TE Bvwg Beschluss 2020/7/24 W250 2233099-1

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Veröffentlicht am 24.07.2020
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Entscheidungsdatum

24.07.2020

Norm

AVG §19
B-VG Art133 Abs4
FPG §46 Abs2a
FPG §46 Abs2b
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W250 2233099-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Michael BIEDERMANN als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Nigeria, vertreten durch den Verein LegalFocus, gegen das als Bescheid bezeichnete Schriftstück des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.07.2020, Zl. XXXX :

A)

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in weiterer Folge als BF bezeichnet) stellte am 29.01.2014 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich und gab an ein Staatsangehöriger Nigerias zu sein.

2. Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in weiterer Folge als Bundesamt bezeichnet) vom 10.02.2014 wurde dieser Antrag vollinhaltlich abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt, gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Es wurde weiters ausgeführt, dass die Frist für seine freiwillige Ausreise 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF Beschwerde.

3. Mit Mandatsbescheid des Bundesamtes vom 04.06.2014 wurde der BF gemäß § 56 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 5 FPG verpflichtet, an einer bestimmten Adresse Unterkunft zu beziehen. Gegen diesen Bescheid erhob der BF Vorstellung und legte unter einem eine Vollmacht des XXXX , datiert mit 06.06.2014, vor.

4. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.12.2015 wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 10.02.2014 als unbegründet abgewiesen.

5. Mit Ladungsbescheid des Bundesamtes vom 17.02.2016 wurde der BF gemäß § 19 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG und § 46 Abs. 2a Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG zur Identitätsfeststellung zu einem bestimmten Termin geladen. Mit Schreiben vom 26.02.2016 teilte der BF durch seinen (bisherigen) Rechtsvertreter mit, dass er aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, den Termin wahrzunehmen.

6. Mit Ladungsbescheid des Bundesamtes vom 04.03.2016 wurde der BF neuerlich gemäß § 19 AVG und § 46 Abs. 2a FPG zur Identitätsfeststellung zu einem bestimmten Termin geladen. Der (bisherige) Rechtsvertreter des BF teilte dem Bundesamt dazu mit Schreiben vom 14.03.2016 mit, dass ein neues Asylverfahren anhängig sei. Diesem Schreiben wurde neuerlich die mit 06.06.2014 datierte Vollmacht angeschlossen.

7. Am 04.03.2016 stellte der BF einen Asylfolgeantrag, der mit Bescheid des Bundesamtes vom 20.05.2016 vollinhaltlich abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt und wiederum eine Rückkehrentscheidung erlassen. Es wurde festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Nigeria zulässig sei und als Frist für die freiwillige Ausreise ein Zeitraum von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2016 mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Antrag wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückgewiesen wird.

Gegen dieses Erkenntnis erhob der BF Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

8. Mit Ladungsbescheid vom 11.01.2017 wurde der BF neuerlich gemäß § 19 AVG und § 46 Abs. 2a FPG zur Identitätsfeststellung zu einem bestimmten Termin geladen. Mit Schreiben vom 25.01.2017 teilte der (bisherige) Rechtsvertreter des BF dem Bundesamt mit, dass der BF zwar zum in der Ladung genannten Termin angereist sei, dass er sich jedoch nicht ausreichend habe verständlich machen können, weshalb ihm bei der Behörde gesagt worden sei, er könne beim Bundesamt nicht vorsprechen.

9. Mit Ladungsbescheid vom 14.03.2017 wurde der BF wiederum gemäß § 19 AVG und § 46 Abs. 2a FPG zur Identitätsfeststellung zu einem bestimmten Termin geladen. Gegen diesen Bescheid erhob er durch seinen (bisherigen) Rechtsvertreter Beschwerde, die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.04.2017 als unbegründet abgewiesen wurde.

10. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 08.05.2017 wurde der Beschwerde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.11.2016 – im Verfahren auf Grund des Asylfolgeantrages vom 04.03.2016 – die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13.12.2017 wurde das genannte Erkenntnis aufgehoben.

