TE Vwgh Erkenntnis 2020/10/8 Ra 2020/07/0045

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Veröffentlicht am 08.10.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
20/04 Erbrecht einschließlich Anerbenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §8
B-VG Art130 Abs1 Z1
HöfeG Tir §14 Abs1
HöfeG Tir §3
HöfeG Tir §5
HöfeG Tir §6
HöfeG Tir §7
HöfeG Tir §9 idF 2012/150
VwGVG 2014 §17
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Lukasser, Mag. Haunold und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Gemeinde A, vertreten durch Dr. Erwin Wibmer, Rechtsanwalt in 9971 Matrei/Osttirol, Obersamergasse 2, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 20. April 2020, Zl. LVwG-2020/11/0607-2, betreffend Parteistellung in einem Verfahren nach dem Tiroler Höfegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Lienz; mitbeteiligte Partei: A G in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Eigentümer eines in der revisionswerbenden Gemeinde gelegenen geschlossenen Hofes beantragte am 25. Oktober 2019 die Aufhebung der Hofeigenschaft gemäß §§ 2 und 7 Tiroler Höfegesetz (THG). Die belangte Behörde bewilligte diese mit Bescheid vom 10. Dezember 2019. Die revisionswerbende Gemeinde hat gegen diese Bewilligung Beschwerde an das Verwaltungsgericht erhoben, über die bislang noch nicht entschieden wurde.

2        Am 20. Dezember 2019 verkaufte der Eigentümer dieses geschlossenen Hofes mehrere zu diesem gehörende (in der revisionswerbenden Gemeinde gelegene) Grundstücke an den Mitbeteiligten. Der Mitbeteiligte ist Eigentümer eines anderen geschlossenen Hofes, dessen Hofstelle in einer anderen Gemeinde liegt.

3        Mit dem verfahrensgegenständlichen Antrag begehrte der Mitbeteiligte die höfebehördliche Bewilligung der Zuschreibung der von ihm erworbenen Grundstücke zu seinem geschlossenen Hof. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. Jänner 2020 wurde ihm diese Bewilligung gemäß §§ 2 und 3 THG erteilt. Auch gegen diesen Bescheid erhob die revisionswerbende Gemeinde Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

4        Das Verwaltungsgericht wies diese Beschwerde mit dem angefochtenen Beschluss als unzulässig zurück und erklärte die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

5        Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der Höfegesetzgeber habe im Zusammenhang mit den Beschränkungen der Verfügungsfreiheit der Eigentümer geschlossener Höfe zwar die Gemeinden zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde ermächtigt, allerdings nur jene Gemeinde, in der der betroffene Hof gelegen sei. Vorliegend handle es sich um die Zuschreibung von Überlandparzellen in der revisionswerbenden Gemeinde zu einem geschlossenen Hof, der in einer anderen Gemeinde liege. Nur dieser anderen Gemeinde käme die Befugnis zu einer Beschwerdeerhebung zu, nicht jedoch der revisionswerbenden Gemeinde. Die Beschwerde sei daher zurückzuweisen, ohne dass auf das inhaltliche Vorbringen näher einzugehen wäre.

6        Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Sie bringt zur ihrer Zulässigkeit vor, dass keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vorliege, ob bei einem Sachverhalt, wonach durch den Verkauf von Grundstücken ein geschlossener Hof de facto unwiederbringlich zerstört werde, jener Gemeinde, in deren Gebiet dieser Hof liege, Parteistellung und Beschwerdelegitimation zukommt.

7        Die belangte Behörde und der Mitbeteiligte haben jeweils eine Revisionsbeantwortung eingebracht, in der sie der Revision entgegentreten; die belangte Behörde begehrte Kostenersatz.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

8        Die Revision ist zulässig, weil es an Rechtsprechung zu der Frage fehlt, welche Gemeinde einem Verfahren zur Bewilligung der Zuschreibung von Grundstücken zu einem geschlossenen Hof zuzuziehen ist, wenn die Grundstücke in einer anderen Gemeinde liegen als die Hofstelle des geschlossenen Hofes. Sie ist jedoch nicht begründet.

9        Der zweite Abschnitt des Gesetzes betreffend die besonderen Rechtsverhältnisse geschlossener Höfe (Tiroler Höfegesetz - THG) enthält Beschränkungen der Verfügungsfreiheit des Eigentümers. Nach § 2 Abs. 1 THG bedürfen alle Veränderungen am Bestand und Umfang der geschlossenen Höfe der Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist. § 3 THG enthält Kriterien u.a. für die dem Eigentümer eines geschlossenen Hofes zu erteilende Bewilligung für die Einverleibung bisher nicht zum Hofe gehöriger Liegenschaften, §§ 5 und 6 THG betreffen die Bewilligung zur Abtrennung von Bestandteilen eines geschlossenen Hofes und § 7 THG regelt die auf Antrag des Eigentümers zu erteilende Bewilligung der Aufhebung der Hofeigenschaft.

