TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/26 L502 2231004-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.2020
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Entscheidungsdatum

26.06.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs4
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

L502 2231004-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Nikolas BRACHER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Türkei, vertreten durch RA XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.03.2020, FZ. XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Im Gefolge einer rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers (BF) vom XXXX erging am 18.02.2019 ein Erhebungsersuchen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den BF betreffend an die Sicherheitsbehörden.

2. Am 07.08.2019 langte der entsprechende Bericht der LPD Wien beim BFA ein.

3. Am 22.08.2019 wurde dieser vom BFA zur beabsichtigten Erlassung einer aufenthaltsbeenden Maßnahme gegen ihn niederschriftlich einvernommen.

4. Am 14.10.2019 stellte er bei der zuständigen Niederlassungsbehörde einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels.

5. Diese ersuchte das BFA am 16.10.2019 um Abgabe einer fremdenpolizeilichen Stellungnahme.

6. Der BF wurde mit XXXX abermals rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt.

7. Am 30.12.2019 wurde die Lebensgefährtin des BF beim BFA niederschriftlich als Zeugin im Verfahren des BF einvernommen.

Sie brachte dabei mehrere Unterlagen als Beweismittel in Vorlage, die in Kopie zum Akt genommen wurden.

8. Mit dem im Spruch genannten Bescheid des BFA vom 25.03.2020 wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass seine Abschiebung in die Türkei gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt II). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde ihm eine Frist von 14 Tagen zur freiwilligen Ausreise ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt (Spruchpunkt III). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 1 FPG wurde gegen ihn ein auf die Dauer von sieben Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt IV).

9. Mit Verfahrensanordnung des BFA vom 25.03.2020 wurde ihm gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG von Amts wegen ein Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren beigegeben.

10. Gegen den am 31.03.2020 zugestellten Bescheid wurde mit Schriftsatz seiner zugleich bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 16.04.2020 fristgerecht Beschwerde erhoben.

11. Die Beschwerdevorlage des BFA langte am 12.05.2020 beim BVwG ein und wurde das gg. Beschwerdeverfahren in der Folge der Gerichtsabteilung L502 zugewiesen.

12. Am 17.06.2020 langte eine Lohnabrechnung des BF für den Mai 2020 aus einer seit 27.05.2020 bestehenden unselbständigen Beschäftigung als Hilfskraft.

13. Das BVwG erstellte aktuelle Auszüge aus dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Strafregister sowie dem Zentralen Melderegister (ZMR).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der og. Verfahrensgang steht fest.

1.2. Die Identität des BF steht fest. Er ist türkischer Staatsangehöriger, wurde in Österreich geboren und ist im Bundesgebiet aufgewachsen.

Er verfügte von 21.12.1993 bis 22.08.2011, von 21.09.2011 bis 23.02.2012, von 09.03.2012 bis 18.02.2016, von 20.02.2017 bis 07.07.2017 sowie seit 11.07.2017 über aufrechte Meldeadressen in Österreich. Von 18.02.2016 bis 27.06.2016 war er als obdachlos gemeldet.

Am 03.07.2001 wurde ihm ein unbefristeter Aufenthaltstitel zuerkannt. Mit 27.10.2008 wurde ihm der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – Familienangehöriger“ zuerkannt und in der Folge ein unbefristeter Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt EU“. Mit Bescheid der zuständigen Niederlassungsbehörde vom 07.09.2017 wurde dieser auf den Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ mit Gültigkeit bis 23.08.2018 zurückgestuft. Zuletzt wurde ihm dieser mit Gültigkeit bis 24.08.2019 verlängert. Am 14.10.2019 beantragte er die Verlängerung dieses Aufenthaltstitels.

Er ist geschieden. Mit seiner ehemaligen Ehegattin hat er eine zehnjährige Tochter, die über die österreichische Staatsangehörigkeit verfügt. Seine Tochter besucht ihn mindestens einmal in der Woche und übernachtet fallweise bei ihm bzw. bei der Lebensgefährtin des BF. Er leistet keine Unterhaltszahlungen an seine ehemalige Ehegattin und die gemeinsame Tochter. Er hat seit mehr als fünf Jahren eine Lebensgefährtin, eine mazedonische Staatsangehörige, in Österreich. Mit dieser hat er eine weitere zweijährige Tochter, die türkische Staatsangehörige ist. Seine Lebensgefährtin hat auch einen minderjährigen Sohn aus einer früheren Ehe. Er lebt weder mit seiner Lebensgefährtin noch mit einer seiner Töchter in einem gemeinsamen Haushalt. Für seine Lebensgefährtin und seine Tochter leistet er zwischen 200 und 250 EUR monatlich an Unterhaltszahlungen. Er besucht seine zweite Tochter etwa zwei bis dreimal wöchentlich. Er unterhält auch Kontakt mit dem Sohn seiner Lebensgefährtin. Seine Lebensgefährtin ging schon vor der Schwangerschaft einer Erwerbstätigkeit als verkäuferin nach und hat diese Tätigkeit nach ihrer Karenz mit 29.02.2020 wiederaufgenommen. Sie lebt mit der Tochter des BF und ihrem Sohn bei ihrem Vater, der sie ebenfalls finanziell unterstützt.

In Österreich leben noch die Eltern, Geschwister sowie mehrere Onkel und Tanten des BF. Aktuell lebt dieser mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt. Beide Elternteile sind türkische Staatsangehörige.

Er hat in Österreich seine Schulbildung genossen und besitzt einen Pflichtschulabschluss. Eine abgeschlossene Berufsausbildung war nicht feststellbar.

Er spricht Deutsch und Türkisch und leidet unter keinen maßgeblichen gesundheitlichen Einschränkungen.

1.3. Er war von 01.10.2003 bis 07.06.2004, von 01.06.1005 bis 31.03.2006, von 01.07.2006 bis 17.11.2006 und von 25.05.2009 bis 09.11.2009 als Angestellter bei drei verschiedenen Dienstgebern erwerbstätig. Von 03.09.2007 bis 13.09.2007, von 03.10.2007 bis 13.10.2007, am 04.03.2008, von 17.04.2008 bis 28.04.2008, von 17.05.2010 bis 31.08.2010, von 16.03.2011 bis 18.03.2011, von 01.04.2011 bis 18.04.2011, von 01.06.2012 bis 11.06.2012, von 11.09.2012 bis 08.10.2012, von 12.11.2014 bis 12.11.2014, 20.04.2015 bis 30.04.2015, von 20.07.2017 bis 23.08.2017, von 09.05.2018 bis 01.06.2018, von 24.09.2018 bis 02.10.2018 und von 14.02.2020 bis 20.03.2020 war er als Arbeiter für verschiedene Dienstgeber erwerbstätig. Zudem war er von 09.06.2011 bis 01.07.2011, von 16.01.2012 bis 11.02.2012, von 30.05.2012 bis 31.05.2012, von 28.11.2014 bis 30.11.2014, von 01.12.2014 bis 14.12.2014, von 23.03.2018 bis 27.04.2018 und von 18.10.2019 bis 15.11.2019 als geringfügig beschäftigter Arbeiter sowie von 10.12.2009 bis 22.12.2009 und von 04.02.2020 bis 06.02.2020 als freier Dienstnehmer geringfügig erwerbstätig. Aktuell ist er seit 27.05.2020 wieder als Hilfsarbeiter unselbständig erwerbstätig.

Von 18.06.2004 bis 14.09.2004, von 22.09.2004 bis 24.09.2004, von 30.11.2006 bis 20.01.2007, von 27.01.2007 bis 15.04.2007, von 01.05.2007 bis 09.05.2007, von 10.05.2007 bis 01.06.2007, von 16.06.2007 bis 23.06.2007, von 21.08.2007 bis 02.09.2007, von 27.03.2008 bis 16.04.2008, von 09.05.2008 bis 26.06.2008, von 27.10.2008 bis 11.01.2019, von 17.04.2009 bis 24.05.2009, von 12.10.2012 bi 11.11.2012, von 15.11.2012 bis 13.02.2012, von 23.02.2013 bis 21.05.2013, von 06.06.2013 bis 11.09.2013, von 20.09.2013 bis 02.10.2013, von 23.10.2013 bis 27.10.2013, von 09.12.2013 bis 20.12.2013, von 31.12.2013 bis 13.01.2014, von 22.01.2014 bis 08.03.2014, von 24.03.2014 bis 29.05.2014, von 11.06.2014 bis 13.08.2014, von 27.08.2014 bis 11.11.2014, von 13.11.2014 bis 19.04.2015, von 11.05.2015 bis 12.09.2015, von 11.10.2015 bis 12.09.2015, von 11.10.2015 bis 19.02.2017, von 11.07.2017 bis 23.07.2017, von 24.08.2017 bis 08.11.2017, von 21.11.2017 bis 02.04.2018, von 03.04.2018 bis 08.05.2018, von 03.06.2018 bis 13.06.2018, von 28.06.2018 bis 23.09.2018, von 03.10.2018 bis 20.10.2018, von 31.10.2018 bis 09.05.2019, von 22.06.2019 bis 02.07.2019 und von 18.10.2019 bis 13.02.2020 bestritt er seinen Lebensunterhalt durch den Bezug von Arbeitslosengeld und durch andere Sozialleistungen.

