Entscheidungsdatum
24.07.2020Norm
Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen §1Spruch
W265 2231816-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Christina MEIERSCHITZ als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Wien, vom 14.01.2020, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 18.05.2020, betreffend die Abweisung des Antrages auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer ist seit 10.05.1994 im Besitz eines Behindertenpasses mit einem eingetragenen Grad der Behinderung von 70 v.H.
Er stellte am 06.08.2019 beim Sozialministeriumservice (in der Folge auch als belangte Behörde bezeichnet) einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29 b StVO (Parkausweis), der entsprechend dem von der belangten Behörde zur Verfügung gestellten und vom Beschwerdeführer ausgefüllten Antragsformular auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ in den Behindertenpass gilt und legte ein Konvolut an Unterlagen vor.
Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten aus den Fachbereichen der Augenheilkunde und der Inneren Medizin in Anwendung der Bestimmungen der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Parkausweisverordnung) in Auftrag.
In dem basierend auf der Aktenlage erstatteten Sachverständigengutachten vom 22.08.2019 stellte der Facharzt für Augenheilkunde nach Sichtung des vorgelegten Befundes die Funktionseinschränkung „Hyperopie mit Abfall der zentralen Sehschärfe rechts auf 0,7 und links auf 0,8; GdB 0%; Spalte 1 Zeile 2 der Tabelle 11.02.01“ fest und führte betreffend eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel aus, dass keine vorliege, da das Ausmaß der objektivierbaren Sehminderung nicht die Ausprägung einer hochgradige Sehbehinderung erreiche.
In dem basierend auf einer persönlichen Untersuchung des Beschwerdeführers am 02.10.2019 erstatteten Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 02.12.2019 wurde Folgendes – hier in den wesentlichen Teilen wiedergegeben – ausgeführt:
„Anamnese:
Letztes Gutachten vom 24.1.1994: GdB 70vH wegen CHK, paVK, Diabetes mellitus
CHK: Z.n. ACBP-OP 1992, Z.n. DEB ad RCA 2015, Z.n. DES ad RCA 2017
Diabetes mellitus seit 1992
chronische Niereninsuffizienz
arterielle Hypertonie
Derzeitige Beschwerden:
"Nach 5-10 Minuten gehen bekomme ich ein Druckgefühl auf der Brust, muß eine Pause machen wegen der Beine und dem Herzen. Die Luft wird eng, muß massieren, das hilft, dann gehe ich weiter. Die öffentlichen Verkehrsmittel können wegen der Krämpfe in den Beinen nicht benutzt werden, ich suche immer gerade Parkplätze."
Behandlung(en) / Medikamente / Hilfsmittel:
Clopidogrel, Euthyrox, Pantip, Diamicron, Forxiga, Vastarel, Janumet, Co-Diovan,
Magnosolv, Diovan, Inegy, Norvasc
Sozialanamnese:
verheiratet, in Pension
Zusammenfassung relevanter Befunde (inkl. Datumsangabe):
Arztbrief Rehab XXXX : CHK, Z.n. 3 fach ACBP-OP, DEB ad RCA 2015, PTCA und DES ad
RCA 2017, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, diabetische Nephropathie, Echo:
allenfalls leichtgradig eingeschränkte LVF, Ergo: 47% des TSW, keine BCI Zeichen, Kreatinin
1,35mg/dl, HbA1c: 7,5%
Befundbericht Dr. Geppert vom 7.11.2018: im letzten Jahr 3x Nitro gebraucht, Echo: gute
LVF EF um 57%, Kreatinin 1,3 mg/dl
Untersuchungsbefund:
Allgemeinzustand: gut
Ernährungszustand: adipös
Größe: 162,00 cm Gewicht: 74,00 kg Blutdruck: 130/60
Klinischer Status – Fachstatus:
HNAP frei, keine Lippenzyanose
Hals: keine Struma, keine pathologischen Lymphknoten
Thorax: Narbe bland, symmetrisch Pulmo: VA; SKS
Herztöne: rein, rhythmisch, normofrequent
Abdomen: Rectusdiasthase, Leber und Milz nicht palpabel, keine Druckpunkte, keine
Resistenzen, Darmgeräusche lebhaft
UE: keine Ödeme, Fußpulse palpabel, rechts: Narbe (Z.n. Venenentnahme) bland
Untersuchung im Sitzen und Liegen, selbständiges An- und Ausziehen
Gesamtmobilität – Gangbild:
leicht hinkend, 1 Stock rechts, im Raum freies Gangbild
Status Psychicus:
allseits orientiert, Ductus kohärent
Ergebnis der durchgeführten Begutachtung:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:
1
Koronare Herzkrankheit mit Zustand nach ABCP-Op und Stenting
2
periphere arterielle Verschlusskrankheit
3
Diabetes mellitus
Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:
Im Wesentlichen keine gesundheitlichen Veränderungen.
