TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/25 G308 2005167-1

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Veröffentlicht am 25.09.2020
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Entscheidungsdatum

25.09.2020

Norm

ASVG §410
ASVG §44
ASVG §49
B-VG Art133 Abs4

Spruch

G308 2005167-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Angelika PENNITZ als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX GmbH als Rechtsnachfolgerin der XXXX GmbH & Co KG in XXXX , vertreten durch Kanzlei KIFFMANN KG Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (vormals: Steiermärkische Gebietskrankenkasse), vom 04.07.2011, GZ: XXXX , zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse, Landesstelle Steiermark (vormals: Steiermärkische Gebietskrankenkasse und im Folgenden: belangte Behörde) vom 04.07.2011, GZ: XXXX , wurde ausgesprochen, dass die XXXX GmbH & Co KG (nunmehr: XXXX GmbH; im Folgenden: Beschwerdeführerin oder kurz BF) verpflichtet sei, aufgrund der im Rahmen der bei ihr durchgeführten Gemeinsamen Prüfung Lohnabhängiger Abgaben (GPLA) festgestellten Meldedifferenzen die in der Beitragsabrechnung vom 19.01.2011 und dem zugehörigen Prüfbericht zur Dienstgeberkontonummer XXXX ausgewiesenen allgemeinen Beiträge, Nebenumlagen, Sonderbeiträge und Zuschläge für die jeweils näher bezeichneten Zeiten sowie Verzugszinsen von insgesamt EUR 5.243,15,34 nachzuentrichten.

Die Beitragsabrechnung vom 19.01.2011 sowie der dazugehörige Prüfbericht würden einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bilden.

Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass der Dienstnehmer XXXX (im Folgenden: H.G.) von der BF als Außendienstmitarbeiter beschäftigt worden sei. Dazu sei ihm ein Dienst-Fahrzeug zur Verfügung gestellt worden, welches er auch habe privat nutzen dürfen. Von der BF sei deshalb der halbe Sachbezugswert zum Ansatz gebracht worden. Bei Durchsicht der Fahrtenbücher habe der GPLA-Prüfer festgestellt, dass Fahrten des H.G. zwischen Wohn- und Arbeitsstätte nicht als Privatfahrten ausgewiesen worden seien. Durch Hinzurechnung dieser Privatfahrten zu den übrigen Privatfahrten sei die jährliche Grenze von 6.000 Kilometern überschritten worden. Es sei daher der halbe Sachbezugswert auf den vollen Wert zu erhöhen gewesen. Die dadurch anfallenden Beiträge seien mit Beitragsabrechnung vom 19.01.2011 nachverrechnet worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich der mit 21.07.2011 datierte und bei der belangten Behörde am 22.07.2011 eingelangte Einspruch der BF (nunmehr: Beschwerde) an den damals zuständigen Landeshauptmann von Steiermark. Es wurde beantragt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos zu beheben; in eventu dem Rechtsmittel insofern stattzugeben, als hinsichtlich des H.G. wieder der halbe Sachbezug in Ansatz gebracht werde.

Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass bei der Festsetzung des Sachbezuges für H.G. unzutreffend unterstellt worden sei, dass die Privatkilometerleistung mit dem Dienstfahrzeug 6.000 km jährlich übersteige. Es sei dabei nämlich von falschen Voraussetzungen ausgegangen worden. H.G. habe zwar über einen Wohnsitz in XXXX verfügt, aber auch über einen zweiten Wohnsitz in XXXX , welcher sich lediglich 3,1 km vom Betrieb der BF entfernt befinde. Von Montag bis Freitag befinde sich H.G. grundsätzlich in XXXX . Damit ergebe sich nur dieser geringe Fahrtenanteil für Privatfahrten. Selbst wenn man darüber hinaus zu den ausgewiesenen Privatkilometern noch diese Fahrten hinzurechnen würde, erreiche die Anzahl dennoch keine 6.000 km jährlich. H.G. fahre lediglich am Wochenende nach Fürstenfeld und seien diese Fahrten immer als Privatfahrten ausgewiesen.

3. Im Zuge der gegenständlichen GPLA Prüfung kam es auch zu Nachverrechnungsbescheiden des zuständigen Finanzamtes. Diesbezüglich erhob die BF ebenfalls Rechtsmittel. Das sozialversicherungsrechtliche Verfahren wurde daraufhin vom Landeshauptmann von Steiermark bis zur Entscheidung des Unabhängigen Finanzsenates mit Schreiben vom 22.12.2011 formlos ausgesetzt.

