TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/11 W212 2217094-1

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Veröffentlicht am 11.08.2020
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Entscheidungsdatum

11.08.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1

Spruch

W212 2217094-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. SINGER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Serbien, gegen Spruchpunkt V. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 01.03.2019, Zahl: 1211533100/181060928/BMI-BFA_VBG_RD, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 53 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer, ein volljähriger Staatsangehöriger Serbiens, begründete im September 2018 einen Wohnsitz im Bundesgebiet. Nachdem dieser am 29.10.2018 festgenommen worden war, wurde gegen ihn am 31.10.2018 die Untersuchungshaft wegen des Verdachtes der Begehung von Delikten nach dem Suchtmittelgesetz verhängt.

2. Mit Schreiben vom 08.11.2018 wurde der Beschwerdeführer durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl über die im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung beabsichtigte Erlassung einer mit einem Einreiseverbot verbundenen Rückkehrentscheidung in Kenntnis gesetzt und es wurde ihm die Möglichkeit eingeräumt, hierzu, zu näher angeführten Fragestellungen zu seinen familiären und privaten Lebensumständen binnen Frist eine Stellungnahme einzubringen.

Der Beschwerdeführer gab keine Stellungnahme ab.

3. Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Landesgerichtes vom 05.02.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung zum Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.) und gegen ihn gemäß § 52 Abs. 4 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Weiters wurde gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt und gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG wurde ein auf die Dauer von acht Jahren befristetes Einreiseverbot gegen diesen verhängt (Spruchpunkt V.).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf im Rahmen der Entscheidungsbegründung Feststellungen zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers und stellte dessen Identität und Staatsbürgerschaft fest. Es könne nicht festgestellt werden, wann der Beschwerdeführer nach Österreich eingereist sei, er sei zumindest seit 14.09.2018 im Bundesgebiet gemeldet. Mit Urteil vom 05.02.2019 sei er wegen Suchtmitteldelikten zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt worden.

Hinsichtlich des Einreisverbots wurde auf die Verurteilung des Beschwerdeführers verwiesen und ausgeführt, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Es seien keine familiären oder privaten Anknüpfungspunkte vorhanden, die einen Verbleib in Österreich rechtfertigen würden. Die Abwägungsentscheidung hab daher ergeben, dass die Erlassung eines Einreisverbotes in der angegebenen Dauer angemessen sei, um eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit zu verhindern.

5. Gegen den Spruchpunkt V. des Bescheides richtet sich die am 04.04.2019 fristgerecht eingebrachte Beschwerde wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, zu deren Begründung ausgeführt wurde, dass sich die Dauer des Einreiseverbotes als unverhältnismäßig erweise, da dem Beschwerdeführer nur einer der Tatbestände des § 53 Abs. 3 FPG angelastet worden sei. Es würde dadurch in jenen Fällen nicht genügend Spielraum gelassen, in denen eine Person eine noch größere Anzahl an Delikten begehe, es sich um geschützte Rechtsgüter höheren Ranges oder um organisierte Kriminalität handle. Der Beschwerdeführer bereue seine Straftaten. Er sei in Serbien nicht vorbestraft. Er werde sobald wie möglich Österreich verlassen und beabsichtige nicht, seinen Lebensmittelpunkt nach Österreich zu verlegen. Da er nur einmal verurteilt worden sei, sei das Einreiseverbot entsprechend herabzusetzen.

6. Mit Aktenvermerk vom 15.04.2019 hielt die ursprünglich für die gegenständliche Beschwerdesache zuständig gewesene Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes G314 fest, dass weder die Aufhebung der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung, noch die Zuerkennung derselben, in Betracht kämen, da sich die Beschwerde nur gegen den Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides, sohin nicht gegen die Rückkehrentscheidung, richtete und eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung daher nicht in Betracht komme.

7. Mit Schreiben vom 10.05.2019 wurde ein Schreiben der serbischen Behörden übermittelt.


II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Serbiens und führt die im Spruch angeführten Personalien; seine Identität steht fest. Über den Beschwerdeführer wurde, nachdem er im September 2018 einen Wohnsitz im Bundesgebiet begründet hatte, am 31.10.2018 die Untersuchungshaft verhängt.

1.2. Mit in Rechtskraft erwachsenem Urteil eines österreichischen Landesgerichtes vom 05.02.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung zum Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 36 Monaten verurteilt.

