TE Bvwg Beschluss 2020/8/21 I401 2169247-2

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Veröffentlicht am 21.08.2020
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Entscheidungsdatum

21.08.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
AVG §32 Abs2
AVG §68 Abs1
BFA-VG §16 Abs1
BFA-VG §16 Abs2
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §55 Abs1a
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4 Z1

Spruch

I401 2169247-2/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch den Richter Mag. Gerhard AUER über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA. Nigeria, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R1, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 14.09.2018, Zahl: XXXX EAST Ost:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 29.03.2018 den zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 14.09.2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge als Bundesamt bezeichnet) den Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.), erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt III.), erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt V.) und gewährte keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.).

2. Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer persönlich am 16.09.2018 durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zugestellt. Die Zustellung an den Rechtsvertreter MigratInnenverein St. Marx erfolgte am 17.09.2018 mittels RSa-Sendung.

3. Am 05.10.2018 langte beim Bundesamt die vom MigrantInnenverein St. Marx per Telefax übermittelte Beschwerde ein.

4. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16.07.2020 wurde mit einem Verspätungsvorhalt dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass die erhobene Beschwerde als verspätet eingebracht anzusehen sei, und ihm die Möglichkeit geboten, binnen zweiwöchiger Frist eine Stellungnahme abzugeben.

5. In der Eingabe vom 04.08.2020 führte der Beschwerdeführer - wörtlich wiedergegeben – wie folgt aus:

„Zu dem „Verspätungsvorhalt“ vom 16.7.2020, zugestellt am 21.7.2020, wird mitgeteilt, dass jedenfalls - analog zu dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 9.10.2017, G134/2017, G207/2017 - von einer 4-wöchigen Frist auszugehen ist. Die zitierte Bestimmung des § 16 Abs 1 iVm Abs 2 BFA-VG ist zweifellos ebenso wie die vom Verfassungsgerichtshof aufgehobene Bestimmung zu verkürzten Beschwerdefristen verfassungswidrig.“

Der Stellungnahme wurde eine Presseinformation des Verfassungsgerichtshofes vom 09.10.2017 zur oben zitierten Entscheidung beigelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird der unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang als maßgeblicher Sachverhalt festgestellt. Die Zustellung des verfahrensgegenständlichen Bescheides vom 14.09.2018 erfolgte am 17.09.2018 an den bevollmächtigten Rechtsvertreter des Beschwerdeführers mittels „eingeschriebenen RSa-Brief“.

Die Rechtsmittelbelehrung enthält unter anderen den Hinweis, dass die Beschwerde innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung dieses Bescheides schriftlich bei uns einzubringen ist.

Die Beschwerde langte am 05.10.2018 und somit nach Ablauf der zweiwöchigen Beschwerdefrist ein.

2. Beweiswürdigung:

Der angeführte Verfahrensgang und der dazu festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestritten gebliebenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes sowie dem Akt des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen betreffend die Zustellung des angefochtenen Bescheides leitet sich aus den im Verwaltungsakt einliegenden Übernahmebestätigungen ab.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A):

Die maßgebliche Bestimmung des § 16 Abs. 1 BFA-VG, BGBl I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl I Nr. 56/2018, lautet:

„Beschwerdefrist und Wirkung von Beschwerden:

§ 16 (1) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesamtes in den Fällen des Abs. 2 und des § 7 Abs. 2 AsylG 2005, sofern der Status des Asylberechtigten aberkannt und die Aberkennung mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden wurde, beträgt abweichend von § 7 Abs. 4 erster Satz des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, zwei Wochen. Dies gilt nicht, wenn es sich bei dem Fremden im Zeitpunkt der Bescheiderlassung um einen unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17 NAG) handelt oder die aufenthaltsbeendende Maßnahme mit der Feststellung verbunden ist, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden unzulässig ist.

