TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/10 W282 2223021-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.08.2020
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Entscheidungsdatum

10.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs1 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W282 2223021-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Florian KLICKA, BA als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit: Serbien, vertreten durch Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Wien vom XXXX 2019, Zl. XXXX , zu Recht:

A)       

Die Beschwerde wird mit der Maßgabe gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen, dass Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids entfällt und Spruchpunkt II. und IV. zu lauten haben:

„II. Gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wird gegen Sie eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erlassen.“


„IV. Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 wird gegen Sie ein auf Dauer von 2 Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. „

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin (BF), eine serbische Staatsbürgerin, wurde am XXXX .2019 im Rahmen einer polizeilichen Kontrolle, die nicht ihr selbst, sondern einer Mitbewohnerin galt, in einer Wohnung in Wien bei der Ausübung der Geheimprostitution betreten. Die Beamten, die die Mitbewohnerin der BF befragten, konnten bei Betreten der Wohnung wahrnehmen, dass die BF und ein unbekannter Mann unbekleidet waren und sich beide, als sie die Polizisten wahrnahmen, schnell wieder ankleideten. Der unbekannte Mann gab zu, auf eine Annonce der BF geantwortet zu haben und hier gewesen zu sein, um gegen Bezahlung Geschlechtsverkehr mit der BF zu haben. Die BF gab an, erst drei Tage im Bundesgebiet aufhältig zu sein und wollte sich zu den Vorwürfen hinsichtlich der illegalen Prostitution nicht weiter äußern. Die BF wurde wg. Verstoß gegen das Wiener Prostitutionsgesetz angezeigt; das Strafverfahren bei der Landespolizeidirektion Wien behängt derzeit noch, da der BF die diesbezügliche Strafverfügung in Serbien nicht zugestellt werden kann. In Folge wurde die BF nach dem BFA-VG festgenommen und in ein Polizeianhaltezentrum überstellt.

2. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt oder belangte Behörde), Regionaldirektion Wien, leitete in diesem Zusammenhang ein Verfahren zur Erlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ein; die BF wurde am 01.08.2019 hierzu niederschriftlich einvernommen. Sie gab dabei an, am XXXX .2019 eingereist zu sein und zuerst in Deutschland aufhältig gewesen zu sein. Sie sei am XXXX .2019 in Bundesgebiet zurückgereist um in Österreich Geld als Prosituierte zu verdienen, da ihre materielle Situation schlecht sei. Sie habe schon 2018 diese Arbeit an derselben Adresse verrichtet. Sie arbeite in Serbien als Reinigungskraft und warte auf ihre Pension. In Serbien lebe ihr Sohn und ihr Bruder, im Bundesgebiet habe sie hingegen keine Verwandten. Sie habe derzeit 90 € bei sich, bei ihrer Einreise seien es 20 € gewesen. Sie werde in ihrem Heimatland nicht verfolgt.

3. Mit Bescheid vom XXXX 2019 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Regionaldirektion Wien zur im Spruch angegeben GZ den angefochtenen Bescheid, mit welchem der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen iSd § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wurde (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung gegen sie erlassen wurde (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 iVm § 46 FPG eine Abschiebung nach Serbien für zulässig erklärt wurde (Spruchpunkt III.), gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 und 7 FPG ein auf zwei Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen wurde (Spruchpunkt IV.) und einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung nach § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt V.). In Folge wurde reiste die BF am XXXX .2019 freiwillig nach Serbien aus.

4. Die Beschwerdeführerin erhob durch ihre ausgewiesene Rechtsberaterin gegen diesen Bescheid fristgerecht Beschwerde, wobei der Bescheid hierbei zu Gänze angefochten wird. Die Beschwerdeführerin beantragte Spruchpunkt II. (Rückkehrentscheidung) zu beheben und die Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig zu erklären, der BF einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen, in eventu das Einreiseverbot zu beheben bzw. zu verkürzen, in eventu den Bescheid zu beheben und zurückzuverweisen und eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

5. Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 02.09.2019 vom Bundesamt vorgelegt. Mit Teilerkenntnis vom 09.09.2019 GZ G303 2223021-1/2Z wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. als unbegründet abgewiesen und die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt. Darin wird begründend wie folgt festgehalten:

„Die BF übte im Bundesgebiet illegal die Tätigkeit als Prostituierte aus, ist mittellos und verfügt über keinen Wohnsitz. Die Voraussetzung für die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist damit erfüllt, zumal aufgrund ihrer Mittellosigkeit eine erhebliche Wiederholungsgefahr besteht, dass sie weiter als Prostituierte illegal arbeitet.

Auch das Vorbringen der BF in der Beschwerde, dass sie bereits 60 Jahre sei, gesundheitliche Probleme habe und sie über keine Existenzgrundlage in Serbien verfüge sowie eine Beziehung zu einem Österreicher habe, führt nicht dazu, dass der Beschwerde die aufschiebende Wirkung wegen der Gefahr einer Verletzung von Art. 3 oder 8 EMRK zuzuerkennen ist, weil die BF selbst im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem BFA glaubhaft angegeben hat, da sie in Serbien als Reinigungskraft arbeitete und dort eine Pension erwarte. Zudem lebt in Serbien ihr Sohn und ihr Bruder. Medizinische Beweismittel über Krankheiten bzw. medizinische Behandlungen wurden der Beschwerde nicht beigelegt, sodass etwaige Krankheiten nicht festgestellt werden konnten. Auch hat die BF nicht einmal den Namen des Österreichers in der Beschwerde bekanntgegeben, mit welchem eine Beziehung behauptet wurde. Es liegt jedenfalls aktuell kein gemeinsamer Wohnsitz mit einem Österreicher vor. Daher besteht in Österreich kein schützenswertes Privat- und Familienleben.