Dem Schuldspruch lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen hat, indem er in der Zeit von September 2018 bis 29.10.2018 insgesamt 665,50 Gramm Heroin und 15 Gramm Kokain durch Verkäufe und Übergaben an verschiedene Drogenabnehmer anderen überlassen hatte. Weiters hatte er am 29.10.2018 Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge, nämlich 173,10 Gramm Heroin mit dem Vorsatz besessen, dass es in Verkehr gesetzt werde, und von 15.09.2018 bis 29.10.2018 Suchtgift zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen, nämlich insgesamt 15 Gramm Marihuana und 3 Gramm Kokain konsumiert und weitere 1,8 Gramm Marihuana für den Eigenkonsum besessen.

Im Strafurteil wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer 2014 in Serbien wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.

Der Beschwerdeführer verfügt über keine familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Er befindet sich seit 31.10.2018 in Untersuchungs- und seit 05.02.2019 in Strafhaft.

Die im angefochtenen Bescheid gemäß § 52 Abs. 4 FPG ausgesprochene Rückkehrentscheidung sowie die gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. erfolgte Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung nach Serbien sind infolge insofern ungenutzten Ablaufs der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur Identität und Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers gründen auf den Inhalt des Verwaltungsaktes, wo eine Kopie des Reisepasses des Beschwerdeführers aufliegt.

Die Ausführungen zum Verfahrensverlauf ergeben sich aus dem Inhalt der entsprechenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Feststellungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des Beschwerdeführers ergeben sich aus der im Akt befindlichen Urteilsausfertigung, in welchem die relevanten Tathandlungen sowie die im Zuge der Strafbemessung ausschlaggebenden Gründe dargestellt wurden.

Der Beschwerdeführer legte im Verfahren eine Bestätigung der serbischen Behörden vom 06.05.2019 vor. Aus diesem Schreiben geht hervor, dass gegen den Beschwerdeführer „kein Strafverfahren eingeleitet wurde“ und auch „keine Untersuchung“ wegen einer strafbaren Handlung „eingeleitet wurde“. Die Bestätigung wurde „zwecks Statusregelung des Beschuldigten während des Strafvollzugs ausgestellt“. Dem Wortlaut der Bestätigung ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer in Serbien nicht vorbestraft ist, vielmehr wird ausdrücklich nur bestätigt, dass gegen ihn kein Strafverfahren oder eine strafrechtliche Untersuchung anhängig ist. Die vorgelegte Bestätigung ist daher nicht geeignet, die Feststellung des Landesgerichts XXXX in seinem Urteil vom 05.02.2019 zu entkräften.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer über keine familiären, sozialen und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, war aufgrund der Tatsache zu treffen, dass Gegenteiliges im Verfahren nicht hervorgekommen ist. Der Beschwerdeführer gab im Verfahren vor dem BFA keine Stellungnahme zu seinen privaten Verhältnissen in Österreich ab, auch in der Beschwerde wurde kein Privat- oder Familienleben in Österreich geltend gemacht. Der Beschwerdeführer hielt sich vor seiner Verhaftung auch nur wenige Wochen in Österreich auf, weshalb davon auszugehen ist, dass keine sozialen Anknüpfungspunkte entstanden sind.

Die Feststellungen über die Anhaltung des Beschwerdeführers in Untersuchungs- und Strafhaft sowie die seit September 2018 vorgelegene behördliche Meldung ergeben sich aus den darüber vorgelegten Unterlagen sowie einer ZMR-Abfrage.

Die Feststellung, dass fallgegenständlich lediglich das ausgesprochene Einreiseverbot sowie die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und die Nichtgewährung einer Frist für die freiwillige Ausreise in Beschwerde gezogen wurde und die übrigen Spruchteile unangefochten in Rechtskraft erwachsen sind, ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des Beschwerdeschriftsatzes vom 04.04.2019.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Die verfahrensgegenständliche Beschwerde richtet sich ausdrücklich ausschließlich gegen das in Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides für die Dauer von acht Jahren gegen den Beschwerdeführer ausgesprochene Einreiseverbot, die übrigen Spruchteile (Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG sowie Ausspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung gemäß § 52 Abs. 9 FPG, Aberkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde) erwuchsen demnach mit insofern ungenutztem Ablauf der vierwöchigen Beschwerdefrist in Rechtskraft, sodass sich die folgenden Ausführungen auf die Frage der Rechtmäßigkeit des gegen den Beschwerdeführer verhängten Einreiseverbotes (vgl. zur Trennbarkeit dieser Spruchpunkte VwGH 15.5.2012, 2012/18/0029 u.a.; 22.5.2013, 2011/18/0259; 24.5.2018, Ra 2017/19/0311) zu beschränken haben.