4. Mit Wirksamkeit vom 01.01.2014 ging die Zuständigkeit zur Weiterführung dieses Verfahrens gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG auf das nunmehr zuständige Bundesverwaltungsgericht über.

Gegen die Feststellungen des GPLA Prüfers war weiters ein Beschwerdeverfahren beim nunmehr zuständigen Bundesfinanzgericht (BFG), Außenstelle Graz, anhängig.

5. Die gegenständliche Beschwerde sowie die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht vom Landeshauptmann von Steiermark vorgelegt und langten am 18.03.2014 ein.

Zugleich wurde der mit 23.09.2011 datierte Vorlagebericht der belangten Behörde übermittelt.

6. Nachdem eine Entscheidung des BFG noch nicht vorlag und laut dort eingeholten Auskünften auch nicht absehbar war, wurde das gegenständliche Verfahren mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 03.02.2016, G308 2005167/3Z, bis zur rechtskräftigen Entscheidung des BFG zur Zahl RV/2100162/2011 ausgesetzt.

7. Mit Beschluss des BFG vom 21.10.2019, GZ: RV/2100162/2011, wurde über die als Beschwerde zu erledigende Berufung vom 14.02.2011 gegen die Bescheide des belangten Finanzamtes XXXX vom 11.01.2011 betreffend die Haftung der BF für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 beschlossen, dass der belangten Behörde gemäß § 300 Abs. 1 lit. B BAO die Zustimmungserklärung der BF gemäß § 300 Abs. 1 lit. A BAO zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide weitergeleitet und ihr hierfür eine Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gesetzt werde. Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 300 Abs. 3 BAO die mit dem aufhebenden Bescheid die die aufgehobenen Bescheide ersetzenden Bescheide zu verbinden sind und die Abgabenbehörde des BFG gemäß § 300 Abs. 5 Satz 2 BAO unverzüglich von der Aufhebung zu verständigen habe.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF im Zuge der Erörterung vor dem BFG am 11.10.2019 einer Aufhebung gemäß § 300 Abs. 1 Satz 3 BAO zugestimmt habe. Die belangte Behörde sei daher berechtigt, innerhalb der vom BFG gesetzten und angemessenen Frist die mit Berufung (nunmehr Bescheidbeschwerde) vom 14.02.2011 angefochtenen Bescheide vom 11.01.2011 betreffend Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 aufzuheben und durch neue Bescheide betreffend Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 mit den in der Niederschrift über den Erörterungstermin genannten (niedrigeren) Haftungsbeträgen zu ersetzen, da sich der Spruch der angefochtenen Bescheide als nicht richtig erweise.

8. Mit Bescheid der Abgabenbehörde vom 05.11.2019 wurden die Bescheide vom 11.01.2011 betreffend die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 gemäß § 300 Abs. 1 BAO aufgehoben.

In der Folge ergingen für die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 neue Bescheide vom 05.11.2019, wobei die gegen die aufgehobenen Bescheide gerichtete Beschwerde auch gegen die neuen Bescheide vom 05.11.2019 galt.

9. Da dem am 11.10.2019 im Zuge des vor dem BFG abgehaltenen Erörterungstermins eingeschränkten Beschwerdebegehren der BF mit den neuen Bescheiden der Abgabenbehörde vom 05.11.2019 Rechnung getragen wurde, wurde die diesbezügliche Beschwerde mit Beschluss des BFG vom 21.11.2019, GZ: RV/2100162/2011, gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 261 Abs. 1 BAO als gegenstandslos erklärt.

10. Die Beschlüsse und Entscheidungen des BFG wurden auf Ersuchen des Bundesverwaltungsgerichtes von der BF per E-Mail vom 28.02.2020 vorgelegt.

11. Am 29.05.2020 langte darüber hinaus – nach mehrmaliger Urgenz seitens des erkennenden Gerichtes – die Stellungnahme der BF vom 26.05.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Fahrtenbücher des H.G. im Zuge der GPLA vorgelegt worden wären. Daraus sei ersichtlich, dass H.G. über zwei Wohnsitze verfügt habe und hauptsächlich von XXXX aus zur Arbeitsstätte gefahren sei. Der Prüfer habe verabsäumt, diesbezügliche Erhebungen durchzuführen und habe sich das BFG im Vergleichswege der Ansicht der BF angeschlossen. Thema des Vergleiches seien weiters Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen für verschiedene Arbeiter gewesen. Es werde daher ersucht, bezüglich H.G. auch sozialversicherungsrechtlich nur den halben Sachbezug in Ansatz zu bringen. Es wurde daher sinngemäß beantragt, der Beschwerde stattzugeben und den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

12. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 09.06.2020 erging ein weiteres Mal ein Ersuchen um Auskunft und Vorlage von Unterlagen an die BF. Diese kam der Aufforderung mit am 19.06.2020 einlangenden Schriftsatz der steuerlichen Vertretung vom 17.06.2020 nach.

13. Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 09.07.2020 wurde der belangten Behörde die Stellungnahme der BF vom 17.06.2020 samt der unter einem vorgelegten Unterlagen übermittelt und der belangten Behörde die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt.

14. Nach Einräumung einer Fristverlängerung langte die Stellungnahme der belangten Behörde vom 13.08.2020 am 17.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die belangte Behörde führte im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass im Sozialversicherungsrecht – entgegen dem Steuerrecht – keine „Vergleiche“ über aushaftende Beitragszahlungen möglichen seien und eine diesbezügliche, allfällige Einigung der BF im Finanzverfahren keine Auswirkungen auf das sozialversicherungsrechtliche Verfahren haben könnten. Aus den neuen Haftungsbescheiden sei weiters nicht ersichtlich, welcher Anteil davon auf einen etwaigen Kfz-Sachbezug entfalle. Die vorgelegten Original-Fahrtenbücher seien insofern nicht ordnungsgemäß geführt worden, als erstens keinerlei Privatfahrten zwischen dem Unternehmenssitz und dem rund drei Kilometer entfernten Nebenwohnsitz des Beschwerdeführers vermerkt seien und zweitens nur sehr unregelmäßig Fahrten zum Hauptwohnsitz im Bezirk XXXX eingetragen wären. Diesbezüglich würden öfters die Fahrten vom Bezirk XXXX zum Dienstort nach XXXX als betriebliche Fahrten eingetragen sein. Es seien auch keine Kundennamen, konkrete Adressen, etwa private Besorgungen oder dergleichen im Fahrtenbuch eingetragen. Die nachgereichten handschriftlichen Aufzeichnungen könnten eine solche nicht ersetzen. Die Beweislast treffe die BF, dass die privat gefahrenen Kilometer unter 500 km pro Monat lägen. Es werde beantragt, die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die BF war ursprünglich ein zur Firmenbuchnummer FN XXXX eingetragenes Unternehmen in der Rechtsform einer GmbH & Co KG. Sie verfügte einerseits über Immobilien und anderseits einen operativen Betrieb im Metallgroßhandel und wurde am 04.09.2013 aus dem Firmenbuch gelöscht (vgl Firmenbuchauszug zur FN XXXX vom 03.06.2020; Stellungnahme der BF vom 17.06.2020). Die XXXX GmbH (die Komplementärin der GmbH & Co KG; in der Folge: Z. GmbH) gründete daraufhin eine 100 %-ige Tochtergesellschaft, die XXXX GmbH (FN XXXX ; in der Folge: Z.M. GmbH). Diese übernahm im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durch Spaltung den operativen Betrieb im Metallgroßhandel von der GmbH & Co KG. Daraufhin wurde die Z. GMBH in die XXXX GmbH (FN XXXX ; in der Folge: Z.I. GmbH) umbenannt. Diese verwaltet nunmehr die Immobilien der ehemaligen GmbH & Co KG. Die Mitarbeiter, darunter auch H.G., sind nunmehr allesamt für die Z.M. GmbH tätig. Diese ist nunmehr Rechtsnachfolgerin der ehemaligen GmbH & Co KG und somit zum Entscheidungszeitpunkt auch die Beschwerdeführerin im gegenständlichen Verfahren (vgl Firmenbuchauszüge zu den FN XXXX vom 03.06.2020 sowie XXXX vom 01.07.2020; Stellungnahme der BF vom 17.06.2020).

Die Geschäftsanschrift der BF im verfahrensgegenständlichen Zeitraum lautete XXXX (vgl aktenkundige Firmenbuchauszüge).

Der verfahrensgegenständliche Dienstnehmer der BF, H.G., war von 19.02.2001 bis 30.09.2013 bei der GmbH & Co KG sowie nach Spaltung in die Zeit von 01.10.2013 bis 31.12.2019 bei der Z.M. GmbH als Außendienstmitarbeiter im Vertrieb des Metallgroßhandels tätig (vgl Sozialversicherungsdatenauszug des H.G. vom 01.07.2020; Stellungnahme der BF vom 17.06.2020; Fahrtzwecke in den vorliegenden originalen Fahrtenbüchern der Jahre 2005 bis 2009).