Mit mündlich verkündetem Erkenntnis vom 29.11.2019 wies das Bundesverwaltungsgericht die gegen den Bescheid vom 20.05.2016 erhobene Beschwerde als unbegründet ab.

11. Mit dem hier verfahrensgegenständlichen als Bescheid bezeichneten Schriftstück des Bundesamtes vom 01.07.2020 wurde dem BF gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 AVG aufgetragen, zur Einholung eines Ersatzreisedokumentes an einem bestimmten Termin zu einem angegeben Ort zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Wenn er diesem Auftrag ohne wichtigen Grund nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass seine Festnahme gemäß § 34 Abs. 3 Z. 4 BFA-Verfahrensgesetz – BFA-VG angeordnet werde. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gemäß § 13 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG ausgeschlossen.

Das Bundesamt führte dazu im Wesentlichen aus, dass gegen den BF eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig erlassen worden sei, er seiner Ausreiseverpflichtung jedoch nicht nachgekommen sei. Seine Identität stehe nicht fest, da er keine Identitätsdokumente vorgelegt habe. Da ohne Reisedokument die Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme nicht möglich sei, sei dem BF seine Verpflichtung zur Mitwirkung an der Erlangung eines Ersatzreisedokumentes aufzuerlegen.

Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde sei auf Grund eines überwiegenden öffentlichen Interesses am sofortigen Vollzug des Bescheides ausgeschlossen. Der BF sei seiner bestehenden und vollstreckbaren Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Sein weiterer unrechtmäßiger Aufenthalt im Bundesgebiet widerspreche dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen. Diesem öffentlichen Interesse stehe lediglich das bloß faktische Interesse des BF an einem Verbleib im Bundesgebiet gegenüber, weshalb das öffentliche Interesse überwiege. Durch den fortgesetzten unrechtmäßigen Aufenthalt des BF bestehe weiters Gefahr im Verzug, da für eine Durchsetzung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein Reisedokument erforderlich sei.

Dieses Schriftstück wurde dem BF mit einem Rückscheinbrief „RSa“ am 02.07.2020 durch Hinterlegung zugestellt, dem (bisherigen) Rechtsvertreter des BF wurde dieses Schriftstück am 01.07.2020 per E-Mail zugestellt.

12. Am 01.07.2020 teilte der (bisherige) Rechtsvertreter des BF dem Bundesamt mit, dass kein Vertretungsverhältnis mit dem BF mehr bestehe.

13. Am 14.07.2020 erhob der BF durch seinen nunmehr ausgewiesenen Rechtsvertreter Beschwerde gegen das als Bescheid bezeichnete Schriftstück vom 01.07.2020 und brachte im Wesentlichen vor, dass der BF durch seinen bisherigen Rechtsvertreter nicht mehr vertreten sei, vielmehr werde der BF bereits seit einiger Zeit vom nunmehrigen Rechtsvertreter vertreten. Diesem sei der bekämpfte Bescheid jedoch nie zugestellt worden, weshalb dieser Bescheid nichtig sei.

Da im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht den Asylfolgeantrag des BF betreffend eine Volmachtsurkunde vorgelegt worden sei, die nicht vom BF stamme, sei auch dieses Verfahren noch nicht abgeschlossen und im Stande der Beschwerde. Es sei daher verfehlt anzunehmen, der BF sei zur Ausreise verpflichtet.

Der BF beantragte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides sowie der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

14. Das Bundesamt legte am 17.07.2020 die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der unter Punkt I.1. bis I.14. geschilderte Verfahrensgang wird als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt.