1.4. Er wurde in Österreich wie folgt rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

?        Mit Urteil des XXXX vom XXXX gemäß XXXX zu einer XXXX von XXXX mit einer XXXX Probezeit;

?        Mit Urteil des XXXX vom XXXX gemäß XXXX zu einer XXXX von XXXX mit einer XXXX Probezeit;

?        Mit Urteil des XXXX vom XXXX gemäß XXXX zu einer XXXX von XXXX mit einer XXXX Probezeit;

?        Mit Urteil des XXXX vom XXXX gemäß XXXX und gemäß XXXX zu einer XXXX von XXXX , wobei XXXX wurden;

?        Mit Urteil des XXXX vom XXXX gemäß XXXX zu einer XXXX von XXXX und einer XXXX gemäß XXXX unter XXXX .

1.5. Er wurde mit Straferkenntnis der XXXX vom XXXX wegen Verstößen gegen die StVO, das FSG und das KFG mit einer Geldstrafe und einer Ersatzfreiheitsstrafe bestraft. Mit Straferkenntnis der XXXX vom XXXX wurde gegen ihn erneut eine Geldstrafe und eine Ersatzfreiheitsstrafe wegen Verstößen gegen das SPG, das Wiener Landes-Sicherheitsgesetz und das KFG verhängt.

1.6. Die länderkundlichen Feststellungen der belangten Behörde zur allgemeinen Lage in der Türkei werden auch der gg. Entscheidung des BVwG zugrunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Beweis erhoben wurde im gegenständlichen Beschwerdeverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt des Bundesamtes unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des BF und seiner Lebensgefährtin vor dem BFA sowie der von ihr vorgelegten Beweismittel, des bekämpften Bescheides, des Beschwerdeschriftsatzes und der im Beschwerdeverfahren von ihm vorgelegten Beweismittel sowie durch die amtswegige Einholung von Auskünften des Zentralen Melderegisters, des Strafregisters, des IZR und des Grundversorgungsdatensystems den BF und seine Familienangehörigen betreffend.

2.2. Der oben wiedergegebene Verfahrensgang sowie die Feststellungen zur Person des BF, seinem Aufenthalt im Bundesgebiet, seinen familiären Verhältnissen im Bundesgebiet, seinen Beschäftigungszeiten sowie seinen strafgerichtlichen Verurteilungen und seinen verwaltungsstrafrechtlichen Strafen waren im Lichte des vorliegenden Akteninhalts in unstrittiger Weise festzustellen.

Zwar behauptete er in seiner erstinstanzlichen Einvernahme, dass er mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen Tochter im gemeinsamen Haushalt gelebt habe bzw. die Haushaltsgemeinschaft wieder fortsetzen werde. Dem widersprach jedoch seine Lebensgefährtin. Anhand der eingeholten ZMR-Auszüge war letztlich feststellbar, dass er nicht im gemeinsamen Haushalt mit ihnen lebt, sondern bei seinen Eltern.

Er behauptete zudem, drei Lehrlingsausbildungen abgeschlossen zu haben. Es fanden sich jedoch keine Dienstgeber im vom BFA eingeholten AJ-Web-Auszug, die ihn als Lehrling sozialversicherungsrechtlich angemeldet hätten. Mangels Vorlage eines Nachweises über den Abschluss einer Lehrlingsausbildung war daher nicht feststellbar, dass er tatsächlich eine Lehre abgeschlossen hat.

Dass er der türkischen Sprache mächtig ist, war deshalb anzunehmen, weil er im gemeinsamen Haushalt mit seinen beiden aus der Türkei stammenden Eltern aufwuchs, was wiederum darauf schließen ließ, dass er mit den sprachlichen und kulturellen Gegebenheiten in der Türkei zumindest grundlegend vertraut gemacht wurde.

2.3. Zumal er in seiner von einem rechtskundigen Vertreter verfassten Beschwerde keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung stellte und in der Beschwerde auch keine sonstigen Beweisanträge gestellt wurden, hat der BF implizit auf deren Durchführung verzichtet (VwGH 29.01.2020, Ra 2019/09/0141, mwN).

Von seiner persönlichen Befragung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil sich aus Sicht des erkennenden Gerichts keine konkreten Anhaltspunkte für eine Ergänzungsbedürftigkeit des von der belangten Behörde geführten Ermittlungsverfahrens und des von ihr erhobenen Sachverhaltes ergaben. In der Beschwerde fanden sich keine anderslautenden Einwendungen. Der im Beschwerdeverfahren von ihm zuletzt vorgelegte Beschäftigungsnachweis wurde in seinem Sinne berücksichtigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Mit Art. 129 B-VG idF BGBl. I 51/2012 wurde ein als Bundesverwaltungsgericht (BVwG) zu bezeichnendes Verwaltungsgericht des Bundes eingerichtet.

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das BVwG über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 in Rechtssachen in den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.

Gemäß Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

Gemäß Art. 135 Abs. 1 B-VG iVm § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG) idF BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde als gegeben findet, den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Mit BFA-Einrichtungsgesetz (BFA-G) idF BGBl. I Nr. 68/2013, in Kraft getreten mit 1.1.2014, wurde das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) eingerichtet.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG idgF sowie § 9 Abs. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Zu A)

1.1. § 52 FPG idgF lautet:

(1) …

(2) ….

