TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/3 95/19/1599

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.10.1997
beobachten
merken

Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1991 §7;
AufG 1992 §1 Abs3 Z6;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §13 Abs2;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des R M in Wien, geboren 1975, vertreten durch den als Verfahrenshelfer beigegebenen DDr. Rene Laurer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Gußhausstraße 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. September 1994, Zl. 101.081/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 29. Oktober 1993 beim Magistrat der Stadt Wien einen als "Erstantrag" gekennzeichneten Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 2. Februar 1994 gemäß § 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) ab, weil der Antrag vom Inland aus gestellt worden sei. In der dagegen erhobenen Berufung wurde vorgebracht, eine Antragstellung aus dem Ausland sei dem Beschwerdeführer nicht möglich gewesen, weil erst im Juni 1993 sein Asylverfahren abgeschlossen worden sei.

Die Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. September 1994 - ebenfalls gemäß § 6 Abs. 2 AufG - abgewiesen. Begründend führte der Bundesminister für Inneres aus, gemäß § 13 AufG könnten Fremde, die sich bei Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, einen Verlängerungsantrag gemäß § 6 Abs. 2 AufG stellen. Personen, die sich bei Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, hätten einen Antrag gemäß § 6 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 2 AufG vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen.

Es stehe fest, daß der Beschwerdeführer am 27. Februar 1990 illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und in der Folge einen Asylantrag gestellt habe. Dieses Asylverfahren sei seit dem 26. Juni 1993 rechtskräftig negativ abgeschlossen, sodaß sich der Beschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt rechtswidrig in Österreich aufhalte.

Im Falle des Beschwerdeführers sei daher aufgrund der Fristversäumnis weder ein Verlängerungsantrag möglich gewesen, noch habe er einen Erstantrag stellen können, zumal dieser gemäß § 6 Abs. 2 AufG zwingend vom Ausland aus zu stellen sei.

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, daß ihm eine Erstantragstellung vom Ausland aus nicht möglich sei, da er sonst seine Lehrstelle gefährden würde, sei festzuhalten, daß ein Ausbildungsverhältnis nur bei Vorliegen einer Aufenthaltsbewilligung möglich sei und diese, auch durch den negativen rechtskräftigen Bescheid im Asylverfahren, nicht gegeben sei.

Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß durch den Aufenthalt seiner Eltern im Bundesgebiet private Interessen bestünden. Aufgrund der Unzulässigkeit der Antragstellung sei aber eine weitere Auseinandersetzung mit den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers unzulässig, da es sich bei der Mißachtung des § 6 Abs. 2 AufG um die Verletzung einer Verfahrensvorschrift handle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, antragsgemäß vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluß vom 11. Oktober 1995, B 2141/94-12, an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die wesentliche Sachverhaltsannahme der belangten Behörde, er habe sich, nachdem über seinen Asylantrag rechtskräftig (negativ) entschieden worden sei, weiterhin im Bundesgebiet aufgehalten und auch vom Inland aus seinen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung gestellt. Er vertritt jedoch die Ansicht, es handle sich nicht um einen Erst-, sondern in analoger Anwendung des § 13 AufG um einen Verlängerungsantrag, da dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AufG eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1991 zugekommen sei. Der erstinstanzliche Asylbescheid sei nämlich, obwohl der Beschwerdeführer zum Zustellzeitpunkt bereits volljährig gewesen sei, der Mutter des Beschwerdeführers ausgefolgt worden und nicht dem Beschwerdeführer selbst. Die Mutter des Beschwerdeführers habe den Bescheid erst fünf Tage später - am 2. Juli 1993, somit nach Inkrafttreten des AufG - an den Beschwerdeführer weitergeleitet.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung des angefochtenen Bescheides (19. September 1994) ist für die Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit durch den Verwaltungsgerichtshof das AufG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 maßgeblich. Die §§ 6 Abs. 2 sowie 13 Abs. 1 und 2 lauteten:

"§ 6.

...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung kann auch vom Inland aus gestellt werden.

...

§ 13. (1) Die Berechtigung zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen.

(2) Abs. 1 findet auf die in § 1 Abs. 3 genannten Fremden keine Anwendung.

..."