1.2. Der BF hat dem XXXX am 06.06.2014 die Vollmacht erteilt, „ihn in allen Angelegenheiten, sowohl vor Gerichts-, Verwaltungs- und Finanzbehörden als auch außerbehördlich zu vertreten, Prozesse und Verfahren anhängig zu machen und davon abzustehen, Zustellungen aller Art, insbesondere auch Klagen, Urteile und Bescheide anzunehmen, Rechtsmittel aller Art zu ergreifen und zurückzuziehen, Exekutionen und einstweilige Verfügungen zu erwirken und davon abzustehen, Vergleiche jeder Art Geld und Geldeswert zu beheben, in Empfang zu nehmen und darüber rechtsgültig zu quittieren, Stellvertreter mit gleicher oder minder ausgedehnter Vollmacht zu bestellen und überhaupt alles vorzukehren, was er für nützlich und notwendig erachtet.“

Diese Vollmacht wurde dem Bundesamt am 07.06.2014 sowie am 14.03.2016 vorgelegt, insbesondere wurde diese Vollmacht auch im Verfahren zur Ladung des BF zur Feststellung seiner Identität übermittelt.

1.3. Dem BF wurde mit einem als Bescheid überschriebenen Schreiben vom 01.07.2020 gemäß § 46 Abs. 2a und 2b FPG in Verbindung mit § 19 AVG aufgetragen, zur Erlangung eines Ersatzreisedokuments an einem bestimmten Termin zu einem näher bezeichneten Ort als Beteiligter persönlich zu kommen und an den notwendigen Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes mitzuwirken. Wenn er ohne wichtigen Grund diesem Auftrag nicht Folge leiste, müsse er damit rechnen, dass seine Festnahme gemäß § 34 Abs. 4 Z. 4 BFA-VG angeordnet werde. Dieses Schreiben wurde dem darin bezeichneten (bisherigen) Rechtsvertreter des BF per E-Mail zugestellt, dem BF selbst wurde es mit einem Rückscheinbrief „RSa“ durch Hinterlegung zugestellt. Eine Zustellung an den (bisherigen) Rechtsvertreter des BF mit einem Rückscheinbrief „RSa“ erfolgte nicht.

1.4. Der (bisherige) Rechtsvertreter des BF teilte dem Bundesamt am 01.07.2020 nach Zustellung des verfahrensgegenständlichen Schreibens mit, dass die Vollmacht aufgelöst worden sei. Eine Verständigung des Bundesamtes über die Auflösung des Vertetungsverhältnisses vor diesem Termin ist nicht erfolgt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungs- und Gerichtsakt sowie in den Verwaltungs- und Gerichtsakt das Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend.

2.1. Der Verfahrensgang ergibt sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte.

2.2. Die Feststellungen zur am 06.06.2014 erteilten Vollmacht ergeben sich aus der vom (bisherigen) Rechtsvertreter des BF am 07.06.2014 sowie am 14.03.2016 dem Bundesamt vorgelegten und im Verwaltungsakt einliegenden Kopie der Vollmachtsurkunde.

2.3. Die Feststellungen zu dem mit „Bescheid“ überschriebenen Schriftstück des Bundesamtes vom 01.07.2020 ergeben sich aus diesem. Die Feststellungen zur Zustellung dieses Schreibens ergeben sich zum einen aus dem RSa-Rückschein, der an den BF – insbesondere erfolgte eine Hinterlegung der Sendung in einem Postamt in XXXX , dem Wohnort des BF – gesandt wurde, sowie aus dem Sendebericht der Zustellung des Schreibens an den (bisherigen) Rechtsvertreter per E-Mail sowie der diesbezüglichen Sendebestätigung. Ein Nachweis über eine Zustellung des Schreibens an den (bisherigen) Rechtsvertreter des BF per RSa-Rückscheinbrief liegt im Verwaltungsakt nicht ein und es ergibt sich aus dem Akt auch keinerlei Hinweis, dass diese Form der Zustellung an den (bisherigen) Rechtsvertreter gewählt wurde.

