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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1991 §6 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des G in Wien, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in Wien X, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 14. März 1995, Zl. SD 264/95, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 14. März 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 15. Jänner 1991 aus dem "ehemaligen Jugoslawien" kommend zu Fuß illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Tag später einen Asylantrag gestellt, der rechtskräftig abgewiesen worden sei. Da der Beschwerdeführer nicht direkt aus seinem Heimatstaat nach Österreich eingereist sei, komme ihm keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zu. Daran ändere auch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die im Asylverfahren erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde nichts.
Was die Zulässigkeit der Auweisung im Grunde des § 19 FrG betreffe, könne aufgrund des relativ kurzen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und im Hinblick auf das Fehlen familiärer Bindungen im Inland von einem mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben nicht gesprochen werden. Es sei daher nicht zu überprüfen gewesen, ob die Ausweisung des Beschwerdeführers zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 25. September 1995, B 1315/95).
In den an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerdeausführungen beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Der Beschwerdeführer meint, daß er sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, weil ihm eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Asylgesetz 1991 zukomme. Überdies stehe der Ausweisung § 17 Abs. 4 FrG entgegen, weil der Beschwerdeführer während der bestehenden (vorläufigen) Aufenthaltsberechtigung die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung beantragt habe.
1.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß er am 15. Jänner 1991 zu Fuß (wie sich aus den Verwaltungsakten ergibt: über die "grüne Grenze") aus dem damaligen Staat Jugoslawien nach Österreich eingereist ist.
Eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 Asylgesetz 1991 kommt - unter der Voraussetzung rechtzeitiger Antragstellung - nur jenen Asylwerbern zu, die gemäß § 6 Asylgesetz 1991 eingereist sind. Der Beschwerdeführer fällt nicht unter § 6 Abs. 1 Asylgesetz 1991, weil er nicht direkt aus dem Staat gekommen ist, in dem er behauptet, Verfolgung befürchten zu müssen (Türkei). Es sei hinzugefügt, daß es sich bei dem Beschwerdenvorbringen, der Beschwerdeführer sei vor seiner Einreise nach Österreich nicht vor Verfolgung sicher gewesen, - unabhängig von dessen rechtlicher Relevanz - jedenfalls um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG) handelt, weil bereits die Erstbehörde zu dem Ergebnis gekommen ist, daß eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 nicht gegeben sei und der Beschwerdeführer daher jedenfalls im Berufungsverfahren Gelegenheit gehabt hätte, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten, welche er allerdings nicht genutzt hat.
§ 6 Abs. 2 Asylgesetz 1991 kommt für den Beschwerdeführer schon deshalb nicht zum Tragen, weil er über die "grüne Grenze" eingereist ist und ihm daher die Einreise nicht formlos gestattet wurde.
Der Beschwerdeführer kann daher aus dem Asylgesetz 1991 keine Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes herleiten. Daran hat die vom Verwaltungsgerichtshof mit Beschluß vom 22. September 1994, Zl. AW 94/20/0344, erfolgte Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung an die Beschwerde gegen den seinen Asylantrag abweisenden Bescheid nichts geändert. Der Verwaltungsgerichtshof hat mit diesem Beschluß dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung lediglich mit der Wirkung stattgegeben, daß dem Antragsteller die Rechtsstellung zukommt, die er als Asylwerber vor Erlassung des angefochtenen Bescheides hatte. Da dem Beschwerdeführer - wie aufgezeigt - während des Asylverfahrens keine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zukam, konnte ihm diese auch nicht durch diesen Beschluß verschafft werden.
Die belangte Behörde kam daher zu Recht zu dem Ergebnis, daß sich der Beschwerdeführer (seit seiner Einreise) unrechtmäßig im Inland aufhält.
Die Bestimmung des § 17 Abs. 4 Fremdengesetz steht der Ausweisung schon deshalb nicht entgegen, weil es sich beim Antrag des Beschwerdeführers nach dem Aufenthaltsgesetz mangels bestehender Berechtigung zum Aufenthalt nicht um einen Antrag auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung handeln kann.
2.1. Der Beschwerdeführer hat bei seiner Vernehmung im Asylverfahren am 16. April 1991 angegeben, daß sich von seinen Verwandten lediglich ein in Deutschland lebender Bruder außerhalb der Türkei aufhalte. Er hat weder in seiner gegenüber der Erstbehörde abgegebenen Stellungnahme zur beabsichtigten Ausweisung noch in der Berufung ausgeführt, im Inland Verwandte zu haben. Es kann daher weder eine Rede davon sein, daß die belangte Behörde in diesem Punkt das Parteiengehör verletzt habe, noch daß sie aktenkundige, inländische familiäre Bindungen des Beschwerdeführers im angefochtenen Bescheid nicht berücksichtigt habe. Im übrigen unterläßt es der Beschwerdeführer, in der Beschwerde vorzubringen, welche familiäre Bindungen er in Österreich habe.
Die belangte Behörde hat daher zu Recht keinen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers angenommen.
2.2. Selbst wenn man aufgrund des ingesamt mehr als vierjährigen inländischen Aufenthaltes des Beschwerdeführers und der im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Tatsache seiner Berufstätigkeit einen mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers annimmt, begegnet die von der belangten Behörde vertretene Ansicht, daß § 19 FrG der Maßnahme nicht entgegenstehe, im Ergebnis keinen Bedenken. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu (vgl.etwa das hg. Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0158, mwN). Der Beschwerdeführer hat dieses maßgebliche öffentliche Interesse durch seinen mehr als vierjährigen, zur Gänze unberechtigten Aufenthalt gravierend beeinträchtigt. Demgegenüber sind die geschilderten privaten Interessen nur von geringem Gewicht und vermögen das besagte öffentliche Interesse keinesfalls zu überwiegen.
Die vorgebrachte Tatsache, daß der Beschwerdeführer "alle Bemühungen zur Einhaltung der aufenthaltsrechtlichen Erfordernisse gesetzt", insbesondere einen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung gestellt habe, und der Umstand, daß dem Beschwerdeführer aufgrund der Rechtslage vor Inkraftreten des Aufenthaltsgesetzes allenfalls eine Aufenthaltsberechtigung hätte erteilt werden können, vermögen die öffentlichen Interessen an der Erlassung der Ausweisung nicht zu schmälern.
Der Beschwerdeführer zeigt daher mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde habe keine ordnungsgemäß begründete Abwägung gemäß § 19 FrG vorgenommen, keinen relevanten Verfahrensmangel auf.
2.3. Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, daß er gemäß § 37 FrG nicht in die Türkei abgeschoben werden dürfe, ist ihm zu entgegnen, daß mit der Ausweisung nicht ausgesprochen wird, daß der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder daß er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. auch dazu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 17. April 1997 mwN).
3. Unter Zugrundelegung der vorstehenden Ausführungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1995181367.X00Im RIS seit
20.11.2000