[x] Dauerzustand
1. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Welche der festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen lassen das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke, das Ein- und Aussteigen sowie den sicheren Transport in einem öffentlichen Verkehrsmittel nicht zu und warum?
Keine.
2. Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel - Liegt eine schwere Erkrankung des Immunsystems vor?
Nein.
Gutachterliche Stellungnahme:
Es besteht eine koronare Herzerkrankung mit weitgehend erhaltener systolischer Linksventrikelfunktion, nach den vorliegenden Befunden, wie auch bei der hierorts durchgeführten Begutachtung unter laufender Therapie im durchwegs kardiorespiratorisch kompensiertem Zustand. Zusätzlich besteht eine periphere arterielle Verschlusskrankheit mit palpablen Fußpulsen hierorts, sodass bei ausreichend freiem Gangbild, insgesamt eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder beim Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar ist.“
In einem die beiden Gutachten zusammenfassenden Gesamtgutachten vom 16.12.2019 wurden die getätigten Ausführungen zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zusammengefügt.
Mit Schreiben vom 17.12.2019 brachte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG zur Kenntnis und räumte ihm die Möglichkeit einer Stellungnahme ein. In der Beilage wurden dem Beschwerdeführer das Aktengutachten vom 22.08.2019, das Sachverständigengutachten (Innere Medizin) vom 02.12.2019 sowie das diese beiden zusammenfassende Gesamtgutachten vom 17.12.2019 übermittelt.
Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.
Mit angefochtenem Bescheid vom 14.01.2020 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung auf Grund einer Behinderung“ in den Behindertenpass ab. In der Begründung des Bescheides wird auf die eingeholten Gutachten verwiesen, wonach die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, das einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Dem Beschwerdeführer sei Gelegenheit gegeben worden, zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen und langte eine Stellungnahme innerhalb der gesetzten Frist nicht ein. Mit dem Bescheid wurden dem Beschwerdeführer erneut die eingeholten Gutachten übermittelt.
Am 13.02.2020 langte die dagegen erhobene Beschwerde bei der belangten Behörde ein, worin der Beschwerdeführer, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, im Wesentlichen ausführte, dass sich sein Zustand seit seinem Besitz des Behindertenpasses im Jahr 1994 bis heute massiv verschlechtert hätte. Er leide an einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit und an einer schweren Erkrankung des Immunsystems. Als Beweis lege er den Patientenbrief des XXXX vom 14.01.2020 vor. Er habe bereits 1991 einen Hinterwandinfarkt erlitten, der im Jahr 1992 drei Bypassoperationen erforderlich gemacht habe. Es bestehe bei ihm nun eine schwere diffus sklerosierende 3-Gefäßerkrankung mit chronischem stark verkalktem ostialen Verschluss der LAD, proximalem Verschluss der RCA sowie 90%iger verkalkter Hauptstammstenose, diffuser Sklerose des Ramus intermedius sowie der Art. circumflexa und chronischem Verschluss des Diagonalastes, der sich retrograd via distale LAD und LIMA-Bypass fülle. Aufgrund seiner Diabetes mellitus Erkrankung leide er darüber hinaus an einer massiven Beeinträchtigung seines Sehvermögens. Er dürfe keine schweren Gegenstände heben oder tragen, dürfe auch nicht mehr Fahrrad fahren, dürfe keine sportlichen Betätigungen ausüben und möglichst keine Bewegungen ausführten, die zu einer Belastung des Arms- bzw. der Leistenregion führen. Die Einholung von Gutachten aus den Fachbereichen der Inneren Medizin und der Augenheilkunde werden beantragt. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird ausdrücklich verzichtet.