Soweit der Beschwerdeführer einen Zustellmangel im Asylverfahren releviert, ist er darauf hinzuweisen, daß es dahingestellt bleiben kann, ob ein solcher vorlag und ob durch die Ausfolgung des Asylbescheides durch die Mutter des Beschwerdeführers an den Beschwerdeführer selbst eine Heilung des behaupteten Zustellmangels eingetreten ist.

Dem Beschwerdeführer ist nämlich beizupflichten, daß er aufgrund seines fristgerecht gestellten Asylantrages nach seiner Einreise im Jahr 1990 eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung aufgrund des Asylgesetzes 1968 erwarb, die (grundsätzlich) erst mit rechtskräftigem Abschluß des Asylverfahrens geendet hätte.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/19/0187, des näheren dargelegt hat, sind auch nach § 5 Abs. 1 des Asylgesetzes 1968 erworbene Berechtigungen zum vorläufigen Aufenthalt ab Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 hinsichtlich ihrer Rechtswirkungen als solche nach § 7 des letztgenannten Gesetzes anzusehen. Damit kam dem Beschwerdeführer ab Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 eine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG zu. Sollte es zugetroffen haben, daß der das Asylverfahren beendende Bescheid im Zeitpunkt des Inkrafttretens des AufG, d. h. am 1. Juli 1993, nicht erlassen war, so kam die vorläufige Aufenthaltsberechtigung dem Beschwerdeführer auch noch zu diesem Zeitpunkt zu.

Da jedoch § 13 Abs. 1 AufG gemäß § 13 Abs. 2 AufG auf die in § 1 Abs. 3 und 4 AufG genannten Fremden - somit auch auf die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 6 AufG auf Grund des Asylgesetzes 1991 zum Aufenthalt berechtigten Personen - keine Anwendung findet, kommt bei diesem Personenkreis eine Verlängerung einer Aufenthaltsberechtigung nach § 13 Abs. 1 AufG nicht in Frage. Bei diesem Personenkreis kommt eine "Verlängerung" der Aufenthaltsberechtigung nur nach Maßgabe des § 6 Abs. 2 (a.F.) AufG in Betracht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Mai 1996, Zl. 96/19/0738, und vom 17. Oktober 1996, Zl. 96/19/1737). War daher der das Asylverfahren beendende Bescheid am 1. Juli 1993 noch nicht erlassen, so war auch eine "Verlängerung" der Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG ausgeschlossen. Sollte hingegen, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid feststellte, das Asylverfahren bereits vor dem 1. Juli 1993 rechtskräftig abgeschlossen gewesen sein, so wäre eine "Verlängerung" im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG schon wegen der fehlenden Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes des Beschwerdeführers unzulässig gewesen.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht § 6 Abs. 2 erster Satz (a.F.) AufG angewendet.

Da der Beschwerdeführer aber seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unbestrittenermaßen aus dem Inland gestellt hat und das in § 6 Abs. 2 (a.F.) AufG normierte Erfordernis, einen Antrag vom Ausland aus zu stellen, nicht als bloße Formvorschrift zu werten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010), erfolgte die Abweisung des Antrages durch die belangte Behörde zu Recht.

Zu einem anderen Ergebnis konnte die belangte Behörde auch vor dem Hintergrund des Art. 8 MRK nicht gelangen. Die aus den zitierten Erläuternden Bemerkungen abzuleitende Zielvorstellung des Aufenthaltsgesetzes, die Umgehung von Einwanderungsvorschriften durch Stellung von Asylanträgen zu verhindern, welche zum Schutze der öffentlichen Ordnung auch im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt erscheint, verbietet es, einen abgewiesenen Asylwerber in Ansehung seiner privaten und familiären Interessen im Inland besser zu stellen als einen Fremden, der erstmals eine Aufenthaltsbewilligung beantragt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. September 1996, Zl. 95/19/0396). Eine Einschränkung des - allenfalls - durch Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten Rechtes auf Familiennachzug durch die in Rede stehende Bestimmung des § 6 AufG wäre hier - ebenfalls aus dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und des damit verbundenen Rechtes des Staates auf Regelung der Neuzuwanderung - aus dem Grunde des Art. 8 Abs. 2 MRK gerechtfertigt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, Zl. 95/19/0578. Dieses Ergebnis wurde vom Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, ebenfalls nicht als gegen Art. 8 MRK verstoßend erkannt.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm Art. I der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshof zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191599.X00

Im RIS seit

02.05.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten