TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/21 W207 2226352-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.07.2020
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Entscheidungsdatum

21.07.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W207 2226352-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch den KOBV - Der Behindertenverband für Wien, Nö und Bgld, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 23.10.2019, OB: XXXX , betreffend Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 42 Abs. 1 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) und § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen idgF stattgegeben.

Die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass liegen vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin ist seit 14.08.2000 Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.).

Am 25.03.2019 stellte sie beim Sozialministeriumservice (in der Folge als belangte Behörde bezeichnet) den gegenständlichen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der Beschwerdeführerin unterfertigten Antragsformular für den - auf die Beschwerdeführerin zutreffenden - Fall, dass sie nicht über einen Behindertenpass mit der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in diesem Behindertenpass verfügt, auch als Antrag auf Vornahme der genannten Zusatzeintragung in den Behindertenpass gilt. Diesem Antrag wurde ein Patientenbrief eines näher genannten Krankenhauses vom 29.01.2019 beigelegt.

Am 13.09.2019 langte bei der belangten Behörde eine von der Beschwerdeführerin gezeichnete Vollmacht vom 04.09.2019 zugunsten des KOBV ein.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung vom 17.09.2019, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 11.07.2019, ein. In diesem medizinischen Sachverständigengutachten wurde – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

„…

Anamnese:

Auf die Vorgutachten - Letztuntersuchung 2010 -

1)       Morbus Bechterew und Zustand nach Verblockung C4/5 und C5/6 (50%)

2)       Abnützungen beider Hüft- und Kniegelenke (10%) -

mit einem GesamtGrad der Behinderung von 50% - wird eingangs verwiesen.

16.1.2019: ACMD-Infarkt - Behandlung im KH XXX - Rehab. im XXX.

Derzeitige Beschwerden:

Frau F. berichtet über ihre armbetonte Halbseitenrestsymptomatik links - sie traut sich daher nur mit dem Auto, nicht aber mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren.

Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:

Clopidogrel, Thyrex, Atorvastatin, Celecoxib.

Sozialanamnese:

Krankenstand, geschieden, 1 Kind - will im September 2019 wieder als Ordinationsassistentin anfangen - will Zusatzeintragung in den Behindertenpass.

Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):

Befundnachreichung - Kurzarztbrief XXX - vom 17.4.2019: Mediateilinfarkt rechts mit Z. n. Lysetherapie mit Actilyse am 16.1.2019, arterielle Hypertonie, M. Bechterew, Hypothyreose, Nikotinabusus bis 16.1.2019, Z. n. Osteohondrosenabtragung und Bandscheibenplastik C4/5 und C5/6 bei Vertebrostenose am 24.3.2010, Z. n. Autoimmunthyreopathie Typ Basedow, Z. n. Ulcus ventrikuli vor ca. 20 Jahren.

Befund KH XXX vom 29.1.2019: ACMD Infarkt 16.01.2019 - Z. n. systemischer i. v. Lysethera pie mit Actilyse, Vd. a. PFO - TEE geplant für 1.2., chronischer Nikotinabusus (ca. 30 PY), St. p. Osteochondroseabtragung und Bandscheibenplastik aus Knochenzement bei C4/5 und C5/6 (Anterior-Body-Fusion) am 24.03.2010 bei cervicalen Vertebrostenose C4/5 und C5/6 mit myelopathischem Herd, St. p. Autoimmunthyreopathie vom Typ Morbus Basedow (ED 2003), St. p. Ulcus ventriculi vor ca. 20 Jahren - wir können Frau F. am 29.01.2019 in ihrem neurologischen Residualzustand nach Hause entlassen.

Untersuchungsbefund:

Allgemeinzustand:

Normal - wirkt aber etwas älter, als sie tatsächlich ist!

Ernährungszustand:

Sehr gut.

Größe: 167,00 cm Gewicht: 79,00 kg Blutdruck: 140/90

Klinischer Status - Fachstatus:

Kopf/Hals: Haut und sichtbare Schleimhäute gut durchblutet, Visus und Gehör altersentsprechend unauffällig, Narbe am Hals rechts ventral, unauffällige Halsorgane.

Thorax/Herz/Lunge: inspektorisch und auskultatorisch unauffällig, Ex-Raucherin seit 1/2019 - vorher 20-30 Zig./Tag geraucht, keine Atemauffälligkeiten.