Zur Überprüfung der Einwendungen in der Beschwerde und des neu vorgelegten Befundes vom 14.01.2020 holte die belangte Behörde im Zuge des Beschwerdevorverfahrens eine ergänzende Stellungnahme der bereits befassten Fachärztin für Innere Medizin ein und äußerte diese in ihrem Aktengutachten vom 26.02.2020 wie folgt:
„…
Gutachterliche Stellungnahme:
Im Rahmen der klinischen Untersuchung am 2.10.2019 präsentierte sich der Antragsteller im guten Allgemeinzustand und sehr gutem Ernährungszustand. Im Bereich der Gelenke der unteren Extremitäten lassen sich keine erheblichen funktionellen Einschränkungen objektivieren. Das Gangbild stellt sich im Raum ausreichend flüssig und sicher dar. Die Verwendung einer leichten Gehhilfe ist zumutbar. Erhebliche funktionelle Einschränkungen der Gelenke lassen sich nach den vorliegenden Befunden und auch hierorts nicht objektivieren. Greif- und Haltefunktion ist beidseits insgesamt gegeben. Von kardialer Seite besteht nach dem nunmehr vorliegenden Befund vom WSP und auch hierorts eben ein durchwegs kardiorespiratorisch kompensierter Zustand mit erhaltener Linksventrikelfunktion. Eine periphere arterielle Verschlusserkrankung der unteren Extremitäten mit erheblicher Limitierung der Gehstrecke liegt nicht vor. Ein psychisches Leiden, welches die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf erhebliche Weise erschwert, liegt nicht vor. Ebenso ist nach den vorliegenden Befunden keine anhaltende und schwere Erkrankung des Immunsystems dokumentiert. Zusammenfassend ist das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke von 300-400 m aus eigener Kraft, ohne fremde Hilfe und ohne maßgebende Unterbrechung möglich; das Überwinden von Niveauunterschieden, das Be- und Entsteigen und damit die sichere Benützung öffentlicher Verkehrsmittel sind nicht auf erhebliche Weise erschwert. Die Voraussetzungen für die beantragte Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel“ liegen daher nicht vor.“
Mit Schreiben vom 26.02.2020 brachte die belangte Behörde das Ergebnis des ergänzend geführten Ermittlungsverfahrens zur Kenntnis, übermittelte das Aktengutachten vom 26.02.2020 und gab dem Beschwerdeführer die Möglichkeit binnen zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.
Eine Stellungnahme des Beschwerdeführers langte nicht ein.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 18.05.2020 wies die belangte Behörde die Beschwerde gegen den Bescheid vom 14.01.2020 ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zusatzeintragung nicht vorlägen. In der Begründung stützte sich die belangte Behörde auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren, in welchem mehrere Gutachten eingeholt worden seien. Die Ergebnisse der ärztlichen Begutachtung seien als schlüssig erkannt und in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt worden. In der Beilage wurde dem Beschwerdeführer erneut das Aktengutachten vom 26.02.2020 übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 08.06.2020 – bei der Behörde am 09.06.2020 eingelangt – stellte der Beschwerdeführer den Antrag, dass seine Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werde. Seine Beweisanträge auf Einholung eines internistischen und eines augenfachärztlichen Gutachtens halte er ausdrücklich aufrecht. Er wiederholte auch den Verzicht der Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer ist Inhaber eines Behindertenpasses mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 70 v.H.
Er stellte am 06.08.2019 beim Sozialministeriumservice einen Antrag auf Ausstellung eines Ausweises gemäß § 29b StVO, welcher auch als Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass gilt.
Beim Beschwerdeführer bestehen folgende dauerhafte Funktionseinschränkungen, die voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden:
- Koronare Herzkrankheit mit Zustand nach Mehrfachstenting und ABCP-OP
- Hyperopie mit Abfall der zentralen Sehschärfe rechts auf 0,7 und links auf 0,8
- periphere arterielle Verschlusskrankheit
- Diabetes mellitus
Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist dem Beschwerdeführer zumutbar.
Hinsichtlich der beim Beschwerdeführer bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß, der wechselseitigen Leidensbeeinflussung und der Auswirkungen der Funktionseinschränkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel werden die diesbezüglichen Beurteilungen in der Gesamtbeurteilung einer Fachärztin für Innere Medizin vom 17.12.2019, basierend auf den seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten derselben Ärztin vom 02.12.2019 und eines Facharztes für Augenheilkunde vom 22.08.2019, sowie in der ergänzende Stellungnahme derselben Fachärztin für Innerer Medizin vom 26.02.2020 zu Grunde gelegt.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zum Behindertenpass und zur Antragsstellung ergeben sich aus dem Akteninhalt.
