TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/22 W195 2224089-3

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Veröffentlicht am 22.07.2020
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Entscheidungsdatum

22.07.2020

Norm

AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §33 Abs1
VwGVG §7 Abs4

Spruch

W195 2224089-3/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 22.01.2020, XXXX zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 33 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat weiters durch den Vizepräsidenten Dr. Michael Sachs als Einzelrichter über die (neuerliche) Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Bangladesch, vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 28.08.2019, XXXX beschlossen:

B)

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

C)

Die Revision ist hinsichtlich der Spruchteile A und B gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

I.1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), Staatsangehörigkeit Bangladesch, stellte am 23.10.2017 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

I.2. Mit Beschluss vom 07.02.2018 übertrug das Bezirksgericht (im Folgenden: BG) XXXX dem Ehemann der Schwester des BF die Obsorge. Diesem Beschluss liegt der 26.11.2001 als Geburtsdatum des BF zugrunde.

I.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) holte ein Sachverständigengutachten ein, demzufolge das „fiktive“ Geburtsdatum des BF der 12.07.2001 sei. Dies brachte die Behörde sowohl dem BF bzw. seinem damaligen Obsorgeberechtigten als auch dem BG XXXX zur Kenntnis. Das BG XXXX verfügte die Aktualisierung des Geburtsdatums des BF im gerichtlichen Register (Verfahrensautomation Justiz), nahm aber keine Änderung oder Berichtigung des Beschlusses vom 07.02.2018 vor.

I.4. Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens stellte das BFA den Bescheid vom 28.08.2019, XXXX , dem Obsorgeberechtigten des BF zu. Mit diesem Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des BF auf internationalen Schutz sowohl hinsichtlich des Status des Asylberechtigten als auch hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab (Spruchpunkte I. und II.), erteilte keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.) und erließ eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Die Abschiebung des BF nach Bangladesch sei zulässig (Spruchpunkt V.), die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt VI.).

I.5. Mit E-Mail vom 25.09.2019 brachte XXXX beim BFA eine Beschwerde gegen diesen Bescheid ein, in der er sich auf eine von BF – angeblich – erteilte Vollmacht berief. Der BF habe XXXX mit seiner Vertretung beauftragt und bevollmächtigt.

I.6. Das Bundesverwaltungsgericht forderte den Obsorgeberechtigten des BF dazu auf, nach Möglichkeit unter Anschluss von Nachweisen, schriftlich darzulegen, ob er den genannten Rechtsanwalt XXXX zur Vertretung des BF bevollmächtigt habe bzw. ob er eine allfällige Bevollmächtigung von Rechtsanwalt XXXX durch den BF nachträglich genehmige. Innerhalb der gesetzten Frist langte beim Bundesverwaltungsgericht keine Stellungnahme oder eine Genehmigung ein.

Ferner forderte das Bundesverwaltungsgericht Herrn XXXX dazu auf, nach Möglichkeit unter Anschluss von Nachweisen, schriftlich darzulegen, wer ihn wann zur Vertretung des BF bevollmächtigt habe. Der Rechtsanwalt brachte dazu vor, dass ihn der BF am 11.09.2019 zur rechtsfreundlichen Vertretung bevollmächtigt habe, und legte eine entsprechende, von BF unterzeichnete, Vollmachtsurkunde vor.

I.7. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.12.2019, L527 2224089-1/8E, wurde die Beschwerde vom 25.09.2019 als unzulässig zurückgewiesen, weil der BF selbst und nicht dessen Obsorgeberechtigter des Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt hatte und der BF für die Bevollmächtigung des Rechtsanwaltes jedenfalls in Bezug auf die Beschwerdeerhebung an das Bundesverwaltungsgericht und das entsprechende Beschwerdeverfahren, eines Vertreters, also seines Obsorgeberechtigten, bedurft hätte.

I.8. Am 20.12.2019 stellte der BF durch den genannten Rechtsanwalt einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob unter einem Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.08.2019. Den Antrag auf Wiedereinsetzung begründete er im Wesentlichen damit, im vorgelagerten Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht habe der Obsorgeberechtigte des BF keine Stellungnahme erstattet, weil er der deutschen Sprache nicht mächtig sei und das Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verstanden habe. Darüber hinaus sei die Rechtsmittelfrist versäumt worden, weil der Bescheid am Rubrum fälschlich eine Angabe enthalten habe (namentlich ein falsches Geburtsdatum des BF), aus der geschlossen werden könne, dass der BF zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes berechtigt sei. Eine inhaltliche Befassung der diesem Antrag angeschlossenen Beschwerde kann für die vorliegende Entscheidung wegen Entscheidungsunwesentlichkeit auf sich beruhen.

I.9. Mit dem nunmehr ebenfalls in Beschwerde gezogenen Bescheid vom 22.01.2020 wies das BFA den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 33 Abs. 1 VwGVG ab (Spruchpunkt I.) und erkannte dem Antrag auf Wiedereinsetzung gem. § 33 Abs. 4 VwGVG aufschiebende Wirkung zu (Spruchpunkt II.). Den alleine beschwerdegegenständlichen Spruchpunkt I. begründete das BFA im Wesentlichen mit dem Umstand, dass eine ordnungsgemäße Zustellung an den Obsorgeberechtigten des BF erfolgt sei und kein unabwendbares Ereignis vorgelegen hätte, welches den Obsorgeberechtigten des BF daran gehindert hätte, selbst den genannten Rechtsanwalt mit der Vertretung des BF zu beauftragen.

I.10. Mit Schriftsatz vom 19.02.2020 erhob der BF, nunmehr vertreten durch den Rechtsanwalt, sowohl Beschwerde gegen den unter I.9. dargestellten Bescheid vom 22.01.2020 als auch eine Solche gegen den unter I.4. dargestellten Bescheid vom 28.08.2019.

Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 22.01.2020 wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Familienangehörigen des BF im Bundesgebiet allesamt nicht der deutschen Sprache mächtig seien und das unter I.6. dargestellte Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes nicht verstanden hätten, weshalb sein Obsorgeberechtigter untätig geblieben sei. Auch den ausgewiesenen Rechtsvertreter treffe kein Verschulden bzw. nur ein minderer Grad des Versehens, weil das Rubrum des Bescheides fälschlich ein Geburtsdatum enthalten habe, aus dem geschlossen werden habe können, dass der BF zur Beauftragung eines Rechtsanwaltes auf Grund seiner Volljährigkeit berechtigt gewesen sei.

In der vorliegenden Beschwerde wurden die Anträge gestellt, der Beschwerde Folge zu geben, in eventu, den Bescheid zu beheben und zur Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückzuverweisen, sowie eine mündliche Verhandlung anzuberaumen.

Da die Beschwerde gegen den Bescheid vom 28.08.2019 verspätet ist und die Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit dieser Entscheidung abgewiesen wird, erübrigt sich eine weitergehende inhaltliche Befassung mit dieser Beschwerde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

II.1. Feststellungen:

II.1.1. Der Bescheid des BFA vom 28.08.2019, XXXX wurde dem zu diesem Zeitpunkt Obsorgeberechtigten XXXX geb. 10.10.1979 (Beschluss des BG XXXX vom 07.02.2019, XXXX Vorakt 255) des BF am 02.09.2019 rechtswirksam durch Hinterlegung zugestellt (Vorakt 581). Dagegen erhob XXXX mit Schriftsatz vom 25.09.2019 Beschwerde (Vorakt 589 ff.).

II.1.2. Mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.12.2019 XXXX , wurde im vorangegangenen Verfahren rechtskräftig festgestellt, dass der BF selbst einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragt hat. Weil der BF aber zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung minderjährig gewesen ist, wäre sein Obsorgeberechtigter XXXX gehalten gewesen, einen Rechtsfreund mit der Vertretung des BF zu beauftragen, weshalb mangels rechtsrichtig erteilter Vollmacht diese Beschwerde zurückzuweisen war.

II.1.3. Festgestellt wird, dass das BG XXXX das Geburtsdatum 26.11.2001 beschlussmäßig festsetzte (Vorakt 255), dieses in weiterer Folge jedoch nicht berichtigte, sodass der BF mit Ablauf des 25.11.2019 die Volljährigkeit erreichte.

II.1.4. Festgestellt wird, dass im Bescheid des BFA vom 28.08.2019 als Geburtsdatum der 12.07.2001 angeführt wurde, gleichzeitig aber auch als Obsorgeberechtigter der XXXX angeführt wurde (Vorakt 507). Festgestellt wird, dass dieser Umstand eines bestehenden „Obsorgeberechtigten“ offensichtlich war und einem sorgfältigen Rechtsvertreter auffallen hätte müssen, was auch in der bezughabenden Beschwerde vom 25.09.2019 tatsächlich erfolgte.

