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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. Februar 1997, Zl. SD 62/97, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. Februar 1997 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 und 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer, der sich nach seinen eigenen Angaben seit 1971 im Bundesgebiet aufhalte, sei am 25. Juni 1991 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen der Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahles und des gewerbsmäßigen schweren Betruges sowie wegen der Vergehen der Urkundenunterdrückung und der Sachbeschädigung nach dem höheren Strafsatz des § 148 StGB (Strafdrohung: ein bis zehn Jahre) zu einer Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zugrunde gelegen, daß sich der Beschwerdeführer im Frühjahr 1990 gemeinsam mit zwei Mittätern entschlossen habe, älteren Frauen Sparbücher herauszulocken und einzulösen, um sich auf diese Weise eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Alleine im Jahre 1990 hätten die Täter durch derartige strafbare Handlungen, bei denen sie jeweils die Hilflosigkeit der zwölf Opfer ausgenützt hätten, einen Schaden von etwa 1,000.000,-- S verursacht. Nachdem der Beschwerdeführer am 23. Dezember 1992 sowie am 28. April 1993 rechtkräftig wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes bestraft worden sei, sei er am 29. März 1994 vom Bezirksgericht Floridsdorf wegen § 16 Abs. 1 Suchtgiftgesetz zu einer Geldstrafe, am 5. Juli 1994 vom selben Gericht wegen vorsätzlicher Körperverletzung (ohne Zusatzstrafe) sowie am 24. September 1995 vom Bezirksgericht Donaustadt wegen versuchten Diebstahles zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtkräftig verurteilt worden. Nicht einmal ein Jahr später, nämlich am 2. August 1996 sei der Beschwerdeführer neuerlich vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen Urkundenunterdrückung, Sachbeschädigung und schweren Betruges verurteilt worden, wobei dieser Verurteilung zugrunde gelegen sei, daß der Beschwerdeführer einer betagten Frau ein Sparbuch herausgelockt habe, um davon S 25.000,-- abzuheben. Nach Verbüßung der dafür ausgesprochenen achtmonatigen Freiheitsstrafe sei der Beschwerdeführer neuerlich einschlägig straffällig geworden und habe am 26. September 1996 von einem auf dieselbe Weise herausgelockten Sparbuch den Betrag von S 170.000,-- abgehoben. Dafür sei er am 12. November 1996 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens des schweren Betruges zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten rechtskräftig verurteilt worden.
Die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 2 FrG seien erfüllt. Aufgrund der Verhaltens des Beschwerdeführers, das die öffentliche Ordnung und Sicherheit in hohem Maße beeinträchtige, sei auch die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.
Aufgrund des langjährigen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers sowie im Hinblick auf seine familiären Bindungen (Ehegattin und Kind) liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener schwerwiegender Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vor. Angesichts der Vielzahl und der Schwere der den gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrundeliegenden Straftaten und der darin zum Ausdruck kommenden krassen Mißachtung des Eigentums anderer Menschen sei das Aufenthaltsverbot zum Schutz der öffentlichen Ordnung, zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen, zum Schutz der Rechte anderer sowie zum Schutz der Gesundheit (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten und daher im Grunde des § 19 FrG zulässig. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers zeige, daß er sich nicht einmal durch rechtkräftige Verurteilungen davon habe abhalten lassen, neuerlich - zum Teil sogar einschlägig - straffällig zu werden. Eine positive Zukunftsprognosse könne daher nicht erstellt werden.
Bei der Abwägung der Interessen gemäß § 20 Abs. 1 FrG sei zu berücksichtigen, daß der aus dem langdauernden Aufenthalt ableitbaren Integration des Beschwerdeführers kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die dafür wesentliche soziale Komponente durch die zahlreichen Straftaten erheblich beeinträchtigt werde. Einer allfälligen Unterhaltsverpflichtung könne der Beschwerdeführer auch vom Ausland aus nachkommen. Die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers würden durch die maßgeblichen öffentlichen Interessen an der Verhinderung der Eigentumskriminalität und der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens aufgewogen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 25. Juni 1997, B 860/97).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die - auf den unbestrittenen maßgeblichen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Ansicht der belangten Behörde, daß die Tatbestände des § 18 Abs. 2 Z. 1 und Z. 2 FrG verwirklicht und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebende Annahme gerechtfertigt sei, unbekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese rechtliche Berurteilung keine Bedenken.