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.2. Zum Einreiseverbot (Spruchpunkt III.):

3.2.1. Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG i.d.g.F. lautet auszugsweise:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 8 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt. (4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

…“

3.2.2. Die belangte Behörde hat das gegenständliche Einreiseverbot auf den Tatbestand des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG gestützt und mit dem Umstand begründet, dass der Beschwerdeführer, welcher rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt worden ist, auf Grund der von ihm begangenen Straftaten und seines bisherigen Fehlverhaltens eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.

Bei der Erstellung der für jedes Einreiseverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose – gleiches gilt auch für ein Aufenthaltsverbot – ist das Gesamt(fehl)verhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die in § 53 Abs. 3 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Bei dieser Beurteilung kommt es demnach nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf das, diesem zugrundeliegende Fehlverhalten, die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild an (vgl. VwGH 19.2.2013, 2012/18/0230).

Solche Gesichtspunkte, wie sie in einem Verfahren betreffend Rückkehrentscheidung und Einreiseverbot zu prüfen sind, insbesondere die Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich, können nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden (vgl. VwGH 7.11.2012, 2012/18/0057).

Der Beschwerdeführer wurde unbestritten von einem Landesgericht wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels gemäß §§ 28a Abs. 1 fünfter Fall und Abs. 4 Z 3 SMG, des Vergehens der Vorbereitung zum Suchtgifthandel gemäß § 28 Abs. 1 zweiter Fall SMG und des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster und zweiter Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 36 Monaten verurteilt.

Wie an anderer Stelle dargelegt, lag der Verurteilung zugrunde, dass der im September 2018 ins Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer ab Einreise bis zu seiner Festnahme am 29.10.2018 insgesamt fast ein Kilogramm Heroin und 15 Gramm Kokain, sohin Suchtgifte in einer die Grenzmenge um das fünfundzwanzigfache übersteigenden Menge, in Gewinnerzielungsabsicht an verschiedene Abnehmer im Bundesgebiet verkaufte. Weiters wurde er für schuldig gesprochen, Suchtgift konsumiert und zum persönlichen Gebrauch besessen zu haben, nämlich Marihuana und Kokain.

Das vom Beschwerdeführer begangene Delikt stellt ohne Zweifel eine die öffentliche Sicherheit auf dem Gebiet des Fremdenwesens besonders schwer gefährdende und beeinträchtigende Form von Fehlverhalten dar (vgl. VwGH 23.3.1992, 92/18/0044; 22.2.2011, 2010/18/0417). Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt festgehalten, dass die Verhinderung strafbarer Handlungen, insbesondere von Suchtgiftdelikten, jedenfalls schon vor dem Hintergrund der verheerenden Schäden und Folgen in der Gesellschaft, zu denen der Konsum von Suchtgiften führt, ein Grundinteresse der Gesellschaft (Schutz und Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) darstellt. Der VwGH hat in Bezug auf Suchtmitteldelinquenz wiederholt festgehalten, dass diese ein besonders verpöntes Fehlverhalten darstellt, bei dem erfahrungsgemäß eine hohe Wiederholungsgefahr gegeben ist und an dessen Verhinderung ein besonders großes öffentliches Interesse besteht (VwGH 22.11.2012, 2011/23/0556; 20.12.2012, 2011/23/0554; 30.8.2017, Ra 2017/18/0155; 1.4.2019, Ra 2018/19/0643).

Im Zuge der Strafbemessung wertete das Landesgericht die eigene Suchtgiftergebenheit, die Sicherstellung von Suchtgift und das umfassende Geständnis als mildernd, als erschwerend hingegen die gewinnsüchtigen Motive, die Vorstrafenbelastung soweit das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen und verhängte gegen den Beschwerdeführer eine Freiheitsstrafe in der nicht unbeträchtlichen Dauer von drei Jahren. Das Landesgericht hielt hierzu fest, dass eine bedingte Nachsicht eines Teiles der Freiheitsstrafe aus General- und spezialpräventiven Überlegungen nicht in Frage komme, da der Beschwerdeführer aus gewinnsüchtigen Motiven gehandelt und sich bereits in der Vergangenheit delinquent verhalten habe.

