TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/28 W229 2219367-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.08.2020
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Entscheidungsdatum

28.08.2020

Norm

ASVG §113 Abs1 Z1
ASVG §113 Abs2
ASVG §33
ASVG §4 Abs1
B-VG Art133 Abs4

Spruch

W229 2219367-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Elisabeth WUTZL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse, vom 26.02.2019, Zl. XXXX , nach Beschwerdevorentscheidung vom 01.04.2019, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und die Beschwerdevorentscheidung bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden: WGKK) vom 26.02.2019 wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer als Dienstgeber ein Beitragszuschlag in Höhe von € 400,-- vorgeschrieben.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass im Zuge einer Überprüfung durch die Finanzpolizei bei einer Fahrzeugkontrolle in XXXX Wien, XXXX , am 17.05.2018 um 13:55 Uhr durch Prüforgane festgestellt worden sei, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber für den Versicherten XXXX , VSNR XXXX , keine Anmeldung vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung erstattet habe.

Im Zuge der Kontrolle habe XXXX angegeben, dass er nicht für den Beschwerdeführer arbeite, sondern bei den XXXX angenommen worden sei. Er habe angegeben, dass er seinem Freund, XXXX , der beim Beschwerdeführer zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei, seit etwa 10:00 Uhr helfe, da dieser seinen Führerschein vergessen habe. XXXX habe angegeben, sich nicht mehr hinter das Steuer zu setzen, sei nach Beendigung der Kontrolle aber wieder weitergefahren.

Für den Mitbeteiligten sei von Amts wegen eine An- und Abmeldung für den 17.05.2018 erstellt worden.

Die Angaben des Beschwerdeführers, dass der Mitbeteiligte seinem Dienstnehmer XXXX geholfen habe, da dieser aufgrund des Tod seines Vaters psychisch und physisch sehr beeinträchtigt gewesen sei, seien als Schutzbehauptung anzusehen. Es sei Aufgabe des Dienstgebers, den Mitarbeitern mitzuteilen, dass betriebsfremde Personen keine Dienstfahrten durchführen dürfen. Wenn vorgebracht werde, dass kein Entgelt ausbezahlt worden sei, so werde dem entgegnet, dass auch Hilfeleistungen ohne Entgelt nach ständiger Rechtsprechung der Versicherungspflicht unterliegen, da das Anspruchslohnprinzip gelte.

Da XXXX zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht zur Sozialversicherung gemeldet gewesen sei, sei der Tatbestand der Betretung gegeben.

Im gegenständlichen Fall liege eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen vor, weshalb die WGKK von der Verhängung des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung absehe und den Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf € 400,-- herabsetze. Ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall im Sinne des § 113 Abs. 2 ASVG liege im gegenständlichen Fall nicht vor.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde, in welcher er im Wesentlichen ausführte, dass bei der Kontrolle am 17.05.2019 sein Mitarbeiter XXXX gemeinsam mit dem ehemaligen Mitarbeiter, dem Mitbeteiligten XXXX im Lieferbus gewesen sei. XXXX habe kurz davor seinen Vater verloren und sei aufgrund der Belastung kaum fähig gewesen zu arbeiten. XXXX habe seinen engen Freund, den Mitbeteiligten gebeten, ihn während der Fahrt als moralische Unterstützung zu begleiten.

Ein eindeutiger Beweis, dass XXXX nur seinem Freund geholfen habe, sei die Tatsache, dass ein Lieferfahrzeug sonst immer nur von einem Mitarbeiter gefahren werde und nicht von zwei, weil das sonst wirtschaftlich nicht logisch wäre. XXXX habe Arbeitskleidung getragen, während XXXX zivil angezogen gewesen sei. Die Hilfe durch XXXX sei ohne das Zutun oder das Wissen des Beschwerdeführers erfolgt und begründe kein Dienstverhältnis mit dem Mitbeteiligten.

Der Beschwerdeführer ersuche um Verfahrenseinstellung.