2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Zulässigkeit der verhängten Maßnahme im Grunde der §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG.
Die belangte Behörde nahm im Hinblick auf die lange Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich und seine familiäre Situation - Gattin und Kind im Bundesgebiet - einen mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes verbundenen "schwerwiegenden" Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinne des § 19 FrG an. Diese Gewichtung ist zutreffend. Gleichfalls zutreffend erachtete aber die belangte Behörde - unter Bedachtnahme auf die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers - das Aufenthaltsverbot im öffentlichen Interesse für dringend geboten.
Der Beschwerdeführer hat in zahlreichen Fällen älteren Frauen Sparbücher herausgelockt, wobei er jeweils die Hilflosigkeit seiner Opfer ausnützte. Er hat diese Taten, welche einen Schaden in Millionenhöhe verursachten, gewerbsmäßig, also in der Absicht, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (§ 70 StGB), begangen. Selbst durch wiederholte Verurteilungen hat er sich nicht von der Begehung gleichartiger Straftaten abhalten lassen. Bereits daraus ist eine besonders verwerfliche Gesinnung des Beschwerdeführers ersichtlich. Dazu kommt, daß er auch eine Körperverletzung, einen versuchten Diebstahl und ein die öffentlichen Interessen besonders beeinträchtigendes Suchtgiftdelikt begangen sowie durch seinen unberechtigten Aufenthalt das einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens beeinträchtigt hat. All diese Umstände lassen, ungeachtet erheblicher privater und familiärer Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Verbleib in Österreich, die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes über ihn mit Rücksicht auf den Schutz der öffentlichen Ordnung und der Gesundheit, die Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen sowie den Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) als notwendig und damit im Grunde des § 19 FrG zulässig erscheinen.
2.2. Im Lichte dieser Erwägungen sind - von der belangten Behörde zutreffend erkannt - die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (§ 20 Abs. 1 FrG) als sehr schwerwiegend zu veranschlagen, und zwar so, daß sie die mit dieser Maßnahme verbundenen negativen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie vergleichsweise als von nicht höherem Gewicht erscheinen lassen, was zur Bejahung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes auch nach § 20 Abs. 1 FrG führt. Dieser Beurteilung kann die aus dem langjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich ableitbare Integration nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Die belangte Behörde kam vielmehr in unbedenklicher Weise zu dem Ergebnis, daß das Gewicht dieses Umstandes aufgrund der durch die Schwere und die Vielzahl der dem Beschwerdeführer zur Last liegenden Straftaten herbeigeführten Beeinträchtigung der für die Integration wesentlichen sozialen Komponente eine deutliche Minderung erfahren hat (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 30. Jänner 1997, Zl. 96/18/0595, mwN). Zum Argument des Beschwerdeführers, aufgrund des Aufenthaltsverbotes könne er seiner Sorgepflicht gegenüber der Gattin und dem Kind nicht nachkommen und mit diesen Personen nicht zusammenleben, ist auszuführen, daß die Unterhaltsleistungen - die der Beschwerdeführer im übrigen auch während der Strafhaft nicht erbringen konnte -, wenn auch allenfalls in eingeschränktem Umfang, auch vom Ausland aus erbracht werden können und ein gewisser Mindestkontakt mit der Familie dadurch aufrecht erhalten werden kann, daß die Gattin und das Kind den Beschwerdeführer im Ausland besuchen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 13. März 1997, Zl. 95/18/0888, mwN).
Soweit der Beschwerdeführer vermeint, im Hinblick darauf, daß er erstmalig das Haftübel verspürt habe, hätte es ausgereicht, anstelle der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes etwa die Weisung zu erteilen, einer unselbständigen Beschäftigung nachzugehen, ist ihm - abgesehen davon, daß er nach dem Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes bereits mindestens zweimal inhaftiert war und vor Verhängung des Aufenthaltsverbotes mehrmals unter Androhung der Erlassung dieser Maßnahme ermahnt wurde - zu entgegnen, daß er nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde nach Verbüßung der achtmonatigen Freiheitsstrafe neuerlich - einschlägig - straffällig geworden ist. Damit hat der Beschwerdeführer deutlich gezeigt, daß auch die Haft nicht geeignet war, ihn dazu zu bringen, seine Verhaltensweise zu ändern.
3. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was schon der Beschwerdeinhalt erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997180413.X00Im RIS seit
20.11.2000