(3) …

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       …

1a.     …

2.       …

3.       …

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       …

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) …

(6) …

(7) …

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) …

§ 9 BFA-VG lautet:

(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich auf Grund eines Aufenthaltstitels rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 Abs. 1a FPG nicht erlassen werden, wenn

1.       ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG), BGBl. Nr. 311, verliehen hätte werden können, oder

2.       er von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Art. 8 EMRK lautet:

(1) Jedermann hat Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs.

(2) Der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts ist nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

§ 55 FPG lautet:

(1) Mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 wird zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

(1a) Eine Frist für die freiwillige Ausreise besteht nicht für die Fälle einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 AVG sowie wenn eine Entscheidung auf Grund eines Verfahrens gemäß § 18 BFA-VG durchführbar wird.

(2) Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

(3) Bei Überwiegen besonderer Umstände kann die Frist für die freiwillige Ausreise einmalig mit einem längeren Zeitraum als die vorgesehenen 14 Tage festgesetzt werden. Die besonderen Umstände sind vom Drittstaatsangehörigen nachzuweisen und hat er zugleich einen Termin für seine Ausreise bekanntzugeben. § 37 AVG gilt.

(4) Das Bundesamt hat von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt wurde.

(5) Die Einräumung einer Frist gemäß Abs. 1 ist mit Mandatsbescheid (§ 57 AVG) zu widerrufen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder Fluchtgefahr besteht.

§ 11 NAG lautet:

(1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn

1.       gegen ihn ein aufrechtes Einreiseverbot gemäß § 53 FPG oder ein aufrechtes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht;

2.       gegen ihn eine Rückführungsentscheidung eines anderen EWR-Staates oder der Schweiz besteht;

3.       gegen ihn eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung erlassen wurde und seit seiner Ausreise nicht bereits achtzehn Monate vergangen sind, sofern er nicht einen Antrag gemäß § 21 Abs. 1 eingebracht hat, nachdem er seiner Ausreiseverpflichtung freiwillig nachgekommen ist;

4.       eine Aufenthaltsehe, Aufenthaltspartnerschaft oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;

5.       eine Überschreitung der Dauer des erlaubten visumfreien oder visumpflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt oder

6.       er in den letzten zwölf Monaten wegen Umgehung der Grenzkontrolle oder nicht rechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet rechtskräftig bestraft wurde.

(2) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nur erteilt werden, wenn

1.       der Aufenthalt des Fremden nicht öffentlichen Interessen widerstreitet;

2.       der Fremde einen Rechtsanspruch auf eine Unterkunft nachweist, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich angesehen wird;

3.       der Fremde über einen alle Risken abdeckenden Krankenversicherungsschutz verfügt und diese Versicherung in Österreich auch leistungspflichtig ist;

4.       der Aufenthalt des Fremden zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft führen könnte;

5.       durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Beziehungen der Republik Österreich zu einem anderen Staat oder einem anderen Völkerrechtssubjekt nicht wesentlich beeinträchtigt werden;

6.       der Fremde im Fall eines Verlängerungsantrages (§ 24) das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, rechtzeitig erfüllt hat, und

7.       in den Fällen der §§ 58 und 58a seit der Ausreise in einen Drittstaat gemäß § 58 Abs. 5 mehr als vier Monate vergangen sind.

(3) Ein Aufenthaltstitel kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 sowie trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 7 erteilt werden, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen rechtswidrig war;

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.       der Grad der Integration;

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Drittstaatsangehörigen;

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts;

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Drittstaatsangehörigen in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren;

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(4) Der Aufenthalt eines Fremden widerstreitet dem öffentlichen Interesse (Abs. 2 Z 1), wenn

1.       sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde oder

2.       der Fremde ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(5) Der Aufenthalt eines Fremden führt zu keiner finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (Abs. 2 Z 4), wenn der Fremde feste und regelmäßige eigene Einkünfte hat, die ihm eine Lebensführung ohne Inanspruchnahme von Sozialhilfeleistungen der Gebietskörperschaften ermöglichen und der Höhe nach den Richtsätzen des § 293 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG), BGBl. Nr. 189/1955, entsprechen. Feste und regelmäßige eigene Einkünfte werden durch regelmäßige Aufwendungen geschmälert, insbesondere durch Mietbelastungen, Kreditbelastungen, Pfändungen und Unterhaltszahlungen an Dritte nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Personen. Dabei bleibt einmalig ein Betrag bis zu der in § 292 Abs. 3 zweiter Satz ASVG festgelegten Höhe unberücksichtigt und führt zu keiner Erhöhung der notwendigen Einkünfte im Sinne des ersten Satzes. Bei Nachweis der Unterhaltsmittel durch Unterhaltsansprüche (§ 2 Abs. 4 Z 3) oder durch eine Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) ist zur Berechnung der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten nur der das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a der Exekutionsordnung (EO), RGBl. Nr. 79/1896, übersteigende Einkommensteil zu berücksichtigen. In Verfahren bei Erstanträgen sind soziale Leistungen nicht zu berücksichtigen, auf die ein Anspruch erst durch Erteilung des Aufenthaltstitels entstehen würde, insbesondere Sozialhilfeleistungen oder die Ausgleichszulage.