(2) Einer Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der

1.       ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und diese mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbunden ist,

2.       ein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen wird und eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung bereits besteht oder

3.       eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen wird,

sowie einem diesbezüglichen Vorlageantrag kommt die aufschiebende Wirkung nicht zu, es sei denn, sie wird vom Bundesverwaltungsgericht zuerkannt.“

Diese Bestimmung trat am 01.09.2018 in Kraft und war somit im gegenständlichen Fall bereits anzuwenden.

Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die zweiwöchige Beschwerdefrist bei zurückweisenden Bescheiden wegen entschiedener Sache ist auf die erläuternden Bemerkungen zu BGBl. I Nr. 56/2018, zu Z 7 (§16 Abs. 1) (189 der Beilagen XXVI. GP - Regierungsvorlage - Erläuterungen), zu verweisen. Der Gesetzgeber setzte sich mit der vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes auseinander und führte in Hinblick auf eine Beschwerdefrist bei zurückweisenden Entscheidungen nach § 68 Abs. 1 AVG aus:

„Zur Begründung führt der VfGH aus, dass es im Lichte des Art. 136 Abs. 2 B-VG wesentlich sei, dass „die Verfahrensbeschleunigung ‚sämtliche Stadien des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens‘ erfassen muss. Das bedingt, dass einer Verkürzung der Beschwerdefrist auf Seiten des Fremden entsprechende gesetzliche Maßnahmen zur Beschleunigung der Entscheidungsfindung vor dem BVwG gegenüberstehen müssen, die, wie insbesondere die Regelung entsprechend verkürzter Entscheidungsfristen, auch jenen Bereich betreffen, den der Gesetzgeber und in der Folge die zuständige Vollziehung aufgrund ihrer Organisationsverantwortung zu gewährleisten haben“ (VfGH, aaO Rz. 64). Dem BVwG stünden jedoch - abweichend von § 34 Abs. 1 VwGVG - verkürzte Entscheidungsfristen nur in spezifischen, insbesondere den in § 21 Abs. 2 genannten Fällen zur Verfügung, die sich mit den von § 16 Abs. 1 abgedeckten Fällen nur zum Teil deckten. Vor dem Hintergrund des stark eingeschränkten Anwendungsbereichs des § 21 Abs. 2 könne die durch § 16 Abs. 1 in pauschaler Weise - unter anderem - für Entscheidungen über Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, aufenthaltsbeendende Maßnahmen und bestimmte Asylentscheidungen bewirkte Verkürzung der Beschwerdefrist nicht als erforderlich gemäß Art. 136 Abs. 2 B-VG angesehen werden.

Die vorgeschlagene Änderung soll im Lichte des vorgenannten VfGH-Erkenntnisses Rechtskonformität herstellen und den Anwendungsbereich der auf zwei Wochen verkürzten Beschwerdefrist auf die in § 7 Abs. 2 AsylG 2005 und § 16 Abs. 2 genannten Fälle einschränken, in denen für das BVwG - abweichend von § 34 Abs. 1 VwGVG - eine deutlich verkürzte Entscheidungsfrist vorgesehen ist (vgl. §§ 17 Abs. 2 und 21 Abs. 2 sowie 2a letzter Satz) und - soweit es sich um die in § 16 Abs. 2 genannten Fälle handelt - einer Beschwerde zudem grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung zukommt, sodass eine gesamthafte, also alle Stadien des verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahrens erfassende Verfahrensbeschleunigung erzielt werden kann, die sich nicht - wie etwa das bedingte Neuerungsverbot gemäß § 20 - in einer punktuellen Hintanhaltung missbräuchlicher Verfahrensverschleppungen erschöpft.