3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 01.04.2019, Zl. XXXX , wies die WGKK die Beschwerde als unbegründet ab.

4. Der Beschwerdeführer brachte fristgerecht einen Vorlageantrag ein, in welchem er sein Beschwerdevorbringen wiederholte und weiters die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragte.

5. Mit Schreiben vom 15.05.2019 legte die WGKK die Beschwerde und den Vorlageantrag sowie den Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist Einzelunternehmer und verfügt über eine Gewerbeberechtigung für Güterbeförderung.

XXXX , geboren am XXXX , war im Zeitraum von 01.04.2016 bis 01.02.2018 beim Beschwerdeführer beschäftigt und erhielt von 02.02.2018 bis 04.02.2018 Urlaubsentschädigung. Ab 05.02.2018 bezog XXXX Arbeitslosengeld.

Am 17.05.2018 lenkte XXXX über mehrere Stunden einen Lastkraftwagen des Beschwerdeführers. XXXX , der seit 25.04.2018 Dienstnehmer des Beschwerdeführers ist, war als Beifahrer in dem Lastkraftwagen anwesend.

Eine Meldung zur Sozialversicherung bezüglich des Mitbeteiligten XXXX durch den Beschwerdeführer wurde nicht erstattet.

Am 17.05.2018 um 13:55 Uhr führten Organe der Finanzpolizei Team XXXX eine Kontrolle des Lastkraftwagens des Beschwerdeführers durch. Dabei wurde XXXX als Lenker des Wagens angetroffen. Die WGKK führte von Amts wegen eine An- und Abmeldung des Mitbeteiligten zur Sozialversicherung für den 17.05.2018 durch.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus der zur gegenständlichen Rechtssache vorliegenden Verfahrensakte der WGKK und des Bundesverwaltungsgerichts.

Die Feststellungen zum Unternehmen des Beschwerdeführers ergeben sich aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde und insbesondere aus dem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 03.10.2018, welcher im Akt einliegt.

Die Feststellungen hinsichtlich der Person des Mitbeteiligten XXXX sowie dessen Beschäftigung beim Beschwerdeführer und Arbeitslosengeldbezug beruhen auf dem AJ-WEB Auskunftsverfahren der WGKK vom 17.05.2018.

Die Feststellungen zur Tätigkeit von XXXX für den Beschwerdeführer am 17.05.2018 beruhen insbesondere auf der Sachverhaltsschilderung der Finanzpolizei Team XXXX im Strafantrag vom 26.07.2018. Aus diesem sowie aus dem Personenblatt des Mitbeteiligten ergibt sich, dass der Mitbeteiligte etwa ab 10:00 Uhr als Lenker des LKWs tätig war. Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, dass der Mitbeteiligte dem Dienstnehmer XXXX lediglich moralischen Beistand geleistet habe, ist festzuhalten, dass der Mitbeteiligte im Rahmen der Kontrolle angab, geholfen zu haben, da XXXX seinen Führerschein vergessen habe. Auch wurde von der Finanzpolizei auf dem Personenblatt des Mitbeteiligten vermerkt, dass dieser sich nach der Kontrolle wieder auf den Fahrersitz gesetzt habe. Es ist somit unzweifelhaft, dass der Mitbeteiligte am 17.05.2018 – unabhängig vom vorliegenden Grund dafür – als Fahrer des LKWs des Beschwerdeführers tätig war.

Dass der Beschwerdeführer XXXX nicht zur Sozialversicherung angemeldet hat, ist im vorliegenden Fall unstrittig.