H.G. verfügt seit seiner Geburt über denselben Hauptwohnsitz im Bezirk XXXX , an der Adresse XXXX . Im Zeitraum von 25.08.1999 bis 05.06.2012 verfügte er weiters über einen Nebenwohnsitz in XXXX (vgl Auszug aus dem Zentralen Melderegister vom 01.07.2020).

H.G. wurden von der BF unterschiedliche Dienstfahrzeuge zur Verfügung gestellt. Im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (01.01.2005 bis 31.12.2009) waren dies laut den vorliegenden Fahrtenbüchern: Im Zeitraum 01.01.2005 bis 23.09.2005 ein Skoda Octavia mit dem amtlichen Kennzeichen XXXX und im Zeitraum von 24.09.2005 bis 20.08.2008 sowie von 21.08.2008 bis 31.12.2009 jeweils einen VW Touran mit amtlichen Kennzeichen jeweils XXXX (vgl aktenkundige Fahrtenbücher).

Für die private Nutzung der Dienstfahrzeuge wurden bei H.G. seitens der BF unstrittig folgende Sachbezugswerte iSd § 4 Abs. 2 der Sachbezugswerteverordnung (halber Sachbezug) berücksichtigt (vgl Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 BAO vom 20.12.2010):

2005    EUR 1.812,96

2006    EUR 2073,60

2007    EUR 2.073,60

2008    EUR 2.107,52

2009    EUR 2.175,36

Aus den Fahrtenbüchern ergeben sich nachfolgende Gesamt-Jahreskilometerzahlen an Privatfahrten des H.G.:

2005    5538 km

2006    5751 km

2007    5685 km

2008    5212 km

2009    4591 km

In den vorliegenden Fahrtenbüchern wurden zwar private Fahrten des H.G. zwischen Wohn- und Unternehmenssitz der BF bezogen auf seinen Hauptwohnsitz im Bezirk XXXX erfasst, nicht jedoch die Fahrten zwischen dem Nebenwohnsitz des H.G. in XXXX und dem Unternehmenssitz der BF. Teilweise wurden Privatfahrten auch als betriebliche Fahrten ins Fahrtenbuch eingetragen. Eine lückenlose Aufzeichnung aller Fahrten liegt gegenständlich nicht vor.

Die kürzeste einfache Strecke zwischen dem Unternehmenssitz der BF und dem Nebenwohnsitz des H.G. in XXXX beträgt 3,1 Kilometer (vgl auch https://www.google.at/maps/ XXXX ; Aufruf am 01.07.2020).

Mit Beitragsabrechnung und Prüfbericht vom 19.01.2011 wurde im Zuge der bei der BF vom Finanzamt durchgeführten gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben für den Zeitraum 01.01.2005 bis 31.12.2009 statt des bisher von der BF jeweils berücksichtigten halbe Sachbezuges jeweils der volle Sachbezug in Ansatz gebracht und somit EUR 4.086,98 an Sozialversicherungsbeiträgen zuzüglich EUR 1.156,17 an Zinsen, somit gesamt EUR 5.243,15 nachverrechnet (vgl aktenkundiger Prüfbericht und Beitragsabrechnung jeweils vom 19.01.2011).

Für die nachfolgenden Zeiträume wurden seitens der belangten Behörde nachfolgende Sachbezugswerte dem sozialversicherungspflichtigen Entgelt des Dienstnehmers hinzugerechnet (vgl Niederschrift über die Schlussbesprechung gemäß § 149 BAO vom 20.12.2010):