Die Feststellung zu den dauernden Funktionseinschränkungen und zur Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel, die zur Abweisung der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ führt, gründet sich auf das durch die belangte Behörde eingeholte zusammenfassende Sachverständigengutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 17.12.2019, basierend auf dem Aktengutachten eines Facharztes für Augenheilkunde vom 22.08.2019 und dem nach persönlicher Untersuchung des Beschwerdeführers erstellten Gutachten der Fachärztin für Innere Medizin vom 02.12.2019. Im Rahmen des Beschwerdevorverfahrens wurde seitens der belangten Behörde ergänzend ein Aktengutachten wiederum derselben Fachärztin für Innere Medizin vom 26.02.2020 eingeholt und ebenfalls der Entscheidung zugrunde gelegt.
Trotz der beim Beschwerdeführer bestehenden Funktionseinschränkungen, erreicht die Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit kein Ausmaß, das eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel bedingen würde.
Der Facharzt für Augenheilkunde stellte gemäß dem vorgelegten augenfachärztlichen Befund vom 07.03.2019 eine Störung des zentralen Sehens fest, welche in Anwendung der Anlage zur Einschätzungsverordnung zu einem Grad der Behinderung von 0 v.H. führt. Dass damit noch keine Sehminderung in einem Ausmaß vorliegend ist, welches die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel zur Folge hätte, wie der Sachverständige in seinem Aktengutachten ausführt, ist jedenfalls nachvollziehbar.
Gemäß dem Sachverständigengutachten aus dem Bereich der Inneren Medizin vom 02.12.2019 bestehen beim Beschwerdeführer darüber hinaus die Funktionseinschränkungen einer koronaren Herzkrankheit mit Zustand nach ACBP-Op und Stenting, einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit und eines Diabetes mellitus.
Keines dieser angeführten Leiden liegt jedoch in einem Ausmaß vor, welches eine erhebliche Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit bewirkt. Hinsichtlich der koronaren Herzkrankheit stellte die fachärztliche Sachverständige für Innere Medizin in ihrem Gutachten fest, dass die systolische Linksventrikelfunktion weitgehend erhalten ist. Der Beschwerdeführer steht unter laufender Therapie und zeigt sich aus den vorgelegten Befunden ein kardiorespiratorisch kompensierter Zustand. Hinsichtlich der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit zeigten sich bei der persönlichen Untersuchung tastbare Fußpulse, weshalb die Fachärztin für Innere Medizin keinen Schweregrad dieser Krankheit erheben konnte, der dem Beschwerdeführer das Zurücklegen einer kurzen Wegstrecke verunmöglichen würde. Das Gangbild zeigte sich zudem bei der Untersuchung bei Verwendung eines Stocks rechts zwar leicht hinkend, jedoch ausreichend frei, sodass eine erhebliche Erschwernis beim Zurücklegen kurzer Wegstrecken oder bei der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht begründbar ist.
Der vom Beschwerdeführer mit seiner Beschwerde neu vorgelegte Befund vom 14.01.2020 wurde der Fachärztin für Innere Medizin zu einer ergänzenden Begutachtung zugeleitet und kam diese in ihrem Aktengutachten vom 26.02.2020 zu keiner Änderung hinsichtlich ihrer Beurteilung der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel, wonach die Gesundheitsschädigungen des Beschwerdeführers in keinem Ausmaß bestehen, welches eine erhebliche Einschränkung seiner körperlichen Belastbarkeit zur Folge hätte.
Der Beschwerdeführer fasste in seiner Beschwerde die Anamneseerhebung im Rahmen des Besuches des XXXX von 13. bis 14.01.2020 zusammen. Im Zuge des Aufenthaltes im Spital konnte jedoch der ostiale Verschluss der CX, welcher als Ursache für die wiederkehrende Angina pectoris-Symptomatik, wegen welcher der Beschwerdeführer von seinem Facharzt an das Spital zur Re-Koronarangiographie überwiesen wurde, gut von retrograd über den RCA-Bypass versorgt werden. Darüber hinaus konnte die Ramus intermedius-Stenose und Hauptstammstenose trotz der starken Verkalkung des Gefäßes erweitert werden. Bei stets erhaltener Linksventrikelfunktion liegt die koronare Herzkrankheit des Beschwerdeführers noch in keinem Ausmaß vor, welches die Unzumutbarkeit der Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zur Folge hat, da ihm das Zurücklegen einer Wegstrecke im Ausmaß von zumindest 300 bis 400 Meter möglich ist, und sich aufgrund seiner übrigen Funktionseinschränkungen auch sonst keine Probleme bei der Benützung, etwa bei der Überwindung von Niveauunterschieden oder der Sitzplatzsuche in einem Verkehrsmittel, ergeben.