Die Feststellungen zur erfolgten Kontrolle durch die Finanzpolizei Team XXXX vom 17.05.2018 beruhen auf der Sachverhaltsschilderung der Finanzpolizei im Strafantrag vom 26.07.2018.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind. In Ermangelung eines entsprechenden Antrages liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Die im vorliegenden Beschwerdefall zeitraumbezogen maßgebenden Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) BGBl. Nr. 185/1955 lauten auszugsweise:

„Pflichtversicherung

Vollversicherung

§ 4. (1) In der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sind auf Grund dieses Bundesgesetzes versichert (vollversichert), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet:

1. die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer;

[…]“

„An- und Abmeldung der Pflichtversicherten

§ 33. (1) Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

(1a) Der Dienstgeber hat die Anmeldeverpflichtung so zu erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar

1. vor Arbeitsantritt die Beitragskontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen, den Tag der Beschäftigungsaufnahme sowie das Vorliegen einer Voll- oder Teilversicherung und

2. die noch fehlenden Angaben mit der monatlichen Beitragsgrundlagenmeldung für jenen Beitragszeitraum, in dem die Beschäftigung aufgenommen wurde.

[…]

(2) Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, daß die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

[…]“
„Dienstgeber

§ 35. (1) Als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

[…]“

„Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften

§ 111. (1) Ordnungswidrig handelt, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder nach § 42 Abs. 1 auskunftspflichtige Person oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

[…]“

„Beitragszuschläge

§ 113. (1) Den in § 111 Abs. 1 genannten Personen (Stellen) können Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn

1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder

2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder

3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder

4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.

(2) Im Fall des Abs. 1 Z 1 setzt sich der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf 800 €. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf 400 € herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.

(3) In den Fällen des Abs. 1 Z 2 und 3 darf der Beitragszuschlag das Doppelte jener Beiträge nicht überschreiten, die auf die Zeit ab Beginn der Pflichtversicherung bis zur Feststellung des Fehlens der vollständigen Anmeldung oder bis zum Einlangen der verspäteten vollständigen Anmeldung beim Versicherungsträger bzw. bis zur Feststellung des Entgeltes oder bis zum Einlangen der verspäteten Meldung des Entgeltes beim Versicherungsträger entfallen; im Fall des Abs. 1 Z 4 darf der Beitragszuschlag nicht höher sein als das Doppelte des Unterschiedsbetrages zwischen den sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergebenden und den zu entrichtenden Beiträgen. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger die wirtschaftlichen Verhältnisse der die Beiträge schuldenden Person und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen; der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung auf Grund des § 59 Abs. 1 für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.

(4) Werden gesetzlich oder satzungsmäßig festgesetzte oder vereinbarte Fristen für die Vorlage von Versicherungs- oder Abrechnungsunterlagen nicht eingehalten, so kann ein Beitragszuschlag bis zum Zehnfachen der Höchstbeitragsgrundlage (§ 45 Abs. 1) vorgeschrieben werden.

(5) Der Beitragszuschlag wird vom Versicherungsträger, an den die Meldung zu erstatten ist oder dem die Unterlagen vorzulegen sind, vorgeschrieben; er berührt die Verpflichtung zur Bezahlung der fälligen Beiträge nicht.

(6) Die nach den Abs. 2 und 3 vorgeschriebenen Beitragszuschläge sind auf die beteiligten Versicherungsträger und sonstigen Stellen schlüsselmäßig nach Maßgabe des auf den einzelnen Versicherungsträger entfallenden Gesamtbeitragsrückstandes am Ende des Vormonates aufzuteilen. Die nach Abs. 4 vorgeschriebenen Beitragszuschläge fließen dem einhebenden Versicherungsträger zu.

(7) § 83 und § 112 Abs. 3 gelten entsprechend.“

3.3. Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3.1. Die Behörde ist berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten (wie dies bei den gegenständlichen Arbeiten der Fall ist), dies jedoch nur sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Die Behörde ist in einem solchen Fall nicht gehalten, Ermittlungen und weitwendige Überlegungen zu der Frage anzustellen, ob die betretene Person in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis steht, da dies – wenn anders lautende konkrete Behauptungen samt Beweisanboten nicht vorliegen – unter den gegebenen Umständen ohne weiteres vorausgesetzt werden kann (vgl. VwGH 22.07.2013, 2012/08/0033 mwN.).