2.4. Im Verwaltungsakt findet sich kein Hinweis dafür, dass der (bisherige) Rechtsvertreter des BF oder der BF selbst dem Bundesamt die Beendigung des Vertretungsverhältnisses vor Zustellung des hier gegenständlichen Schreibens bekannt gegeben haben. Vielmehr langte nach Übermittlung des Schreibens vom 01.07.2020 an den (bisherigen) Rechtsvertreter dessen Mitteilung ein, dass das Vertretungsverhältnis aufgelöst worden sei. Aus einem Vergleich des Sendeberichtes der Ladung mit dem Eingangsvermerk der Mitteilung über die Auflösung des Vertretungsverhältnisses ergibt sich, dass die letztgenannte Mitteilung nach Zustellung der verfahrensgegenständlichen Ladung erfolgt ist.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu Spruchteil A. – Zurückweisung der Beschwerde

3.1.1. Gesetzliche Grundlagen

§ 46 Abs. 2a und 2b FPG lautet:

(2a) Das Bundesamt ist jederzeit ermächtigt, bei der für den Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen (insbesondere Heimreisezertifikat oder Ersatzreisedokument) einzuholen oder ein Reisedokument für die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (§ 97 Abs. 1) auszustellen. Macht es davon Gebrauch, hat der Fremde an den Amtshandlungen des Bundesamtes, die der Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung oder der Ausstellung des Reisedokumentes gemäß § 97 Abs. 1 dienen, insbesondere an der Feststellung seiner Identität (§ 36 Abs. 2 BFA-VG) und seiner Herkunft, im erforderlichen Umfang mitzuwirken und vom Bundesamt zu diesem Zweck angekündigte Termine wahrzunehmen.

(2b) Die Verpflichtung gemäß Abs. 2 oder 2a Satz 2 kann dem Fremden mit Bescheid auferlegt werden. Für die Auferlegung der Verpflichtung gemäß Abs. 2a Satz 2 gilt § 19 Abs. 2 bis 4 iVm § 56 AVG sinngemäß mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Ladung die Auferlegung der Verpflichtung tritt; ein solcher Bescheid kann mit einer Ladung vor das Bundesamt oder zu einer Amtshandlung des Bundesamtes zur Erlangung der für die Abschiebung notwendigen Bewilligung bei der zuständigen ausländischen Behörde verbunden werden (§ 19 AVG). § 3 Abs. 3 BFA-VG gilt.

Der mit „Ladungen“ überschriebene § 19 AVG lautet:

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen.

(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekanntzugeben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.

(3) Wer nicht durch Krankheit, Behinderung oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.

(4) Eine einfache Ladung erfolgt durch Verfahrensanordnung.

3.1.2. Das Bundesamt ist gemäß § 46 Abs. 2a FPG grundsätzlich jederzeit ermächtigt, bei der für einen Fremden zuständigen ausländischen Behörde die für die Abschiebung notwendigen Bewilligungen einzuholen. Der Fremde hat in diesem Zusammenhang an den Amtshandlungen des Bundesamtes im dafür erforderlichen Umfang mitzuwirken. Diese Mitwirkungsverpflichtung kann dem Fremden gemäß § 46 Abs. 2b FPG mit Bescheid aufgetragen werden und kann der Fremde auch vor die für ihn zuständige ausländische Behörde geladen werden. § 19 Abs. 2 bis 4 AVG gilt dabei sinngemäß. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Rechtsgrundlage für die in diesem Zusammenhang ergehende Ladung § 19 AVG, deren Zulässigkeit ihre unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu beurteilende Notwendigkeit voraussetzt (vgl. VwGH vom 29.05.2018, Ro 2018/21/0006).

Gemäß § 19 Abs. 3 AVG setzt die Vollstreckung der angedrohten Zwangsfolgen voraus, dass die Ladung zu eigenen Handen zugestellt wurde. Erfolgt die Zustellung nicht zu eigenen Handen, kann die Ladung nur als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt. Daran vermag weder die Überschrift „Bescheid“ noch die in der Erledigung enthaltene Androhung einer Zwangsfolge noch der Hinweis auf die Beschwerdemöglichkeit etwas ändern (vgl. VwGH vom 24.02.2011, 2010/21/0422).