Seinen Einwendungen in der Beschwerde, dass er nicht mehr Fahrrad fahren dürfe und überhaupt keine sportlichen Betätigungen ausüben dürfe sowie möglichst keine Bewegungen ausführen dürfe, wird der vorgelegte ärztliche Entlassungsbericht des Kur- und Rehabilitationszentrums XXXX vom 19.07.2019 entgegengehalten, in welchem sich auf Seite 11 eine Trainingsempfehlung und Analyse befindet und dem Beschwerdeführer die Sportarten Gehen, Wandern, Walken, Berggehen, Radfahren, Ergometertraining, etc. empfohlen wurden. Diese solle er mindestens drei Mal pro Woche für je 30 Minuten durchführen. Zusätzlich solle er Bewegung im Alltag absolvieren, indem er Wege zu Fuß oder wenn möglich mit dem Rad erledige und Stiegen steige. Dass er diese Tätigkeiten inzwischen nicht mehr ausführen dürfe, geht aus dem neu vorgelegten Befund des XXXX vom 14.01.2020 nicht hervor.
Der Allgemeinzustand ist gut. Die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel erscheint zumutbar.
Dass beim Beschwerdeführer eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems besteht, wie er in seiner Beschwerde festhielt, ist aus der vorliegenden Befunddokumentation nicht erkennbar.
Der Beschwerdeführer legte damit mit seiner Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen herbeizuführen bzw. eine zwischenzeitig eingetretene Verschlechterung der Leidenszustände zu belegen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.
Zum Antrag auf Einholung eines internistischen und eines augenfachärztlichen Gutachtens wird ausgeführt, dass eben solche Gutachten von der belangten Behörde in Auftrag gegeben wurden und gegenständlich vorliegend sind. Dass diese Gutachten unrichtig oder unschlüssig seien, konnte vom erkennenden Gericht, insbesondere auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens, nicht erkannt werden.
Damit ist der Beschwerdeführer den vorliegenden Sachverständigengutachten im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).
Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen folglich keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit der vorliegenden Sachverständigengutachten vom 22.08.2019 (Augenheilkunde), vom 02.12.2019 (Innere Medizin), vom 17.12.2019 (Gesamtbeurteilung) und vom 26.02.2020 (ergänzende Stellungnahme Innere Medizin). Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A)
1. Zur Entscheidung in der Sache
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
…
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
…
§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.
§ 47. Der Bundesminister für Arbeit und Soziales ist ermächtigt, mit Verordnung die näheren Bestimmungen über den nach § 40 auszustellenden Behindertenpaß und damit verbundene Berechtigungen festzusetzen.“
§ 1 Abs. 4 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen (Parkausweisverordnung), idgF BGBl II Nr. 263/2016 lautet – soweit im gegenständlichen Fall relevant - auszugsweise:
„§ 1 ….
(4) Auf Antrag des Menschen mit Behinderung ist jedenfalls einzutragen:
1. …….
2. ……
3. die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist; die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist insbesondere dann nicht zumutbar, wenn das 36. Lebensmonat vollendet ist und
- erhebliche Einschränkungen der Funktionen der unteren Extremitäten oder
- erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit oder
- erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller
Fähigkeiten, Funktionen oder
- eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems oder
- eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach § 1
Abs. 2 Z 1 lit. b oder d vorliegen.
(5) Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die in Abs. 4 genannten Eintragungen erfüllt sind, bildet ein Gutachten eines/einer ärztlichen Sachverständigen des Sozialministeriumservice. Soweit es zur ganzheitlichen Beurteilung der Funktionsbeeinträchtigungen erforderlich erscheint, können Experten/Expertinnen aus anderen Fachbereichen beigezogen werden. Bei der Ermittlung der Funktionsbeeinträchtigungen sind alle zumutbaren therapeutischen Optionen, wechselseitigen Beeinflussungen und Kompensationsmöglichkeiten zu berücksichtigen.