Die BF ist auch am XXXX .2019 freiwillig nach Serbien ausgereist“

6. Mit Beschluss des Geschäftsverteilungsausschusses vom 04.03.2020 wurde die Rechtssache der Gerichtsabteilung G303 abgenommen und der Gerichtabteilung W282 neu zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.       Feststellungen:

1.1 Die volljährige Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Serbiens. Ihre Identität steht fest. Sie ist ledig und erwerbsfähig; sie ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten. Die BF ist bis auf eine Lebererkrankung und psychische Problematiken weitgehend gesund.

1.2 Die Beschwerdeführerin hat keine nahen Verwandten im Bundesgebiet, führt aber mit einem österreichischen Staatsbürger eine Beziehung. Ihr Sohn und ihr Bruder halten sich in Serbien auf. Die BF spricht nur serbisch und nicht Deutsch. Eine Integration in sprachlicher, sozialer, gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht besteht im Bundesgebiet nicht. Die BF war im Bundesgebiet nicht legal erwerbstätig.

1.3 Die BF reiste am XXXX .2019 in den Schengenraum ein und hielt sich anschließend in Deutschland auf. Am XXXX .2019 reiste sie wieder ins Bundesgebiet ein und hielt sich in der Wohnung einer Bekannten in Wien auf um dort die Prostitution auszuüben. Jene Bekannte vermittelte der BF telefonisch mehrere Freier, da die BF die deutschen Sprache nicht beherrscht . Die BF wurde letztlich am XXXX .2019 von Polizeibeamten bei der Ausübung der Geheimprostitution auf frischer Tat betreten. Die BF hat keine nach dem Wiener Prostitutionsgesetz notwendige Meldung erstattet und sich auch keinen Gesundheitsuntersuchungen gemäß der Verordnung über Gesundheitliche Vorkehrungen für Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen unterzogen. Eine Strafverfügung der Landespolizeidirektion Wien nach dem Wr. Prostitutionsgesetz konnte der BF bis dato nicht zugestellt werden. Die BF hat diese Tätigkeit bereits im Jahr 2018 ausgeübt. Die BF hat sich während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet nicht behördlich gemeldet. Letztlich reiste die BF am XXXX .2019 freiwillig nach Serbien zurück.

1.4 Der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährdet die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Die BF kann die Mittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts im Bundesgebiet nicht nachweisen. Bei ihrer Einreise in das Bundesgebiet am XXXX .2019 verfügte die BF über Barmittel iHv 20€, bei ihrer Betretung am XXXX .2019 verfügte sie über 90€, wobei die Differenz von der BF durch die Ausübung der Geheimprostitution erwirtschaftet wurde.

1.5 Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat. Es besteht keine reale Gefahr, dass die BF in Serbien einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt ist. Es sind keine Umstände hinsichtlich etwaiger staatlicher Repressalien oder anderweitig gearteter Probleme bekannt bzw. wurden keine solchen vorgebracht.

1.6 Zu Serbien ist weiters festzustellen:

21.1 Sozialbeihilfen:

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen (LIPortal Wirtschaft & Entwicklung 9.2019).

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung, um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich (IOM Country Fact Sheet 2018).

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld ausbezahlt (AA 3.11.2018).

22.Medizinische Versorgung

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleistet (EDA 24.9.2019).

Eine medizinische Versorgung nach deutschem Standard ist in Serbien nicht landesweit gewährleistet. Auch Krankenhäuser verfügen nicht immer über eine adäquate Ausstattung und sind mitunter nicht in der Lage, Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern angemessen medizinisch zu versorgen. Die hygienischen Rahmenbedingungen sind oft unzureichend. Vorwiegend in Belgrad existieren - oft private - Kliniken und Arztpraxen mit Ausstattungen, die europäischen Standards entsprechen (AA 23.9.2019b).

Das Gesundheits- und Krankenversicherungssystem ist in zwei Gruppen aufgeteilt: Öffentlich (kostenlos) und privat. Behandlungen und Medikamente sind gänzlich kostenlos für alle Bürger, die im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert sind. Für folgende Bürger sind Kosten und Leistungen von der Krankenversicherung abgedeckt: Neugeborene und Kinder bis zu sechs Jahren, einschließlich präventive und regelmäßige Chek-Ups, Impfungen und spezielle Gesundheitspflege, Schulkinder und junge Erwachsene bis zu 19 Jahren wie Kinder bis sechs; Frauen: volle medizinische Leistungen abgedeckt; Erwachsene: volle medizinische Leistungen abgedeckt. Einfache medizinische Einrichtungen können in ganz Serbien in fast jedem Ort gefunden werden. Die größten Krankenhäuser in Serbien befinden sich in Novi Sad, Belgrad, Kragujevac und Nis. Um kostenlos behandelt zu werden, muss der Patient im Besitz einer staatlichen Krankenversicherung sein. Alle Medikamente sind erhältlich und die meisten Arzneimittel haben ähnliche Preise wie in anderen europäischen Ländern. Abhängig von der Art der Krankenversicherung sowie der Anspruchsberechtigung, kann die Behandlung entweder kostenlos oder nur teilweise gedeckt sein. Der öffentliche Krankenversicherungsfond wird durch Pflichtbeiträge aller erwerbstätigen Bürger oder Arbeitgeber im privaten Sektor finanziert. Arbeitslose Bürger besitzen eine Krankenversicherung auf Kosten des Staates. Sollte einer der Familienmitglieder eine Krankenversicherung besitzen, sind Familienmitglieder unter 26 Jahren automatisch versichert. Rückkehrer müssen ein Anmeldeformular ausfüllen und gültige Ausweisdokumente (serbische Ausweisdokumente, Geburtsurkunde und serbische Staatsbürgerschaft) beim öffentlichen Krankenversicherungsfond einreichen um im öffentlichen Krankenversicherungssystem registriert werden zu können (IOM 1.4.2019).