(6) Die Zulässigkeit, den Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 und 4 mit einer Haftungserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 15) erbringen zu können, muss ausdrücklich beim jeweiligen Aufenthaltszweck angeführt sein.

(7) Der Fremde hat bei der Erstantragstellung ein Gesundheitszeugnis vorzulegen, wenn er auch für die Erlangung eines Visums (§ 21 FPG) ein Gesundheitszeugnis gemäß § 23 FPG benötigen würde.

1.2. Im gg. Fall stütze die belangte Behörde die Erlassung einer Rückkehrentscheidung in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf § 52 Abs. 4 Z. 4 FPG und führte hierzu aus, dass der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund gemäß § 11 Abs. 1 Z.1 sowie Abs. 2 Z. 1 NAG entgegenstehe.

1.3. Dem BF kam zuletzt ein Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot Karte Plus“ zu. Über seinen Verlängerungsantrag vom 14.10.2019 wurde seitens der Niederlassungsbehörde bislang nicht entschieden. Der Aufenthalt des BF ist sohin rechtmäßig, weshalb das BFA die gg. Rückkehrentscheidung grundsätzlich zurecht auf § 52 Abs. 4 FPG stützte.

Jedoch war der vom BFA herangezogene § 11 Abs. 1 Z. 1 NAG in der gg. Konstellation nicht erfüllt, zumal zum Bescheiderlassungszeitpunkt, mangels Rechtskraft der behördlichen Entscheidung, kein aufrechtes Einreiseverbot gegen den BF bestand. Allenfalls bestehende frühere Einreise- oder Aufenthaltsverbote waren nicht ersichtlich.

Folglich kam angesichts des anhängigen Verlängerungsverfahrens lediglich § 52 Abs. 4 Z. 4 FPG als Entscheidungsgrundlage in Betracht, der für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung das Vorliegen eines Versagungsgrundes nach § 11 Abs. 1 und 2 NAG, der der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels entgegensteht, voraussetzt. Ein solcher Versagungsgrund wiederum liegt gemäß § 11 Abs. 2 Z. 1 iVm Abs. 4 Z. 1 NAG vor, wenn der weitere Aufenthalt des BF die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde und sein weiterer Aufenthalt daher öffentlichen Interessen widerstreitet.

1.4. Bei der Prüfung, ob die Annahme, dass der (weitere) Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden würde, gerechtfertigt ist, muss eine das Gesamtverhalten des Fremden berücksichtigende Prognosebeurteilung vorgenommen werden. Dabei hat die Behörde im Fall von strafgerichtlichen Verurteilungen gestützt auf das diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten (zu ergänzen: unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Straftat) eine Gefährdungsprognose zu treffen. Die damit erforderliche, auf den konkreten Fall abstellende individuelle Prognosebeurteilung ist jeweils anhand der Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (vgl. VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0062 mit Hinweis auf VwGH 14.04.2011, 2008/21/0257).

Zudem ist bei der Gefährdungsprognose - abgesehen von der Bewertung des bisherigen Verhaltens des BF - darauf abzustellen, wie lange die von ihm ausgehende Gefährdung zu prognostizieren ist. Diese Prognose ist nachvollziehbar zu begründen (vgl. VwGH 06.11.2018, Ra 2018/18/0203 mit Hinweis auf VwGH 30.6.2015, Ra 2015/21/0002).

Die fremdenpolizeiliche Beurteilung ist unabhängig und eigenständig von den die des Strafgerichts für die Strafbemessung, die bedingte Strafnachsicht und den Aufschub des Strafvollzugs betreffenden Erwägungen zu treffen (vgl. Erkenntnis des VwGH v. 6.Juli 2010, Zl. 2010/22/0096). Es obliegt dem erkennenden Gericht festzustellen, ob eine Gefährdung im Sinne des FPG vorliegt oder nicht. Es geht bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes in keiner Weise um eine Beurteilung der Schuld des Fremden an seinen Straftaten und auch nicht um eine Bestrafung (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 8. Juli 2004, 2001/21/0119). Selbiges gilt auch für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot.