Jahr

Von BF berücksichtigt

Bei Prüfung

Differenz

SV

2005

EUR 1.812,96

EUR 3.625,92

EUR 1.812,96

EUR 724,28

2006

EUR 2.073,60

EUR 4.147,20

EUR 2.073,60

EUR 787,97

2007

EUR 2.073,60

EUR 4.147,20

EUR 2.073,60

EUR 787,97

2008

EUR 2.107,52

EUR 4.215,04

EUR 2.107,52

EUR 800,86

2009

EUR 2.175,36

EUR 4.350,72

EUR 2.175,36

EUR 869,06

Summen

EUR 10.243,04

EUR 20.486,08

EUR 10.243,04

EUR 4.092,09

Mit Beschluss des BFG vom 21.10.2019, GZ: RV/2100162/2011, wurde über die als Beschwerde zu erledigende Berufung vom 14.02.2011 gegen die Bescheide des belangten Finanzamtes Graz-Stadt vom 11.01.2011 betreffend die Haftung der BF für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 beschlossen, dass der belangten Behörde gemäß § 300 Abs. 1 lit. B BAO die Zustimmungserklärung der BF gemäß § 300 Abs. 1 lit. A BAO zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide weitergeleitet und ihr hierfür eine Frist von sechs Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses gesetzt werde. Weiters wurde ausgesprochen, dass gemäß § 300 Abs. 3 BAO die mit dem aufhebenden Bescheid die die aufgehobenen Bescheide ersetzenden Bescheide zu verbinden sind und die Abgabenbehörde des BFG gemäß § 300 Abs. 5 Satz 2 BAO unverzüglich von der Aufhebung zu verständigen habe. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die BF im Zuge der Erörterung vor dem BFG am 11.10.2019 einer Aufhebung gemäß § 300 Abs. 1 Satz 3 BAO zugestimmt habe. Die belangte Behörde sei daher berechtigt, innerhalb der vom BFG gesetzten und angemessenen Frist die mit Berufung (nunmehr Bescheidbeschwerde) vom 14.02.2011 angefochtenen Bescheide vom 11.01.2011 betreffend Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 aufzuheben und durch neue Bescheide betreffend Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr von Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 mit den in der Niederschrift über den Erörterungstermin genannten (niedrigeren) Haftungsbeträgen zu ersetzen, da sich der Spruch der angefochtenen Bescheide als nicht richtig erweise (vgl aktenkundigen Beschluss des BFG).

Mit Bescheid der Abgabenbehörde vom 05.11.2019 wurden die Bescheide vom 11.01.2011 betreffend die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 gemäß § 300 Abs. 1 BAO aufgehoben (vgl aktenkundiger Bescheid).

In der Folge ergingen für die die Haftung für die Einbehaltung und Abfuhr der Lohnsteuer für die Jahre 2005 bis 2009 neue Bescheide vom 05.11.2019, wobei die gegen die aufgehobenen Bescheide gerichtete Beschwerde auch gegen die neuen Bescheide vom 05.11.2019 galt. Es wurden seitens des Finanzamtes im Vergleich zur GPLA niedrigere Lohnsteuerbeträge dem neuen Haftungsbescheid vom 05.11.2019 zugrunde gelegt (vgl aktenkundiger Bescheid).

Da dem am 11.10.2019 im Zuge des vor dem BFG abgehaltenen Erörterungstermins eingeschränkten Beschwerdebegehren der BF mit den neuen Bescheiden der Abgabenbehörde vom 05.11.2019 Rechnung getragen wurde, wurde die diesbezügliche Beschwerde mit Beschluss des BFG vom 21.11.2019, GZ: RV/2100162/2011, gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO iVm § 261 Abs. 1 BAO als gegenstandslos erklärt (vgl aktenkundiger Beschluss).

Es konnte nicht festgestellt werden, dass im Zuge des mit dem Finanzamt geschlossenen Vergleichs der BF bezüglich der Lohnsteuernachverrechnung (sowie den entsprechenden Zuschlägen und Beiträgen) seitens des Finanzamtes die Heranziehung des halben Sachbezugswertes für die private Nutzung des Dienstfahrzeuges des H.G. tatsächlich und vollumfänglich anerkannt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG.

Der oben festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und wird in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

Das Bundesverwaltungsgericht nahm Einsicht in das Firmenbuch und holte hinsichtlich des Dienstnehmers einen Sozialversicherungsdatenauszug sowie einen Auszug aus dem Zentralen Melderegister ein.

