TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/14 I421 2232246-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.07.2020
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Entscheidungsdatum

14.07.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §66 Abs1
FPG §67
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2
FPG §67 Abs4
FPG §70 Abs3
NAG §52 Abs1 Z1
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I421 2232246-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin Steinlechner als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Bulgarien, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom 04.05.2020, Zl. 1143061605/200106383 zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird insoweit stattgegeben, als das Aufenthaltsverbot auf 18 Monate herabgesetzt wird.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem oben im Spruch genannten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA oder belangte Behörde) vom 04.05.2020, zugestellt am 20.05.2020, wurde gegen den Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein für die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), dem BF gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass gegen den BF dreimal eine rechtskräftige Ausweisung erlassen worden sei, der BF kontinuierlich die österreichische Rechtsordnung auf dem Gebiet des geordneten Fremdenwesens missachtet habe, wodurch er die öffentliche Ordnung tatsächlich, gegenwärtig und erheblich gefährdet habe, zumal er ebenfalls die Voraussetzungen für den rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht erfülle und sich den Unterhalt im Bundesgebiet durch illegales Musizieren finanziere.

2. Mit 20.05.2020 erging ein Festnahmeauftrag seitens der belangten Behörde gemäß § 34 Abs 3 Z 3 BFA-VG.

3. Am 08.06.2020 wurde der BF im Zuge einer routinemäßigen Identitätsfeststellung aufgegriffen und in Schubhaft genommen. Am selben Tag wurde der BF von der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen. Dabei führte der BF im Wesentlichen aus, er sei zum Zwecke des Musizierens eingereist, habe € 50,--, und schlafe bei der Caritas. Auch seine Frau arbeite in Österreich, unterstütze ihn und wohne ebenfalls bei der Caritas.

4. Per Mandatsbescheid wurde am 09.06.2020 gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG die Schubhaft zum Zwecke der Sicherung der Abschiebung angeordnet.

5. Mit per E-Mail am 17.06.2020 beim BFA eingebrachtem Schriftsatz erhob der BF durch seine Rechtsvertretung gegen den im Spruch genannten Bescheid rechtzeitig Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF mit XXXX verheiratet sei, welche über eine Anmeldebescheinigung verfüge und einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgehe. Der BF als Ehegatte halte sich daher gemäß § 52 Abs 1 Z 1 NAG rechtmäßig im Bundesgebiet auf. Auch habe der BF in näherer Zukunft Aussicht darauf, einer geregelten Arbeit nachzugehen, er habe hierfür eine Einstellungszusage erhalten. Zudem sei der BF in Österreich unbescholten. Es werde daher beantragt, eine mündliche Verhandlung unter Einvernahme des BF und dessen Ehefrau durchzuführen, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben, in eventu die Dauer des Aufenthaltsverbots herabzusetzen.

6. Mit Datum 21.06.2020 war geplant, den BF per Flugzeug nach Bulgarien/Sofia abzuschieben.

7. Die gegenständliche Beschwerde sowie die bezughabenden Verwaltungsakten wurden von der belangten Behörde mit Schriftsatz vom 19.06.2020 dem Bundesverwaltungsgericht am 23.06.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der am XXXX geborene BF führt die im Spruch angeführte Identität (Name und Geburtsdatum) und ist bulgarischer Staatsangehöriger, verheiratet und Vater zweier volljähriger Kinder.

Der BF hielt sich beginnend mit April 2015 wiederholt in Österreich auf, jedoch größtenteils, ohne melderechtlich erfasst zu sein. Lediglich im Zeitraum vom 26.03.2018 bis zum 23.11.2018 war der BF mit Hauptwohnsitz im Bundesgebiet verzeichnet. Vom 05.04.2017 bis zum 08.04.2017, vom 03.11.2018 bis zum 06.11.2018 und vom 08.06.2020 bis zum 21.06.2020 war der BF im Polizeianhaltezentrum XXXX aufhältig.

Am 15.02.2017 wurde der BF, zum damaligen Zeitpunkt unverheiratet XXXX , beim „Bettelmusizieren“ ohne rechtmäßigen Aufenthaltstitel betreten, weswegen er mit Bescheid der belangten Behörde vom 15.02.2017, Zl 1143061605/170203723, gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG aus dem Bundesgebiet ausgewiesen und ihm gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung gewährt wurde.

Am 04.04.2017 wurde der BF neuerlich beim Straßenmusizieren in Zusammenhang mit Lärmerregung betreten. Nach Durchführung einer niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 05.04.2017 wurde gegenüber dem BF Schubhaft gemäß § 76 Abs 1 Z 1 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG angeordnet und der BF schließlich am 08.04.2017 per Flugzeug nach Bulgarien/Sofia abgeschoben.

Der BF reiste erneut ins Bundesgebiet ein und wurde am 06.03.2018 im Rahmen einer Blaulichtstreife angetroffen, wobei er im Rahmen einer niederschriftlichen Einvernahme am selbigen Tag im Wesentlichen angab, im Februar 2018 wieder nach Österreich eingereist zu sein, Musik zu machen, unterstandslos zu sein und kein Geld zu haben. Mit Bescheid des BFA vom 06.03.2018, Zl 1143061605/180223403, wurde der BF erneut gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen, gemäß § 70 Abs 3 FPG wurde ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung gewährt. Einer Ladung der belangten Behörde vom 14.05.2018 für einen Termin vor derselben am 17.07.2018 hinsichtlich seiner Ausreiseverpflichtung kam der BF nicht nach.