(6)…“
In den Erläuterungen zu § 1 Abs. 2 Z 3 zur Stammfassung der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen BGBl. II Nr. 495/2013 wird unter anderem – soweit im gegenständlichen Fall relevant - Folgendes ausgeführt:
„Zu § 1 Abs. 2 Z 3 (neu nunmehr § 1 Abs. 4 Z. 3, BGBl. II Nr. 263/2016):
…
Durch die Verwendung des Begriffes „dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ hat schon der Gesetzgeber (StVO-Novelle) zum Ausdruck gebracht, dass es sich um eine Funktionsbeeinträchtigung handeln muss, die zumindest 6 Monate andauert. Dieser Zeitraum entspricht auch den grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erlangung eines Behindertenpasses.
…
Unter erheblicher Einschränkung der Funktionen der unteren Extremitäten sind ungeachtet der Ursache eingeschränkte Gelenksfunktionen, Funktionseinschränkungen durch Erkrankungen von Knochen, Knorpeln, Sehnen, Bändern, Muskeln, Nerven, Gefäßen, durch Narbenzüge, Missbildungen und Traumen zu verstehen.
Komorbiditäten der oberen Extremitäten und eingeschränkte Kompensationsmöglichkeiten sind zu berücksichtigen. Eine erhebliche Funktionseinschränkung wird in der Regel ab einer Beinverkürzung von 8 cm vorliegen.
Erhebliche Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit betreffen vorrangig cardiopulmonale Funktionseinschränkungen. Bei den folgenden Einschränkungen liegt jedenfalls eine Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel vor:
- arterielle Verschlusskrankheit ab II/B nach Fontaine bei fehlender therapeutischer Option
- Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen
- hochgradige Rechtsherzinsuffizienz
- Lungengerüsterkrankungen unter Langzeitsauerstofftherapie
- COPD IV mit Langzeitsauerstofftherapie
- Emphysem mit Langzeitsauerstofftherapie
- mobiles Gerät mit Flüssigsauerstoff muss nachweislich benützt werden
Erhebliche Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen umfassen im Hinblick auf eine Beurteilung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel folgende Krankheitsbilder:
- Klaustrophobie, Soziophobie und phobische Angststörungen als Hauptdiagnose nach ICD 10 und nach Ausschöpfung des therapeutischen Angebotes und einer nachgewiesenen Behandlung von mindestens 1 Jahr,
- hochgradige Entwicklungsstörungen mit gravierenden Verhaltensauffälligkeiten,
- schwere kognitive Einschränkungen, die mit einer eingeschränkten Gefahreneinschätzung des öffentlichen Raumes einhergehen,
- nachweislich therapierefraktäres, schweres, cerebrales Anfallsleiden – Begleitperson ist erforderlich.
Eine schwere anhaltende Erkrankung des Immunsystems, die eine Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wegen signifikanter Infektanfälligkeit einschränkt, liegt vor bei:
- anlagebedingten, schweren Erkrankungen des Immunsystems (SCID – sever combined immundeficiency),
- schweren, hämatologischen Erkrankungen mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit (z.B: akute Leukämie bei Kindern im 2. Halbjahr der Behandlungsphase, Nachuntersuchung nach Ende der Therapie),
- fortgeschrittenen Infektionskrankheiten mit dauerhaftem, hochgradigem Immundefizit,
- selten auftretenden chronischen Abstoßungsreaktion nach Nierentransplantationen, die zu zusätzlichem Immunglobulinverlust führen.
Bei Chemo- und/oder Strahlentherapien im Rahmen der Behandlung onkologischer Erkrankungen, kommt es im Zuge des zyklenhaften Therapieverlaufes zu tageweisem Absinken der Abwehrkraft. Eine anhaltende Funktionseinschränkung resultiert daraus nicht.
Anzumerken ist noch, dass in dieser kurzen Phase die Patienten in einem stark reduzierten Allgemeinzustand sind und im Bedarfsfall ein Krankentransport indiziert ist.
Bei allen frisch transplantierten Patienten kommt es nach einer anfänglichen Akutphase mit hochdosierter Immunsuppression, nach etwa 3 Monaten zu einer Reduktion auf eine Dauermedikation, die keinen wesentlichen Einfluss auf die Abwehrkräfte bei üblicher Exposition im öffentlichen Raum hat.