Überlebensnotwendige Operationen sind in der Regel durchführbar, auch können z.B. in Belgrad Bypassoperationen vorgenommen werden. Einsatz, Kontrolle und Wartung von Herzschrittmachern ist in Belgrad grundsätzlich möglich (nicht jedes Modell). Herz- und sonstige Organtransplantationen (mit Ausnahme der relativ häufigen Nierentransplantationen) werden gelegentlich durchgeführt, sind aber noch keine Routineoperationen. Insbesondere fehlt eine nationale Organspenderdatenbank. Behandelbar sind in Serbien (keine abschließende Aufzählung): Diabetes mellitus (die Versorgung mit allen Arten von gängigen Insulinpräparaten ist regelmäßig und sicher), orthopädische Erkrankungen (auch kranken-gymnastische u.ä. Therapien), psychische Erkrankungen, u.a. Depressionen, Traumata, Schizophrenie, posttraumatische Belastungsstörungen (medikamentöse und psychologische Behandlung), Atemwegserkrankungen (u.a. Asthma bronchiale), Hepatitis B und C (abhängig von der Verfügbarkeit antiviraler Medikamente, die teilweise selbst gekauft werden müssen), Epilepsie, ein Großteil der Krebsformen, Nachsorge für Herzoperationen, Krebsoperationen, orthopädische Operationen etc. Dialyse wird bei Verfügbarkeit eines Platzes durchgeführt. Es gibt auch in Belgrad und Novi Sad private Zentren zur Dialyse. Diese beiden Kliniken haben Verträge mit der staatlichen Krankenversicherung abgeschlossen, wonach sie auch bei Bedarf auf Kosten der staatlichen Krankenversicherung Dialysen durchführen können (AA 3.11.2018).

2. Beweiswürdigung:

2.1 Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde (insbesondere in die Anzeige der LPD Wien), in die Niederschrift der Einvernahme der BF vor dem Bundesamt, in den bekämpften Bescheid und in den Beschwerdeschriftsatz. Auskünfte aus dem Strafregister (SA) und dem Zentralen Melderegister (ZMR) sowie aus dem „Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister“ wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt. Die Feststellung zur Strafverfügung der LPD Wien basiert auf einer Anfrage an das zuständige Polizeikommissariat.

2.2 Die Feststellungen zur Identität der Beschwerdeführerin, ihren Familienverhältnissen, ihren finanziellen Mitteln sowie hinsichtlich ihrer Integration und den Ein- und Ausreisezeitpunkte ergeben sich aus den Angaben der Beschwerdeführerin in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt und dem Verwaltungsakt. Eine nennenswertere Integration der BF im Bundesgebiet war angesichts der sehr kurzen Aufenthaltsdauer von kaum mehr als einem Monat nicht anzunehmen. Hinsichtlich der Angabe, dass die BF eine Beziehung zu einem Österreicher führe, konnte den Angaben in der Beschwerde gefolgt werden. Ein gemeinsamer Haushalt oder ein Familienleben iSd Art. 8 EMRK mit dieser Person wurde auch in der Beschwerde nicht behauptet (vgl. hierzu die Ausführungen in Punkt 5 des Verfahrensgangs (Teilerkenntnis G303 2223021-1/2Z))

2.3 Die Feststellungen, dass die BF im Bundesgebiet nie legal erwerbstätig war, ergibt sich aus einem Auszug des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger. Die Umstände der Betretung der BF bei der Ausübung der Geheimprostitution am XXXX .2019 ergeben sich aus der Anzeige bzw. dem Bericht der Landespolizeidirektion Wien (AS 1f). Die BF hat die Ausübung der Prostitution in ihrer Einvernahme vor dem Bundesamt ebenso wenig bestritten, wie die Tatsache, dass sie die verpflichtende Anmeldung nach dem Wiener Prostitutionsgesetz nicht erstattet hat. Im Gegenteil gab die BF bei ihrer Einvernahme ausdrücklich an, dieses Gewerbe an dieser Adresse schon im Jahr 2018 kurzfristig ausgeübt zu haben (AS 38). Die Feststellung, dass sich die BF den verpflichtenden Untersuchungen nach § 1ff der Verordnung über Gesundheitliche Vorkehrungen für Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen, ergibt sich schon aus der unterlassen Meldung der BF nach dem Wr. Prostitutionsgesetz und der Tatsache, dass die BF behauptet und in der Beschwerde vorbringt, nichts über ihre Verpflichtungen nach den die die Prostitution regelnden Vorschriften zu wissen. Hätte die BF diese Untersuchungen vornehmen lassen, wäre die unterlassene Meldung nach Wr. Prostitutionsgesetz auch bereits zu diesem (früheren) Zeitpunkt aufgefallen.

2.4 Die Feststellungen zur Mittellosigkeit der BF ergibt sich daraus, dass sie selbst bei ihrer Einvernahme angab, nur 90€ zu besitzen und mit 20€ Ende Juli wieder ins Bundesgebiet eingereist zu sein, woraus sich schon grds. ergibt, dass diese Mittel nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts ausreichen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Barmittel der BF, die sie bei ihrem Aufgriff bei sich hatte, durch die illegale Ausübung der Prostitution durch die BF erwirtschaftet wurde (Einvernahme AS 38) und daher aus illegalen Quellen stammen.

2.5 Der Umstand, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Sicherheit gefährdet ergibt sich zum einen aus der Verletzung der Vorschriften des Meldewesens hinsichtlich der unterlassen Anmeldung der Beschwerdeführerin, aus der Verletzung der die Prostitution regelnden Vorschriften, insbesondere des Wr. Prostitutionsgesetzes und vor allem auch der Verordnung des Gesundheitsministeriums über Gesundheitliche Vorkehrungen für Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen. Es insgesamt nicht glaubhaft, dass die BF überhaupt keine Kenntnis von der Tatsache hatte, dass die Ausübung der Prostitution gesetzlichen Bestimmungen unterliegt, zu deren Einhaltung sie verpflichtet ist, zumal dieses Gewerbe auch im Heimatland der BF Regularien unterworfen ist. Das Vorbringen in der Beschwerde, die BF habe aufgrund der Sprachbarriere nicht gewusst, dass sie sich bei Ausübung der Prostitution an gesetzliche Auflagen zu halten habe, überzeugt hingegen nicht. Es ist schon aufgrund der großen Gefahren im Hinblick auf übertragbare Geschlechtskrankheiten im ureigenen Interesse der BF, sich über die entsprechenden Bestimmungen zu informieren und vor allem die regelmäßigen medizinischen Kontrolluntersuchungen vornehmen zu lassen. Weiters gibt es sowohl in Wien als auch in vielen anderen Bundesländern entsprechende private Beratungsstellen (in Wien z.B. TAMPEP: Informations-,Beratungsarbeit und Gesundheitsprävention für Migrant*innen in der Sexarbeit) die Beratung auch in Fremdsprachen anbieten. Weiters existiert in Wien die „Sozialberatungsstelle für Sexuelle Gesundheit - Beratung und Betreuung für Menschen in der Prostitution“ der Stadt Wien, die explizit Beratungen auch in serbischer Sprache anbietet.

Weiters ergibt sich diese Gefährdung aus der Tatsache, dass die Beschwerdeführerin die Mittel zu ihrem Lebensunterhalt im Bundesgebiet nicht aufbringen kann und legale Quellen für ihre Barmittel auch nicht nachweisen kann.

2.6 Eine - wie immer geartete - Gefährdung der Beschwerdeführerin für den Fall ihrer Rückkehr nach Serbien wurde von dieser vor dem Bundesamt nicht vorgebracht; im Gegenteil gab sie vor dem Bundesamt an, nicht verfolgt zu werden und auch keinerlei Probleme in Serbien zu haben. Soweit in der Beschwerde eine Lebererkrankung thematisiert wird, ist auf die schon auf die Ausführungen im rk. Teilerkenntis G303 2223021-1/2Z zu verweisen, wonach hierüber auch keinerlei Unterlagen vorgelegt wurden.

2.7 Die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat beruht auf § 1 Z 6 Herkunftsstaaten-Verordnung (HStV). Weitere Feststellungen – mit Ausnahme jener zur Sozialhilfen und Gesundheitsversorgung, die dem Länderinformationsblatt Serbien des Bundeamtes entnommen sind - zur Lage im Herkunftsstaat sind daher nicht verfahrensrelevant und waren somit nicht angezeigt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.1 Zur (Un-)Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundegebiet:

Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, wer die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt und ist gemäß Z 10 leg. cit. Drittstaatsangehöriger jeder Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist.

Die BF ist aufgrund ihrer serbischen Staatsangehörigkeit demnach Fremde iSd § 2 Abs. 4 Z 1 FPG und Drittstaatsangehörige iSd § 2 Abs. 4 Z 10 FPG.

Serbische Staatsangehörige und die Inhaber eines biometrischen Reisepasses sind, sind gemäß Art. 4 Abs. 1 iVm Anhang II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.11.2018 (Visumpflichtverordnung) von der Visumpflicht für einen Aufenthalt, der 90 Tage je Zeitraum von 180 Tagen nicht überschreitet, befreit.

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthaltes im Bundesgebiet die Befristung oder Bedingungen des Einreisetitels oder des visumfreien Aufenthaltes oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben (Z 1), oder sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder eine Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind (Z 2).

Die Unrechtmäßigkeit des Aufenthalts der Beschwerdeführerin ergibt sich in rechtlicher Hinsicht aus der Verletzung der Bedingungen über die visumfreie Einreise, da dieser Einreisetitel eine Einreise nur zu touristischen Zwecken erlaubt. Durch die Ausübung der Geheimprostitution und somit einer Erwerbstätigkeit hat die BF gegen diese Bedingungen verstoßen; ihr Aufenthalt wurde somit unrechtmäßig.

Zu A)

3.2. Zum Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):

Der in Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides erfolgte Abspruch in Bezug auf § 57 AsylG 2005 hat seine Grundlage in § 58 Abs. 1 Z. 5 AsylG 2005, wonach das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen hat, wenn sich ein Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und nicht in den Anwendungsbereich des sechsten Hauptstückes des FPG fällt. Die BF hält sich nun zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076) nicht mehr im Bundesgebiet auf. Damit ist die Voraussetzung für die amtswegige Prüfung der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG 2005 weggefallen und Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides ersatzlos zu beheben (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, Rz 23).

3.3 Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

§ 52 FPG lautet wie folgt:

„(1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2. nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2. dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3. ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4. ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1. nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a. nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3. ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4. der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5. das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

§ 5 des Gesetzes, mit dem die Prostitution in Wien geregelt wird (Wiener Prostitutionsgesetz 2011 – WPG 2011), LGBl. Nr. 24/2011, lautet auszugsweise wie folgt:

Meldung der Prostitutionsausübung

§ 5. (1) Personen, die beabsichtigen, Prostitution auszuüben, haben dies persönlich bei der Behörde (§ 3 Abs. 3) zu melden. Die Meldung hat Vor- und Familiennamen oder Nachnamen, frühere Namen, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft, Wohnadresse und zwei Lichtbilder, welche die Person zweifelsfrei erkennen lassen, zu enthalten. Die Meldung kann nach Willen der oder des Meldepflichtigen zusätzlich die Adresse des Prostitutionslokals enthalten, wo die Ausübung der Prostitution beabsichtigt wird.

§ 1 der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit über gesundheitliche Vorkehrungen für Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen, BGBl. II Nr. 198/2015, lautet wie folgt:

„§ 1. (1) Personen, die gewerbsmäßig sexuelle Handlungen am eigenen Körper dulden oder solche Handlungen an anderen vornehmen, haben sich vor Beginn dieser Tätigkeit (Eingangsuntersuchung) sowie in regelmäßigen Abständen von sechs Wochen einer amtsärztlichen Untersuchung (Kontrolluntersuchung) auf das Freisein von Geschlechtskrankheiten zu unterziehen. Im Rahmen der Eingangsuntersuchung ist insbesondere auf das Freisein von Tripper und Syphilis zu untersuchen, die Kontrolluntersuchung auf das Freisein von Tripper ist im Abstand von sechs Wochen und auf das Freisein von Syphilis im Abstand von zwölf Wochen zu wiederholen.

(2) Die Untersuchungen nach Abs. 1 sind entsprechend dem Stand der medizinischen Wissenschaft vorzunehmen.

(3) Die/Der Amtsärztin/Amtsarzt hat Personen nach Abs. 1 anlässlich der Eingangsuntersuchung in einer für die Person verständlichen Form eingehend über die Infektionsmöglichkeiten mit Geschlechtskrankheiten, die Verhaltensregeln zur Vermeidung solcher Infektionen, über die Möglichkeiten zur Schwangerschaftsverhütung und über die Sinnhaftigkeit von gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen sowie Schutzimpfungen zu beraten. Dabei ist das notwendige Verständnis für die Einhaltung von Verhaltensregeln zur Vermeidung von Infektionen sowie die Selbstverantwortung im Sinn frühzeitiger Inanspruchnahme medizinischer Hilfe bei Symptomen oder Erkrankungen zu vermitteln.“

Das BFA hat sich in Spruchpunkt II. im Hinblick auf die Ausführungen unter Pkt. 3.1. zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützt, da die BF aufgrund der Überschreitung der erlaubten visumfreien Aufenthaltsdauer zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig war. Die BF reiste aber im August 2019 freiwillig nach Serbien aus; zum jetzigen Entscheidungszeitpunkt befindet sie sich somit nicht mehr im Bundesgebiet.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann es schon im Hinblick auf die ausdrückliche Zielsetzung des Gesetzgebers nicht zweifelhaft sein, dass auch eine erst nach Erlassung einer Rückkehrentscheidung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (mit oder ohne Einreiseverbot) während des Verfahrens über eine dagegen erhobene Beschwerde erfolgte Ausreise grundsätzlich unerheblich sein muss. Das zur Entscheidung über die Beschwerde berufene Bundesverwaltungsgericht darf – und muss – den Fall dann seinerseits erstmals unter dem Blickwinkel des § 52 Abs. 1 Z 2 FPG beurteilen und allenfalls die Beschwerde mit Bezugnahme auf diese Bestimmung abweisen. Das stellt angesichts der einheitlichen Wirkungen einer Rückkehrentscheidung keine Überschreitung der Sache des Beschwerdeverfahrens dar (vgl. VwGH 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, mit Verweis auf den vom Verwaltungsgerichtshof bei Erlassung einer Rückkehrentscheidung nicht beanstandeten „Umstieg“ von § 52 Abs. 1 Z 1 FPG auf § 52 Abs. 4 Z 4 FPG in VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0289, Rz 7, oder von § 52 Abs. 4 Z 4 FPG auf § 52 Abs. 5 FPG in VwGH 31.08.2017, Ra 2017/21/0120, Rz 8 (iVm Rz 3)).

In der Entscheidung vom 21.12.2017, Ra 2017/21/0234, traf der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf den relevanten Prüfumfang bei Rückkehrentscheidungen nach § 52 Abs. 1 FPG 2005 bei zum Entscheidungszeitpunkt nicht mehr vorliegendem Inhaltsaufenthalt des Fremden weiters folgende maßgebliche Ausführungen (Hervorhebungen nicht im Original):
„Es entspricht allgemeinen Grundsätzen, dass das BVwG im Beschwerdeverfahren bei Erlassung seines Erkenntnisses von der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszugehen hat (siehe nur VwGH 21.10.2014, Ro 2014/03/0076, VwSlg. 18.953A, Punkt IV. B. 5.1. der Entscheidungsgründe; siehe aus jüngerer Zeit, auf das genannte Erkenntnis verweisend, auch VwGH 19.9.2017, Ra 2016/18/0381, Rn. 9;).

§ 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG sieht das ausdrücklich ‚auch‘ für den Fall einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung vor, wenn sich der Drittstaatsangehörige zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält; auch dann sei nämlich § 28 Abs. 2 VwGVG anzuwenden, was hier nur in dem eben erwähnten Sinn (Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt) verstanden werden kann.

Die Sinnhaftigkeit dieser auf den ersten Blick ohnehin nur Selbstverständliches anordnenden Regelung erschließt sich mit Blick auf § 21 Abs. 5 BFA-VG. Darin wird angeordnet:

‚(5) Wird gegen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht erhoben und hält sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet auf, so hat das Bundesverwaltungsgericht festzustellen, ob die aufenthaltsbeendende Maßnahme zum Zeitpunkt der Erlassung rechtmäßig war. War die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht rechtmäßig, ist die Wiedereinreise unter einem zu gestatten.‘

Damit wird für Fälle, in denen sich der Fremde zum Zeitpunkt der Erlassung der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält, eine verfahrensrechtliche Ausnahme konstituiert. Nicht die Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt des BVwG soll maßgeblich sein, sondern jene, die bei Bescheiderlassung seitens des BFA vorlag; die Prüfungskompetenz des BVwG wird also auf eine vergangenheitsbezogene Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt.

Telos dieser dem Wortlaut nach alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfassenden Anordnung ist es, dem Fremden die Möglichkeit zu nehmen, diese Maßnahmen (bzw. die daran anknüpfenden Wirkungen) letztlich dadurch zu konterkarieren, dass er durch ein bloßes Verlassen des Bundesgebietes die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen ihrer Erlassung beseitigt (in diesem Sinn ausdrücklich die ErläutRV zur ersten Vorgängerregelung, nämlich zu § 57 FPG in der Stammfassung, 952 BlgNR 22. GP 99; siehe zu nachfolgenden Vorgängerregelungen auch zusammenfassend VwGH 28.2.2013, 2012/21/0127, Punkte 4.2.3. und 4.3.2. der Entscheidungsgründe). Im hier maßgeblichen Zusammenhang bedarf es einer dieses Ergebnis sicherstellenden verfahrensrechtlichen Sonderregelung aber nicht. Es wird nämlich ohnehin durch den Rückkehrentscheidungstatbestand nach § 52 Abs. 1 Z 2 FPG erreicht, dessen Schaffung auch ausdrücklich diesem Zweck diente (siehe oben Rn. 11). Von daher verbietet sich schon aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 136 Abs. 2 B-VG) eine Erstreckung der Anordnung des § 21 Abs. 5 BFA-VG auf Entscheidungen über Beschwerden gegen eine Rückkehrentscheidung (jedenfalls nach § 52 Abs. 1 FPG). Die genannte Vorschrift ist daher trotz ihres demnach überschießenden Wortlauts, indem sie alle aufenthaltsbeendenden Maßnahmen erfasst, eingeschränkt zu verstehen, was dann auch durch die Anordnung des § 52 Abs. 8 zweiter Satz FPG zum Ausdruck gebracht wird. In diesem Sinne bleibt es also trotz § 21 Abs. 5 BFA-VG in einem Fall wie dem vorliegenden dabei, dass das BVwG entsprechend allgemeinen Grundsätzen ‚in der Sache selbst‘, auf Grundlage der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Sach- und Rechtslage, über die gegen die Rückkehrentscheidung erhobene Beschwerde zu erkennen hat. Dem hat das BVwG hier, wie schon erwähnt, entsprochen.“

Demnach ist die Rechtmäßigkeit der von der belangten Behörde während aufrechten Aufenthaltes der Beschwerdeführerin in Österreich im Grunde zu Recht auf § 52 Abs. 1 Z 1 FPG gestützte Rückkehrentscheidung nunmehr gemäß § 52 Abs. 1 Z 2 FPG, unter Zugrundelegung der im Entscheidungszeitpunkt maßgeblichen Rechts- und Sachlage, zu prüfen, zumal das Rückkehrentscheidungsverfahren schon davor und somit jedenfalls vor Ablauf der in § 52 Abs. 1 Z 2 FPG vorgesehenen Frist eingeleitet wurde.

Die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erweist sich im gegenständlichen Fall als zulässig:

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die folgenden Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423): Erstens die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, zweitens das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, drittens die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, viertens der Grad der Integration, fünftens die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, sechstens die strafgerichtliche Unbescholtenheit, siebentens Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, achtens die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und schließlich neuntens die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Auch wenn das persönliche Interesse am Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt, so ist die bloße Aufenthaltsdauer freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären und sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/19/0247). Einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren kommt für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die nach Art. 8 EMRK durchzuführende Interessenabwägung zu (vgl. VwGH 25.04.2018, Ra 2018/18/0187).

Vom Prüfungsumfang des Begriffes des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK ist nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern umfasst, sondern z.B. auch Beziehungen zwischen Geschwistern (vgl. EKMR 14.03.1980, B 8986/80; EuGRZ 1982, 311) und zwischen Eltern und erwachsenen Kindern (vgl. EKMR 06.10.1981, B 9202/80; EuGRZ 1983, 215; VfGH 12.03.2014, U 1904/2013). Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt.

Unter „Privatleben“ im Sinne von Art. 8 EMRK sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EGMR 16.06.2005, Nr. 60654/00, Sisojeva ua gg. Lettland).

Für den konkreten Fall bedeutet dies Folgendes:

Zum Kriterium der Aufenthaltsdauer ist festzuhalten, dass diese im gegenständlichen Fall bei Aufgriff der Beschwerdeführerin nur wenige Tage gedauert hat, da die BF angab sich zwischenzeitig in Deutschland aufgehalten zu haben. Auch gab sie, 2018 ebenfalls nur kurzfristig im Bundesgebiet gewesen zu sein. Diese äußert kurzen bzw. lange unterbrochenen Aufenthalte im Bundesgebiet sind im Hinblick auf die dazu ergangene Judikatur des VwGH (vgl. VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479) bei einer weniger als dreijährigen Aufenthaltsdauer und der Tatsache, dass der letzte Aufenthalt unrechtmäßig wurde, iaR nicht weiter berücksichtigenswürdig.

Zum Begriff des Familienlebens im Sinn des Art. 8 EMRK ist anhand der konkreten Umstände zu prüfen, ob eine hinreichend stark ausgeprägte persönliche Nahebeziehung vorhanden ist. Dabei ist unter anderem darauf abzustellen, ob ein gemeinsamer Haushalt vorliegt, ob die Verwandten zusammengelebt haben oder ob eine finanzielle Abhängigkeit besteht (ua. VwGH 16.11.2012, 2012/21/0065, VwGH 26.01.2006, 2002/20/0423, VwGH 24.03.2011, 2008/23/1134). Ein iSd Art. 8 EMRK relevantes Familienleben der BF im Bundesgebiet besteht - wie festgestellt – nicht; ihre Kernfamilie hält sich ausschließlich in Serbien auf. Soweit man den Ausführungen in der Beschwerde folgt, dass die nunmehr BF eine Beiziehung mit einem Österreicher führt, ist diese Bestandteil des Privatlebens der BF. Ein gemeinsamer Wohnsitz im Bundesgebiet ist schon qua des durchsetzbaren Einreiseverbots nicht möglich und wird auch in der Beschwerde nicht vorgebracht, dass eine finanzielle Abhängigkeit von ihrem österreichischen Beziehungspartner bestünde. Soweit diese Beziehung der BF mit einem Österreicher von der Rückehrentscheidung betroffen ist, kann diese auch im Rahmen von Besuchen des Lebensgefährten in Serbien sowie durch Fernkommunikationsmittel aufrechterhalten werden.

Eine allenfalls vorliegende berücksichtigungswürdige besondere Integration in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht liegt ebenfalls - wie festgestellt - ebenfalls nicht vor, zumal die BF in den letzten Jahren nicht im Bundesgebiet legal berufstätig war. Die Bindungen der Beschwerdeführerin zu ihrem Heimatstaat sind intensiv ausgeprägt, da sie den weit überwiegenden Teil ihres Lebens in Serbien verbracht hat, da ihre Kernfamilie dort lebt, sie dort als Reinigungskraft arbeitet und eine Pension erwartet.

Ebenso wenig liegt gegenständlich ein Aufenthalt vor, der Resultat einer überlangen Verfahrensdauer des Bundesamts oder BVwG war. Die strafgerichtliche Unbescholtenheit der BF wirkt sich nicht in nennenswerter Art und Weise auf die (Un-)Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung aus.

Im Hinblick Verstöße gegen die öffentliche Ordnung ist zu berücksichtigen, dass die BF zumindest erheblich fahrlässig gegen die Meldepflicht des § 5 Wr. Prostitutionsgesetz (Meldepflicht) und auch gegen § 1 der Verordnung über Gesundheitliche Vorkehrungen für Personen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen verstoßen hat. Erschwerend wirkt, dass die BF in ihrer Einvernahme zugesteht, dies auch bereits 2018 getan zu haben. Das Vorbringen in der Beschwerde, die BF habe aufgrund der Sprachbarriere nicht gewusst, dass sie sich bei Ausübung der Prostitution an gesetzliche Auflagen zu halten habe, überzeugt hingegen nicht. Es ist schon aufgrund der großen Gefahren im Hinblick auf übertragbare Geschlechtskrankheiten im ureigenen Interesse der BF, sich über die entsprechenden Bestimmungen zu informieren und vor allem die regelmäßigen medizinische Kontrolluntersuchugnen vornehmen zu lassen. Auch unterliegt die Prostitution auch im Heimatstaat der BF gewissen Regularien. Weiters gibt es sowohl in Wien als auch in vielen anderen Bundesländern entsprechende private Beratungsstellen (in Wien zB TAMPEP: Informations-,Beratungsarbeit und Gesundheitsprävention für Migrant*innen in der Sexarbeit) die Beratung auch in Fremdsprachen anbieten. Weiters existiert in Wien die
„Sozialberatungsstelle für Sexuelle Gesundheit - Beratung und Betreuung für Menschen in der Prostitution“, die explizit Beratungen auch in serbischer Sprache anbietet. Die Ausführungen in der Beschwerde hierzu sind daher in einer Gesamtschau als Schutzbehauptungen zu werten; die Nicht-Einhaltung dieser Bestimmungen ist der BF zumindest als in erheblichem Umfang fahrlässig vorzuwerfen.

Soweit die Beschwerde weiters vorbringt, die BF könne sich in Serbien keine Existenzgrundlage verschaffen, ist die Aktenwidrigkeit und die Widersprüchlichkeit dieses Vorbringens festzuhalten, da die BF selbst angibt, in Serbien als Reinigungskraft zu arbeiten und auf ihre Pension zu warten. Auch ist keiner Weise nachvollziehbar, warum die BF, die Zeit ihres Lebens mit Ausnahme der wenigen Wochen, die sie sich 2018 und 2019 im Bundesgebiet aufgehalten hat, in Serbien gelebt hat, sich nun dort plötzlich keine Existenzgrundlage schaffen können sollte. Da die BF bisher fast ausschließlich in Serbien gelebt hat, muss sie sich gerade eben dort eine Existenzgrundlage schon geschaffen haben. Weiter ist auch auf die Feststellungen zu Punkt I.2.6 zu verweisen, wonach die BF in Serbien Anspruch auf Sozialhilfe und Krankenversicherung hat. Weder die Behauptung einer mangelnden Existenzgrundlage noch die vorgebrachte (aber nicht nachgewiesene) Lebererkrankung können daher die Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung bewirken, zumal Lebererkrankungen wie Hepatitis in Serbien grds. behandelbar sind.

Die Rückkehrentscheidung greift daher nicht unverhältnismäßig in die gemäß Art. 8 EMRK geschützten Rechte der Beschwerdeführerin ein und erweist sich auf der Grundlage des § 9 BFA-VG als zulässig.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. war daher gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe, dass sich die Rückkehrentscheidung auf § 52 Abs. 1 Z 2 FPG stützt, als unbegründet abzuweisen. Da die Rückkehrentscheidung nicht für unzulässig zu erklären war, war auch gemäß § 58 AsylG 2005 kein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 zu erteilen.

3.3 Zur Zulässigkeit der Abschiebung (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Für die gemäß § 52 Abs. 9 FPG von Amts wegen gleichzeitig mit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung vorzunehmende Feststellung der Zulässigkeit einer Abschiebung gilt der Maßstab des § 50 FPG (vgl. VwGH 05.10.2017, Ra 2017/21/0157). Demnach ist die Abschiebung unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder Art. 3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK verletzt würde oder für den Betreffenden als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre (Abs. 1), wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben oder die Freiheit aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre (Abs. 2) oder solange die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den EGMR entgegensteht (Abs. 3).

Es sind - unter der Schwelle des Art. 2 und 3 EMRK – aber auch die Verhältnisse im Herkunftsstaat unter dem Gesichtspunkt des Privatlebens zu berücksichtigen, so sind etwa Schwierigkeiten beim Beschäftigungszugang oder auch Behandlungsmöglichkeiten bei medizinischen Problemen bzw. eine etwaigen wegen der dort herrschenden Verhältnisse bewirkte maßgebliche Verschlechterung psychischer Probleme auch in die bei der Erlassung der Rückkehrentscheidung vorzunehmende Interessensabwägung nach § 9 BFA-VG miteinzubeziehen (vgl. dazu VwGH, 16.12.2015, Ra 2015/21/0119). Eine diesbezüglich besonders zu berücksichtigende Situation liegt aber wie zuvor in Punkt 3.2 der rechtlichen Begründung ausgeführt nicht vor, da die BF in Serbien erwerbstätig ist und eine Pension erwartet. Lebererkrankungen wie Hepatitis sind in Serbien darüber hinaus behandelbar, ebenso wie psychische Erkrankungen. Dass der Zugang zu diesen Behandlungen aufwändiger bzw. kostenintensiver ist oder die Behandlungen nicht in der gleichen Qualität erfolgen wie im Bundesgebiet, vermag für sich genommen noch keine Unzulässigkeit der Abschiebung herbeizuführen.

Da keine dieser Voraussetzungen hier zutrifft, ist festzustellen, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in ihren Herkunftsstaat zulässig ist. In Anbetracht der vorrangigen Funktion der Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG, (lediglich) den Zielstaat der Abschiebung festzulegen, ist es nicht Aufgabe des Bundesamtes oder des Bundesverwaltungsgerichts, im Verfahren zur Erlassung einer fremdenpolizeilichen Maßnahme letztlich ein Verfahren durchzuführen, das der Sache nach einem Verfahren über einen Antrag auf internationalen Schutz gleichkommt (vgl. VwGH 07.03.2019, Ra 2019/21/0044). Serbien gilt als sicherer Herkunftsstaat (§ 1 Z 6 HStV), was für die Annahme einer grundsätzlich bestehenden staatlichen Schutzfähigkeit und -willigkeit der dortigen Behörden spricht, zumal bei der Festlegung sicherer Herkunftsstaaten insbesondere auf das Bestehen oder Fehlen von staatlicher Verfolgung, Schutz vor privater Verfolgung und Rechtsschutz gegen erlittene Menschenrechtsverletzungen Bedacht zu nehmen ist (in diesem Sinn etwa VwGH 10.08.2017, Ra 2017/20/0153). Zumal hat die BF im ganzen Verfahren nie vorgebracht, dass sie in Serbien Menschenrechtsverletzungen zu erwarten hätte. Sie gab im Gegenteil an, in Serbien keinerlei Probleme zu haben und nicht verfolgt zu werden. Darüber hinaus hat auch das Ermittlungsverfahren keinerlei - wie immer geartete - Hinweise darauf hervorgebracht, dass der Beschwerdeführerin bei der Abschiebung nach Serbien eine auch nur ansatzweise realistische Gefährdung der durch Art. 2 oder Art. 3 EMRK bzw. Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK geschützten Rechtsgüter droht.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides war daher gemäß
§ 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.4 Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG kann mit einer Rückkehrentscheidung vom BFA mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

§ 53 Abs. 1 u 2 FPG lauten wie folgt:

„53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.
(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1. wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2. wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3. wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4. wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5. wegen eines Verstoßes gegen die Vorsc

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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