Bereits am 31.07.2018 wurde der BF neuerlich von der Polizei aufgegriffen und am selbigen Tag vor der belangten Behörde niederschriftlich einvernommen.

Am 03.11.2018 erfolgte neuerlich eine Anzeige gegen den BF, wo dieser beim Konsumieren alkoholischer Getränke und bei der Verteilung von Müll/Unrat über den dortigen Gehsteig angetroffen wurde. Es erfolgte am 04.11.2018 eine niederschriftliche Einvernahme vor der belangten Behörde, in dessen Rahmen der BF ausführte, nach der Aufforderung, das Bundesgebiet zu verlassen, dieses tatsächlich verlassen zu haben, jedoch drei Tage später wieder eingereist zu sein, über keine Barmittel zu verfügen und illegal zu musizieren. Über den BF wurde Schubhaft gemäß § 76 Abs 2 Z 2 FPG iVm § 57 Abs 1 AVG angeordnet und der BF am 06.11.2018 per Flugzeug nach Bulgarien/Sofia abgeschoben wurde.

Bereits am 29.11.2018 wurde der BF neuerlich unterstandslos und mittellos in Wien betreten, weswegen dem BF im Rahmen einer „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme“ mitgeteilt wurde, dass beabsichtigt werde, gegen ihn eine Ausweisung zu veranlassen. Unter Setzung einer vierzehntägigen Frist zur Stellungnahme trug die belangte Behörde ihm die Beantwortung einer Reihe von Fragen zu seiner persönlichen Situation auf und wies darauf hin, das Verfahren werde ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt, falls er die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht wahrnehme. Der BF nahm diese Möglichkeit nicht wahr. Mit Bescheid des BFA vom 20.12.2018, Zl 1143061605/181148914, wurde neuerlich gemäß § 66 Abs 1 FPG iVm § 55 Abs 3 NAG eine Ausweisung aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgesprochen sowie gemäß § 70 Abs 3 FPG ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat ab Durchsetzbarkeit der Entscheidung gewährt.

Am 03.04.2019 wurde BF neulich bei der Tätigkeit als Straßenmusikant betreten. Mit Schreiben der belangten Behörde vom selbigen Tag wurde dem BF mit einer „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, gegen ihn eine Ausweisung gemäß § 66 Abs 1 FPG zu erlassen. Unter Setzung einer vierzehntägigen Frist zur Stellungnahme trug die belangte Behörde ihm die Beantwortung einer Reihe von Fragen zu seiner persönlichen Situation auf und wies darauf hin, das Verfahren werde ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt, falls er die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht wahrnehme. Zudem erging ein Festnahmeantrag seitens der belangten Behörde gemäß § 34 Abs 3 Z 3 BFA-VG, eine solche verlief jedoch negativ. Der BF erstattete eine schriftliche Stellungnahme, bei der belangten Behörde eingelangt am 18. April 2019, samt Vorlage einer beglaubigt übersetzten Heiratsurkunde vom XXXX mit XXXX , einer Anmelderbescheinigung vom 15.04.2019 und einem Arbeitsvertrag vom 12.07.2018 derselben. Dabei führte der BF im Wesentlichen aus, er sei auf der Suche nach Arbeit am 04. Februar 2019 ins Bundesgebiet eingereist, um bei seiner Ehefrau zu sein, die in Österreich arbeite und ihn demnächst beim WGKK mitversichern werde und würde mit der Ehefrau bei Freunden und Bekannten wohnen und auf Wohnungssuche sein.

Mit Schreiben vom 28.06.2019 wurde der BF über seine Verpflichtung zur Ausreise sowie zur Möglichkeit zur Rückkehr in den Herkunftsstaat auf freiwilliger Basis informiert.

Am 23.11.2019 wurde der BF einer Identitätsfeststellung unterzogen, dem BF wurde mit selbigen Tag mit einer „Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme" mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, gegen ihn eine Ausweisung zu erlassen. Unter Setzung einer vierzehntägigen Frist zur Stellungnahme trug die belangte Behörde ihm überdies die Beantwortung einer Reihe von Fragen zu seiner persönlichen Situation auf und wies darauf hin, das Verfahren werde ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt, falls er die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht wahrnehme. Der BF erstattete keine Stellungnahme, habe sich aber entsprechend eines Schreibens vom 17.12.2019 vom Verein Menschenrechte Österreich für die freiwillige Rückkehr in sein Heimatland entschieden, wobei auch ein Flixbus-Ticket für den 19.12.2019 nach Sofia vorgelegt wurde. Am 23.12.2019 langte bei der belangten Behörde eine Ausreisebestätigung seitens des Vereins Menschenrechte Österreich ein.

Am 28.01.2020 wurde der BF abermals im Bundesgebiet angetroffen. Am selbigen Tag wurde dem BF mitgeteilt, dass beabsichtigt werde, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot gemäß § 76 Abs 1 FPG zu erlassen. Unter Setzung einer vierzehntägigen Frist zur Stellungnahme trug die belangte Behörde ihm überdies die Beantwortung einer Reihe von Fragen zu seiner persönlichen Situation auf und wies darauf hin, das Verfahren werde ohne nochmalige Anhörung aufgrund der Aktenlage fortgeführt, falls er die Möglichkeit zur Stellungnahme nicht wahrnehme. Der BF nahm diese Möglichkeit nicht wahr, weswegen mit 04.05.2020 der verfahrensgegenständliche Bescheid seitens der belangten Behörde erlassen wurde.