3.1.3. Im Falle eines aufrechten Vertretungsverhältnisses sind alle Verfahrensakte mit Wirkung für die Partei dem Vertreter gegenüber zu setzen. Durch § 19 Abs. 3 AVG wird nur das Verbot von Ersatzzustellungen festgelegt, nicht aber der als Empfänger des zuzustellenden Bescheides zu bezeichnende Personenkreis geändert (vgl. VwGH vom 27.05.2009, 2009/21/0014, zur Voraussetzung der Zustellung des Ladungsbescheides zu eigenen Handen als Voraussetzung für die Erlassung eines Festnahmeauftrages).

3.1.4. Im vorliegenden Fall wurde das Schriftstück vom 01.07.2020 dem (bisherigen) Rechtsvertreter des BF jedoch nicht zu eigenen Handen zugestellt, sondern es wurde eine formlose Zustellung per E-Mail vorgenommen. In seinem Erkenntnis vom 05.09.2018, Ro 2017/12/0010, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Versendung eines Bescheides als Anhang einer E-Mail keine Zustellung zu eigenen Handen darstellt (vgl. insbes. Rz 25 des genannten Erkenntnisses). Auch durch die Zustellung des Bescheides an den BF selbst mittels RSa-Briefes kann dieser Zustellmangel nicht heilen, da im Falle eines aufrechten Vertretungsverhältnisses alle Verfahrensakte mit Wirkung für die Partei dem Vertreter gegenüber zu setzen sind. Dies gilt selbst dann, wenn das Vertretungsverhältnis bereits beendet wurde. Die Beendigung des Vertretungsverhältnisses ist aber nur und erst dann (außen)wirksam, wenn auch der Behörde die Beendigung des Vollmachtsverhältnisses mitgeteilt wird (VwGH 18. 12. 2006, 2003/09/0042; 20. 12. 2007, 2007/21/0448; vgl auch schon VwSlg 7081 A/1967; VwGH 27. 6. 2002, 2001/07/0164; 26. 6. 2003, 99/18/0411), wenn also eine entsprechende Erklärung bei der Behörde einlangt (VwSlg 11.618 A/1984; VwGH 25. 6. 1991, 91/04/0045; vgl auch § 1026 ABGB und dazu VwGH 29. 11. 1994, 94/05/0318; 24. 9. 2009, 2009/18/0265). Andernfalls ist die Behörde weiterhin berechtigt und verpflichtet, an den Vertreter zuzustellen (VwSlg 2027 A/1951; vgl etwa auch VwGH 18. 12. 2006, 2003/09/0042; 20. 12. 2007, 2007/21/0448) (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 10, Rz 26).

Da im vorliegenden Fall weder der BF noch sein (bisheriger) Rechtsvertreter dem Bundesamt vor Zustellung des Schreibens vom 01.07.2020 die Beendigung des Vollmachtsverhältnisses bekannt gegeben haben, wäre der Ladungsbescheid dem (bisherigen) Rechtsvertreter des BF unter Ausschluss der Ersatzzustellung zuzustellen gewesen. Mangels wirksamer Zustellung zu eigenen Handen kann das mit „Bescheid“ überschriebene Schriftstück vom 01.07.2020 nicht als (Ladungs-)bescheid sondern lediglich als einfache Ladung angesehen werden, der Bescheidcharakter nicht zukommt.

3.1.5. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Da sich die Beschwerde gegen ein Schriftstück richtet, dem kein Bescheidcharakter zukommt und das somit eine Erledigung darstellt, die keinen tauglichen Anfechtungsgrund für eine Beschwerde darstellt, war diese als unzulässig zurückzuweisen.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen.

3.3. Zu Spruchteil B. - Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

In der Beschwerde findet sich kein schlüssiger Hinweis auf das Bestehen von Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren und sind solche auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Die Entscheidung folgt der zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Bescheidcharakter Ladungsbescheid Rechtsvertreter Vollmacht Zurückweisung Zustellmangel Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W250.2233099.1.00

Im RIS seit

12.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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