Abdomen: über TN, unauffällige Organgrenzen, keine Druckempfindlichkeit.

Extremitäten: rechter Arm und rechtes Bein frei beweglich; das linke Bein kann im Liegen etwa 25 cm von der Unterlage abgehoben werden, der linke Arm kann etwa 10 cm abduziert/antevertiert/retrovertiert werden, kein Tremor, keine Ödeme.

Wirbelsäule: unauffällig strukturiert, ausreichend frei bewegliche HWS, BWS/LWS - ausreichend gut beweglich - beobachtet beim eigenständigen Aus- und Ankleiden bei der Untersuchung;

Gesamtmobilität - Gangbild:

kommt mit einem Gehstock ins Untersuchungszimmer, kann frei auf ihren Beinen stehen, kann im Zimmer auch ohne Hilfsmittel verlangsamt gehen - typische Zirkumduktionsbewegungen.

Status Psychicus:

voll orientiert, Stimmung und Antrieb unauffällig, kooperativ; die begleitende Mutter wurde im Rahmen der Untersuchung von der AW (nach Rückfrage) nicht benötigt.

Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1

Armbetonter neurologischer Residualzustand nach Mediateilinfarkt rechts am 16.1.2019

2

Entzündliche und degenerative Abnützungserscheinungen am Stütz- und Bewegungsorgan - Morbus Bechterew, Zustand nach Verblockung (ABF) C4/5 und C5/6, geringe Veränderungen an Extremitätengelenken

3

Hypertonie

4

Schilddrüsenfunktionsstörung

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Neuaufnahme der Leiden 1, 3 und 4, da dokumentiert. Weitere einschätzungsrelevante Gesundheitsschädigungen liegen nicht vor. Leiden 1 und 2 des Vorgutachtens sind im neuen Leiden 2 mitberücksichtigt.

[X] Dauerzustand

1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?

Keine.

2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

Gutachterliche Stellungnahme:

Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke), das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein- und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel - ausreichend gute Gesamtanhaltefunktionen sind vorhanden - unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus.

…“

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 17.09.2019 wurde die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin über das Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt, das eingeholte Gutachten vom 17.09.2019 wurde mit diesem Schreiben übermittelt. Der Beschwerdeführerin wurde in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme abzugeben.

Die Beschwerdeführerin brachte im Wege ihrer Rechtsvertretung am 07.10.2019 eine Stellungnahme folgenden Inhalts – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergeben – ein:

„…

In Vollmacht der Obgenannten wird das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass nicht vorliegen wurden, bestritten und der

ANTRAG

Auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie gestellt

Hingewiesen wird darauf, dass die Haupterkrankungen der AW, nämlich ein Zustand nach Schlaganfall mit armbetonten neurologischen Residualzustand 2019 sowie die Vorfußheberschwäche, Erkrankungen aus dem Fachgebiet der Neurologie/Psychiatrie sind. Die linke Hand der AW ist nach dem Schlaganfall gelähmt. Auch wenn sie rechts einen Stock halten kann, kann sie sich links nicht mehr in einem öffentlichen Verkehrsmittel ausreichend sicher Anhalten. Auch sonst ist ein Anhalten, welches z.B. zum Erreichen eines öffentlichen Verkehrsmittels erforderlich wäre, nicht mehr möglich.

Wegen der Vorfußheberschwäche besteht ein sehr hohes Sturzrisiko, Auch infolge von orthopädischen Leiden (Verblockung C4/5 und C5/6, Borbus Bechterew) bestehen weitere neurologische Defizite.

Bei den bisher untersuchenden Sachverständigen handelt es sich um einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Allgemeinmedizin, welcher das komplexe Zustandsbild der AW nicht ausreichend berücksichtigen kann.

Beweis:

?        Beiliegender Arztbrief vom 27.08.2019

?        Nachzureichender neurologischer Befund

Nach Durchführung des neurologischen Sachverständigengutachtens wird nochmals ersucht, der AW die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme zu geben.

Name und Unterschrift der Vertreterin“

Der Stellungnahme wurde der darin genannte Arztbrief vom 27.08.2019 beigelegt.

Am 16.10.2019 wurde im Wege der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin ein Befundbericht einer näher genannten Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 14.10.2019 nachgereicht.