Im Lichte dieser Erwägungen ist die Annahme einer vom Beschwerdeführer im Falle eines weiteren respektive neuerlichen Aufenthaltes im Bundesgebiet ausgehenden schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit sowie einer negativen Zukunftsprognose gerechtfertigt.

Die besondere Gefährlichkeit des Beschwerdeführers wird dabei durch den Umstand, dass er den Suchtgifthandel in organisierter Weise betrieb und offenbar nur zu diesem Zweck nach Österreich einreiste, unterstrichen. Der Beschwerdeführer hat, wie dargelegt, die hohe Menge von knapp einem Kilogramm Heroin und 15 Gramm Kokain im Bundesgebiet in Verkehr gesetzt, wobei der Umstand, dass es sich bei Heroin um eine besonders gefährliche „harte“ Droge handelt, in die Beurteilung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers miteinfließen muss. Soweit die Beschwerde auf den Umstand, dass der Beschwerdeführer in Serbien unbescholten und nur einmal verurteilt worden sei, hinwies, ist dem entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer selbst suchtgiftabhängig ist, über mehrere Wochen mit Suchtgift handelte und dabei Einnahmen von zumindest EUR 25 000,- erzielte, sodass von einem lediglich einmaligen, geringfügigen, Fehlverhalten nicht gesprochen werden kann. Der Beschwerdeführer war sich während des gesamten Tatzeitraums der Unrechtmäßigkeit seiner Handlungen und der hierfür drohenden Haftstrafen bewusst.

Der Beschwerdeführer hat durch sein strafrechtliche Rechtsnormen negierendes Verhalten massiv seinen Unwillen unter Beweis gestellt, in Österreich geltende Grundinteressen der Gesellschaft zu achten, weshalb in Zusammenschau des Verhaltens des Beschwerdeführers insbesondere in Anbetracht der Schwere der begangenen Straftaten, sowie der Vielzahl an Tathandlungen und der hohen Menge des gehandelten Suchtgiftes, von einer für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehenden Gefährdung auszugehen und eine Rückfälligkeit in strafrechtswidriges Verhalten seitens des Beschwerdeführers naheliegend ist. Angesichts seines bisherigen Lebenswandels sowie seiner Gewöhnung an Suchtgifte ist jedenfalls die Prognose zulässig, dieser werde künftig durch die Begehung weiterer strafbarer Handlungen im Bereich des Suchtgifthandels versuchen, sich eine Einnahmequelle zu verschaffen.

3.2.3. Auch die im Lichte des § 9 BFA-VG gebotene Abwägung der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers mit den entgegenstehenden öffentlichen Interessen konnte eine Abstandnahme von der Erlassung eines Einreiseverbotes respektive eine Verkürzung seiner Dauer nicht rechtfertigen. Der Beschwerdeführer befand sich in Österreich nur wenige Wochen in Freiheit, private, familiäre, soziale oder berufliche Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet sind im Verfahren nicht hervorgekommen und wurden auch in der Beschwerde nicht behauptet. Es sind daher keine privaten Interessen an einer Wiedereinreise ins Bundesgebiet erkennbar.

Den geringen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einer späteren Widereinreise in das Gebiet der Mitgliedstaaten steht sohin die aufgrund seines in schwerwiegenden Straftaten gipfelnden Verhaltens resultierende Gefährdung öffentlicher Interessen gegenüber, wobei dem Beschwerdeführer ein, im Lichte des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung von Suchtgiftkriminalität (vgl. nochmals VwGH 1.4.2019, Ra 2018/19/0643 mwN), den Interessen der österreichischen Gesellschaft zuwiderlaufendes, schwer verwerfliches Fehlverhalten zur Last liegt. Die Abwägung der genannten gegenläufigen Interessen führt sohin zur Auffassung, dass die Erlassung des Einreiseverbotes zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, dringend geboten ist und somit die Interessen des Beschwerdeführers überwiegt.

Daher ist die belangte Behörde zu Recht von der Rechtmäßigkeit der Verhängung eines Einreiseverbotes ausgegangen, erweist sich dieses nämlich vor dem Hintergrund des bisher Ausgeführten in Bezug auf den Beschwerdeführer als erforderlich, um der von ihm ausgehenden Gefährlichkeit zu begegnen.