II.2. Beweiswürdigung:

II.2.1. Die getroffenen Feststellungen ergeben sich zweifelsfrei aus den Verwaltungsakten, insbesondere aus der Beschwerde, den Bescheid sowie dem angeführten Beschluss des BVwG vom 12.12.2019.

II.2.2. Notorisch (und im Bescheid auch dargestellt) ist, dass im Asylverfahren Geburtsdaten lediglich der Identifikation der jeweiligen Personen dienen und darüber hinaus keine Rechtswirkungen entfalten. Es ist Sache der ordentlichen Gerichte, in Pflegschaftsverfahren ein rechtsgültiges Geburtsdatum von in Österreich aufhältigen Personen festzustellen, was im Falle des BF durch das BG Neunkirchen (Vorakt 255) erfolgt ist. Wenn der nunmehrige Beschwerdeführervertreter in seiner Beschwerde ausführt, aufgrund welcher Umstände der BF bzw. seine Verwandten kein Verschulden träfe, weil sie allesamt der deutschen Sprache nicht hinreichend mächtig wären (AS 38 f.), so ist dies unerheblich. Wie aus der rechtlichen Ausführung erhellt, ist ein Verschulden des Vertreters der Partei zuzurechnen wie ihr eigenes. Dem Rechtsvertreter bzw. seinen Kanzleimitarbeitern hätte auffallen müssen, dass nach dem im Rubrum des Bescheides genannten Geburtsdatum zwar von einem volljährigen BF auszugehen wäre, das BFA gleich darunter aber dennoch den Obsorgeberechtigten XXXX angeführt hat (Vorakt 507). Man hätte schon aufgrund dieser Auffälligkeit Verdacht schöpfen müssen, dass der BF nicht selbst rechtlich in der Lage sein könnte, selbständig einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen und entsprechende klärende Schritte vor der Beschwerdeerhebung setzen müssen. Eine derartige Sorgfalt hat ein Rechtsanwalt jedenfalls walten zu lassen und es ist nicht von einem minderen Grad des Versehens auszugehen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus der seinerzeitigen Bescheidbeschwerde vom 25.09.2019 des anwaltlich vertretenen BF, welcher sich auf Seite 3, 3. Absatz, der Beschwerde auf den Beschluss des BG Neunkirchen bezieht.

II.3. Rechtliche Beurteilung:

II.3.1. Zu A:

§ 28 Abs. 1 VwGVG lautet:

„(1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.“

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 71 Abs. 1 Z 1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

Gemäß Abs. 2 leg. cit. muss der Antrag auf Wiedereinsetzung binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses oder nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Berufung Kenntnis erlangt hat, gestellt werden.

Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu untersuchen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers in seinem Antrag gestellt wird (vgl. Verwaltungsgerichtshof [im Folgenden: VwGH] 22.02.2001, 2000/20/0534). Den Wiedereinsetzungswerber trifft somit die Pflicht, alle Wiedereinsetzungsgründe innerhalb der gesetzlichen Frist vorzubringen und glaubhaft zu machen; es ist nicht Sache der Behörde, tatsächliche Umstände zu erheben, die einen Wiedereinsetzungsantrag bilden könnten (VwGH 22.03.2000, 99/01/0268 unter Bezugnahme auf das dg. Erkenntnis vom 28.01.1998, 97/01/0983). Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH bleibt die Partei im Verfahren wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an den im Antrag vorgebrachten Wiedereinsetzungsgrund gebunden. Eine Auswechslung dieses Grundes im Berufungsverfahren ist rechtlich unzulässig (vgl. VwGH 28.02.2000, 99/17/0317; VwGH 30.11.2000, 99/20/0543; VwGH 25.02.2003, 2002/10/0223).

Nach ständiger Judikatur des VwGH ist ein Ereignis „unabwendbar“, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann. Ein Ereignis ist „unvorhergesehen“, wenn die Partei es tatsächlich nicht mit einberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Das im Begriff der „Unvorhergesehenheit“ gelegene Zumutbarkeitsmoment ist dahingehend zu verstehen, dass die erforderliche zumutbare Aufmerksamkeit dann noch gewahrt ist, wenn der Partei (ihrem Vertreter) in Ansehung der Wahrung der Frist nur ein „minderer Grad des Versehens“ unterläuft. Ein solcher „minderer Grad“ des Versehens (§ 1332 ABGB) liegt nur dann vor, wenn es sich um leichte Fahrlässigkeit handelt, also dann, wenn ein Fehler begangen wird, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch macht (VwGH 22.01.1992, 91/13/0254).

Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Behörden für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben, wobei an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist, als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen (VwGH 18.04.2002, 2001/01/0559; VwGH 29.01.2004, 2001/20/0425).

Ein Verschulden des Vertreters wird nach ständiger Rechtsprechung des VwGH einem Verschulden des Vertretenen gleichgesetzt und somit der Partei zugerechnet (vgl. beispielweise die Erkenntnisse des VwGH vom 31.07.1996, 96/13/0092, vom 28.04.1992, 92/05/0051, und vom 17.09.1990, 87/14/0030). Nichts Anderes kann gelten, wenn die Partei an einen Rechtsanwalt herantritt um sich vertreten zu lassen, ohne dazu selbst berechtigt zu sein. Diesfalls wäre ja gerade der Vertreter in der Lage, Vertretungsmängel, wie im gegenständlichen Verfahren, im Vorfeld zu beseitigen.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Wiedereinsetzung vermag dem Erfordernis der Glaubhaftmachung eines Wiedereinsetzungsgrundes nicht zu genügen. So wurde im Wiedereinsetzungsantrag ausgeführt, dass dem Obsorgeberechtigten des BF mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes aufgefordert wurde, bekannt zu geben, ob er der Vertretung durch den genannten Rechtsanwalt zustimme. Er habe sich nicht dazu geäußert, weil er das Schreiben nicht verstanden habe. Dazu ist zu sagen, dass sich dieser ja mit diesem Schreiben an jemand Rechtskundigen, insbesondere den genannten Rechtsanwalt, oder aber auch das Verwaltungsgericht selber, hätte wenden können. Ungeachtet dessen hätte dem Rechtsvertreter auffallen müssen, dass das im Rubrum des Bescheides einerseits ein Geburtsdatum, das die Volljährigkeit des BF im Zeitpunkt der Bescheiderlassung annehmen lässt, angeführt war, sich aber gleichzeitig ein Hinweis auf den Obsorgeberechigten findet. Der nunmehrige Beschwerdeführervertreter, ein dem Bundesverwaltungsgericht als im Asyl- und Fremdenrecht bekannter Rechtsanwalt, hätte beispielsweise durch Kontaktaufnahme mit dem BFA feststellen können, wie es zu dieser Auffälligkeit gekommen wäre. Die vierwöchige Beschwerdefrist ist jedenfalls ausreichend, um diesbezügliche Nachforschungen anzustellen. Es kann daher keinesfalls von einem „minderer Grad des Versehens“ ausgegangen werden, zumal an berufliche rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen ist, als an rechtsunkundige oder bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligten Personen (VwGH 18.04.2002, 2001/01/0559; VwGH 29.01.2004, 2001/20/0425). In diesem Zusammenhang sei nochmals darauf hingewiesen, dass auch in der seinerzeitigen Beschwerde selbst auf den Umstand des Beschlusses des BG XXXX Bezug genommen wurde.

Ein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund liegt daher nicht vor, weshalb die Beschwerde abzuweisen war.

II.3.2. Zu B:

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG sind die Erkenntnisse zu begründen. Für Beschlüsse ergibt sich aus § 31 Abs. 3 VwGVG eine sinngemäße Anwendung.

Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG vier Wochen. Sie beginnt gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 VwGVG mit dem Tag der Zustellung.

Der angefochtene Bescheid des Bundesamtes 28.08.2019, XXXX wurde am 02.09.2019 durch Hinterlegung beim zuständigen Postamt rechtswirksam zugestellt. Die Frist des § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG endete sohin mit Ablauf des 30.09.2019.

Da die Beschwerde am 20.12.2019 (gemeinsam mit dem Wiedereinsetzungsantrag) eingebracht wurde, war diese als verspätet zurückzuweisen, zumal auch der vom Beschwerdeführer eingebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 20.12.2019 abgewiesen wurde.

II.3.3. Zu C – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 Satz 1 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen; diesbezüglich wird auf die in den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A angeführte, ständige, einheitliche Judikatur des VwGH zu § 71 Abs. 1 Z 1 AVG verwiesen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Fristversäumung Hinterlegung Obsorge Rechtsmittelfrist Sorgfaltspflicht Verschulden Verschulden des Vertreters Verspätung Wiedereinsetzung Wiedereinsetzungsantrag Zurückweisung Zustellung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2224089.3.00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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