Aufgrund der eingebrachten Stellungnahme holte die belangte Behörde eine Stellungnahme des medizinischen Sachverständigen, welcher das Gutachten vom 17.09.2019 erstellt hat, vom 22.10.2019 ein. In dieser Stellungnahme führt der Gutachter Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben –aus:

„…

Gutachterliche Stellungnahme:

Auf die den Gutachter abwertende Bemerkung wird nicht eingegangen.

Frau F. wurde antragsrelevant korrekt befragt und untersucht. Die relevanten objektiven Befunde wurden im Gutachten festgehalten, eine korrekte Auflistung der relevanten Leiden wurde durchgeführt.

Auf die beantragte Zusatzeintragung wurde ausführlich begründet eingegangen. Durch die Stellungnahme und auch durch die Befundnachreichung ergeben sich keine relevanten neuen gutachterlichen Aspekte.

Unveränderte Schlussfolgerung: Öffentliche Verkehrsmittel sind zumutbar, da weder erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule, noch erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten/Funktionen vorliegen. Eine kurze Wegstrecke kann unter Berücksichtigung des erhobenen Untersuchungsbefundes und der vorliegenden Befunde aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe - allenfalls unter Verwendung eines einfachen Hilfsmittels (Gehstock oder Stützkrücke), das die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht erheblich erschwert - ohne Unterbrechung zurückgelegt werden. Die vorliegenden dauernden Gesundheitsschädigungen wirken sich nicht auf die Möglichkeit des sicheren Ein-und Aussteigens und auf die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel - ausreichend gute Gesamtanhaltefunktionen sind vorhanden - unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieses Verkehrsmittels gegebenen Bedingungen aus

Es wird abschließend festgehalten, dass aus gutachterlicher Sicht nach neuerlicher Durchsicht des vorliegenden Aktenmaterials eine Änderung der getroffenen Beurteilung nicht vorgeschlagen wird, da die relevanten objektivierbaren Gesundheitsschädigungen und Funktionsbehinderungen nach dem BBG und ihre Auswirkungen auf die Zumutbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel korrekt berücksichtigt und auch ausführlich begründet wurden. Gegenteilige (schlüssig beweisende) Befunde liegen nicht vor.“

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 23.10.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin vom 25.03.2019 auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass im Ermittlungsverfahren ein Gutachten eingeholt worden sei. Nach diesem Gutachten würden die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, die einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Das eingeholte Gutachten vom 17.09.2019 sowie die das Gutachten ergänzende Stellungnahme vom 22.10.2019 wurden der Beschwerdeführerin gemeinsam mit dem Bescheid übermittelt.

Ein bescheidmäßiger Abspruch über den Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO (Parkausweis) erfolgte durch das Sozialministeriumservice nicht.

Mit Schriftsatz vom 20.11.2019, zur Post gegeben am 06.12.2019, bei der belangten Behörde eingelangt am 09.12.2019, erhob die Beschwerdeführerin selbst fristgerecht eine Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 23.10.2019, mit dem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragungen „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass abgewiesen worden war. In dieser Beschwerde wird in inhaltlicher Hinsicht – hier in den wesentlichen Teilen und in anonymisierter Form wiedergegeben - Folgendes ausgeführt:

„…

Mit angefochtenem Bescheid wird die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" in den Behindertenpass abgewiesen.

Als Begründung wird angegeben, dass nach dem Sachverständigengutachten die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorliegen würden.

Ich habe bereits am 07.10.2019 darauf hingewiesen, dass es mir unmöglich ist, gefahrenfrei öffentliche Verkehrsmittel zu benützen. Dazu habe ich auch 2 neue Befunde, die meinen Antrag unterstützen, vorgelegt. Diese blieben jedoch - als nicht relevant - vom Gutachter unberücksichtigt.

Zu dem eingeholten Gutachten möchte ich folgendes Vorbringen:

Das Gutachten wurde von einem Arzt der Allgemeinmedizin vorgenommen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass aufgrund meiner umfangreichen Erkrankungen es erforderlich ist, dass ich von Fachärzten für Neurologie und Orthopädie untersucht werde, da nur diese Fachärzte meine Erkrankungen und deren Auswirkungen umfassend beurteilen können. Dass sich der Gutachter durch diese Meinung persönlich angegriffen gefühlt hat (siehe die Stellungnahme des Gutachters auf Seite 2 dritter Absatz), verwundert mich sehr, es war nicht meine Absicht ihn damit abzuwerten.