Gegen den BF wurde somit dreimalig eine rechtskräftige Ausweisung erlassen, wobei der BF am 08.04.2017 und am 06.11.2018 nach Bulgarien abgeschoben wurde. Es konnte nicht abschließend festgestellt werden, dass der BF am 21.06.2020 neuerlich nach Bulgarien abgeschoben wurde.

Der BF ist gesund und ist arbeitsfähig. Er hat 8 Jahre lang in Bulgarien die Schule besucht und verfügt über Berufserfahrung als Musiker sowie als Hilfsarbeiter beim Straßendienst. Er ging in Österreich ausschließlich der illegalen Tätigkeit als Straßenmusikant nach. Er ist nicht im Besitz einer gültigen Anmeldebescheinigung.

Der BF ist mit XXXX , einer bulgarischen Staatsbürgerin, seit dem XXXX verheiratet. Die Ehe wurde damit zu einem Zeitpunkt begründet, zu dem bereits dreimalig eine Ausweisung gegen den BF erlassen wurde und er bereits zweimal in seine Heimat abgeschoben worden war. XXXX war vom 12.08.2018 bis zum 25.06.2020 als Arbeiterin für die XXXX beschäftigt. Ein Eheleben mit hinreichend stark ausgeprägter Intensität sowie ein Zusammenleben mit XXXX konnte nicht festgestellt werden, zudem beziehen der BF und XXXX auch keinen gemeinsamen Wohnsitz.

Ansonsten verfügt der BF über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich. Die beiden volljährigen Kinder des BF sowie zwei Brüder und vier Schwestern leben in Bulgarien, wo auch der Lebensmittelpunkt des BF liegt und wo der BF Eigentümer eines kleinen Hauses ist. In Österreich verfügt der BF über keine maßgeblichen privaten Beziehungen. Der BF weist keinerlei Deutschkenntnisse auf.

Der BF ist strafrechtlich unbescholten.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Verfahrensgang

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.

2.2. Zum Sachverhalt:

Die Feststellungen basieren ebenfalls auf dem unbestrittenen Akteninhalt, den Angaben des BF in der Beschwerde und den Informationen aufgrund von Abfragen im Zentralen Melderegister, dem Zentralen Fremdenregister, dem Speicherauszug aus dem Betreuungsinformationssystem, den Sozialversicherungsdaten, dem Strafregister und einem AJ-Web Auszug von XXXX .

Die Identität und Staatsbürgerschaft des BF ergibt sich aus dem der belangten Behörde vorgelegten Personalausweis, Dokumentennummer XXXX . Die Feststellung, dass der BF verheiratet ist, ergibt sich aus der am XXXX beglaubigt übersetzten Heiratsurkunde, ausgestellten von der Republik Bulgarien. Dass der BF Vater zweier volljähriger Kinder ist, basiert auf dessen glaubhaften Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 08.06.2020 (Protokoll AS 421).

Der wiederholte Aufenthalt der BF in Österreich seit April 2015 ergibt sich einerseits aus den Anhaltungen und Anzeigen des BF sowie den ergangenen Bescheiden der belangten Behörde, andererseits auch aus den glaubhaften Angaben des BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde (Protokoll vom 15.02.2017, AS 29, Protokoll vom 05.04.2017, AS 67, Protokoll vom 06.03.2018, AS 98, Protokoll vom 04.11.2018, AS 168, schriftliche Stellungnahme, eingelangt am 18.04.2019, AS 273, Protokoll vom 08.06.2020, AS 421). Die melderechtliche Erfassung ergibt sich aus dem eingeholten Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

Die Feststellungen zu dem Verfahrensgang im Zeitraum zwischen Februar 2017 und der Bescheiderlassung am 04.05.2020, zur mehrmaligen Erlassung eines Ausweisungsbescheides und Durchführung von Abschiebungen, zur mehrmaligen Einreise und zum unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich basieren auf dem unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Dass gegen den BF dreimalig eine rechtskräftige Ausweisung erlassen wurde, ergibt sich aus den im Akt befindlichen Bescheiden (Bescheid vom 15.02.2017, Zl 1143061605/170203723; Bescheid vom 06.03.2018, Zl 1143061605/180223403 und Bescheid vom 20.12.2018, Zl 1143061605/181148914). Die Abschiebung des BF am 08.04.2017 ergibt sich aus dem Bericht des Stadpolizeikommandos XXXX vom 08.04.2017 (AS 96), ebenso wie jene vom 06.11.2018 (AS 209). Ob der BF am 21.06.2020 neuerlich nach Bulgarien abgeschoben wurde, konnte mangels Vorliegen eines polizeilichen Berichts trotz telefonischer Nachfrage bei der belangten Behörde nicht festgestellt werden.

