TE Bvwg Beschluss 2020/7/17 W167 2133561-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.07.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

17.07.2020

Norm

ASVG §67 Abs10
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
ZustG §16
ZustG §2
ZustG §7

Spruch

W167 2133561-1/31E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse) XXXX nach Beschwerdevorentscheidung XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung:

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Artikel 133 Absatz 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid vom XXXX (im Folgenden: Bescheid) verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer als Vertreter der Beitragsschuldnerin gemäß § 67 Absatz 10 ASVG in Verbindung mit § 83 ASVG rückständige Sozialversicherungsbeiträge samt Nebengebühren (Verzugszinsen berechnet bis XXXX ) im Betrage von € 20.100,41 zuzüglich Verzugszinsen seit XXXX zu bezahlen.

2. Der Bescheid wurde an einen im ZMR ausgewiesenen Wohnsitz des Beschwerdeführers zugestellt und laut Übernahmebestätigung von einem Mitbewohner an der Abgabestelle am XXXX übernommen.

3. Im Jahr XXXX wurde dem nunmehrigen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers eine Ablichtung eines Aktenbestandteils übermittelt.

4. Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer erhob in weiterer Folge Beschwerde.

5. Die belangte Behörde wies die Beschwerde als verspätet zurück.

6. Der vertretene Beschwerdeführer stellte einen Vorlageantrag.

7. Die belangte Behörde legte die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

8. Am XXXX fand eine mündliche Verhandlung statt, an welcher der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers und ein Behördenvertreter teilnahmen und eine Zeugin befragt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Ein Schreiben der belangten Behörde vom XXXX , welches an den Beschwerdeführer und an die im Zentralen Melderegister als Nebenwohnsitz ausgewiesene Adresse in XXXX (im Folgenden: Adresse der Zustellung) adressiert war, wurde vom Zusteller mit dem Vermerk „verzogen“ an die belangte Behörde retourniert. Die Zustellung des Bescheids vom XXXX wurde ebenfalls an diese Adresse verfügt.

1.2. An der Adresse der Zustellung lebten bzw. leben Familienangehörige des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hielt sich im beschwerdegegenständlichen Jahr XXXX nicht regelmäßig an der Adresse der Zustellung auf und wohnte dort auch nicht.

1.3. Das an den Beschwerdeführer adressierte Poststück, welches den Bescheid enthielt, wurde von XXXX übernommen. Der Bescheid kam dem Beschwerdeführer bis dato im Original nicht tatsächlich zu.

1.4. Dem Rechtsvertreter wurde in der Form Akteneinsicht gewährt, dass die belangte Behörde diesem die Ablichtung eines Aktenstandteils (nämlich der Kopie des Bescheides) am XXXX übermittelte.

1.5. Die Beschwerde ist mit XXXX datiert, wurde am XXXX zur Post gegeben und langte am XXXX bei der belangten Behörde ein.

1.6. Die belangte Behörde stellte mit dem Bescheid eine Haftung des Beschwerdeführers gemäß § 67 Absatz 10 ASVG fest. Mit Beschwerdevorentscheidung wies die belangte Behörde die Beschwerde als verspätet zurück.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes, den Ermittlungsergebnissen des Bundesverwaltungsgerichts sowie aufgrund der Angaben in der mündlichen Verhandlung.

Zu 1.1. Die Angabe des Zustellers „verzogen“ ergibt sich aus den Angaben zur Rücksendung (Verwaltungsakt, unter OZ 8 übermittelt). Die Adressierung ist auf den Rückschein des Poststücks, mit dem er Bescheid übermittelt wurde, ersichtlich (Verwaltungsakt, unter OZ 1 und OZ 8 übermittelt).

Zu 1.2. Die Angaben dazu, wer an der Adresse lebt(e), ergibt sich aus den schriftlichen Angaben der Familienangehörigen des Beschwerdeführers (OZ 16, OZ 27) und der Einvernahme der Zeugin (OZ 30). Zwar war der Beschwerdeführer von Jänner bis Mai XXXX an keiner Adresse mit einem Hauptwohnsitz gemeldet, allerdings gibt es auch keine Anhaltspunkte im übermittelten Verwaltungsakt dafür, dass er sich im Jahr XXXX , insbesondere im XXXX , an der Adresse der Zustellung aufgehalten hätte. Vielmehr war der Behörde kurz vor Zustellung des Bescheides der Status „verzogen“ mitgeteilt worden (siehe 1.1.). Die Familienangehörigen bestätigten vor diesem Hintergrund glaubhaft, dass der Beschwerdeführer im Jahr XXXX nicht an der Adresse der Zustellung aufhältig war.