Zur Begutachtungssituation möchte ich noch angeben, dass meine Mutter als Begleitperson, anders als im Gutachten erwähnt, gleich zu Beginn, noch vor der Türe, vom Arzt mit den Worten „Sie werden nicht benötigt" abgewehrt wurde, ohne dass ich die Möglichkeit hatte, dazu Stellung zu beziehen.

Die Untersuchung hat ca. 10 Minuten gedauert. Eine umfassende Untersuchung hat somit nicht stattgefunden. Im Zuge der Untersuchung musste ich ohne Stock gehen, was ich am glatten Boden und mit Socken bekleidet, auch mühsam bewerkstelligen konnte, da ich mit dem Fuß über den Boden gleiten konnte. Jedoch ist mir das Gehen mit Schuhen auf rauem Boden ohne Stock unmöglich, da ich sofort stolpern und stürzen würde.

Der Gutachter führt in seiner Stellungnahme aus, dass keine erheblichen Einschränkungen der Funktionen der unteren und oberen Extremitäten und der Wirbelsäule vorliegen würden.

Aus den von mir vorgelegten Befunden von Frau Dr. R. und dem Orthopädie- und Schmerztherapie Zentrum XXX geht jedoch eindeutig hervor, dass sowohl meine unteren als auch meine oberen Extremitäten erheblich beeinträchtigt sind, ich nur mit einem Stock gehen kann, die Benutzung eines Rollators mir aufgrund der Lähmung meiner linken Hand unmöglich ist und ich aufgrund einer Vorfußheberschwäche einem massiv erhöhten Sturzrisiko ausgesetzt bin. Ich kann maximal 20 Meter gehen. Auch habe ich durch meine Vorerkrankung, den Morbus Bechterew, permanente Schmerzen bei allen Verrichtungen, so auch in öffentlichen Verkehrsmitteln beim Anfahren oder Bremsen.

Es ist mir unverständlich, wie es mir möglich sein soll, ohne Gefährdung in einem öffentlichen Verkehrsmittel zu fahren, wenn ich in der einen Hand meinen Stock halten muss und die andere Hand überhaupt nicht bewegen kann. Wie soll ich mich da festhalten können? Auch bin ich - auch mit Stock - beim Gehen sehr unsicher und kann nur sehr langsam vorwärtskommen. Beim Einsteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel, vor allem wenn es überfüllt ist, hätte ich nicht die Möglichkeit schnell genug zu einem Sitzplatz zu gelangen und würde unweigerlich zum Sturz kommen, wenn das Fahrzeug vorzeitig anfährt.

Schlussendlich möchte ich noch anmerken, dass die Aussage des Gutachters, im Untersuchungsbefund auf Seite 2 von 5, dass ich älter wirke als ich tatsächlich bin von wenig Respekt und Verständnis für mein Krankheitsbild zeugt und diese Aussage auch keinerlei Notwendigkeit bezüglich meines Krankheitsbildes und meines Antrages besitzt.

Aus diesen Gründen beantrage ich mir die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung in den Behindertenpass zu gewähren und andernfalls „eine mündliche Verhandlung durchzuführen" damit sich das Gericht von dem Zustandsbild meiner Beeinträchtigungen selbst überzeugen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Name der Beschwerdeführerin“

Der Beschwerde wurden erneut der Arztbrief vom 27.08.2019 und der Befundbericht einer näher genannten Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie vom 14.10.2019 beigelegt, welche bereits im Laufe des Verfahrens vorgelegt wurden.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 10.12.2019 zur Entscheidung vor.

Ein Widerruf der am 13.09.2019 bei der belangten Behörde eingelangten, von der Beschwerdeführerin zugunsten des KOBV gezeichnete Vollmacht vom 04.09.2019 erfolgte bisher gegenüber dem Bundesverwaltungsgericht nicht, weshalb von einem nach wie vor aufrechten Vollmachtverhältnis auszugehen ist.

Aufgrund des Inhaltes der eingebrachten Beschwerde holte das Bundesverwaltungsgericht ein ergänzendes medizinisches Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.05.2020 auf Grundlage der Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung ein. Nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.05.2020 wurde – hier auszugsweise und in anonymisierter Form dargestellt - Folgendes ausgeführt:

„…

SACHVERHALT:

Gegen den Bescheid des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen vom 23. 10.

2019, mit welchem der Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass abgewiesen wird, wird Beschwerde vorgebracht.