Der Umstand, dass der BF gesund ist, ergibt aus den glaubhaften Angaben des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde (Protokoll vom 15.02.2017, AS 28, Protokoll vom 05.0.42017, AS 67, Protokoll vom 08.06.2020, AS 420) bzw. konnte auch aus dem gesamten Verfahrensakt nichts Gegenteiliges festgestellt werden. Dass der BF arbeitsfähig ist, ergibt sich im Umkehrschluss aus dem Gesundheitszustand des BF, weiters aus der Tatsache, dass der BF einer Tätigkeit als Straßenmusikant nachgehen konnte. Hinsichtlich Schulbesuch ist auf die glaubhaften Angaben des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde zu verweisen (Protokoll vom 15.02.2017, AS 29, schriftliche Stellungnahme, eingelangt am 18.04.2019, AS 273, Protokoll vom 08.06.2020, As 422) zu verweisen. Dass der BF Berufserfahrung als Musiker und als Hilfsarbeiter beim Straßendienst aufweist, ergibt sich einerseits aus den glaubhaften Angaben des BF im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 08.06.2020 (AS 422), zudem wurde der BF im Bundesgebiet auch mehrmals beim illegalen Straßenmusizieren angehalten. Basierend auf den Sozialversicherungsdatenauszug des BF wird ersichtlich, dass dieser in Österreich noch nie einer legalen Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nachgegangen ist. Der Umstand, dass der BF nicht im Besitz einer gültigen Anmeldebescheinigung ist, ergibt sich aus einem Auszug aus dem Zentralen Fremdenregister.

Die Ehe mit XXXX ergibt sich aus der am XXXX ausgestellten und beglaubigt aus dem Bulgarischen übersetzten Heiratsurkunde der Stadt XXXX , Nr. XXXX . Die Tatsache, dass diese Ehe nach drei rechtskräftigen Ausweisungen und nach zwei durchgeführten Abschiebungen eingegangen wurde, ergibt sich aus den Daten der erlassenen Ausweisungsbescheide sowie der Abschiebungsberichte des Stadtpolizeikommandos XXXX im Vergleich zum Eheschließungsdatum der vorgelegten Heiratsurkunde. Die Beschäftigung der Ehefrau des BF als Arbeiterin für die XXXX ist in deren Sozialversicherungsdatenauszug ersichtlich. Eine gewisse Beziehung zwischen den beiden wird nicht verkannt, jedoch vermochte es der BF nicht glaubhaft zu vermitteln, dass er mit XXXX ein Eheleben mit hinreichend stark ausgeprägter Intensität führt. Zwar gab er an, er wohne mit ihr in einer Einrichtung der Caritas (AS 422), jedoch erscheint dieses Vorbringen in Anbetracht dessen, dass XXXX bereits seit 10.04.2019 bei einem privaten Unterkunftgeber, nämlich XXXX , gemeldet ist und auch vom 24.08.2018 bis zum 14.01.2019 bei einem privaten Unterkunftgeber gemeldet war, als unglaubhaft. Der BF selbst ist nie an einem dieser Unterkünfte melderechtlich in Erscheinung getreten. Zur Unglaubhaftigkeit eines gemeinsamen Zusammenlebens trägt weiters bei, dass der BF nicht in der Lage war, die genaue Wohnadresse, wo beide zusammenwohnen würden, zu nennen. Auch seine eigenen Angaben im Rahmen seiner niederschriftlichen Einvernahme am 08.06.2020, wo er angab, bei der Caritas im XXXX zu schlafen, unter dem Namen XXXX gemeldet zu sein und einen Meldezettel aufzuweisen, entsprechen nicht der Realität und verstärkten den Eindruck eines unglaubhaften Vorbringens. Es konnte im Rahmen einer Abfrage aus dem Zentralen Melderegister weder unter dem Namen „ XXXX “, noch unter dem vorehelichen Namen „ XXXX “ Entsprechendes festgestellt werden. Auch die Angaben des BF hinsichtlich der Tätigkeit seiner Ehegattin gestalten sich als unglaubhaft. So gab der BF im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde am 08.06.2020 an, XXXX würde als Kindermädchen arbeiten. Entsprechend einem AJ-Web-Auszug arbeitete XXXX zu diesem Zeitpunkt jedoch bei der XXXX , bei welcher sie – entsprechend dem am 18.04.2019 vorgelegten Arbeitsvertrag (AS 276) – als Zimmermädchen / Reinigungskraft in Hotelgebäuden. Insgesamt betrachtet ist daher von keiner hinreichend stark ausgeprägten persönlichen Beziehung auszugehen. Widersprüchlich erscheint auch, dass bereits in der niederschriftlichen Einvernahme vom 31.07.2018 von einer „Gattin“ gesprochen wurde (AS 160), weiters im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 04.11.2018 vom BF ausgeführt wurde, er sei verheiratet und die Gattin im Bundesgebiet (AS 170) aufhältig, als Datum der Eheschließung entsprechend der Heiratsurkunde mit XXXX jedoch erst der 19.01.2019 angeführt ist. Der Umstand, dass der BF im Bundesgebiet ansonsten über keine familiären Anknüpfungspunkte verfügt, ergibt sich aus dessen glaubhaften Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahmen des BF, insbesondere jener vom 08.06.2020 (AS 422), wo der BF auf die Frage, ob er denn Familie oder Verwandte in Österreich bzw. der Europäischen Union habe, anführte „Meine Ehefrau lebt in Österreich. Sonst habe ich keine Verwandten oder Familienangehörige.“

Der Umstand, dass die beiden Kinder des BF sowie zwei Brüder und vier Schwestern in Bulgarien leben, ergibt sich aus den glaubhaften Angaben des BF vor der belangten Behörde im Rahmen der niederschriftlichen Einvernahme vom 08.06.2020 (AS 422), weiters auch die Feststellung zum Lebensmittelpunkt des BF in Bulgarien, wo der BF hinsichtlich der Frage, wo er seinen Lebensmittelpunkt habe, mit „Bulgarien“ antwortete (AS 421). Hinsichtlich dem Nichtbestehen maßgeblicher privater Beziehung führt der BF auf die Frage, ob er soziale (Freunde), wirtschaftliche oder sonstige Bindungen zu Österreich habe, selbst aus, „er habe Bekannte in Österreich, sonst keine Bindungen“. Es konnte daher nicht festgestellt werden, dass der BF über maßgebliche private Beziehungen im Bundesgebiet verfügt. Auch hinsichtlich der Deutschkenntnisse gab der BF selber an, er spreche nicht Deutsch, seine Muttersprache sei bulgarisch (AS 420).