3.2.4. Ein auf acht Jahre befristetes Einreiseverbot ist unter Berücksichtigung der für Fälle des § 53 Abs. 3 Z 1 FPG genannten Maximaldauer verhältnismäßig. Angesichts der schwerwiegenden Delinquenz des Beschwerdeführers im Bereich des Suchtgifthandels und der über ihn verhängten unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren ist die Dauer des Einreiseverbots unter Berücksichtigung seiner nicht vorhandenen familiären und sozialen Anknüpfungspunkte im Gebiet der Mitgliedstaaten im angemessenen Ausmaß festgelegt worden. Aufgrund des konkreten Unrechtsgehalts der vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten und unter Berücksichtigung aller Milderungs- und Erschwerungsgründe kann davon ausgegangen werden, dass nur ein Einreiseverbot in der Dauer von zumindest acht Jahren eine allfällige Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung zu den rechtlich geschützten Werten bewirken wird. Eine Herabsetzung der Dauer des im angefochtenen ausgesprochenen Einreiseverbotes kam demnach nicht in Betracht.

3.3. Die Beschwerde gegen Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheides erwies sich demnach als unbegründet.

4. Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 21 Abs. 7 erster Fall BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.

Der Verwaltungsgerichtshof hat sich ausführlich in seinem Erkenntnis vom 28.05.2014, Ra 2014/20/0017 und 0018, mit dem Verständnis dieser Bestimmung auseinandergesetzt und geht seitdem in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. dazu statt vieler die Erkenntnisse vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, vom 2. September 2015, Ra 2014/19/0127, vom 15. März 2016, Ra 2015/19/0180, vom 18. Mai 2017, Ra 2016/20/0258, und vom 20. Juni 2017, Ra 2017/01/0039) davon aus, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall hat das Bundesverwaltungsgericht keinerlei neue Beweismittel beigeschafft und sich für seine Feststellungen über die Person des Beschwerdeführers auf jene des angefochtenen Bescheids gestützt. Die Beschwerde ist der Richtigkeit dieser Feststellungen und der zutreffenden Beweiswürdigung der Behörde nicht ansatzweise substanziiert entgegengetreten (VwGH vom 20.12.2016, Ra 2016/01/0102) und hat keine neuen Tatsachen vorgebracht. Die Beschwerde hat die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zwar beantragt aber es nicht konkret aufzuzeigen unternommen, dass eine solche Notwendigkeit im vorliegenden Fall bestehen würde (vgl. zuletzt etwa VwGH 4.12.2017, Ra 2017/19/0316-14). Wie dargelegt, wurde auch in der Beschwerde der zur Begründung des Einreiseverbotes auf Basis der unstrittigen strafgerichtlichen Delinquenz des Beschwerdeführers getroffenen Gefährdungsprognose inhaltlich nicht entgegengetreten. Die für die Begründung der Gefährdungsprognose und Bemessung der Dauer des ausgesprochenen Einreiseverbotes maßgeblichen Sachverhalte wurden zur Gänze bereits im Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erhoben und im angefochtenen Bescheid offengelegt, wobei die Behörde unter Abwägung der vom Beschwerdeführer konkret gesetzten strafbaren Handlungen eine einzelfallbezogene Begründung des Einreiseverbotes vorgenommen hat. Die Beschwerde hat die Beurteilung des angefochtenen Bescheides pauschal bestritten, jedoch keine Sachverhalte aufgezeigt, die zu einem für den Beschwerdeführer allenfalls günstigeren Verfahrensergebnis hätten führen können. Die wesentlichen Feststellungen, nämlich das der Verurteilung vom 05.02.2019 zugrundeliegende strafrechtswidrige Verhalten des Beschwerdeführers sowie die nicht vorhandenen familiären und privaten Anknüpfungspunkte, blieben unbestritten. Insofern wurden keine Sachverhaltselemente aufgezeigt, welche einer mündlichen Erörterung bedürften.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher im vorliegenden Fall von einem geklärten Sachverhalt im Sinne des § 21 Abs. 7 BFA-VG ausgehen; es war nach den oben dargestellten Kriterien nicht verpflichtet, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Einreiseverbot Gefährdung der Sicherheit Gefährlichkeitsprognose strafrechtliche Verurteilung Suchtgifthandel Suchtmitteldelikt Zukunftsprognose

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W212.2217094.1.00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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