Im Beschwerdevorbringen der BF vom 20. 11.2019, Abl. 41-43, wird eingewendet, dass sie öffentliche Verkehrsmittel nicht gefahrenfrei benutzen könne. Das Gehen mit Schuhen auf rauem Boden ohne Stock sei unmöglich, da sie sofort stolpern und stürzen würde. Sowohl die unteren als auch oberen Extremitäten seien erheblich beeinträchtigt und sie könne nur mit einem Stock gehen, die Benützung eines Rollators sei aufgrund der Lähmung der linken Hand unmöglich und sie sei wegen der Vorfußheberschwäche massiv sturzgefährdet. Sie könne maximal 20 m gehen und habe durch die Vorerkrankung des Morbus Bechterew Schmerzen, auch in öffentlichen Verkehrsmitteln. Sie müsse einen Stock benützen könne sich nicht mit der anderen Hand festhalten. Sie sei sehr unsicher und könne nur sehr langsam vorwärtskommen. Sie können nicht schnell genug einen Sitzplatz erreichen und sei beim Anfahren der öffentlichen Verkehrsmittel sturzgefährdet.

Vorgeschichte:

Morbus Bechterew ED 1998

2010 ABF, Verblockung C4/C5 und C5/C6

Abnützungserscheinungen der Hüft- und Kniegelenke

16. 1. 2019 cerebraler Insult - ACMD Infarkt, Lysetherapie, Halbseitensymptomatik links

arterielle Hypertonie

Hypothyreose, Morbus Basedow

Ulcus ventriculi vor 20 Jahren

Chronische Nikotinabusus

Zwischenanamnese seit 10/2019:

Keine Operation, kein stationärer Aufenthalt

Befunde:

Abl. 14-15 Befund neurologische Abteilung Krankenhaus XXX 29. 1. 2019 (neu aufgetretene Hemiparese links bei zerebralem Insult (ACMD Infarkt), Lysetherapie, Verdacht auf persistierendes Foramen ovale, TEE geplant am 1. 2..

2010 ABF bei Vertebrostenose, Autoimmunthyreopathie, Zustand nach Ulcus ventriculi vor 20 Jahren)

Sozialanamnese: geschieden, ein Sohn (34a), lebt alleine in Wohnung im 1. Stockwerk mit Lift, 27 Stufen

Berufsanamnese: Ordinationsassistentin, Stellungskommission

Medikamente: Thyrex, Clopidogrel, Atorvastatin, Magnesium verla, Sirdalud 2 mg,

Novalgin, Dekristol, Folsan, Neurobion forte

Allergien: Nickel, Voltaren, Omeprazol, Latex

Nikotin: 0 seit 01/2019, vorher 20

Laufende Therapie bei Hausarzt Dr. E.

Derzeitige Beschwerden:

Die linke Hand kann nichts, habe dauernd Krämpfe im linken Arm und linken Bein. Mit einem Stock in der rechten Hand kann ich nur schlecht gehen, das linke Knie tut weh, habe eine Schwäche im linken Vorfuß, es hat sich bisher keine wesentliche Besserung eingestellt. Eine neuerliche Behandlung in XXX ist ab 7. 7. 2020 geplant, behandelt werden Morbus Bechterew, linker Arm und linkes Bein. Bzgl. Morbus Bechterew nehme ich Novalgin bei Bedarf.

Habe immer wieder schmerzhafte Krämpfe.

Hergekommen bin ich mit der Tante mit dem Auto.“

STATUS:

Allgemeinzustand gut, Ernährungszustand gut.

Größe 167 cm, Gewicht 75 kg, Alter: 54a

Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen

Thorax: symmetrisch, elastisch

Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA. HAT rein, rhythmisch.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz.

Integument: unauffällig

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten:

Rechtshänder. Der Schultergürtel steht annähernd horizontal, Verschmächtigung der Bemuskelung der linken oberen Extremität, Spastizität links.

Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird rechts als gestört angegeben.

Aktive Beweglichkeit ist links proximal und distal hochgradig eingeschränkt, die Schulterbeweglichkeit wird aktiv nicht durchgeführt, im Ellbogen ist eine Bewegung möglich, distal wird keine aktive Bewegung durchgeführt. Passiv ist eine geringgradige Bewegung im linken Handgelenk möglich, sämtliche Finger links sind in maximaler Beugestellung, das Ausstrecken der Finger ist aktiv nicht möglich, passiv gegen deutlichen Widerstand und nicht zur Gänze möglich, deutliche Spastizität.