10       § 9 THG lautet wörtlich:

§ 9. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat vor der Erlassung eines Bescheides nach dem zweiten Abschnitt die Landwirtschaftskammer sowie jene Gemeinde anzuhören, die nach der Lage des Hofes in Betracht kommt. Der Bescheid ist der Landwirtschaftskammer und der betreffenden Gemeinde zuzustellen, die dagegen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht erheben können.“

11       Vorauszuschicken ist, dass einer Gemeinde bzw. der Landwirtschaftskammer im höfebehördlichen Verfahren die Stellung einer Formalpartei zukommt. Als solche besitzt sie ein Anhörungsrecht, das Recht auf Zustellung von Bescheiden im jeweiligen höfebehördlichen Verfahren sowie das Recht auf Beschwerdeerhebung an das zuständige Verwaltungsgericht gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG. Darüber hinausgehende subjektive Rechte werden der Gemeinde als Formalpartei durch das THG nicht eingeräumt; auch das Recht, gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, ist im Materiengesetz nicht vorgesehen (vgl. VwGH 9.9.2016, Ro 2015/02/0016, zur insofern völlig vergleichbaren Rechtslage nach § 31 Abs. 2a Oö Grundverkehrsgesetz 1994).

12       Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Formalpartei (jedoch) berechtigt, beim Verwaltungsgerichtshof die Verletzung jener prozessualen Rechte, die für sie subjektive Rechte darstellen, geltend zu machen. Der Formalpartei kommt zur Durchsetzung ihrer aus der durch Gesetz eingeräumten Stellung folgenden prozessualen Befugnisse auch Revisionslegitimation im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zu (vgl. VwGH 25.6.2015, Ro 2015/07/0009, mwN). Die revisionswerbende Gemeinde ist daher zur Revisionserhebung berechtigt, weil zu diesen prozessualen Rechten auch jenes der Erhebung von Beschwerden durch eine Gemeinde (oder die Landwirtschaftskammer) nach § 9 THG gehört, das der Revisionswerberin nach ihrem Vorbringen zustehen soll.

13       Das Anhörungs- und Beschwerderecht der Gemeinde und der Landwirtschaftskammer wurde mit dem Tiroler Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz, LGBl. Nr. 150/2012, per 1.1.2013 eingeführt. Die diesbezüglichen Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (Landtagsmaterialien GZ 559/12) führen dazu aus:

„Höfebehörde erster Instanz ist derzeit eine für jede Gemeinde besonders zusammengesetzte Höfekommission (bestehend aus dem Bezirkshauptmann oder einem von diesem zu bestellenden rechtskundigen Beamten, einem von der zuständigen Bezirkslandwirtschaftskammer sowie einem von der nach der Lage des Hofes zuständigen Gemeinde jeweils für die Dauer von drei Jahren zu entsendenden Mitglied) mit Sitz bei der Bezirksverwaltungsbehörde. (...)

Diese Sonderbehörden sollen künftig aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung nicht mehr vorgesehen werden, sondern sollen deren Zuständigkeiten auf die Bezirksverwaltungsbehörden übergehen, gegen deren Bescheide ab dem 1. Jänner 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht (und bis dahin: Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat; ...) erhoben werden kann. Auch auf verfahrensrechtliche Sonderbestimmungen wird künftig weitestgehend verzichtet (...).

Einen gewissen Ersatz für die bisherige erstinstanzliche Beteiligung von Vertretern der Gemeinde und der (Bezirks-)Landwirtschaftskammer bietet der neue § 9, wonach die Bezirksverwaltungsbehörde vor der Erlassung eines Bescheides die Landwirtschaftskammer (...) sowie jene Gemeinde anzuhören hat, die nach der Lage des Hofes in Betracht kommt. Der Landwirtschaftskammer und der betreffenden Gemeinde kommt das Recht zu, Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat bzw. ab 1. Jänner 2014 Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht zu erheben (...).“

14       Die relevanten Bestimmungen des THG vor dieser Neuregelung durch das Tiroler Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz, LGBl. Nr. 150/2012, lauteten wörtlich:

§ 9. Höfebehörde erster Instanz ist für jede Gemeinde eine Höfekommission mit dem Sitz bei der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Höfekommission besteht aus dem Vorstand der Bezirksverwaltungsbehörde oder einem von diesem zu bestellenden rechtskundigen Beamten der Bezirksverwaltungsbehörde als Vorsitzendem, einem von der zuständigen Bezirkslandwirtschaftskammer sowie einem von der nach der Lage des Hofes zuständigen Gemeinde jeweils für die Dauer von drei Jahren zu entsendenden Mitglied. Für jedes dieser Mitglieder ist für den Fall der Verhinderung ein Ersatzmitglied zu entsenden. Das von der Gemeinde zu entsendende Mitglied (Ersatzmitglied) muß Berufsangehöriger der Land- oder Forstwirtschaft und in den Gemeinderat wählbar sein.

Das von der Bezirkslandwirtschaftskammer bzw. von der Gemeinde bestellte Mitglied hat bei der ersten Sitzung in die Hand des Vorsitzenden das Gelöbnis strenger Unparteilichkeit und gewissenhafter Erfüllung seiner Pflichten abzulegen. Die Entsendung des Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) durch die Gemeinde ist eine in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallende Aufgabe.

Höfebehörde zweiter Instanz ist die beim Amt der Landesregierung eingerichtete Landeshöfekommission. Diese besteht aus dem Landesamtsdirektor als Vorsitzendem, dem für die Angelegenheiten der Landwirtschaft zuständigen Mitglied der Landesregierung und einem weiteren von der Landeslandwirtschaftskammer für die Dauer von fünf Jahren zu entsendenden Mitglied. Für den Fall der Verhinderung des Vorsitzenden ist von der Landesregierung ein rechtskundiger Beamter des Amtes der Landesregierung und für den Fall der Verhinderung des für die Angelegenheiten der Landwirtschaft zuständigen Mitgliedes der Landesregierung ein anderes Mitglied der Landesregierung als Ersatzmitglied zu bestellen. Ebenso hat die Landeslandwirtschaftskammer ein Ersatzmitglied zu entsenden.

Die Höfebehörde erster Instanz und die Landeshöfekommission sind beschlußfähig, wenn sämtliche Mitglieder, bei Verhinderung eines Mitgliedes dessen Ersatzmitglied, anwesend sind. Beschlüsse sind mit Stimmenmehrheit zu fassen; Stimmenthaltung gilt als Ablehnung.

Das Nähere über den Geschäftsgang der Höfebehörden, insbesondere über die Einberufung zu den Sitzungen, über die Berichterstattung, die Beratung, die Abstimmung und die Führung von Niederschriften sowie über die Fertigung von Erledigungen, hat die Landesregierung in einer Geschäftsordnung für die Höfebehörden zu regeln.

§ 10. Zu den in diesem Gesetze vorgesehenen Verfügungen ist jene Höfekommission zuständig, in deren Sprengel der zu bildende oder in seinem Bestand zu ändernde Hof sich befindet. Von mehreren Höfekommissionen, in deren Sprengeln die Bestandteile des Hofes liegen, ist jene zuständig, in deren Sprengel sich das Wohngebäude des Hofes befindet. Um die Vereinigung zweier in verschiedenen Sprengeln gelegener Höfe kann bei jeder der beiden Höfekommissionen angesucht werden.“

§ 12. Das vorschriftsmäßig ausgestattete Gesuch ist vom Gemeindevorsteher mit seinem Gutachten dem Vorsitzenden der Höfekommission vorzulegen.

Dem Vorsitzenden sowie der Höfekommission selbst steht frei, noch andere ihr nötig scheinende Erhebungen zu veranlassen. Befinden sich Liegenschaften, hinsichtlich derer die Bewilligung erbeten wird, im Sprengel einer andern Höfekommission, so ist auch diese vor Erledigung des Gesuches um ihre Wohlmeinung anzugehen.

Auf Grund der gepflogenen Erhebungen ist sodann über das Gesuch zu erkennen.“

15       Entscheidend dafür, ob einer Gemeinde nunmehr das Anhörungs- und Beschwerderecht nach § 9 THG zukommt, ist die Frage, welche Gemeinde (allenfalls welche Gemeinden) „nach der Lage des Hofes in Betracht“ kommt bzw. kommen.

16       Nach den Gesetzesmaterialien soll es sich bei diesen Rechten um einen „gewissen Ausgleich“ dafür handeln, dass in erster Instanz nicht mehr eine Behörde zuständig ist, in welche die betreffende Gemeinde einen Vertreter zu entsenden hatte. Es ist daher sachgerecht, für die Lösung der Frage, welcher Gemeinde Mitwirkungsrechte im Verfahren zukommen, darauf abzustellen, welche Höfekommission nach alter Rechtslage für die Angelegenheit zuständig gewesen wäre.

17       Nach § 10 THG aF war jene Höfekommission zuständig, in deren Sprengel sich der zu bildende oder in seinem Bestand zu ändernde Hof befindet. Von mehreren Höfekommissionen, in deren Sprengeln die Bestandteile des Hofes liegen, war jene zuständig, in deren Sprengel sich das Wohngebäude des Hofes befindet. Lediglich bei Vereinigung zweier in verschiedenen Sprengeln gelegenen Höfe kam die Zuständigkeit jeder der beiden Höfekommissionen in Betracht.