Nach der hg. Rechtsprechung kann auch aus einem einmaligen Fehlverhalten - entsprechende Gravidität vorausgesetzt - eine maßgebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit abgeleitet werden. Im Hinblick darauf ist die Verhängung einer Rückkehrentscheidung und eines Einreiseverbotes, auch gegen langjährig rechtmäßig in Österreich aufhältige Fremde, gegebenenfalls nicht zu beanstanden (vgl. VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/0099 mit Hinweis auf VwGH 29.6.2017, Ra 2016/21/0338; VwGH 15.3.2018, Ra 2018/21/0021).

Ein allfälliger Gesinnungswandel eines Straftäters ist der ständigen Judikatur des VwGH zufolge grundsätzlich daran zu messen, ob und wie lange er sich - nach dem Vollzug der Freiheitsstrafe - in Freiheit wohlverhalten hat (vgl. VwGH vom 25.01.2018, Ra. 2018/21/0004 sowie VwGH vom 19. April 2012, Zl. 2010/21/0507, und vom 25. April 2013, Zl. 2013/18/0056, jeweils mwN).

Das gilt auch im Fall einer (erfolgreich) absolvierten Therapie (VwGH vom 26.01.2017, Zl. Ra 2016/21/0233 - vgl. E 22. September 2011, 2009/18/0147; B 22. Mai 2014, Ro 2014/21/0007; B 15. September 2016, Ra 2016/21/0262).

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Entscheidung nur nach Einzelfallbeurteilung erfolgen kann, weshalb insoweit die abstrakte allgemeine Festlegung eines Wohlverhaltenszeitraumes nicht in Betracht kommt. Dass es aber grundsätzlich eines Zeitraums des Wohlverhaltens - regelmäßig in Freiheit - bedarf, um von einem Wegfall oder einer wesentlichen Minderung der vom Fremden ausgehenden Gefährlichkeit ausgehen zu können, was grundsätzlich Voraussetzung für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes ist, kann nicht mit Erfolg in Zweifel gezogen werden (VwGH vom 17.11.2016, Ra 2016/21/0193; vgl. auch VwGH vom 22. Jänner 2013, 2012/18/0185 und vom 22. Mai 2013, 2013/18/0041); ebenso wenig, dass dieser Zeitraum üblicherweise umso länger anzusetzen sein wird, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009; 28.01.2016, Ra 20015/21/0013). Wenn sich die Gefährdung über einen - beginnend mit der Haftentlassung - Zeitraum von mehr als 8 Jahren nicht erfüllt, kann die diesem Aufenthaltsverbot zugrundeliegende Zukunftsprognose grundsätzlich nicht mehr aufrechterhalten werden (vgl. VwGH vom 09.09.2013, 2013/22/0117). Auch diese Ausführungen lassen sich auf eine Rückkehrentscheidung iVm einem Einreiseverbot übertragen.

1.5.1. Im bekämpften Bescheid führte die belangte Behörde aus, dass der BF angesichts des seinen Verurteilungen zugrundeliegenden Verhaltens eine tatsächliche, erhebliche und gegenwärtige Gefahr darstelle, die einem Grundinteresse der Gesellschaft zuwiderlaufe.

Dem wurde in der Beschwerde im Wesentlichen entgegengehalten, dass angesichts der familiären und privaten Interessen des BF von einer entsprechenden Integration in Österreich auszugehen sei und eine Rückkehrentscheidung mit Einreiseverbot daher nicht gerechtfertigt sei.

1.5.2. Aus Sicht des erkennenden Gerichtes ging das BFA zutreffend von einer vom BF ausgehenden gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit im Falle des Verbleibes im Bundesgebiet und damit auch vom Vorliegen eines Erteilungshindernisses für einen Aufenthaltstitel iSd § 11 Abs. 2 Z. 1 iVm Abs. 4 Z. 1 NAG aus. Dieser Einschätzung liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Er wurde unstrittiger Weise im Zeitraum von XXXX bis XXXX insgesamt fünf Mal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt. Seine letzte Verurteilung vom XXXX hatte eine XXXX zur Folge. Im selben Jahr war er auch bereits am XXXX zu einer XXXX sowie zu XXXX verurteilt worden. Zuvor war er mit Urteilen vom XXXX und vom XXXX jeweils zu XXXX verurteilt worden. Sämtliche Verurteilungen beruhten dabei insbesondere auf derselben schädlichen Neigung.

Der Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z. 1 FPG, nämlich sowohl die rechtskräftige gerichtliche Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten als auch die Verurteilung zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten sowie die mindestens einmalige strafgerichtliche Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlung, waren durch diese Verurteilungen erfüllt. Nach der hg. Rechtsprechung indiziert die Erfüllung eines der in § 53 Abs. 3 Z. 1 bis 8 FPG normierten Tatbestände das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit (vgl. VwGH 24.05.2018, Ra 2017/19/0311).