Die strafrechtliche Unbescholtenheit des BF ergibt sich aus einer Abfrage aus dem Strafregister. Unter den Namen „ XXXX “, „ XXXX “ und „ XXXX “ schienen keinerlei Verurteilungen auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 NAG und § 2 Abs 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt. Gemäß § 2 Abs 1 Z 4 NAG und § 2 Abs 4 Z 8 FPG gilt als EWR-Bürger ein Fremder, der Staatsangehöriger einer Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) ist.

Der BF als bulgarischer Staatsangehöriger ist EWR-Bürger und folglich Fremder iSd. soeben angeführten Bestimmungen.

3.1. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.1.1 Rechtslage

Der mit "Aufenthaltsverbot" betitelte § 67 FPG idgF lautet:

§ 67 (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.

(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere

1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB);

3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder

4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.

(Anm.: Ab. 5 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

Der mit "Schutz des Privat- und Familienlebens" betitelte § 9 BFA-VG idgF lautet wie folgt:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.

Der mit "Bescheinigung des Daueraufenthalts von EWR-Bürgern" betitelte § 53a NAG lautet wie folgt:

§ 53a (1) EWR-Bürger, denen das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht zukommt (§§ 51 und 52), erwerben unabhängig vom weiteren Vorliegen der Voraussetzungen gemäß §§ 51 oder 52 nach fünf Jahren rechtmäßigem und ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet das Recht auf Daueraufenthalt. Ihnen ist auf Antrag nach Überprüfung der Aufenthaltsdauer unverzüglich eine Bescheinigung ihres Daueraufenthaltes auszustellen.

(2) Die Kontinuität des Aufenthalts im Bundesgebiet wird nicht unterbrochen von

1. Abwesenheiten von bis zu insgesamt sechs Monaten im Jahr;

2. Abwesenheiten zur Erfüllung militärischer Pflichten oder

3. durch eine einmalige Abwesenheit von höchstens zwölf aufeinander folgenden Monaten aus wichtigen Gründen wie Schwangerschaft und Entbindung, schwerer Krankheit, eines Studiums, einer Berufsausbildung oder einer beruflichen Entsendung.

(3) Abweichend von Abs 1 erwerben EWR-Bürger gemäß § 51 Abs 1 Z 1 vor Ablauf der Fünfjahresfrist das Recht auf Daueraufenthalt, wenn sie

1. zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Erwerbsleben das Regelpensionsalter erreicht haben, oder Arbeitnehmer sind, die ihre Erwerbstätigkeit im Rahmen einer Vorruhestandsregelung beenden, sofern sie diese Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet mindestens während der letzten zwölf Monate ausgeübt und sich seit mindestens drei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben;

2. sich seit mindestens zwei Jahren ununterbrochen im Bundesgebiet aufgehalten haben und ihre Erwerbstätigkeit infolge einer dauernden Arbeitsunfähigkeit aufgeben, wobei die Voraussetzung der Aufenthaltsdauer entfällt, wenn die Arbeitsunfähigkeit durch einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit eingetreten ist, auf Grund derer ein Anspruch auf Pension besteht, die ganz oder teilweise zu Lasten eines österreichischen Pensionsversicherungsträgers geht, oder

3. drei Jahre ununterbrochen im Bundesgebiet erwerbstätig und aufhältig waren und anschließend in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwerbstätig sind, ihren Wohnsitz im Bundesgebiet beibehalten und in der Regel mindestens einmal in der Woche dorthin zurückkehren;

Für den Erwerb des Rechts nach den Z 1 und 2 gelten die Zeiten der Erwerbstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Zeiten der Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet. Zeiten gemäß § 51 Abs 2 sind bei der Berechnung der Fristen zu berücksichtigen. Soweit der Ehegatte oder eingetragene Partner des EWR-Bürgers die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder diese nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat, entfallen die Voraussetzungen der Aufenthaltsdauer und der Dauer der Erwerbstätigkeit in Z 1 und 2.

(4) EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern gemäß § 51 Abs 1 Z 1 sind, erwerben ebenfalls das Daueraufenthaltsrecht, wenn der zusammenführende EWR-Bürger das Daueraufenthaltsrecht gemäß Abs 3 vorzeitig erworben hat oder vor seinem Tod erworben hatte, sofern sie bereits bei Entstehung seines Daueraufenthaltsrechtes bei dem EWR-Bürger ihren ständigen Aufenthalt hatten.

(5) Ist der EWR-Bürger gemäß § 51 Abs 1 Z 1 im Laufe seines Erwerbslebens verstorben, bevor er gemäß Abs 3 das Recht auf Daueraufenthalt erworben hat, so erwerben seine Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind und die zum Zeitpunkt seines Todes bei ihm ihren ständigen Aufenthalt hatten, das Daueraufenthaltsrecht, wenn

1. sich der EWR-Bürger zum Zeitpunkt seines Todes seit mindestens zwei Jahren im Bundesgebiet ununterbrochen aufgehalten hat;

2. der EWR-Bürger infolge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit verstorben ist, oder

3. der überlebende Ehegatte oder eingetragene Partner die österreichische Staatsangehörigkeit nach Eheschließung oder Begründung der eingetragenen Partnerschaft mit dem EWR-Bürger verloren hat.

Der mit "Ausweisung" betitelte § 66 FPG lautet wie folgt:

§ 66 (1) EWR-Bürger, Schweizer Bürger und begünstigte Drittstaatsangehörige können ausgewiesen werden, wenn ihnen aus den Gründen des § 55 Abs 3 NAG das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nicht oder nicht mehr zukommt, es sei denn, sie sind zur Arbeitssuche eingereist und können nachweisen, dass sie weiterhin Arbeit suchen und begründete Aussicht haben, eingestellt zu werden; oder sie bereits das Daueraufenthaltsrecht (§§ 53a, 54a NAG) erworben haben; im letzteren Fall ist eine Ausweisung nur zulässig, wenn ihr Aufenthalt eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt.

Der mit „Aufenthaltsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern“ betitelte § 52 NAG lautet:

§ 52 (1) Auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie sind EWR-Bürger, die Angehörige von unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürgern (§§ 51 und 53a) sind, zum Aufenthalt für mehr als drei Monate berechtigt, wenn sie

1.       Ehegatte oder eingetragener Partner sind;

2.       […]

3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Die Bestimmungen der § 67 Abs 1 und 2 FPG und § 66 Abs 1 FPG sind vor dem Hintergrund der unionsrechtlichen Vorgaben der Richtlinie 2004/38/EG - Freizügigkeitsrichtlinie, deren Umsetzung sie dienen, zu verstehen. Demnach sind sie in ihrem Zusammenspiel dahin auszulegen, dass hinsichtlich Personen, die das Daueraufenthaltsrecht erworben haben, nicht nur bei der Ausweisung, sondern auch bei der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes der in § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG vorgesehene Gefährdungsmaßstab, der jenem in Art 28 Abs 2 der genannten Richtlinie entspricht, heranzuziehen ist (vgl. VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181; VwGH 12.03.2013, 2012/18/0228). Dieser Maßstab liegt im abgestuften System der Gefährdungsprognosen über dem Gefährdungsmaßstab nach dem ersten und zweiten Satz des § 67 Abs 1 FPG (vgl. VwGH 24.10.2019, Ra 2019/21/0205).

Ein Daueraufenthaltsrecht gemäß § 53a NAG kommt dem BF jedoch nicht zu, da er sich nicht fünf Jahre rechtmäßig und mit ununterbrochenem Aufenthalt im Bundesgebiet aufgehalten hat. Vielmehr wurde der BF dreimal rechtskräftig ausgewiesen und vor Erlassung des Aufenthaltsverbotes nachweislich zweimal abgeschoben. Dabei ist der BF trotz Ausreiseverpflichtung entweder illegal im Bundesgebiet verblieben oder kurze Zeit später wieder eingereist.

Da der BF die Voraussetzung eines durchgehenden rechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet seit mehr als 5 Jahren iSd. § 53a NAG nicht erfüllt, kommt für ihn der Prüfungsmaßstab des § 66 Abs 1 letzter Satzteil FPG (vgl. VwGH 22.01.2014, 2013/21/0135; VwGH 12.03.2013, 2012/18/0228, VwGH 13.12.2012, 2012/21/0181), nämlich, dass sein Aufenthalt eine „schwerwiegende“ Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt, nicht zur Anwendung.

Entsprechend § 67 Abs 1 NAG ist daher die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist, wobei auf das persönliche Verhalten abzustellen ist, das eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen muss, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahme begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Nach der Rechtsprechung ist "bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils anzuwendende Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Für diese Beurteilung ist demnach nicht das Vorliegen von rechtskräftigen Bestrafungen oder Verurteilungen, sondern das diesen zu Grunde liegende Verhalten des Fremden maßgeblich (vgl. VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0143). Auch ein festgestelltes Fehlverhalten eines Fremden, das (noch) nicht zu einer gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Bestrafung geführt hat, kann zur Beurteilung der für ein Aufenthaltsverbot erforderlichen Gefährdungsprognose herangezogen werden (vgl. VwGH 23.3.2017, Ra 2016/21/0349) (VwGH 03.07.2018, Ra 2018/21/008).

Trotz am 07.05.2018 rechtskräftig gewordener zweiter Ausweisung und der Möglichkeit, auf freiwilliger Basis ins Heimatland zurückzukehren, verblieb der BF im Bundesgebiet, kam einer postalisch ergangenen Einladung hinsichtlich der Ausreiseverpflichtung vor der belangten Behörde nicht nach und konnte erst im Rahmen einer Festnahme am 31.07.2018 aufgrund einer polizeilichen Identitätsfeststellung festgenommen und einvernommen werden, wobei der BF seine Absicht, illegal als Straßenmusikant Einnahmen lukrieren zu können, kundtat. Entsprechend seiner eigenen Angaben verließ er dann das Bundesgebiet, kam allerdings bereits drei Tage später wieder zurück und wurde dann am 03.11.2018 wiederum von der Polizei betreten. Es erging daher mit 20.12.2018 erneut ein (dritter) Ausweisungsbescheid seitens der belangten Behörde. Der BF gab an, ein Busticket nach Bulgarien kaufen und ausreisen zu wollen. Am 03.04.2019 wurde der BF neuerlich von der Polizei aufgegriffen, eine Festnahme aufgrund eines Festnahmeauftrags der belangten Behörde verlief am 12.04.2019 negativ.

Insgesamt ließ sich der BF trotz mehrmaliger Ausweisung samt Abschiebung nicht davon aufhalten, rasch ins Bundesgebiet zurückzukehren oder gar im Bundesgebiet zu verbleiben. Der BF zeigt dadurch ein Verhalten, welches darauf schließen lässt, dass er einem geordneten Fremdenwesen im Bundesgebiet keinerlei Bedeutung beimisst. Durch sein Verhalten hat der BF über einen langen Zeitraum hinweg maßgeblich und nachhaltig die österreichische Rechtsordnung, insbesondere die geltenden einreise- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen, missachtet und die gegen ihn bereits bestehenden Aufenthaltsverbote iZm den diesbezüglichen fremdenrechtlichen Vorschriften beharrlich ignoriert. Die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet eines geregelten Fremdenwesens wird dadurch gefährdet und ein Grundinteresse der Gesellschaft an einem geregelten Fremdenwesen verletzt. Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften kommt aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Dies trifft auch auf die Überlegung zu, dass ein (sonstiges) Wohlverhalten der Fremden deren Interesse an einem Verbleib in Österreich nicht wesentlich verstärken kann (Hinweis E 4. September 2003, 2003/21/0085) (vgl. VwGH 31.08.2006, 2006/21/0140).

Aus dem Gesamtverhalten des BF ist weiters abzuleiten, dass dieser einer neuerlichen Ausweisung wiederum keine Folge leisten bzw. einen entsprechenden Bescheid negieren wird. Den Interessen an einem Verbleib im Bundesgebiet des BF steht somit ein großes öffentliches Interesse an einem geordneten Fremdenwesen gegenüber (vgl. VwGH 26.04.2018, Ra 2018/21/0062; VwGH 15.03.2018, Ra 2018/21/0034).

Ungeachtet dessen ging der BF auch regelmäßig einer illegalen Tätigkeit als Straßenmusikant nach. Auch an der Verhinderung von Schwarzarbeit besteht ein großes öffentliches Interesse (vgl. VwGH 27.04.2000, 2000/02/0088).

Gesamtheitlich betrachtet beeinträchtigt daher der bisherige Aufenthalt des BF im Bundesgebiet die Interessen der Gesellschaft an Ordnung und Sicherheit für die Bevölkerung.

Auch im Hinblick auf § 9 BFA-VG konnte nicht von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden.

Zwar ist der BF mit XXXX entsprechend der vorgelegten Heiratsurkunde verheiratet und wird eine gewisse Beziehung zwischen den beiden auch nicht verkannt, jedoch besteht zwischen den Eheleuten kein Eheleben mit hinreichend stark ausgeprägter Intensität (siehe Beweiswürdigung unter Punkt II, 2.2.), auch leben die Eheleute nicht zusammen. Weiters wurde die Ehe erst zu einem Zeitpunkt begründet, nachdem bereits drei rechtskräftige Ausweisungen gegen den BF vorlagen. Andere familiären Bezugspunkte wurden in Österreich nicht festgestellt, alle Verwandten und Familienmitglieder des BF befinden sich in Bulgarien. Zwar führte der BF an, in Österreich Bekannte zu haben, jedoch relativierte er diese dahingehend selbst, dass er bis auf diese Bekannten keine Bindungen zu Österreich habe und auch nicht Deutsch spricht.

Angesichts des Verhaltens in Bezug auf die Aufenthaltsverbote des BF ist davon auszugehen, dass die Erlassung eines gegen die BF gerichteten Aufenthaltsverbotes gemäß § 9 BFA-VG zulässig ist, ist es doch zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele, insbesondere in Hinblick auf die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet eines geregelten Fremdenwesens und der Bekämpfung von Schwarzarbeit erforderlich.

Die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sind demnach höher zu gewichten als die gegenläufigen privaten Interessen der BF. Die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs 1 iVm Abs 2 FPG liegen gegenständlich vor und ist unter den gegebenen Umständen die Erlassung eines solchen auch im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 9 BFA-VG als zulässig zu werten.

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, dem BF stehe gemäß § 52 Abs 1 Z 1 NAG als Ehegatten einer unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten Person rechtmäßig ein Aufenthaltsrecht im Bundesgebiet zu, so gilt es dabei zu beachten, dass ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht nicht bedingungslos zusteht bzw. ein solches nicht ohne Weiteres erlangt wird. So besteht ein derartiges Aufenthaltsrecht insbesondere dann nicht, wenn eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt (siehe § 55 Abs 3 NAG 2005), was im Sinn des Art 27 der Freizügigkeitsrichtlinie (§ 2 Abs 4 Z 18 FrPolG 2005) dann der Fall ist, wenn das persönliche Verhalten des Fremden eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Gegebenenfalls kann der betreffende EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige (wie der BF als Ehegatte) gemäß § 41a Abs 1 Z 5 FrPolG 2005 zurückgewiesen oder, wenn er sich schon im Bundesgebiet befindet, mit einer Ausweisung nach § 66 FrPolG 2005 oder einem Aufenthaltsverbot nach § 67 FrPolG 2005 belegt werden (vgl. VwGH 14.11.2017, Ra 2017/21/0151). Da gerade ein solches Aufenthaltsverbot hinsichtlich dem BF geboten erscheint, kommt § 52 Abs 1 Z 1 NAG beim BF nicht zu tragen.