Zu 1.3. Wann die Übernahme des Poststücks mit dem Bescheid erfolgte, ist durch eine Unterschrift und die Angabe „Mitbewohner an der Abgabestelle“ auf dem Rückschein dokumentiert. Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens des BVwG konnte festgestellt werden, wer die Übernahmebestätigung unterfertigt hat (OZ 16). Der damalige Zusteller wurde ebenfalls vom BVwG ermittelt (OZ 5 und OZ 7) und hat nachvollziehbar bekannt gegeben, dass er sich an die konkrete Zustellung nicht erinnern kann (OZ 29). Es ist nachvollziehbar, dass sich weder die Übernehmerin noch der Zusteller an die konkrete Zustellung erinnern können, da diese lange zurückliegt und an der Adresse sowohl Poststücke für den Betrieb, aber auch für Familienangehörige übernommen werden.

Was nach der Übernahme mit dem Poststück geschah, kann nicht festgestellt werden. Da die Familienangehörigen übereinstimmend angaben, dass allfällige Poststücke für die in XXXX lebenden Verwandten in der Regel von der XXXX an die XXXX des Beschwerdeführers und von dieser an die Zeugin weitergegeben wurden, könnte dies im Beschwerdefall auch so erfolgt sein. Im Hinblick auf die glaubhaft geschilderte schwere Erkrankung der XXXX sowie die schwierige Situation der Zeugin im Jahr XXXX ist nachvollziehbar, dass dazu keine konkreten Angaben mehr gemacht werden können. Ob die Zeugin das Poststück übernahm kann daher nicht festgestellt werden. Auch dass die Zeugin den Beschwerdeführer auf die Schulden angesprochen hat belegt nicht, dass die Zeugin das Poststück übernommen hat. In der Einvernahme hat die Zeugin nachvollziehbar dargelegt, dass sie von den Forderungen der belangten Behörde schon deshalb wusste, weil ihr Mahnungen aufgrund ihrer Tätigkeit für das Unternehmen bekannt waren und ihr die Haftung eines Geschäftsführers im Konkursfall bekannt war. Somit sind die Übernahme des Poststücks bzw. die Kenntnisnahme vom Inhalt des Poststücks nicht zwingende Voraussetzung dafür, dass sie den Beschwerdeführer auf Schulden bei der belangten Behörde angesprochen hat. Sprachliche Unschärfen in den Angaben des vertretenen Beschwerdeführers dazu, wann der Beschwerdeführer von der Zeugin auf die Schulden bei der belangten Behörde angesprochen wurde, konnten trotz Befragung der Zeugin und den Angaben des Rechtsvertreters – welcher die Schreiben verfasst hat – nicht abschließend geklärt werden bzw. können nicht nachgeprüft werden, da der Verwaltungsakt nicht mehr vollständig vorhanden ist (z.B. der Hinweis in der Beschwerde darauf, dass die Zeugin dem Beschwerdeführer mitteilt habe, dass es ein Schreiben der belangten Behörde gegeben habe, welches an den Wohnsitz der Zeugin zugestellt worden wäre). Im Verfahren haben sich somit keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Beschwerdeführer das Poststück im Original tatsächlich zugekommen ist.

Zu 1.4. In der Verhandlung bestätigte die belangte Behörde, dass es sich bei dem an den Rechtsvertreter übermittelten Schriftstück um eine Kopie handelt und das Original des Bescheides nicht mehr im Verwaltungsakt vorhanden ist. Da die belangte Behörde – zuletzt in der Verhandlung – den Rechtsstandpunkt vertritt, dass der Bescheid im Jahr XXXX gemäß § 16 ZustellG korrekt zugestellt wurde und sich im übermittelten Verwaltungsakt keine Unterlagen betreffend die Übermittlung an den Rechtsvertreter befinden, ist davon auszugehen, dass auf diesem Weg lediglich Akteneinsicht gewährt wurde.

Zu 1.5. und 1.6. Die Daten der Beschwerde (OZ 1, siehe auch Verwaltungsakt ON 6) und der Inhalt der Bescheide sind aus dem übermittelten Verwaltungsakt ersichtlich (OZ 1, siehe auch Verwaltungsakt ON 1 und 7).