Die Fahrtenbücher der Jahre 2005 bis 2009 des betroffenen Dienstnehmers H.G. wurden dem Bundesverwaltungsgericht im Original vorgelegt. In diese wurde Einsicht genommen. Weiters wurden Aufzeichnungen seiner (nicht im Fahrtenbuch enthaltenen) Fahrten zwischen seinem Nebenwohnsitz in XXXX und dem Unternehmenssitz in XXXX vorgelegt. Wie die belangte Behörde bereits ausgeführt hat, ist das Fahrtenbuch nicht lückenlos und nachvollziehbar geführt worden. Selbst die ergänzend vorgelegten Kilometeraufzeichnungen über angeblich vom Dienstnehmer H.G. privat gefahrenen Kilometer sind nicht nachvollziehbar, da sie überwiegend einzelne private Fahrten zwischen Unternehmenssitz und Wohnung in XXXX verzeichnen, aber nicht eine Fahrt retour. Auch lässt sich dies nicht damit erklären, dass der Dienstnehmer an diesen Tagen womöglich zum Hauptwohnsitz in den Bezirk XXXX gefahren wäre, da sich derlei Fahrten nicht in entsprechender Häufigkeit im Fahrtenbuch finden. In den Aufzeichnungen sind auch nicht die konkreten Adressen (zumindest Beginn und Ende) bzw. die konkreten Kunden vermerkt. Dass der Dienstnehmer laut handschriftlich beigelegten Aufzeichnungen im Durchschnitt lediglich zwischen zwei und vier Mal pro Monat eine Privatfahrt zwischen seiner Wohnung in XXXX und dem Unternehmenssitz gemacht haben soll, erscheint dem erkennenden Gericht nicht glaubhaft, zumal seitens des Gerichtes keinerlei Rückschlüsse darauf gezogen werden können, wann die Aufzeichnungen erstellt wurden.

Aus den, denselben Sachverhalt betreffenden, Beschlüssen bzw. der Niederschrift des BFG sowie den Bescheiden des zuständigen Finanzamtes ist weiters nicht ersichtlich, dass das Finanzamt in Bezug auf H.G. den Ansatz des halben Sachbezuges anerkannt hätte. Aus den vorliegenden Beschlüssen, der Niederschrift des BFG vom 11.10.2019 und dem dort befindlichen Vermerk über den Abschluss eines Vergleiches kann gegenständlich nicht nachvollzogen werden, inwiefern der BF bezogen auf den Ansatz des Sachbezuges im gegenständlichen Fall Recht gegeben worden wäre. Der belangten Behörde ist ebenso zu folgen, wenn sie ausführt, dass auch aufgrund des vorgelegten, neuen Haftungsbescheides, der durchaus geringere Haftungsbeträge vorsieht, keine Rückschlüsse auf die Anwendung des Sachbezuges gezogen werden können, da vom Haftungsbetrag – wie die BF selbst ausführte – auch Erschwerniszulagen und andere Streitpunkte umfasst sind.

Zum vorgelegten Erkenntnis des BFG vom 22.10.2019, RV/2100161/2011, ist auszuführen, dass dies den Fall des Geschäftsführers der BF betrifft und mit dem gegenständlichen Fall in keiner Weise vergleichbar ist. Auch damit ist für die BF gegenständlich nichts gewonnen.

Der übrige Sachverhalt blieb darüber hinaus ebenfalls unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Nach § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG ist belangte Behörde in den Fällen des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG jene Behörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat - vorliegend sohin die Steiermärkische Gebietskrankenkasse.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.).

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit iSd. Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht (Z 1) oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (Z2).

3.2. Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde:

Die BF bestreitet, dass bezogen auf die ihrem Dienstnehmer H.G. im Zeitraum von 01.01.2005 bis 31.12.2009 zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeuge wegen fehlender Aufzeichnungen über als privat einzustufende Fahrten zwischen dem Hauptwohnsitz des H.G. im Bezirk XXXX und dem Unternehmenssitz der BF in XXXX statt des von der BF in Ansatz gebrachten halben Sachbezuges tatsächlich der volle Sachbezug dem sozialversicherungspflichtigen Entgelt des Dienstnehmers zuzurechnen war.

Unbestritten blieb die – basierend auf der Hinzurechnung des vollen Sachbezuges – Berechnung der nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge und die Höhe der Verzugszinsen an sich.

§ 27 VwGVG legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Demzufolge hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde zu überprüfen. Verwiesen wird dabei auf die Bestimmung des § 9 VwGVG, der den Inhalt der Beschwerde beschreibt und hier insbesondere auf Abs. 1 Z 3 und Z 4 leg. cit. Dies betrifft die Angabe der Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie das Begehren.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Beschwerde und den Anträgen im Rahmen des verwaltungsbehördlichen sowie verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ergibt sich aus den soeben dargestellten Bestimmungen, dass das Bundesverwaltungsgericht in seinem Prüfungsumfang auf die strittigen Rechtsfragen hinsichtlich der konkret anzusetzenden Höhe des monatlichen Sachbezuges zum sozialversicherungspflichtigen Entgelt des Dienstnehmers beschränkt ist.