Aktive Beweglichkeit: rechts frei, links: Schulter S und F passiv 0/100, Ellbogengelenke aktiv und passiv 0/20/90, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger links passiv deutlich eingeschränkt beweglich. Tonus links erhöht, Trophik unauffällig.

Nacken- und Schürzengriff sind rechts endlagig eingeschränkt, links nicht durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten:

Freies Stehen sicher möglich, Zehenballengang und Fersengang rechts mit Anhalten und ohne Einsinken durchführbar, links nicht möglich.

Der Einbeinstand ist rechts mit Anhalten, links nicht möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich.

Die Beinachse ist im Lot. Muskelverhältnisse: Bandmaß Oberschenkel rechts 47 cm, links 44 cm, Unterschenkel rechts 36 cm, links 35 cm.

Beinlänge ident.

Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird rechts als gestört angegeben.

Linke untere Extremität geringgradig spastisch

Vorfußheben und -senken im Liegen KG 2, Hüftbeugung links KG 4

rechts proximal und distal KG 5

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich passiv annähernd frei, links gegen mäßigen Widerstand beweglich.

Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule:

Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot, regelrechte Krümmungsverhältnisse, keine verstärkte Kyphose der BWS feststellbar, physiologische Lendenlordose. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet, mäßig Hartspann, Klopfschmerz über der unteren LWS und Druckschmerz ISG beidseits Aktive Beweglichkeit:

HWS: in allen Ebenen frei beweglich

BWS/LWS: FBA: 20 cm, Rotation und Seitneigen jeweils 20°

Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe rechts mittellebhaft, links verstärkt auslösbar.

Gesamtmobilität - Gangbild:

Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen mit einem Gehstock rechts geführt, die linke obere Extremität wird im Ellbogen gebeugt und am Oberkörper angelegt gehalten, das linke Bein beim Gehen in vermehrter Streckstellung schleifend vorgeführt, jedoch keine Zirkumduktion, das Gangbild mit Stock verlangsamt, Richtungswechsel mit Stock möglich. Das Aus- und Ankleiden wird selbständig im Sitzen durchgeführt.

Status psychicus: Allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

STELLUNGNAHME:

ad 1) Diagnosenliste:

1) Hemiparese links nach Mediateilinfarkt am 16. 1.2019

2) Degenerative Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Zustand nach Verblockung C4/C5 und C5/C6, Morbus Bechterew

3) Bluthochdruck

4) Schilddrüsenfunktionsstörung

ad 2) Liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten vor?

Ja. Im Zusammenwirken der orthopädischen und neurologischen Leiden liegen erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, vor allem links, vor.

Insbesondere ist eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangunsicherheit aufgrund des neurologischen Defizits feststellbar.

ad 3) Liegen erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor?

Nein. Eine hochgradige kardiopulmonale Funktionseinschränkung ist nicht objektivierbar.

ad 4) Liegen erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen vor?

Ja. Bei Zustand nach Insult mit höhergradiger Funktionsstörung der linken oberen Extremität, insbesondere hinsichtlich Greiffunktionen, Spastizität und Schwäche, und mit distal betonter Schwäche der linken unteren Extremität liegen maßgebliche neurologische Funktionseinschränkungen vor.

ad 5) Liegt eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems vor?

Nein.

ad 6) Liegt eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit vor?

Nein.

ad 7) In welchem Ausmaß wirken sich die festgestellten Leidenszustände nach ihrer Art und Schwere auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus?

Das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 min, entsprechend einer Entfernung von rund 300-400 m ist aufgrund der erheblichen Gangbildbeeinträchtigung nicht zumutbar und nicht möglich.

Das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln ist erheblich erschwert.

Das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln ist erheblich erschwert.

Die etablierte Schmerztherapie mit Novalgin führt zu einer ausreichenden Schmerzkupierung, zusätzliche analgetische Bedarfsmedikation ist nicht erforderlich bzw. dokumentiert, sodass für die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel hinsichtlich Schmerzanamnese keine erhebliche Einschränkung vorliegt.

Eine maßgebliche Verbesserung durch Intensivierung konservativer Behandlungen, sodass eine Wegstrecke von 300-400 m und das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar und möglich ist, ist nach weiteren Rehabilitationsmaßnahmen möglich, daher wird eine Nachuntersuchung vorgeschlagen

ad 8) Stellungnahme zu den Einwendungen Abl. 41-43

Die objektivierbareren neurologischen Defizite führen zu einer maßgeblichen Gangbildbeeinträchtigung, sodass das Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel derzeit erheblich erschwert ist.

ad 9) Stellungnahme zu den im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Befunden Abl.44 und 45

Abl. 32 = 44 Befund Dr. B. Facharzt für Orthopädie vom 27. 8. 2019 (Hemiplegie links nach Apoplex, Parese linke Arm, Quadrizepsschwäche links KG 2, Vorfußheberschwäche links KG 1, Morbus Bechterew. Morbus Bechterew in Dauertherapie, aufgrund des Schlaganfalls massive Verschlechterung des Gesamtbild, Gehen nur mit einem Stock möglich, Rollator aufgrund Lähmung nicht möglich, Vorfußheberschwäche) - Befund wird in der Beurteilung berücksichtigt

Abl. 34 = 45 Befund Dr. R. Facharzt Neurologie und Psychiatrie 14. 10. 2019 (ACMD Infarkt 01/1019, Lysetherapie, Zustand nach ABF C4/C5 und C5/C6 2010, Autoimmunthyreopathie.

Status: milde Hypästhesie linke Gesichtshälfte, linke obere Extremität im spastischen Muster, Tonus erhöht, Finger erschwert aufdehnbar, keine spontane Öffnung möglich, KG 0, Hypästhesie rechte obere Extremität. Nächtliche Krämpfe der unteren Extremität, mit Stock gehfähig, links KG 3 proximal, distal keine sichtbare Beweglichkeit, Hypästhesie links. Therapie: Thyrex, Clopidogrel, Atorvastatin, Magnesium verla, Neurobion forte, Dekristol, Folsan, Sirdalud, Passedan bei Bedarf) - Befund wird in der Beurteilung berücksichtigt

ad 10) Stellungnahme zu einer allfälligen vom angefochtenen Gutachten/Stellungnahme Abl. 23-27, 35,36 abweichenden Beurteilung

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist derzeit nicht zumutbar. 

ad 10) Feststellung ob bzw. eine Nachuntersuchung erforderlich ist.

Nachuntersuchung: 01/2022.

Eine Intensivierung der rehabilitativen Maßnahmen stellt eine zumutbare Behandlungsoption dar, eine maßgebliche Besserung ist möglich.

ad 11) Wurden im Rahmen der nunmehrigen Begutachtung Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung unterliegen?

Wenn ja, Stellungnahme, ob aus den neu vorgelegten Befunden eine andere medizinische Beurteilung abtreten wäre.

Im Rahmen der aktuellen Begutachtung nachgereichter Befund:

Arztbrief NRZ XXX 23. 4. 2019 - Befund fließt in die aktuelle Beurteilung ein.“

Am 04.06.2020 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde, sohin die Parteien des Verfahrens, vom Bundesverwaltungsgericht telefonisch über das Ergebnis dieser medizinischen Beweisaufnahme informiert. Die Parteien des Verfahrens gaben an, dass keine Einwendungen zum Ergebnis der Beweisaufnahme vorgebracht werden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 50 v.H.

Die Beschwerdeführerin stellte am 25.03.2019 beim Sozialministeriumservice den gegenständlichen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden im Zusammenhang mit der Frage der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel relevanten Funktionseinschränkungen:

?        Hemiparese links nach Mediateilinfarkt am 16. 1.2019;

?        Degenerative Veränderungen des Stütz- und Bewegungsapparates, Zustand nach Verblockung C4/C5 und C5/C6, Morbus Bechterew;

?        Bluthochdruck;

?        Schilddrüsenfunktionsstörung.

Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist der Beschwerdeführerin zum Entscheidungszeitpunkt nicht zumutbar.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden Funktionseinschränkungen und ihren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.05.2020 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum Vorliegen eines Behindertenpasses und zur gegenständlichen Antragstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.

Die Feststellung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründet sich auf das seitens des Bundesverwaltungsgerichtes eingeholte, auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin basierenden Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.05.2020, in dem sich die medizinische Sachverständige auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und der von der Beschwerdeführerin im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens vorgelegten Befunde umfassend und nachvollziehbar mit der Frage der (Un)Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auseinandergesetzt hat.