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchpunkt A)

Strittig ist unter anderem ob und wann eine rechtsgültige Zustellung des Bescheides erfolgte. Die belangte Behörde geht von einer Ersatzzustellung gemäß § 16 ZustellG aus, während der vertretene Beschwerdeführer geltend macht, dass es sich bei dem Ort der Zustellung um keine Abgabestelle des Beschwerdeführers handelte und dass ihm der Bescheid auch nicht tatsächlich zugekommen sei.

3.1.1. Maßgebliche Bestimmungen des Zustellgesetzs

Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
1.         bis 2. […]
3.         “Zustelladresse”: eine Abgabestelle (Z 4) oder elektronische Zustelladresse (Z 5);
4.         “Abgabestelle”: die Wohnung oder sonstige Unterkunft, die Betriebsstätte, der Sitz, der Geschäftsraum, die Kanzlei oder auch der Arbeitsplatz des Empfängers, im Falle einer Zustellung anlässlich einer Amtshandlung auch deren Ort, oder ein vom Empfänger der Behörde für die Zustellung in einem laufenden Verfahren angegebener Ort;
[…]

Heilung von Zustellmängeln

§ 7. Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

Ersatzzustellung

§ 16. (1) Kann das Dokument nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

(2) Ersatzempfänger kann jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die – außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt – zur Annahme bereit ist.

(3) Durch Organe eines Zustelldienstes darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich beim Zustelldienst verlangt hat.

(4) Die Behörde hat Personen wegen ihres Interesses an der Sache oder auf Grund einer schriftlichen Erklärung des Empfängers durch einen Vermerk auf dem Dokument und dem Zustellnachweis von der Ersatzzustellung auszuschließen; an sie darf nicht zugestellt werden.

(5) Eine Ersatzzustellung gilt als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam.


3.1.2. Maßgebliche Judikatur

Ein Bescheid kommt erst mit seiner Erlassung zu Stande und erlangt rechtliche Existenz. Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung bzw. Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid diesfalls erst ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtwirksame Zustellung vorliegt. (vergleiche VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190)

Im Einparteienverfahren setzt die Erhebung einer Beschwerde zwingend die Erlassung eines damit angefochtenen Bescheides voraus (vgl. VwGH 18.11.2015, Ra 2015/17/0026 mwN).

Eine Meldung nach dem Meldegesetz 1991 ist für das Vorliegen einer Abgabestelle nicht ausschlaggebend (vgl. VwGH 19.02.2020, Ra 2019/12/0037 unter Hinweis auf VwGH 15.09.1997, 97/10/0071).

Unter einer Wohnung im Sinn des § 2 Z 4 ZustG ist jede Räumlichkeit zu verstehen, die der Empfänger tatsächlich benützt, wo er also tatsächlich wohnt. Der dazu erforderliche regelmäßige Aufenthalt des Empfängers in seiner Wohnung ist dabei nach objektiven Gesichtspunkten ex post und ohne Rücksicht darauf zu beurteilen, wie sich die Verhältnisse dem Zustellorgan seinerzeit subjektiv geboten haben sowie ohne Rücksicht auf die Absichten des Empfängers. Die Eigenschaft eines Ortes als Abgabestelle geht (erst) verloren, wenn die Nahebeziehung des Empfängers zu ihm auf Dauer oder doch für einen so langen Zeitraum erlischt, dass nach den Gepflogenheiten des Lebens das Warten auf eine Rückkehr in angemessener Zeit nicht zumutbar ist (VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0064). (VwGH 19.02.2020, Ra 2019/12/0037)

Gemäß § 2 Z 4 ZustG stellt (u.a.) die Wohnung eine Abgabestelle dar, an der ein Dokument gemäß § 13 Abs. 1 ZustG dem Empfänger zugestellt werden darf. Unter einer Wohnung im genannten Sinn ist jede Räumlichkeit zu verstehen, die der Empfänger tatsächlich benützt, wo er also tatsächlich wohnt. Der dazu erforderliche regelmäßige Aufenthalt des Empfängers in seiner Wohnung ist dabei nach objektiven Gesichtspunkten ex post und ohne Rücksicht darauf zu beurteilen, wie sich die Verhältnisse dem Zustellorgan seinerzeit subjektiv geboten haben sowie ohne Rücksicht auf die Absichten des Empfängers. Die Eigenschaft eines Ortes als Abgabestelle geht (erst) verloren, wenn die Nahebeziehung des Empfängers zu ihm auf Dauer oder doch für einen so langen Zeitraum erlischt, dass nach den Gepflogenheiten des Lebens das Warten auf eine Rückkehr in angemessener Zeit nicht zumutbar ist (vgl. etwa VwGH 20.12.2017, Ra 2017/03/0052, mwN). (VwGH 13.11.2018, Ra 2018/21/0064)