3.2.1. Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist Grundlage für die (nach den Regeln der §§ 51 ff ASVG vorzunehmende) Bemessung (und Aufteilung) der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende, auf Cent gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2 ASVG. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinne gilt nach § 44 Abs. 1 Z 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6 leg. cit. Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst (Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst- (Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

§ 50 ASVG in der bis 31.12.2015 geltenden Fassung BGBl. Nr. 189/1955 ordnet an, dass für die Bewertung der Sachbezüge die Bewertung für Zwecke der Lohnsteuer gilt.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 21.09.1993, Zl. 92/08/0098, ausgesprochen hat, ist infolge des engen sachlichen Zusammenhanges zur Regelung des Einkommensteuerrechtes in Fällen wie dem vorliegenden auf die Bezug habenden Regelungen des Einkommensteuerrechtes Bedacht zu nehmen. Zwar sind die steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Befreiungstatbestände einer gesonderten Überprüfung zu unterziehen, doch ist eine dem Gleichbehandlungsgrundsatz Rechnung tragende Interpretation dort geboten, wo der Wille des Gesetzgebers nach gleicher Behandlung gleich gelagerter Sachverhalte erkennbar wird.

Von Bedeutung ist daher im vorliegenden Zusammenhang die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die bundeseinheitliche Bewertung bestimmter Sachbezüge ab 2002, BGBl. II Nr. 416/2001 in der bis 19.02.2014 geltenden Fassung BGBl. II Nr. 467/2004. § 4 dieser Verordnung hat folgenden Wortlaut:

„Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges

§ 4. (1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten einschließlich Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu benützen, dann ist ein Sachbezug von 1,5% der tatsächlichen Anschaffungskosten des Kraftfahrzeuges (einschließlich Umsatzsteuer und Normverbrauchsabgabe), maximal 600 Euro monatlich, anzusetzen. Die Anschaffungskosten umfassen auch Kosten für Sonderausstattungen. Selbständig bewertbare Sonderausstattungen gehören nicht zu den Anschaffungskosten.

(2) Beträgt die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 im Jahr nachweislich nicht mehr als 500 km, ist ein Sachbezugswert im halben Betrag (0,75% der tatsächlichen Anschaffungskosten, maximal 300 Euro monatlich) anzusetzen. Unterschiedliche Fahrtstrecken in den einzelnen Lohnzahlungszeiträumen sind unbeachtlich.

(3) Ergibt sich bei Ansatz von 0,50 Euro (Fahrzeugbenützung ohne Chauffeur) bzw. 0,72 Euro (Fahrzeugbenützung mit Chauffeur) pro Kilometer Fahrtstrecke im Sinne des Abs. 1 ein um mehr als 50% geringerer Sachbezugswert als nach Abs. 2, ist der geringere Sachbezugswert anzusetzen. Voraussetzung ist, dass sämtliche Fahrten lückenlos in einem Fahrtenbuch aufgezeichnet werden.

[…].“

Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass ein Sachbezug nur dann verneint werden könne, wenn ein ernstgemeintes Verbot von Privatfahrten durch den Arbeitgeber vorliege, was nur dann der Fall sei, wenn der Arbeitgeber auch für die Wirksamkeit seines Verbotes vorsorge (vgl. VwGH vom 03.05.2000, Zl. 99/13/0186, und vom 26.05.2004, Zl. 2001/08/0229).

Des Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof regelmäßig hervorgehoben, dass aus dem Unterbleiben der Führung eines Fahrtenbuches allein nicht auf das Vorliegen einer Überlassung des dem Arbeitgeber gehörenden Fahrzeuges auch zur Privatnutzung geschlossen werden könne (vgl. VwGH vom 03.05.2000, Zl. 99/13/0186, vom 27.07.2001, Zl. 2001/08/0076, vom 18.12.2001, Zl. 2001/15/0191, vom 26.03.2003, Zl. 2001/13/0092, und vom 15.11.2005, Zl. 2002/14/0143).

Zur Frage der "Möglichkeit" der Privatnutzung hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, dass diese nur so verstanden werden könne, dass nach der Lebenserfahrung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse anzunehmen sein müsse, dass der Arbeitnehmer die eingeräumte Möglichkeit, wenn auch nur fallweise, nütze. Ob im Einzelfall eine derartige Sachverhaltskonstellation vorliege, sei eine Tatfrage (vgl. VwGH vom 07.08.2001, Zl. 97/14/0175, vom 26.03.2003, Zl. 2001/13/0092, vom 29.10.2003, Zl. 2000/13/0028 - in diesem Erkenntnis wurde auch hervorgehoben, dass schon die gelegentliche Benutzung des Firmenfahrzeuges zu einem Sachbezug führe -, sowie vom 15.11.2005, Zl. 2002/14/0143).