Angesichts des Umstandes, dass er in sämtlichen Fällen wegen Körperverletzungsdelikten verurteilt wurde, wobei es sich bei drei seiner Verurteilungen um schwere Körperverletzungen gemäß § 84 StGB handelte, er sohin über viele Jahre hinweg wiederholt Delikte gegen die körperliche Integrität anderer Menschen verwirklichte, war auf eine erhebliche kriminelle Energie des BF zu schließen. Von der Nachhaltigkeit der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit zeugte auch der Umstand, dass ihn auch das im Jahr 2017 erstmals verspürte Haftübel nicht von der neuerlichen und sogar in ihrer Intensität gesteigerten Tatbegehung abhielt. Selbst der Umstand, dass aufgrund seiner früheren Straffälligkeit seine unbefristete Aufenthaltsberechtigung von der Aufenthaltsbehörde zurückgestuft wurde, hielt ihn nicht davon ab erneut kriminelle Handlungen gegen die körperliche Integrität anderer Personen zu begehen.

Die von ihm ausgehende Gefährlichkeit zeigte sich auch anhand der näheren Tatumstände der Verurteilung vom XXXX . Dem dabei vom Strafgericht festgestellten Sachverhalt folgend hat er seinem Opfer durch XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX zugefügt. Dabei fielen mehrere einschlägige Vorverurteilungen sowie die Tatbegehung innerhalb offener Probezeit erschwerend ins Gewicht, während sich keine mildernden Umstände fanden. Die enthemmte Vorgehensweise des BF zeugte von der ihm innewohnenden erheblichen Gewaltbereitschaft und kriminellen Energie, was auf eine gravierende von ihm ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit, insbesondere für die körperliche Integrität und Freiheit anderer Menschen, schließen ließ. Zu berücksichtigen galt es außerdem, dass drei seiner früheren Verurteilungen, nämlich jener vom XXXX , jener vom XXXX und jener vom XXXX , ganz ähnliche Gewalthandlungen zugrunde lagen. Von einer ihm gänzlich fehlenden Rechtstreue zeugten auch die Tatumstände, die der Verurteilung vom XXXX zugrunde lagen. Dabei versuchte er durch Gewalt seine Festnahme gemäß XXXX durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verhindern und XXXX XXXX zu. Zwar blieb es hinsichtlich des Vergehens des XXXX beim Versuch, was auch mildernd berücksichtigt wurde, jedoch fielen auch schon zu diesem Zeitpunkt seine zahlreichen Vorverurteilungen ebenso wie das Zusammentreffen von drei Vergehen und die Tatbegehung während offener Probezeit erschwerend ins Gewicht.

Eine diese erhebliche Gefahr konterkarierende positive Zukunftsprognose konnte den BF betreffend nicht angestellt werden, bedenkt man, dass er vor seiner letzten Verurteilung am XXXX bereits wegen vier einschlägigen Delikten vorbestraft war. Abgesehen davon liegt diese Verurteilung erst weniger als ein Jahr zurück und konnte in Anbetracht der zahlreichen Vorverurteilungen und der daraus abzuleitenden hohen Wiederholungsgefahr jedenfalls nicht von einem ausreichend langen Zeitraum des Wohlverhaltens und einem daraus abzuleitenden nachhaltigen Gesinnungswandel ausgegangen werden, zumal der Zeitraum des notwendigen Wohlverhaltens umso länger anzusetzen ist, je nachdrücklicher sich die für die Verhängung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme maßgebliche Gefährlichkeit manifestiert hat (vgl. etwa zum Aufenthaltsverbot VwGH 22.01.2015, Ra 2014/21/0009; 28.01.2016, Ra 20015/21/0013). Gerade angesichts der hohen Gewaltbereitschaft des BF und der manifesten neuerlichen Tatbegehungsgefahr – die insbesondere aus dem Umstand resultiert, dass er über einen etwa achtjährigen Zeitraum insgesamt fünf Mal wegen ähnlicher oder gleichartiger Delikte strafgerichtlich verurteilt wurde – war der Wohlverhaltenszeitraum im Falle des BF entsprechend lange zu veranschlagen. Aus den dargelegten Umständen ergab sich ein Persönlichkeitsbild, bei dem angesichts der Verwerflichkeit und Nachhaltigkeit seiner Gewaltbereitschaft und der von ihm begangenen kriminellen Handlungen die begründete Befürchtung nahelag, er werde mit seinem Handeln auch künftig die öffentliche Sicherheit nachhaltig gefährden.

In der Beschwerde fanden sich keine diesen Erwägungen entgegenstehende Einwendungen. Soweit dort auf seine hiesige Integration hingewiesen wurde, war dem zu entgegnen, dass ihn in der Vergangenheit weder seine mehrfachen strafgerichtlichen Verurteilungen noch das verspürte Haftübel oder sein familiäres und privates Umfeld in Österreich von der Begehung weiterer Straftaten abgehalten haben.