Der Dienstgeber ist verpflichtet dafür Sorge zu tragen, dass die Meldungen termingerecht einlangen. Der Dienstgeber erfüllt seine (Melde)Verpflichtung nur dann, wenn die von ihm erstattete Meldung von der Gebietskrankenkasse auch gelesen und verarbeitet werden kann (vgl. VwGH 20.11.2002, 2000/08/0047).

Nur eine Beschäftigung gegen Entgelt löst die Versicherungspflicht gem Abs 2 aus. Es kommt dabei darauf an, ob das Entgelt als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft geleistet wird. Es ist nicht entscheidend, ob ein Entgelt tatsächlich ausbezahlt wurde. Das Anspruchslohnprinzip gilt nicht nur für die Beitragsbemessung (§ 44 Abs 1 iVm § 49 Abs 1) sondern auch für die Beurteilung der Versicherungspflicht. Irrelevant ist die Art des Entgelts bzw der Entgeltleistung. Es kommt daher nicht darauf an, ob Anspruch auf einen Zeitlohn besteht (vgl. Mosler in Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm § 4 ASVG Rz 127 ff. (Stand 1.3.2015, rdb.at)).

Will der Dienstgeber verhindern, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, so muss er ein wirksames Kontrollsystem errichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicher stellen. Für die mangelnde Effektivität seines Kontrollsystems hat der Dienstgeber unabhängig von seinem Verschulden einzustehen. Das Fehlen der subjektiven Vorwerfbarkeit des Meldeverstoßes schließt die Verhängung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG (auch in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007 - SRÄG 2007, BGBl. I Nr. 31/2007) nicht aus, denn dieser ist nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§ 111, 112 ASVG ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. VwGH 02.12.2013, 2012/08/0026).

3.3.2. Wie festgestellt und beweiswürdigend ausgeführt wurde XXXX am 17.05.2018 durch Organe der Finanzpolizei beim Lenken eines LKWs des Beschwerdeführers kontrolliert. Da das Gewerbe des Beschwerdeführers Güterbeförderung umfasst und sich ein weiterer Dienstnehmer des Beschwerdeführers in dem Fahrzeug befand, deuten diese Umstände nach der Lebenserfahrung auf ein Dienstverhältnis hin. Somit war der Mitbeteiligte Dienstnehmer des Beschwerdeführers und der Beschwerdeführer Dienstgeber iSd § 35 Abs. 1 ASVG.