[…]

Diese Erwägungen lassen sich auch auf die Beschwerde gegen einen zurückweisenden Bescheid wegen entschiedener Sache (§ 68 AVG), der einem zurückweisenden Bescheid gemäß § 4, 4a oder 5 AsylG 2005 oder einer inhaltlichen, gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen Asylentscheidung nachfolgt, übertragen. In all diesen Fällen ist nicht nur - entsprechend den Vorgaben des VfGH (aaO, Rz. 64) - die Entscheidungsfrist des BVwG auf acht Wochen verkürzt (§ 17 Abs. 2), sondern es steht mit der Regelung des faktischen Abschiebeschutzes bei Folgeanträgen (§ 12a AsylG 2005) bereits auf der Ebene des verwaltungsbehördlichen Verfahrens ein Instrument der Verfahrensbeschleunigung zur Verfügung. Im Zusammenhang mit zurückweisenden Bescheiden gemäß § 68 AVG, die einer inhaltlichen Asylentscheidung nachfolgen, kommt hinzu, dass der Fremde bereits ein Asylverfahren durchlaufen hat, in dem seine Verfolgungsgründe umfassend inhaltlich geprüft wurden, sodass dem öffentlichen Interesse an einem möglichst raschen Verfahrensabschluss ein erhöhtes Gewicht zukommt.

[…]

Zu beachten ist, dass die umfassende Verfahrensbeschleunigung, einschließlich der Verkürzung der Beschwerdefrist, in den vorgenannten Fällen jeweils auch dem Zweck dient, eine mit der Zurückweisung des Antrags auf internationalen Schutz bzw. der Aberkennungsentscheidung verbundene oder gemäß § 59 Abs. 5 FPG bereits bestehende aufenthaltsbeendende Maßnahme möglichst rasch durchsetzen zu können. Dieser Zweck kann jedoch nicht erreicht werden, wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme im Einzelfall entweder nicht erlassen oder zwar erlassen, aber mit der Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung, Zurückschiebung oder Zurückweisung verbunden wird und daher nicht durchsetzbar ist. In den Fällen der beschleunigten Aberkennung des Status des Asylberechtigten gilt die zweiwöchige Beschwerdefrist daher nur dann, wenn eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 erlassen wurde, es im Rahmen des Aberkennungsverfahrens also weder zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (vgl. § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005) noch zur Erteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen gekommen ist. In den Fällen des § 16 Abs. 2 wiederum gilt die zweiwöchige Beschwerdefrist nicht, wenn die aufenthaltsbeendende Maßnahme im Einzelfall mit der Feststellung gemäß § 52 Abs. 9 FPG verbunden ist, dass die Abschiebung des Fremden unzulässig ist. Abgesehen von diesen Fällen soll die zweiwöchige Beschwerdefrist, wie schon nach bisheriger Rechtslage, allgemein nicht gelten, wenn der Fremde im Zeitpunkt der Bescheiderlassung ein unbegleiteter Minderjähriger war.“

Da bei der durch die Novelle BGBl. I Nr. 56/2018 erfolgten Regelung des § 16 Abs. 1 und 2 BFA-VG bereits auf die verfassungskonforme Umsetzung geachtet und auf die vom Beschwerdeführer zitierte Entscheidung (offenkundig ist die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes vom 26.09.2017, G 134/2017, G 207/2017, gemeint) Bedacht genommen und damit gerade im Lichte des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes Rechtskonformität hergestellt wurde, kann das Bundesverwaltungsgericht keine Verfassungswidrigkeit in der ab 01.09.2018 in Kraft getretenen Bestimmung des § 16 Abs. 1 und 2 BFA-VG erblicken.

Gemäß § 32 Abs. 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Wie festgestellt, wurde der Bescheid am 17.09.2018 der bevollmächtigten Rechtsvertretung des Beschwerdeführers zugestellt, sodass an diesem Tag die zweiwöchige Frist zu laufen begann und demgemäß am 01.10.2018 endete.

Die am 05.10.2018 mittels Telefax eingebrachte Beschwerde ist daher als verspätet erhoben anzusehen.

Zu Spruchpunkt B) - Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zu Beginn und Ende der Beschwerdefristen und deren Einhaltung, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beschwerdefrist Folgeantrag Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung Rechtsmittelfrist verspäteter Antrag Verspätung Vorhalt Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I401.2169247.2.01

Im RIS seit

12.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

12.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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