Waldbewirtschaftung deutlich weniger als die nach dem Gesetz erforderlichen 25% seines Gesamteinkommens betrage (wird anhand des Einkommens des Revisionswerbers näher aufgeschlüsselt).
6 Der Revisionswerber habe daher auch mangels Landwirteeigenschaft nicht die Position des Interessenten im grundverkehrsbehördlichen Verfahren erlangt, sodass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG für die Versagung der Genehmigung des zwischen den mitbeteiligten Parteien abgeschlossenen Kaufvertrages nicht vorlägen. Die Beurteilung der übrigen Versagungstatbestände des § 6 Abs. 2 NÖ GVG habe von Amts wegen zu erfolgen, diesbezüglich komme dem Revisionswerber keine subjektiv-öffentliche Abwehrrechtsposition zu (Verweis auf VwGH 8.4.2019, Ra 2018/11/0095 und 0096).
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. aus vielen die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).
11 Gemäß § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG ist die Genehmigung insbesondere nicht zu erteilen, wenn, der Rechtserwerber oder die Rechtserwerberin kein Landwirt oder keine Landwirtin ist und zumindest ein Interessent oder eine Interessentin vorhanden ist.
Gemäß § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG ist Interessent, wer als bäuerlicher Landwirt im Sinne des § 3 Z 2 leg.cit. bereit ist, anstelle des Rechtserwerbers durch ein rechtsverbindliches Anbot ein gleichartiges Rechtsgeschäft unter Lebenden über alle vertragsgegenständlichen Grundstücke abzuschließen und in der Lage ist, die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die sonstigen ortsüblichen und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendigen Vertragsbedingungen zu erfüllen.
Gemäß § 11 Abs. 6 NÖ GVG ist gleichzeitig mit der Anmeldung die Interessenteneigenschaft glaubhaft zu machen und sind insbesondere Angaben darüber zu machen, wodurch die Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes oder Pachtzinses und die Erfüllung sonstiger ortsüblicher und für den Verkäufer oder die Verkäuferin (Verpächter oder Verpächterin und dgl.) lebensnotwendiger Vertragsbedingungen gewährleistet ist. Der Interessent oder die Interessentin hat nach ordnungsgemäßer Anmeldung im weiteren Verfahren die Stellung einer Partei gemäß § 8 AVG. Die Interessenteneigenschaft nach § 3 Z 4 lit. a und b NÖ GVG ist bis zum Abschluss des Verfahrens nachzuweisen.
12 Das angefochtene Erkenntnis beruht tragend auf der Ansicht, der Revisionswerber habe im Grundverkehrsverfahren betreffend den Kaufvertrag der mitbeteiligten Parteien die Position des Interessenten nicht erlangt, sodass der Versagungstatbestand des § 6 Abs. 2 Z 1 NÖ GVG (schon deshalb) nicht erfüllt sei.
13 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht habe sich bei der Feststellung des ortsüblichen Verkehrswerts der gegenständlichen Grundstücke auf ein unschlüssiges Sachverständigengutachten gestützt, welches das Volumen des Pferdestalls nicht nachvollziehbar berechnet habe, was sich zu Lasten des Revisionswerbers auswirke.
14 Dieses Zulässigkeitsvorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufzuzeigen, weil einerseits die behauptete Unschlüssigkeit des Gutachtens nicht ausreichend präzisiert und insbesondere andererseits nicht aufgezeigt wird, inwiefern sich dies zu Lasten des Revisionswerbers auswirken und damit Relevanz erlangen konnte (vgl. aus vielen VwGH 7.11.2019, Ra 2019/11/0170, dort Rz 7, zur notwendigen Relevanzdarlegung im Rahmen der Zulässigkeitsausführungen).
15 Die Zulässigkeit der Revision sei auch deshalb gegeben, weil Judikatur zur Frage fehle, ob es für das Erlangen der Interessentenposition ausreiche, wenn der Interessent die Bezahlung „jenes ortsüblichen Verkehrswertes garantiert, den er zuvor durch ein von ihm eingeholtes Sachverständigengutachten feststellen ließ“.
16 Auch damit wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht angesprochen, weil angesichts des § 3 Z 4 lit. a und des § 11 Abs. 6 NÖ GVG von der eindeutigen Rechtslage (vgl. etwa VwGH 3.7.2020, Ro 2020/11/0009, mwN) auszugehen ist, dass es auf die Bereitschaft und die glaubhaft gemachte Gewährleistung der Bezahlung des (wahren) „ortsüblichen Verkehrswertes“ (der gemäß § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen festzustellen ist; vgl. in diesem Sinne auch VwGH 22.2.2018, Ro 2016/11/0025, Rn 49 und 51) ankommt, und nicht auf einen von Seiten des Interessenten ermittelten Verkehrswert.
17 Soweit die Revision vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte amtswegig prüfen müssen, ob der Revisionswerber die Landwirteeigenschaft des § 3 Z 2 lit. b NÖ GVG erfüllt, ist ihr zu entgegnen, dass der Erfolg der Revision von dieser Rechtsfrage nicht abhängt. Denn das Verwaltungsgericht hat gegenständlich die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Z 4 lit. a NÖ GVG betreffend den Interessenten schon mangels Bereitschaft des Revisionswerbers zur Bezahlung des ortsüblichen Verkehrswertes verneint (die Revision behauptet insbesondere nicht, dass der Revisionswerber seine Bereitschaft zur Bezahlung von mehr als € 550.000,-- bekundet und iSd. § 11 Abs. 6 NÖ GVG bescheinigt hätte).
18 Soweit schließlich in der unterbliebenen Verkündung des angefochtenen Erkenntnisses („direkt nach der Verhandlung“) ein Abweichen von der hg. Rechtsprechung und damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung gesehen wird, so ist zwar richtig, dass das Verwaltungsgericht nicht explizit begründet hat, weshalb es auf die (hier gemäß § 29 Abs. 2 VwGVG in der Regel vorgesehene) Verkündung verzichtet hat. Auch nach den von der Revision zitierten hg. Erkenntnissen (VwGH 24.2.2012, 2009/02/0205, und VwGH 11.9.2019, Ra 2019/02/0110, jeweils betreffend Strafsachen) und der dort referierten Judikatur kommt es allerdings darauf an, ob im Einzelfall - etwa wegen der Komplexität der Sach- oder Rechtslage (vgl. das letztzitierte Erkenntnis) - die Verkündung möglich gewesen wäre (vgl. auch den Verweis auf VwGH 19.10.2004, 2002/03/0202 im zitierten hg. Erkenntnis 2009/02/0205, sowie zu § 47 Abs. 4 VwGVG das Erkenntnis VwGH 26.5.2020, Ra 2018/11/0195, mit Verweis auf VwGH 17.4.2020, Ra 2020/04/0029 betreffend die offensichtliche Unmöglichkeit der sofortigen Verkündung; vgl. zu § 29 VwGVG auch VwGH 14.11.2019, Ra 2018/11/0132).
19 Im vorliegenden Fall ist es offensichtlich, dass infolge der erforderlichen Bestimmung des strittigen Verkehrswertes der Grundstücke anhand der Ausführungen der Sachverständigen in der durchgeführten mündlichen Verhandlung (nach der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts: Bewertung anhand einer Differenzierung nach hofnahen landwirtschaftlichen Grundstücken und weiteren, nach der jeweiligen Benützungsart zu bewertenden Flächen sowie anhand der Darstellung vergleichbarer Kauffälle) eine komplexe Sachlage vorlag, welche die mündliche Verkündung des angefochtenen Erkenntnisses nicht sogleich nach Schluss der mündlichen Verhandlung ermöglichte (§ 29 Abs. 3 Z 2 VwGVG).
20 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. Oktober 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110039.L00Im RIS seit
30.11.2020Zuletzt aktualisiert am
30.11.2020