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass dem Dienstnehmer von der BF Dienstfahrzeuge zur Verfügung gestellt wurde und dass diese vom Dienstnehmer auch teilweise zu privaten Fahrten genützt wurden.

Bei unbestrittener privater Verwendung des Fahrzeuges hängt der verminderte Sachbezug nach § 4 Abs. 2 der Sachbezugsverordnung vom Nachweis ab, dass die monatliche Fahrtstrecke für Fahrten im Sinne des Abs. 1 der Sachbezugsverordnung im Jahr nicht mehr als 500 km beträgt. Das Gesetz kennt diesbezüglich keine Einschränkung der Beweismittel. Es entspricht nicht der Rechtslage, dass die Nachweisführung iSd. § 4 Abs. 2 der Verordnung nur mit einem Fahrtenbuch erfolgen kann. Außer dem Fahrtenbuch, welches ohnedies nach allgemeinen Erfahrungen nicht immer die tatsächlichen Verhältnisse widerspiegelt, kommen auch andere Beweismittel zur Führung des in Rede stehenden Nachweises in Betracht (vgl. VwGH vom 18.12.2001, Zl. 2001/15/0191, mwN).

Für die Frage, ob an Stelle des Sachbezuges nach § 4 Abs. 1 der Sachbezugsverordnung jener nach § 4 Abs. 2 zum Ansatz kommt, ist es entscheidend, ob die Anzahl der privat gefahrenen Strecken (bzw. der Strecken iSd. § 4 Abs. 1 der Sachbezugsverordnung) durchschnittlich über 500 Kilometer liegt oder nicht. Der aus § 4 Abs. 2 der Sachbezugsverordnung geforderte Nachweis erfordert eine konkrete Behauptung betreffend die Anzahl der für Fahrtstrecken iSd. § 4 Abs. 1 der Sachbezugsverordnung zurückgelegten Kilometer und die Beibringung geeigneter Beweismittel (vgl. VwGH vom 18.12.2001, Zl. 2001/15/0191, mwN).

Wie sich aus den Ausführungen in der Beweiswürdigung ergibt, wurden die Aufzeichnungen in den vorgelegten Fahrtenbüchern lücken- und teilweise wohl auch fehlerhaft (etwa indem nur eine Strecke von XXXX zum Hauptwohnsitz im Bezirk XXXX als Privatfahrt, die Fahrt retour aber als betrieblich vermerkt wurde). Die zusätzlichen handschriftlichen Aufzeichnungen weisen erhebliche Lücken auf, es war deshalb für das erkennende Gericht nicht glaubhaft, dass die jährlich privat gefahrenen Kilometer tatsächlich 6000 Kilometer nicht übersteigen.

Die BF hat dazu – anders als etwa die beschwerdeführenden Gesellschaften in den Erkenntnissen des VwGH vom 18.12.2001, Zl. 2001/15/0191, und vom 23.11.2004, Zl. 2001/15/0083 – zwar an der Wahrheitsfindung mitgewirkt und Beweismittel vorgelegt, deren Eignung unter dem Gesichtspunkt des in § 4 Abs. 2 aufgestellten Erfordernisses zu prüfen war. Wie bereits ausgeführt, ist es der BF jedoch nicht gelungen, durch entsprechend glaubhafte und nachvollziehbare Aufstellungen und/oder Belege nachzuweisen, dass der Anteil an privat gefahrenen Kilometern jedenfalls unter 500 Kilometer pro Monat bzw. unter 6.000 Kilometer pro Jahr lag.

Dementsprechend lagen die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 der Sachbezugsverordnung nicht vor. Die belangte Behörde hat dem sozialversicherungspflichtigen Entgelt des Dienstnehmers waren daher zu Recht zusätzliche Sachbezugswerte hinzugerechnet.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

3.3. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 leg. cit. kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Gemäß Abs. 5 kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, Zl. 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde seitens der BF auch nicht beantragt.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Beitragsnachverrechnung Dienstfahrzeug GPLA private Nutzung Sachleistung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G308.2005167.1.00

Im RIS seit

13.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

13.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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