Wenn der Empfänger die Voraussetzungen der Ersatzzustellung ausdrücklich bestritten hat, bedarf es freilich zur Klärung der Frage der rechtswirksamen Zustellung eines Bescheides nach entsprechender Ergänzung des Ermittlungsverfahrens konkreter Feststellungen darüber, wer diesen Bescheid übernommen hat und ob dabei die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 des Zustellgesetzes für den Ersatzempfänger erfüllt wurden (vgl. VwGH 27.9.2000, 2000/04/0117, mwH). Sollte eine Ersatzzustellung unzulässiger Weise erfolgt sein, bedarf es auch ergänzender Erhebungen darüber, ob und bejahendenfalls wann und in welcher Form dem Empfänger dieser Bescheid tatsächlich zugekommen ist, um beurteilen zu können, ob allenfalls eine Heilung der Zustellmängel gemäß § 7 des Zustellgesetzes eingetreten ist (vgl. nochmals VwGH 27.9.2000, 2000/04/0117, mwH). (VwGH 21.01.2019, Ra 2018/03/0125)

Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt gemäß den §§ 7 und 9 ZustG die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger (Zustellungsbevollmächtigten) tatsächlich zukommt. Ein tatsächliches Zukommen setzt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes voraus, dass der vom Gesetz vorgesehene Empfänger tatsächlich in den Besitz des zuzustellenden Schriftstücks kommt. Nicht ausreichend ist die bloße Kenntnisnahme des Inhalts des Schriftstücks beispielsweise durch Übermittlung einer Ablichtung oder durch Akteneinsicht. Wenn die Kenntnisnahme des Schriftstücks (ohne tatsächliches Zukommen) nicht genügt, dann saniert auch der Umstand, dass ein Rechtsmittel gegen das Schriftstück eingebracht wird, die fehlende Zustellung nicht (vgl. etwa VwGH 20.11.2019, Fr 2018/15/0011; sowie im Ergebnis bereits VwGH 18.11.2015, Ra 2015/17/0026). (VwGH 09.04.2020, Ro 2020/16/0004)

Nach § 7 ZustG gilt eine mangelhafte Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist. Eine Heilung von Zustellmängeln nach dieser Bestimmung setzt voraus, dass das Zustellstück dem Empfänger - somit der Person, die in der Zustellverfügung als Empfänger angegeben worden ist ("formeller Empfängerbegriff"; vgl. VwGH 25.2.2019, Ra 2017/19/0361, mwN) - "tatsächlich zugekommen" ist. Die bloße Kenntnis vom Vorhandensein und vom Inhalt des Dokuments - etwa infolge der Empfangnahme einer Ablichtung oder der eigenständigen Anfertigung einer Kopie - genügt nicht (vgl. etwa VwGH 3.10.2013, 2013/09/0103; 24.3.2015, Ro 2014/05/0013). (VwGH 17.10.2019, Ra 2018/08/0004)

3.1.3. Für den Beschwerdefall bedeutet das:

Im Einparteienverfahren – wie im Beschwerdefall – setzt die Erhebung einer Beschwerde zwingend die Erlassung des damit angefochtenen schriftlichen Bescheides voraus. Die Erlassung erfolgt durch rechtswirksame Zustellung.

Der Beschwerdeführer lebte im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides nicht in der Wohnung an der von der belangten Behörde gewählten Adresse der Zustellung, weshalb für den Beschwerdeführer an dieser Adresse keine Abgabestelle im Sinn des § 2 Z 4 ZustellG vorlag.

Somit waren mangels Abgabestelle auch die Voraussetzungen für eine Ersatzzustellung gemäß § 16 ZustellG an der Adresse der Zustellung nicht gegeben.

Da dem Beschwerdeführer der Bescheid im Original auch nicht tatsächlich zukam, erfolgte bis dato keine rechtswirksame Zustellung des Bescheides.

Mangels rechtsgültiger Erlassung des Bescheides ist die Beschwerde dagegen somit als unzulässig zurückzuweisen.

Erst nach einer allfälligen rechtsgültigen Erlassung eines Bescheides gegenüber dem Beschwerdeführer ist ein Rechtszug an das Bundesverwaltungsgericht möglich.


3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Siehe dazu die Ausführungen unter 3.2. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abgabestelle Ersatzzustellung Zurückweisung Zustellmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W167.2133561.1.00

Im RIS seit

12.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten