TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/21 W133 2209425-1

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Veröffentlicht am 21.07.2020
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Entscheidungsdatum

21.07.2020

Norm

Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1
BBG §42
BBG §45
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W133 2209425-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Natascha GRUBER als Vorsitzende und den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Prof. Dr. Gerd GRUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 05.10.2018, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer gehörte laut Inhalt des vom Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich (in der Folge als „belangte Behörde“ bezeichnet), vorgelegten Verwaltungsaktes seit 12.09.1996 mit einem Grad der Behinderung von 50 von Hundert (v.H.) dem Kreis der begünstigten Behinderten an.

Mit Bescheid vom 07.05.2009 stellte die belangte Behörde aufgrund eines Neufestsetzungsantrages des Beschwerdeführers vom 09.12.2008 den Grad der Behinderung mit 60 v.H. neu fest. Dies erfolgte nach Einholung eines nervenfachärztlichen Sachverständigengutachtens vom 04.03.2009 (GdB 60 v.H.) und eines allgemeinmedizinischen Sachverständigengutachtens vom 20.04.2009 (GdB 60 v.H.).

Am 23.01.2018 stellte der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde den gegenständlichen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung im Behindertenpass, wobei er unter Punkt 3. die Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ beantragte.

Am 15.03.2018 langte ein ärztliches Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt vom 29.01.2014 bei der belangten Behörde ein.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Chirurgie unter Anwendung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung in Auftrag. In diesem Gutachten vom 20.08.2018 wurden auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung und umfassender Darstellung der Statuserhebung die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Position

GdB %

1

g.Z. ataktische Koordinationsstörung

oberer Rahmensatz, da Störung in der Feinmotorik vorhanden

04.01.01

40

2

g.Z. Sprechstörung

oberer Rahmensatz, da weiterhin deutliche Dysarthrie

03.04.01

40

3

g.Z. organisches Psychosyndrom zwei Stufen über dem unteren Rahmensatz berücksichtigt die chronische Schmerzsymptomatik und den langjährigen Verlauf

03.05.01

30

4

Degenerative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat

unterer Rahmensatz berücksichtigt die Schmerzen in der Wirbelsäule mit Abnützungserscheinungen, Nervenkanaleinengung und die

Abnützungen im rechten Knie bei gut erhaltenen

Bewegungsumfängen

02.02.02

30

zugeordnet und nach der Einschätzungsverordnung ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. eingeschätzt. Begründend führte der Gutachter aus, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2, 3 und 4 um zwei Stufen erhöht werde, da eine wechselseitige negative Beeinflussung vorliege. Ein Zustand nach einer CTS-OP rechts erreiche keinen Grad der Behinderung. Im Vergleich zum Vorgutachten seien die Leiden 1 bis 3 im Wesentlichen unverändert übernommen worden, Leiden 4 sei neu erfasst worden. Der Gesamtgrad der Behinderung bleibe gleich. Es wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar sei.

Mit Schreiben vom 21.08.2018 räumte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer betreffend die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ein förmliches Parteiengehör gemäß § 45 AVG samt Möglichkeit zur Stellungnahme ein. Das Gutachten vom 20.08.2018 wurde dem Beschwerdeführer als Beilage übermittelt.

Der Beschwerdeführer erstattete keine Stellungnahme.

Daher wies die belangte Behörde mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 05.10.2018 den Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ vom 23.01.2018 unter Hinweis auf das Ergebnis des medizinischen Beweisverfahrens gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz (BBG) ab.

Am 05.11.2018 langte fristgerecht eine Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom 05.10.2018 bei der belangten Behörde ein. Ohne Vorlage von Beweismitteln führt der Beschwerdeführer darin aus, er erhebe Einwendungen und begehre eine neue Untersuchung.

Die belangte Behörde legte dem Bundesverwaltungsgericht am 14.11.2018 die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt zur Entscheidung vor. Das Verfahren wurde der hg. Gerichtsabteilung W115 zugeteilt.

Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses des Bundesverwaltungsgerichtes vom 21.01.2020 wurde das gegenständliche Beschwerdeverfahren mit Wirksamkeit vom 07.02.2020 der Gerichtsabteilung W115 abgenommen und der Gerichtsabteilung W133 neu zugeteilt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines unbefristeten Behindertenpasses mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H.

Er hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Der Beschwerdeführer stellte am 23.01.2018 einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in dem Behindertenpass.

Beim Beschwerdeführer bestehen folgende Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:

1.       Ataktische Koordinationsstörung mit Störung der Feinmotorik;

2.       Sprechstörung mit deutlicher Dysarthrie;

3.       Organisches Psychosyndrom, berücksichtigt die chronische Schmerzsymptomatik und den langjährigen Verlauf;

4.       Degenerative Veränderungen am Stütz- und Bewegungsapparat, berücksichtigt die Schmerzen in der Wirbelsäule mit Abnützungserscheinungen, Nervenkanaleinengung und die Abnützungen im rechten Knie bei gut erhaltenen Bewegungsumfängen.

Die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung bezüglich der Unzumutbarkeit der öffentlichen Verkehrsmittel liegen nicht vor.

Es liegen keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule vor, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken. Beim Beschwerdeführer bestehen zwar Abnutzungserscheinungen in der Wirbelsäule und im rechten Kniegelenk. Die Beugefähigkeit in beiden Hüft- und Kniegelenken beträgt aber mehr als 90 Grad, die Beweglichkeit in beiden Sprunggelenken ist mit 40 - 0 - 60 Grad im Normbereich. Insgesamt ist die Beweglichkeit in den großen Gelenken für das Ein - und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ausreichend. Ebenso ist die Beweglichkeit in beiden Schultergelenken ausreichend, sodass ein sicherer Transport mit Anhalten möglich ist. Trotz ataktischem Bewegungsmuster konnte bei der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers durch den Gutachter am 23.07.2018 ein durchwegs flüssiges Gangbild objektiviert werden, sodass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke gegeben ist.

Es liegen weiters keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten bzw. Funktionen vor.

Es besteht auch keine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems und auch keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit.

Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, wechselseitiger Leidensbeeinflussung, medizinischer Diagnose und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen medizinischen Beurteilungen im Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Chirurgie vom 20.08.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

Der Beschwerdeführer erhob in seiner Beschwerde keine konkreten und substantiierten Einwendungen gegen das vorliegende Gutachten, welche geeignet wären, dieses zu entkräften oder in Frage zu stellen; diesbezüglich wird auf die nachfolgende Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung verwiesen. Eine vom Gutachten abweichende Beurteilung erweist sich zum Entscheidungszeitpunkt als nicht möglich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen über die Ausstellung eines Behindertenpasses, den aktuellen Grad der Behinderung und das Datum der Einbringung des gegenständlichen Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ im Behindertenpass basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland ergibt sich aus einem vom Bundesverwaltungsgericht aktuell eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister; konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch die belangte Behörde ging vom Vorliegen dieser Voraussetzung aus.

Die Feststellungen zu den bestehenden Leidenszuständen und zur aktuellen Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel gründen sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Chirurgie vom 20.08.2018. In diesem Gutachten wird nachvollziehbar ausgeführt, dass die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel für den Beschwerdeführer zumutbar ist. Es wird auf die Art der Leiden des Beschwerdeführers und deren Ausmaß vollständig, nachvollziehbar und widerspruchsfrei eingegangen. Der Gutachter setzt sich auch nachvollziehbar mit den im Zuge des Verfahrens vorgelegten Befunden auseinander. Die getroffene Beurteilung basiert auf dem im Rahmen einer persönlichen Untersuchung erhobenen Befund und entspricht auch den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen (zur Art und zum Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen und deren Auswirkungen wird auf die detaillierten, oben im Original wiedergegebenen Ausführungen im Gutachten verwiesen).

Die Feststellungen und die getroffene medizinische Beurteilung zu den Auswirkungen der vorliegenden Gesundheitsschädigungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel decken sich auch mit den Ergebnissen der Untersuchung im Rahmen der Statuserhebung und auch mit den vorliegenden Befunden.

Im Rahmen der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.07.2018 wurde folgender klinischer Status erhoben:

„Klinischer Status – Fachstatus:
Caput: unauffällig
Collum: unauffällig
Thorax: unauffällig
Mammae: unauffällig
Cor: HA rein, rhythmisch, normofrequent
Pulmo: VA bds, Basen frei
Abdomen: weich, kein Druckschmerz, Leber unter dem Rippenbogen

Schultergelenke: Kontur regelrecht, vorhalten und seitlich bds. bis 130 Grad, keine Funktionseinschränkung
Ellenbogen: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung
Handgelenke: frei beweglich, keine Funktionseinschränkung

Fingergelenke: frei beweglich, Faustschluss bds. möglich, Pinzettengriff bds. möglich, Faustschluss bds. nur möglich

Wirbelsäule: im Lot, keine Klopfdolenz, ISG bds. frei, HWS in R 60 - 0 - 60, FBA 10 cm, KJA 0 cm, Schober 10/14, Lasegue bds. negativ
Hüftgelenke: bds. in S 0 – 0 – 140, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung
Kniegelenke: bds. in S 0 – 0 – 140, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung
Sprunggelenke: bds. in S 40 – 0 – 60, frei beweglich, keine Funktionseinschränkung
Haut: unauffällig
Neurologisch: Ataxie
Zehengang: möglich
Fersengang: möglich

Gesamtmobilität – Gangbild:

Trägt Konfektionsschuhe, Gangbild ataktisch aber durchwegs flüssig, symmetrisches Armpendeln, An – und Auskleiden alleine möglich“

Die Beurteilung der ausreichenden Mobilität des Beschwerdeführers begründet der Gutachter nachvollziehbar damit, dass im Rahmen der persönlichen Untersuchung keine Funktionsbeeinträchtigungen der oberen und unteren Extremitäten und der Wirbelsäule objektiviert werden konnten, welche die Mobilität erheblich und dauerhaft einschränken würden. Beim Beschwerdeführer bestehen zwar Abnutzungserscheinungen in der Wirbelsäule und im rechten Kniegelenk. Die Beugefähigkeit in beiden Hüft- und Kniegelenken beträgt aber mehr als 90 Grad, die Beweglichkeit in beiden Sprunggelenken ist mit 40 - 0 - 60 Grad im Normbereich. Insgesamt ist die Beweglichkeit in den großen Gelenken für das Ein - und Aussteigen in ein öffentliches Verkehrsmittel ausreichend. Ebenso ist die Beweglichkeit in beiden Schultergelenken ausreichend, sodass ein sicherer Transport mit Anhalten möglich ist. Trotz ataktischem Bewegungsmuster konnte bei der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 23.07.2018 ein durchwegs flüssiges Gangbild objektiviert werden, sodass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke gegeben ist.

Diese Einschätzung des von der belangten Behörde herangezogenen Sachverständigen wird insbesondere auch durch die Ausführungen im Gutachten der Pensionsversicherungsanstalt vom 29.01.2014 bestätigt. Darin wird zum Gangbild des Beschwerdeführers festgestellt, dass zwar ein spastisch-ataktisches Gangbild besteht, der Gang des Beschwerdeführers jedoch sicher und ausreichend raumgewinnend ist.

Es liegen somit beim Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt zusammengefasst keine ausreichend erheblichen Funktionseinschränkungen vor, welche die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung rechtfertigen würden.

Schließlich ist anzumerken, dass sich dem eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte für die Annahme entnehmen lassen, dass beim Beschwerdeführer vom beigezogenen Sachverständigen keine fachgerechte Untersuchung durchgeführt worden wäre; insbesondere widersprechen die Untersuchungsergebnisse – wie oben bereits ausgeführt - auch nicht den im Verwaltungsakt aufliegenden medizinischen Unterlagen.

Der Beschwerdeführer ist dem Sachverständigengutachten auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden Sachverständigengutachtens vom 20.08.2018. Dieses wird daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:

„§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familiennamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“

§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen, BGBl. II Nr. 495/2013 in der Fassung des BGBl. II Nr. 263/2016, lautet auszugsweise:

„§ 1 ...

(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen: 
1. die Art der Behinderung, etwa dass der Inhaber/die Inhaberin des Passes
a)…
b)…

2. …         
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und         
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder         
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder         
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten, Funktionen oder         
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder         
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d vorliegen.

(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

(6)..."

Gemäß § 1 Abs. 5 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen bildet die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in § 1 Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, ein Gutachten eines ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.

Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).

In den auf der Homepage des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz veröffentlichten Erläuterungen zur Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen zur Stammfassung BGBl. II 495/2013 wird - soweit im Beschwerdefall relevant - Folgendes ausgeführt:

Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (auszugsweise) – (nunmehr seit der Novelle BGBl. II Nr. 263/2016 unter § 1 Abs. 4 Z. 3 geregelt):

„Mit der vorliegenden Verordnung sollen präzisere Kriterien für die Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel festgelegt werden. Die durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bisher entwickelten Grundsätze werden dabei berücksichtigt.

Grundsätzlich ist eine Beurteilung nur im Zuge einer Untersuchung des Antragstellers/der Antragstellerin möglich. Im Rahmen der Mitwirkungspflicht des Menschen mit Behinderung sind therapeutische Möglichkeiten zu berücksichtigen. Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – ist in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin ist nicht ausreichend.

Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.

Nachfolgende Beispiele und medizinische Erläuterungen sollen besonders häufige, typische Fälle veranschaulichen und richtungsgebend für die ärztlichen Sachverständigen bei der einheitlichen Beurteilung seltener, untypischer ähnlich gelagerter Sachverhalte sein. Davon abweichende Einzelfälle sind denkbar und werden von den Sachverständigen bei der Beurteilung entsprechend zu begründen sein.

Die Begriffe „erheblich“ und „schwer“ werden bereits jetzt in der Einschätzungsverordnung je nach Funktionseinschränkung oder Erkrankungsbild verwendet und sind inhaltlich gleichbedeutend.

Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:

- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss benützt werden.

Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:

-        Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,

-        hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,

-        schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,

-        nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.

Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:

-        anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),

-        schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),

-        fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,

-        selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.

…“

Der Vollständigkeit halber ist zunächst darauf hinzuweisen, dass im gegenständlichen Verfahren der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gemäß §§ 42 und 45 BBG abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand im gegenständlichen Beschwerdeverfahren ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen für die Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.

Wie oben unter Punkt II.2. eingehend ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das durch die belangte Behörde eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin und Chirurgie vom 20.08.2018 zu Grunde gelegt, wonach dem Beschwerdeführer die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zumutbar ist. Weder bestehen entscheidungserhebliche Einschränkungen der oberen oder unteren Extremitäten, noch ausreichend erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit, noch ausreichend erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Fähigkeiten oder Funktionen. Auch liegen keine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubheit vor, sowie auch keine anhaltende ausreichend erhebliche Funktionseinschränkung des Immunsystems im Sinne der genannten Verordnung. Ein psychiatrisches Leiden in einem Ausmaß, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in unzumutbarem Ausmaß behindert, wurde ebenfalls nicht belegt.

Trotz ataktischem Bewegungsmuster konnte bei der persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers ein durchwegs flüssiges Gangbild objektiviert werden, sodass das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke gegeben ist.

Wie ebenfalls bereits oben im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt wurde, wurden im gegenständlichen Verfahren keine Befunde vorgelegt, die das Gutachten entkräften würden. Das Gutachten erweist sich als richtig, vollständig und schlüssig.

Auch eine Ausschöpfung der zumutbaren Therapieoptionen in Bezug auf die geltend gemachten Funktionseinschränkungen ist nicht belegt. Nach den anzuwendenden Erläuterungen ist aber auch die Therapierefraktion – das heißt keine therapeutische Option ist mehr offen – in geeigneter Form nachzuweisen. Eine Bestätigung des Hausarztes/der Hausärztin wäre hierfür nach den Erläuterungen nicht ausreichend.

Da festzustellen war, dass die dauernden Gesundheitsschädigungen kein Ausmaß erreichen, welches aktuell die Vornahme der Zusatzeintragung „Dem Inhaber des Passes ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar“ rechtfertigt, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid spruchgemäß abzuweisen. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zum aktuellen Entscheidungszeitpunkt zumutbar.

Der Beschwerdeführer ist darauf hinzuweisen, dass bei einer befundmäßig objektivierten offenkundigen Verschlechterung seines Leidenszustandes eine neuerliche Antragstellung und die neuerliche Prüfung der „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 BBG in Betracht kommt.

Im gegenständlichen Fall wurde die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unter Mitwirkung eines ärztlichen Sachverständigen geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Schmerzen, Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen, deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund des vorliegenden, nicht ausreichend substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachtens geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen (vgl. auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2013, Zl. 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). Beide Parteien haben zudem keine mündliche Verhandlung beantragt. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird (vgl. dazu die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, Zl. E 1162/2017-5).

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Dieser Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen Rechtsprechung, des Weiteren ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.

Schlagworte

Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit Zusatzeintragung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W133.2209425.1.00

Im RIS seit

13.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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