Was die gewählte Dauer des Aufenthaltsverbotes betrifft, bewegt sich diese innerhalb des dem der belangten Behörde zur Verfügung stehenden Rahmens, welcher nach § 67 Abs 2 FPG ein Aufenthaltsverbot für die Dauer bis zu höchstens 10 als zulässig erachtet. Jedoch erscheint die Bemessung des Aufenthaltsverbotes mit einer Dauer von 2 Jahren als nicht geboten. Dem erkennenden Gericht erscheint ein Zeitraum von 18 Monate als ausreichend, um dem gesetzten Verhalten des BF wirksam zu begegnen und eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den fremdenrechtlichen Bestimmungen zu bewirken und wird man danach (bei einem Wohlverhalten) nicht mehr von einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, welche vom BF ausgehe, sprechen können. Die Dauer des Aufenthaltsverbotes war somit antragsgemäß zu reduzieren und auf 18 Monate herabzusetzen. Ein Einreiseverbot in dieser Dauer ist notwendig, aber auch ausreichend, um dem bisher gesetzten Verhalten des BF wirksam zu begegnen und eine nachhaltige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den fremdenrechtlichen Bestimmungen und zur Verrichtung von Schwarzarbeit zu bewirken.

3.2. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides

3.2.1 Rechtslage

Der mit "Ausreiseverpflichtung und Durchsetzungsaufschub" betitelte § 70 FPG lautet:

§ 70 (1) Die Ausweisung und das Aufenthaltsverbot werden spätestens mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar; der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige hat dann unverzüglich auszureisen. Der Eintritt der Durchsetzbarkeit ist für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde.

(Anm.: Abs 2 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 87/2012)

(3) EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen ist bei der Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

(4) Der Durchsetzungsaufschub ist zu widerrufen, wenn

1. nachträglich Tatsachen bekannt werden, die dessen Versagung gerechtfertigt hätten;

2. die Gründe für die Erteilung weggefallen sind oder

3. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige während seines weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet ein Verhalten setzt, das die sofortige Ausreise aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit gebietet.

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Zur Versagung des Durchsetzungsaufschubes ist festzuhalten, dass in Hinblick auf das vom BF gesetzte Verhalten in Zusammenhang mit der Missachtung des geordneten Fremdenwesens es vordringlicher Zweck ist, den BF tatsächlich in Hinblick auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit, zu einer Ausreise anzuhalten bzw. das verhängte Aufenthaltsverbot wirksam durchzusetzen. Ein erneutes Missachten seiner Verpflichtung zur Ausreise bzw. ein Untertauchen des BF erscheint außerordentlich wahrscheinlich, um sich neuerlich einer fremdenrechtlichen Maßnahme zu entziehen. Eine sofortige Ausreise im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit ist daher geboten.

Die belangte Behörde hat daher im Ergebnis zutreffend keinen Durchsetzungsaufschub gemäß § 70 Abs 3 FPG erteilt.

3.3. Zu Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides

3.3.1 Rechtslage

Gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG kann bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

3.3.2 Anwendung der Rechtslage auf den vorliegenden Fall

Zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde ist auszuführen, dass der BF seit 2015 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig ist und trotz rechtskräftiger Ausweisung entweder nach kurzer Zeit ins Bundesgebiet zurückgekehrt, oder überhaupt im Bundesgebiet verblieben ist. Die sofortige Ausreise ist daher im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich, weshalb der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung ebenfalls zu Recht erfolgt ist.

4. Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht.

Es wurden alle für die BF sprechenden Tatsachen der Entscheidung zugrunde gelegt und musste sich der erkennende Richter kein eigenes Bild mehr von der BF machen. Zwar kommt der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks im Rahmen der mündlichen Verhandlung besondere Bedeutung zu (VwGH 23.03.2017, Ra 2016/21/0349 (und das auch in Bezug auf die für die Abwägung nach Art 8 EMRK relevanten Umstände. Daraus ist aber keine "absolute" (generelle) Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung im Verfahren über aufenthaltsbeendende Maßnahmen abzuleiten. In eindeutigen Fällen, bei denen bei Berücksichtigung aller zugunsten des Fremden sprechenden Fakten auch dann für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn sich das Verwaltungsgericht von ihm einen positiven persönlichen Eindruck verschafft, kann auch eine beantragte mündliche Verhandlung unterbleiben (VwGH 18.10.2017, Ra 2017/19/0422).

Das Gericht musste sich keinen persönlichen Eindruck vom BF verschaffen, da es sich um einen solchen eindeutigen Fall in dem Sinne handelt, dass auch bei Berücksichtigung aller zugunsten der Fremden sprechenden Fakten für ihn kein günstigeres Ergebnis zu erwarten ist, wenn der persönliche Eindruck ein positiver ist.

Zu Spruchteil B):

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung

aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf der oben in der rechtlichen Beurteilung angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs.

Schlagworte

Aufenthalt im Bundesgebiet Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung - Entfall Durchsetzungsaufschub Ehe EWR-Bürger Gefährdung der Sicherheit Gefährdungsprognose illegale Beschäftigung illegale Einreise illegaler Aufenthalt Interessenabwägung öffentliche Interessen öffentliche Ordnung öffentliche Sicherheit Privat- und Familienleben private Interessen Unionsbürger Verwaltungsübertretung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2232246.1.00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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