18       Daraus folgt, dass gemäß § 9 THG in der geltenden Fassung in einem höferechtlichen Verfahren nach dem zweiten Abschnitt des THG neben der Landwirtschaftskammer jener Gemeinde ein Anhörungs- und Beschwerderecht zukommt, in deren Sprengel der zu bildende oder in seinem Bestand zu ändernde Hof liegt. Sofern Bestandteile des Hofes in verschiedenen Gemeinden liegen, kommt dieses Recht jener Gemeinde zu, in deren Sprengel sich das Wohngebäude des Hofes befindet; lediglich im Falle der Vereinigung zweier in verschiedenen Sprengeln gelegenen Höfe beiden betroffenen Gemeinden.

19       Im vorliegenden Verfahren zur Genehmigung der Zuschreibung von Grundstücken zu einem bestehenden Hof nach § 3 zweiter Satz THG kommt damit jener Gemeinde, in der zwar die betroffenen Grundstücke, nicht aber das Wohngebäude des betroffenen Hofes liegen, kein Anhörungs- oder Beschwerderecht zu.

20       Zwar war nach § 12 THG aF jene Höfekommission „um ihre Wohlmeinung anzugehen“, also anzuhören, in deren Sprengel sich (nur) die betroffenen Liegenschaften befanden. Dass der Gesetzgeber im Rahmen der Neuregelung des höfebehördlichen Verfahrens auch der derart (zwar in das Verfahren, nicht aber in die Entscheidung) indirekt eingebundenen Gemeinde ein Anhörungs- und auch Beschwerderecht einräumen wollte, ist den Gesetzesmaterialien nicht zu entnehmen. Dagegen spricht auch der Wortlaut des § 9 THG, der von der „Gemeinde, die nach der Lage des Hofes in Betracht kommt“, lediglich im Singular spricht, sodass eine ausdehnende Auslegung nicht geboten ist.

21       Die Revisionswerberin führt in der Revision aus, dass die Ziele des THG komplett konterkariert würden, wenn man ihr keine Parteistellung zuspräche. Es sei nämlich denkunmöglich, dass die Gemeinde des aufnehmenden Hofes zugunsten des durch den Verkauf der Liegenschaften filetierten (abgebenden) Hofes Partei ergriffe, weil ihr dafür die Beschwer fehle.

22       Diesem Vorbringen liegt - wie dem gesamten Prozessverhalten der Revisionswerberin - die unzutreffende Annahme zu Grunde, dass durch die vorliegende Genehmigung der Zuschreibung dieser Liegenschaften zu einem geschlossenen Hof (auch) deren Abtrennung vom bisherigen Hof bewilligt worden wäre.

23       Nach § 14 Abs. 1 THG treten Änderungen im Bestand geschlossener Höfe erst nach erfolgter Durchführung im Grundbuch in Wirksamkeit. Ohne eine nach dem zweiten Abschnitt erforderliche Bewilligung darf die Änderung im Grundbuch nicht durchgeführt werden.

24       Die grundbücherliche Durchführung der Zuschreibung von Liegenschaften zu einem geschlossenen Hof, die noch als Bestandteil eines anderen geschlossenen Hofes eingetragen sind, erfordert jedoch nicht nur die (hier gegenständliche) Bewilligung der Zuschreibung nach § 3 zweiter Satz THG sondern auch die (logisch vorangehende) Bewilligung der Abtrennung vom ursprünglichen Hof nach §§ 5 oder 6 THG oder die Aufhebung der Hofeigenschaft nach § 7 THG, weil auch Änderungen im Bestand des ursprünglichen Hofes nicht ohne Vorliegen der erforderlichen Bewilligung durchgeführt werden dürfen.

25       Ausschließlich im (noch nicht abgeschlossenen) Beschwerdeverfahren zur Aufhebung der Hofeigenschaft des abgebenden Hofes, in dem der revisionswerbende Gemeinde jedenfalls Parteistellung zukommt, sind die Voraussetzungen des § 7 THG, also vor allem der Verlust der Eignung des Hofes zur Erhaltung einer Familie, zu prüfen. Zur Vermeidung einer - offenbar von der Revisionswerberin befürchteten - Umgehung des Gesetzeszwecks werden dabei auch die hier gegenständlichen Grundstücke noch miteinzubeziehen sein. Der Umstand ihres Verkaufs und die bereits erteilte Genehmigung ihrer Zuschreibung zu einem anderen Hof haben also außer Betracht zu bleiben, weil deren Durchführung gerade die Aufhebung der Hofeigenschaft voraussetzt.

26       Da das Verwaltungsgericht die Beschwerdelegitimation der Revisionswerberin im vorliegenden Verfahren zutreffend verneint hat, war die Revision als unbegründet abzuweisen.

27       Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 8. Oktober 2020

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020070045.L01

Im RIS seit

30.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

30.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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