Keine Einschränkung im Hinblick auf die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel haben:
- vorübergehende Funktionseinschränkungen des Immunsystem als Nebenwirkung im Rahmen von Chemo-und /oder Strahlentherapien,
- laufende Erhaltungstherapien mit dem therapeutischen Ziel, Abstoßreaktionen von Transplantaten zu verhindern oder die Aktivität von Autoimmunerkrankungen einzuschränken,
- Kleinwuchs,
- gut versorgte Ileostoma, Colostoma und Ähnliches mit dichtem Verschluss. Es kommt weder zu Austritt von Stuhl oder Stuhlwasser noch zu Geruchsbelästigungen. Lediglich bei ungünstiger Lokalisation und deswegen permanent undichter Versorgung ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar,
- bei Inkontinenz, da die am Markt üblichen Inkontinenzprodukte ausreichend sicher sind und Verunreinigungen der Person durch Stuhl oder Harn vorbeugen. Lediglich bei anhaltend schweren Erkrankungen des Verdauungstraktes ist in Ausnahmefällen die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar.“
…“
Der Vollständigkeit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 14.01.2020 der Antrag des Beschwerdeführers auf Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ gemäß §§ 42 und 45 Bundesbehindertengesetz idgF BGBl I Nr. 100/2018 (in der Folge kurz BBG) abgewiesen wurde. Verfahrensgegenstand ist somit nicht die Feststellung des Gesamtgrades der Behinderung, sondern ausschließlich die Prüfung der Voraussetzungen der Vornahme der beantragten Zusatzeintragung.
Um die Frage der Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel beurteilen zu können, hat die Behörde nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu ermitteln, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt. Sofern nicht die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auf Grund der Art und der Schwere der Gesundheitsschädigung auf der Hand liegt, bedarf es in einem Verfahren über einen Antrag auf Vornahme der Zusatzeintragung "Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung" regelmäßig eines ärztlichen Sachverständigengutachtens, in dem die dauernde Gesundheitsschädigung und ihre Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in nachvollziehbarer Weise dargestellt werden. Nur dadurch wird die Behörde in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob dem Betreffenden die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauernder Gesundheitsschädigung unzumutbar ist (vgl. VwGH 23.02.2011, 2007/11/0142, und die dort zitierten Erkenntnisse vom 18.12.2006, 2006/11/0211, und vom 17.11.2009, 2006/11/0178, jeweils mwN.).
Ein solches Sachverständigengutachten muss sich mit der Frage befassen, ob der Antragsteller dauernd an seiner Gesundheit geschädigt ist und wie sich diese Gesundheitsschädigung nach ihrer Art und ihrer Schwere auf die Zumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel auswirkt (VwGH 20.03.2001, 2000/11/0321).
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Zusatzeintragung ist die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel dann unzumutbar, wenn eine kurze Wegstrecke nicht aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfe, allenfalls unter Verwendung zweckmäßiger Behelfe zurückgelegt werden kann oder wenn die Verwendung der erforderlichen Behelfe die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in hohem Maße erschwert. Die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist auch dann nicht zumutbar, wenn sich die dauernde Gesundheitsschädigung auf die Möglichkeit des Ein- und Aussteigens und die sichere Beförderung in einem öffentlichen Verkehrsmittel unter Berücksichtigung der beim üblichen Betrieb dieser Verkehrsmittel gegebenen Bedingungen auswirkt.
Dabei ist auf die konkrete Fähigkeit des Beschwerdeführers zur Benützung öffentlicher Verkehrsmittel einzugehen, dies unter Berücksichtigung der hiebei zurückzulegenden größeren Entfernungen, der zu überwindenden Niveauunterschiede beim Aus- und Einsteigen, der Schwierigkeiten beim Stehen, bei der Sitzplatzsuche, bei notwendig werdender Fortbewegung im Verkehrsmittel während der Fahrt etc. (VwGH 22.10.2002, 2001/11/0242; VwGH 14.05.2009, 2007/11/0080).