1.5.3. Angesichts dieser Erwägungen fanden sich ausreichende Anhaltspunkte für die Annahme, dass aufgrund seines persönlichen Verhaltens sein weiterer Aufenthalt die öffentliche Sicherheit gefährdet. In der Gesamtbetrachtung dieser Aspekte war von einer nach wie vor als aufrecht zu erachtenden Gefahr für die öffentliche Sicherheit durch ihn auszugehen und die Erlassung einer Rückkehrentscheidung iVm einem – unten weiter erörterten – Einreiseverbot gegen ihn gerechtfertigt.

1.6. Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob sie einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Rechts des BF auf Achtung seines Privat- und Familienlebens in Österreich darstellt.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens iSd Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundenen Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR Kroon, VfGH 28.06.2003, G 78/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

die Bindungen zum Heimatstaat,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00).

In Ergänzung dazu verleiht weder die EMRK noch ihre Protokolle das Recht auf politisches Asyl (EGMR 30.10.1991, Vilvarajah ua., Zl. 13163/87 ua.; 17.12.1996, Ahmed, Zl. 25964/94; 28.02.2008 [GK] Saadi, Zl. 37201/06).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).

Aufenthaltsbeendende Maßnahmen beeinträchtigt das Recht auf Privatsphäre eines Fremden dann in einem Maße, der sie als Eingriff erscheinen lässt, wenn über jemanden eine Ausweisung verhängt werden soll, der lange in einem Land lebt, eine Berufsausbildung absolviert, arbeitet und soziale Bindungen eingeht, ein Privatleben begründet, welches das Recht umfasst, Beziehungen zu anderen Menschen einschließlich solcher beruflicher und geschäftlicher Art zu begründen (vgl. Wiederin in Korinek/Holoubek, Bundesverfassungsrecht, 5. Lfg., 2002, Rz 52 zu Art 8 EMRK).

Nach der Rechtssprechung des EGMR (vgl. aktuell SISOJEVA u.a. gg. Lettland, 16.06.2005, Bsw. Nr. 60.654/00) garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (zB. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht (wie im Fall SISOJEVA u.a. gg. Lettland) oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl. dazu BAGHLI gg. Frankreich, 30.11.1999, Bsw. Nr. 34374/97; ebenso die Rsp. des Verfassungsgerichtshofes; vgl. dazu VfSlg 10.737/1985; VfSlg 13.660/1993).

1.7. Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, müssen neben der Verwandtschaft noch weitere Umstände hinzutreten. So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgehen (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert.

Zwar lebt der BF mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt, angesichts seiner Volljährigkeit und Arbeitsfähigkeit, besteht jedoch kein sogenanntes Abhängigkeitsverhältnis zu diesen.

Auch aus der inzwischen fünfjährigen Beziehung mit seiner Lebensgefährtin resultiert, mangels gemeinsamem Wohnsitz und in Ermangelung feststellbarer finanzieller Abhängigkeiten, kein iSd Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben.

Demgegenüber hat er in Österreich zwei Töchter im Alter von derzeit zehn und zwei Jahren. Unabhängig vom getrennten Wohnsitz besteht daher eine familiäre Nahebeziehung iSd der Judikatur des EGMR zu Art. 8 EMRK zu diesen.

Es war daher zu prüfen, ob ein Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des BF im gegenständlichen Fall durch den Eingriffsvorbehalt des Art. 8 EMRK gedeckt ist und ein in einer demokratischen Gesellschaft legitimes Ziel, nämlich die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung iSd Art. 8 Abs. 2 EMRK, in verhältnismäßiger Weise verfolgt.

Zwar begründete der BF sein hiesiges Familienleben zu einem Zeitpunkt, als er über Aufenthaltstitel für Österreich verfügte, allerdings musste ihm zum Zeitpunkt der Geburt des zweiten Kindes, angesichts des Umstandes, dass ihm ab 07.09.2017 kein Daueraufenthaltstitel mehr zukam, bewusst sein, dass sein künftiger dauernder Verbleib in Österreich und damit die Fortsetzung seines hiesigen Familienlebens wegen der von ihm verübten Straftaten ungewiss ist. Selbst die Kenntnis davon, dass eine etwaige neuerliche Straffälligkeit aufenthaltsbeendende Maßnahmen bzw. die Nichterteilung weiterer Aufenthaltstitel durch die Aufenthaltsbehörde zur Folge haben kann, hielten ihn nicht davon ab erneut straffällig zu werden. Es müssten im Hinblick darauf nach der Judikatur des EGMR „außergewöhnliche Umstände“ vorliegen, damit sich sein Familienleben dennoch als schützenswert iSd Art. 8 EMRK darstellt.

Er leistet keinen Unterhalt für seine ältere Tochter. Für die jüngere Tochter leistet er zwar monatliche Unterhaltszahlungen von etwa 200 bis 250 Euro, allerdings sorgt in erster Linie die Kindsmutter durch ihre Erwerbstätigkeit und die finanzielle Unterstützung ihres Vaters fü

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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