Entscheidungsdatum
15.07.2020Norm
AsylG 2005 §3 Abs1Spruch
W132 2114907-2/8E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX , gegen das als Bescheid bezeichnete Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 03.08.2018, Zl. 14-1032439606/140040938, beschlossen:
A) Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzvorschriften in das Bundesgebiet ein und stellte am 06.10.2014 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag wurde der Beschwerdeführer vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes erstbefragt.
2. Mit Eingabe vom 24.07.2015 erfolgte die Vollmachtbekanntgabe durch den XXXX .
3. Am 01.09.2015 wurde beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge ‚belangte Behörde‘ bzw. BFA genannt) durch den bevollmächtigten Vertreter des Beschwerdeführers eine Säumnisbeschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 3 B-VG (§ 8 VwGVG) eingebracht.
4. Am 28.09.2015 hat die belangte Behörde die Säumnisbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
5. Mit Eingabe vom 18.12.2017 hat der Beschwerdeführer die Säumnisbeschwerde zurückgezogen.
6. Mit Schriftsatz vom 12.01.2018, am selben Tag beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt, wurde dem Bundesverwaltungsgericht vom bevollmächtigten Vertreter ( XXXX ) die Vollmachtsauflösung bekannt gegeben.
7. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.01.2018, GZ: W197 2114907-1/11E, wurde das Verfahren wegen Zurückziehung der Beschwerde eingestellt.
Dieser Beschluss wurde den Verfahrensparteien zugestellt.
Ein Rechtsmittel wurde nicht erhoben.
8. Am 11.05.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA. Der Beschwerdeführer gab im Zuge der Einvernahme an, im Asylverfahren keine Vertretungsvollmacht erteilt zu haben.
9. Mit als Bescheid bezeichnetem Schreiben der belangten Behörde vom 03.08.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und es wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen gewährt (Spruchpunkt VI.).
9.1. Das als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 03.08.2018 weist als Adressat den Beschwerdeführer, vertreten durch XXXX , aus.
9.2. In der Zustellverfügung vom 03.08.2018 wird der XXXX , als Empfänger bezeichnet.
9.3. Die Sendung wurde von der Post am 10.08.2018 der belangten Behörde mit dem Vermerk ‚Anschrift ungenügend‘ retourniert.
9.4. Das als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 03.08.2018 wurde neuerlich an den XXXX , nunmehr mit der Adresse XXXX , versandt. Die Sendung wurde am 16.08.2018 übernommen.
10. Mit Schreiben vom 16.08.2018, eingelangt bei der belangten Behörde am 16.08.2018, hat XXXX der belangten Behörde die Vollmachtauflösung mitgeteilt, und angegeben, dass das als Bescheid bezeichnete Schreiben vom 03.08.2018 an die Wohnadresse des Beschwerdeführers weitergeleitet worden sei.
11. Am 10.09.2018 ist bei der belangten Behörde ein - als ‚Beschwerde‘ bezeichnetes - Schreiben eingelangt. Darin wird u.a. die trotz Vollmachtauflösung an die ehemals bevollmächtigte Vertretung erfolgte Zustellung des als Bescheid bezeichneten Schreibens vom 03.08.2018 moniert.
Diesem Schreiben war eine Vollmachtserteilung des Beschwerdeführers an XXXX , datiert mit 23.08.2018, angeschlossen.
12. Mit dem – im Bundesverwaltungsgericht am 13.09.2018 eingelangten – Schreiben vom 11.09.2018 hat die belangte Behörde den Verwaltungsakt vorgelegt, und die Abweisung der Beschwerde sowie vollinhaltliche Bestätigung der Entscheidung des BFA beantragt.
Zur in Frage gestellten Rechtswirksamkeit der Zustellung des als Bescheid bezeichneten Schreibens vom 03.08.2018 wurden keine Einwendungen erhoben.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer war im Verfahren betreffend seinen Antrag auf internationalen Schutz vom 06.10.2014 ab 12.01.2018 nicht mehr vertreten.
In der Zustellverfügung der belangten Behörde vom 03.08.2018 wurde jedoch der ehemaligen Vertreter, XXXX , als Empfänger bezeichnet.
Auch in der Folge hat die belangte Behörde keine Zustellung des als Bescheid bezeichneten Schreibens vom 03.08.2018 an den Beschwerdeführer verfügt.
Eine neuerliche Vollmacht hat der Beschwerdeführer erst wieder am 23.08.2018 erteilt.
2. Beweiswürdigung:
Der maßgebliche, unter Punkt I. festgestellte, Sachverhalt gründet sich auf den diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien, und unbestrittenen Akteninhalt, insbesondere die Vollmachtauflösung vom 12.01.2018 (OZ 10 des verwaltungsgerichtlichen Aktes GZ: W197 2114907-1), die Niederschrift des BFA vom 11.05.2018 (AS 285), die Zustellverfügung (AS 567), und die Zustellnachweise (AS 326 und 569).
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Allgemeine rechtliche Grundlagen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF BGBl. I Nr. 24/2017, (in der Folge: VwGVG) geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 1 leg.cit. trat dieses Bundesgesetz mit 01.01.2014 in Kraft. Nach § 58 Abs. 2 leg.cit. bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der BAO, BGBl. 194/1961, des AgrVG, BGBl. 173/1950, und des DVG, BGBl. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Nach § 6 BVwGG, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Gesetzen (VwGVG, BFA-VG und AsylG 2005) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.
Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
3.2. Zur Zurückweisung der Beschwerde mangels Vorliegens eines Bescheids:
Die Zustellung ist von der Behörde zu verfügen, deren Dokument zugestellt werden soll. Die Zustellverfügung hat den Empfänger möglichst eindeutig zu bezeichnen und die für die Zustellung erforderlichen sonstigen Angaben zu enthalten. (§ 5 Zustellgesetz)
Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. (§ 7 Zustellgesetz)
Im Verfahren der Zustellung können Mängel unterschiedlicher Art auftreten, nämlich Mängel, welche die Wirksamkeit der Zustellung nicht beeinträchtigen (etwa falsche Schreibweise des Vornamens, etc.) und deshalb auch keiner Heilung bedürfen. Oder Mängel, welche die Wirksamkeit der (ursprünglichen) Zustellung zunächst verhindern, aber durch tatsächliches Zukommen geheilt werden können (etwa die Zustellung an eine Person, die nicht Empfänger des Dokuments – im Sinn der Zustellverfügung – ist). Es gibt aber auch Mängel, die auch durch tatsächliches Zukommen nicht heilbar sind (wie die Fehlbezeichnung des Empfängers). Eine Heilung kann nicht (bzw. nur in den Fällen des § 9 Abs. 3) eintreten (vgl. Bumberger/Schmid, Kommentar zum ZustG, K3 zu § 7).
Gemäß § 7 ZustG gilt - wenn im Verfahren der Zustellung Fehler unterlaufen - die Zustellung in dem Zeitpunkt als bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. "Empfänger" im Sinne dieser Bestimmung ist jedoch nicht die Person, für die das Dokument inhaltlich bestimmt ist, die es betrifft, sondern die Person, an die es die Behörde gerichtet hat, die in der Zustellverfügung von ihr als Empfänger angegeben worden ist ("formeller Empfängerbegriff"). Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann nicht heilen (vgl. Ra 2017/19/0361, 25.02.2019, und die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) 1900 ff angeführten Nachweise zur Rechtsprechung; ferner Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltunsrecht5 (2009) 356 f; Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Grundriss des österreichischen Verwaltungsverfahrensrecht9 (2011) Rz 203/1, alle mwN).
Zum „Verfahren der Zustellung“ gehören sowohl die Zustellverfügung als auch der Zustellvorgang (die Durchführung der Zustellung). Mängel im Verfahren der Zustellung sind solche, welche die Zustellverfügung oder den Zustellvorgang betreffen. Als Mangel ist jede Abweichung von den Bestimmungen des Zustellgesetzes sowie von sonstigen Vorschriften, die zustellrechtliche Regelungen enthalten, anzusehen (ebenda, K2 zu § 7).
Wird in der Zustellverfügung eine vom Adressaten des Dokuments verschiedene Person als Empfänger genannt und an diese Person zugestellt, liegt ein Zustellmangel vor, der nicht durch tatsächliches Zukommen des Dokuments an den Adressaten des Dokuments nach § 7 Zustellgesetz heilbar ist (ebenda, K7 zu § 5).
Ist eine Zustellverfügung unrichtig, so wird diese Unrichtigkeit auch dadurch nicht behoben, dass das Schriftstück jener Person, an die richtigerweise zuzustellen gewesen wäre, tatsächlich zugekommen ist (VwGH 07.09.1990, 89/18/0180).
Im vorliegenden Fall hätte die Heilung der mangelhaften Zustellung daher nur eintreten können, wenn die belangte Behörde in der Zustellverfügung den Beschwerdeführer angegeben hätte, und der Bescheid in weiterer Folge dem Beschwerdeführer auch tatsächlich zugekommen wäre.
Da die Beschwerde zurückzuweisen war, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 erster Fall VwGVG eine mündliche Verhandlung entfallen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Bescheiderlassung Bescheidqualität Fehlbezeichnung Heilung Nichtbescheid Zurückweisung Zustellmangel Zustellverfügung ZustellwirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W132.2114907.2.00Im RIS seit
12.11.2020Zuletzt aktualisiert am
12.11.2020