Betreffend das Kalkül "kurze Wegstrecke" wird angemerkt, dass der Verwaltungsgerichtshof von einer unter Zugrundelegung städtischer Verhältnisse durchschnittlich gegebenen Entfernung zum nächsten öffentlichen Verkehrsmittel von 300 – 400 m ausgeht. (vgl. u.a. Ro 2014/11/0013 vom 27.05.2014)
Wie oben im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeführt – auf die diesbezüglichen Ausführungen wird verwiesen –, wurde im seitens der belangten Behörde eingeholten Sachverständigengutachten eines Facharztes für Augenheilkunde vom 22.08.2019 und im Gutachten einer Fachärztin für Innere Medizin vom 02.12.2019 sowie in ihrem ergänzenden Aktengutachten vom 26.02.2020 nachvollziehbar verneint, dass im Fall des Beschwerdeführers – trotz der bei ihm vorliegenden körperlichen Defizite – die Voraussetzungen für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass vorliegen. Beim Beschwerdeführer liegen ausgehend von diesen Sachverständigengutachten aktuell keine erheblichen Einschränkungen der körperlichen Belastbarkeit vor. Dass beim Beschwerdeführer die periphere arterielle Verschlusskrankheit in einem höheren Stadium, für welches gemäß den Erläuterungen zur Parkausweisverordnung die Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel indiziert ist, vorliegt, konnte ihm Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht erhoben werden. Demnach müsste die arterielle Verschlusskrankheit im Stadium II/b nach Fontaine oder höher bei fehlender therapeutischer Option vorliegen. Auch konnte keine hochgradige Herzinsuffizienz mit hochgradigen Dekompensationszeichen im Sinne der Erläuterungen der Parkausweisverordnung objektiviert werden. Weiters sind keine erheblichen Einschränkungen psychischer, neurologischer oder intellektueller Funktionen oder auch nicht das Vorliegen einer schweren anhaltenden Erkrankung des Immunsystems im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen objektiviert. Auch unter Berücksichtigung der beim Beschwerdeführer bestehenden dauerhaften Einschränkungen und deren Zusammenwirken vermag er noch nicht die Überschreitung der Schwelle der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel im Sinne der Bestimmung des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen darzutun.
Betreffend seine Sehbehinderung ist darauf hinzuweisen, dass die Parkausweisverordnung BGBl. II Nr. 495/2013 idF BGBl. II Nr. 263/2016 die Feststellung, dass dem Inhaber/der Inhaberin des Passes die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung nicht zumutbar ist, insbesondere für Fälle einer hochgradigen Sehbehinderung vorsieht, welche im Fall des Beschwerdeführers nicht gegeben ist.
Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde, wie bereits erwähnt, keinen Befund vor, der geeignet wäre, die durch die medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung seines Zustandes zu belegen.
Was den Antrag des Beschwerdeführers betrifft, Gutachten aus den Fachbereichen der Inneren Medizin und der Augenheilkunde einzuholen, ist – wie bereits in der Beweiswürdigung – festzuhalten, dass derartige Gutachten bereits aufliegen. Im Übrigen wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach das Gesetz keine Regelung enthält aus der geschlossen werden kann, dass ein Anspruch des Beschwerdeführers auf Zuziehung eines Facharztes eines bestimmten medizinischen Teilgebietes besteht. Vielmehr kommt es auf die Schlüssigkeit des eingeholten Gutachtens an (vgl. VwGH 24.06.1997, 96/08/0114).
Die für die Vornahme der Zusatzeintragung „Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel wegen dauerhafter Mobilitätseinschränkung aufgrund einer Behinderung“ in den Behindertenpass erforderlichen Voraussetzungen einer erheblichen Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit oder eine hochgradige Sehbehinderung, Blindheit oder Taubblindheit nach Abs. 4 Z 1 lit. b oder d Parkausweisverordnung sind somit nicht erfüllt. Für das Vorliegen weiterer Tatbestände des § 1 Abs. 4 Z 3 der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz über die Ausstellung von Behindertenpässen und von Parkausweisen haben sich im gegenständlichen Fall keinerlei konkrete Anhaltspunkte ergeben.
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass bei einer späteren Verschlechterung des Leidenszustandes die neuerliche Prüfung der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel in Betracht kommt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerdevorentscheidung zu bestätigen.
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
3. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Die Frage, welche Funktionseinschränkungen beim Beschwerdeführer aktuell bestehen wurde unter Mitwirkung zweier fachärztlicher Sachverständige geprüft. Die strittigen Tatsachenfragen (Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und deren Auswirkungen auf die Benützung öffentlicher Verkehrsmittel) gehören ebenfalls dem Bereich zu, der vom Sachverständigen zu beleuchten ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ist vor dem Hintergrund der vorliegenden, nicht substantiiert bestrittenen schlüssigen Sachverständigengutachten, insbesondere des ergänzenden Aktengutachtens vom 26.02.2020 geklärt, sodass im Sinne der Judikatur des EGMR und der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180) und des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfGH 09.06.2017, E 1162/2017) eine mündliche Verhandlung nicht geboten war. Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung sowohl in seiner Beschwerde als auch im Vorlageantrag ausdrücklich verzichtete.
Zu Spruchteil B)
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass Sachverständigengutachten Zumutbarkeit ZusatzeintragungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W265.2231816.1.00Im RIS seit
13.11.2020Zuletzt aktualisiert am
13.11.2020