Die medizinische Sachverständige kommt – anders als im Vorgutachten vom 17.09.2019 (inklusive Stellungnahme vom 22.10.2019) - zum Ergebnis, dass bei der Beschwerdeführerin im Zusammenwirken der orthopädischen und neurologischen Leiden erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten, vor allem links, vorliegen. Insbesondere war bei der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 22.05.2020 eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung und Gangunsicherheit aufgrund des neurologischen Defizits feststellbar. Bei Zustand nach einem Insult mit höhergradiger Funktionsstörung der linken oberen Extremität, insbesondere hinsichtlich Greiffunktionen, Spastizität und Schwäche, und mit distal betonter Schwäche der linken unteren Extremität liegen maßgebliche neurologische Funktionseinschränkungen vor. Die objektivierten neurologischen Defizite führen zu einer maßgeblichen Gangbildbeeinträchtigung, sodass das Benützen öffentlicher Verkehrsmittel derzeit erheblich erschwert ist. Das Zurücklegen einer Gehstrecke von rund 10 Minuten, entsprechend einer Entfernung von rund 300-400 m, ist aufgrund der erheblichen Gangbildbeeinträchtigung nicht zumutbar und nicht möglich. Auch das Überwinden von Niveauunterschieden, wie zum Beispiel beim Ein- und Aussteigen in bzw. aus öffentlichen Verkehrsmitteln, sowie das sichere Bewegen und das Anhalten in öffentlichen Verkehrsmitteln sind erheblich erschwert. Die Beschwerdeführerin ist daher derzeit nicht in der Lage, öffentliche Verkehrsmittel ausreichend sicher zu benutzen.

Dieses medizinische Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.05.2020 blieb von den Parteien des Verfahrens unbestritten; sie gaben telefonisch bekannt, keine Einwendungen zu erheben. Dieses fachärztliche Sachverständigengutachten von 25.05.2020, das eine höhere Aktualität aufweist als das vorangegangene Vorgutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 17.09.2019 (inklusive Stellungnahme vom 22.10.2019), wird in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

„§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

...

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:

„§ 1 …

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:

1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes

a)…

b)…

2. ...

3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und

-        erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder

-        erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder

-        erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder

-        eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder

-        eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d

vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)…"

In den Erläuterungen zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, StF: BGBl. II Nr. 495/2013, wird betreffend § 1 Abs. 2 Z 3 (in der Stammfassung) unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall in Betracht kommend – Folgendes ausgeführt:
„§ 1 Abs. 2 Z 3:

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.

Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

-        arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option

-        Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen

-        hochgradige Rechtsherzinsuffizienz

-        Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie

-        COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie

-        Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie

-        mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-        Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-        hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-        schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-        nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-        anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

-        schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-        fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-        selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.

Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.

Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.

Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:

-        vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,

-        laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,

-        Kleinwuchs,

-        gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,

-        bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“

…“

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigten.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321). Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).

Unter Zugrundelegung des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten, von den Parteien des Verfahrens unbestritten gebliebenen medizinischen Sachverständigengutachtens einer Fachärztin für Unfallchirurgie und Orthopädie sowie Ärztin für Allgemeinmedizin vom 25.05.2020, das sich mit der dauerhaften Mobilitätseinschränkung der Beschwerdeführerin und ihrer Auswirkung auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise auseinandersetzt hat und in dem zusammenfassend ausgeführt wird, dass die objektivierten neurologischen Defizite zu einer maßgeblichen Gangbildbeeinträchtigung führen, sodass das Erreichen und Benützen öffentlicher Verkehrsmittel derzeit erheblich erschwert ist, ist davon auszugehen, dass die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ im Sinne des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen im Fall der Beschwerdeführerin wegen Vorliegens erheblicher Einschränkungen der unteren Extremitäten und von neurologischen Funktionen iSd Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen aktuell erfüllt sind.

Der Beschwerde war daher spruchgemäß stattzugeben. Die genannte Zusatzeintragung im Behindertenpass wird daher in weiterer Folge von der belangten Behörde vorzunehmen sein.

Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die sachverständige Gutachterin im aktuellen Gutachten vom 25.05.2020 anmerkt hat, dass eine maßgebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes durch die Intensivierung konservativer Behandlungen nach weiteren Rehabilitationsmaßnahmen möglich erscheint, weswegen sie eine Nachuntersuchung für Jänner 2022 empfohlen hat.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das V

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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