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Tätigkeit des Mitbeteiligten sei ohne sein Zutun und Wissen erfolgt, ist dem die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entgegengehalten, welche im Erkenntnis vom 03.12.2013, 2012/08/0026, klar zum Ausdruck kommt: "Die Vorschriften des ASVG über das Beschäftigungsverhältnis stehen auf dem Boden der Eingliederungstheorie. Ein Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird durch den ‚Einstellungsakt' begründet. Es setzt einen ‚Verpflichtungsakt' nicht voraus. Es ist nicht erforderlich, dass der Dienstgeber dem Einstellungsakt zugestimmt hat oder von diesem in Kenntnis gesetzt wurde. Die Pflichtversicherung der Dienstnehmer beginnt nach § 10 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Tage des Beginnes (Antritt) ihrer Beschäftigung, sie dauert mit dem Beschäftigungsverhältnis fort, bis sie nach § 11 Abs. 1 ASVG in der Regel mit dem Ende der Beschäftigung erlischt. Das Beschäftigungsverhältnis im Sinn des ASVG wird in der Regel durch die Aufnahme der Beschäftigung im Betrieb des Dienstgebers begründet (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 2013, Zl. 2013/08/0183, mwN). Will der Dienstgeber verhindern, dass Beschäftigungsverhältnisse durch die Aufnahme einer Beschäftigung in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden, so muss er ein wirksames Kontrollsystem errichten bzw. entsprechende Weisungen erteilen und deren Befolgung sicher stellen. Für die mangelnde Effektivität seines Kontrollsystems hat der Dienstgeber unabhängig von seinem Verschulden einzustehen. Das Fehlen der subjektiven Vorwerfbarkeit des Meldeverstoßes schließt die Verhängung eines Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 ASVG (auch in der Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2007 - SRÄG 2007, BGBl. I Nr. 31/2007) nicht aus, denn dieser ist nicht als Verwaltungsstrafe, sondern als eine (neben der Bestrafung nach den §§ 111, 112 ASVG ermöglichte) wegen des durch die Säumigkeit des Meldepflichtigen verursachten Mehraufwandes in der Verwaltung sachlich gerechtfertigte weitere Sanktion für die Nichteinhaltung der Meldepflicht und damit als ein Sicherungsmittel für das ordnungsgemäße Funktionieren der Sozialversicherung zu werten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. August 2002, Zl. 99/08/0074, und vom 26. Jänner 2005, Zl. 2004/08/0141; vgl. zum Erfordernis des Verschuldens im Falle einer Bestrafung nach § 111 ASVG nochmals das Erkenntnis Zl. 2013/08/0183)." Es liegt somit in der Verantwortung des Beschwerdeführers als Dienstgeber, seinen Betrieb so zu organisieren, dass eine Beschäftigungsaufnahme ohne sein Wissen nicht erfolgen kann. Es ist darauf zu verweisen, dass – wollte der Beschwerdeführer verhindern, dass Beschäftigungsverhältnisse in seinem Betrieb ohne seine Zustimmung bzw. ohne die erforderliche Anmeldung zur Sozialversicherung begonnen werden – er ein wirksames Kontrollsystem errichten bzw. entsprechende Weisungen und deren Befolgung sicherstellen müsse. Für die mangelnde Effektivität eines solchen Kontrollsystems, dessen Vorliegen im vorliegenden Fall auch nicht behauptet wird, hat der Dienstgeber ohne sein Verschulden einzustehen (vgl. VwGH vom 14.03.2014, 2012/08/0029).

Die Frage des subjektiven Verschuldens des Beschwerdeführers ist nach der oben angeführten Judikatur nicht näher zu untersuchen. Es kann auch dahingestellt bleiben, aus welchem Grund der Mitbeteiligte den Lastkraftwagen des Beschwerdeführers lenkte. Die Verantwortung für das Meldewesen hat der Beschwerdeführer als Dienstgeber zu tragen. Im gegenständlichen Fall wurde objektiv ein Meldeverstoß verwirklicht.

3.3.3. Hinsichtlich der Höhe des Beitragszuschlages ist festzuhalten, dass dieser sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG aus zwei Teilbeträgen zusammensetzt, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Nämlich einem Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung iHv € 500,-- je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person sowie dem Teilbetrag für den Prüfeinsatz iHv € 800,--.

Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400,-- herabgesetzt werden.

Wie die belangte Behörde im Bescheid vom 26.02.2019 ausführt, handelt es sich im gegenständlichen Fall um die erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen. Daher wurde von der Verhängung des Teilbetrages für die gesonderte Bearbeitung abgesehen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf € 400,-- herabgesetzt.

Ein besonders berücksichtigungswürdiger Fall, aufgrund dessen der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen könne, liegt gegenständlich jedoch nicht vor.

Die Vorschreibung des Beitragszuschlages nach § 113 Abs. 1 Z 1 ASVG erfolgte somit dem Grunde und der Höhe nach zu Recht. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.4. Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im gegenständlichen Fall wird das Unterlassen einer mündlichen Verhandlung darauf gestützt, dass der entscheidungsrelevante Sachverhalt aufgrund der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem begründeten Vorlageantrag als erwiesen erscheint. Es hat sich daher aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit dem Beschwerdeführer und der belangten Behörde näher zu erörtern. Unter diesen Umständen geht das Gericht davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Beitragszuschlag Dienstnehmereigenschaft Meldeverstoß Versicherungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W229.2219367.1.00

Im RIS seit

13.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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